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ßttWk M Hoheißnii EroAhilkl Apkirn Tageblatt. Nr. 11Ä Sonntag, den 18. Mai 1013 40. Jahrgang Ein leichter Fall. Kriminalistische Skizze von A. Pertz. (Nachdruck verboten.) Die Gerichtsverhandlung war zu Ende. Das Publikum — eine kleine Schar nur — verließ das Gerichtsgebäude. Es waren heu<e nur leichte Fälle, wenig Interessantes, zur Verhandlung gekommen. Jetzt trat auch der junge Rechtsanwalt, Dr. Oskar Kruger, der bei den Verhandlun gen das Protokoll geführt, heraus. Den Schlapphut tief in die Stirn gedrückt, ohne aufzublicken, nahm er den Weg. Es geschah so eilig, als dränge es ihn, von dem Ort seiner Wirksamkeit fortzukommen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße lag ein elegantes Cafee. Als der Rechtsanwalt Krüger sichtbar ward, schnellte ein jüngerer Herr, der den Fensterplatz im Cafee inne hatte, auf. Lietz seine erst halb geleerte Tasse im Stich, langte nach 'einem Sue und verließ schleunigst das Lokal. Bald hatte er den Rechtsanwalt eingeholt. „Oskar — Mensch, bekommt inan Dich wirtlich wieder zu Gesicht? Seit Deinem letz ten, strahlend gegebenen Bescheid: Demnächst wirst Du wohl meine Verlobungsanzeige er halten! habe ich nichts mehr von Dir gesehen noch gehört. Das sind jetzt reichlich zwei Wochen her! Die Ankündigung habe ich nicht bekommen. Aus Deiner Bude warst Du nie, wenn ich vorsprach. Aha, dachte ich, er liebt! Aber " Der Sprudelkopf packte den Freund bei der Schulter und guckte ihm scharf ins Gesiht. „Donnerwetter, Mensch, wie siehst Du eigent lich aus — was ist passiert?" stammelte er ganz erschrocken. Und als Krüger nicht gleich antwortete, kam es zweifelnd: „Oder bist Du etwa überanstrengt heute? Meines Wissens aber waren es nur leichte Fälle —" „Ganz recht — leichte Fälle," ließ sich jetzt der Rechtsanwalt hören. „Und," fuhr er mit eigentümlicher Betonung fort, „ein leichter Fall. Und dieser leichte Fall hat mir mein Her- zensglück gekostet." Die letzten Worte waren leise, sehr leise gefallen. Der andere starrte ihn verständnislos an. „Du, das kann ich nicht verstehen. Sprich in klaren Worten, — rätselhafte Inschriften sind immer meine schwache Seite gewesen. Aber leid tust Du mir furchtbar, denn daß Dich was gepackt hat, sehe ich." „Wozu auch hinter dem Busch halten?" murmelte der Rechtsanwalt. „Sich mitteilen, erleichtert. Du sollst alles wissen. Aber nicht hier. Komm mit in meine Wohnung." „Du weißt," begann hier, nachdem die Herren es sich bequem gemacht, Rechtsanwüt Krüger, „daß ich beabsichtigte, mich zu ver loben. Daß ich sehr verliebt und sehr zu kunftsglücklich war." „Aber Du kamst nicht mit der Sprache heraus, wer Deine Erkorene sei," warf der Zuhörer ein. „Nun jg, wozu Gerede machen, bevor es nötig ist. Denn offen gestanden, fürchtete ich, Du würdest mir abreden, denn die Dame meines Herzens stand gesellschaftlich auf einer etwas niedrigeren Stufe als ich." „Das taugt auch nichts. Stand? sagtest Du? Also ist die Sache schon ein überwun dener Standpunkt!" „Ein abgetaner Standpunkt — ein über wundener nicht. Herrgott, wer vermöchte denn auch leicht darüber hinweg zu kommen, dort, wo man geliebt, ja, angebetet hat, sich mit Etel abwenden zu müssen!" „Oho, Du machst mich neugierig! Verzeih', weil es auf Kosten Deines zerstörten Glückes ist, und beginne." „Ich sah Hilma Wenk zuerst in der Stra ßenbahn," hob der Rechtsanwalt an. „Das heißt, sie wollte gerade aussteigen und ich ein steigen. Hierbei entglitten ihr die Blumen, die sie in der Hand trug und fielen gerade zu meinen Füßen nieder. Es war ein Sträuß chen Weitzer Tuberosen. Natürlich hob ich sie auf und überreichte sie ihr. Dabei bekam 'ch ein Mädchengesicht zu sehen, das mein Herz sofort in Banden schlug. Die Besitzerin war gar nicht mehr so jung, vielleicht 28. Aber ich hatte nie etwas Rei zenderes gesehen, als dieses liebliche Oval des Gesichts. Das kastanienbraune Haar trug sie glatt gescheitelt, die dichten Zöpfe in Schnecken form über den kleinen Ohren. Die Tracht verlieh ihr etwas Fromm-Sittiges und zu- gleich Eigenartiges. Sie hatte ein reizendes Näschen und einen kleinen, blatzroten Mund. Das Schönste aber waren die Augen: ernste, milde, träumerische, unergründlich süße Nacht . . . wie Lenau sagt. Sie hatte eine schlanke, biegsame Gestalt; das blaßlila Empirekleid stand ihr entzückend. Dazu die weißen Rosen . . . Ihr Duft ktieg mir wie ein Rausch zu Kopfe. Ich habe lange bei der Kopie dieses Mäd chenbildes verweilt; Du siehst daran, Freund, wie tief ich es im Herzen trug. Meine schöne Unbekannte mag wohl meine Bewunderung mir vom Gesicht gelesen haben, denn sie lächelte ein wenig, als sie mir dankte. am rloImnnisMtA. urcck LusvLrts Arktis und franko. :: Mlim-MMiM * MMn- u. MkIm-VMMlilig AMÜMMGM G AMMM G STMSNZjGDG l.kibM80ll8 <n» MKöMiMtlö 7i86^386d8 MM8kll8 8ÜMK L^skSrunZ voHslänäiZsr' 'N ibäör govünsoktsn I'roislügs. blrstktLssigs, bovkikrts tzustitäton ru anorkLnat lob Kioto oiav ^usvskl, vio sotvko von Luckerer 8oito auek niokt Luuä.ksrnck orroiokt cvsrcksu ckürkts. » » Allerlei Kurzweil. « s Denkfprüche. Mach dir's doch deutlich, daß das Leben Zum Leben eigentlich gegeben: Nicht soll's in Grillen, Phantasien Und Spintisiererei entfliehen: So lang man lebt, sei man lebendig! * * * Aus tiefem Gemüt, aus der Mutter Schoß Will manches dem Tage entgegen; Doch soll das Kleine je werden groß, So mutz es sich rühren und regen. Rätselecke. Rätsel. In großen Gärten, grün und schön Siehst Du es blumenprangend stehn. Streichst Du ein Zeichen fort am Schluß, So Dirs der Kaufmann geben muß Bei barer Zahlung schnell und prompt, Weil dann die Kundschaft gerne kommt. Sinn-Rätsel. Es ist ein strenger, harter Herr Und hetzt und peitschet seine Knechte, Doch ist's als Freund, als Diener gut, Wenn man es leitet nur aufs Rechte. Es knüpfte manchen Herzcnsbund, Hat manches Liebesglück vernichtet. Es zu erringen, — allgemein Ist drauf der Kräfte Ziel gerichtet. Denn wer's nicht hat, begehrt es sehr. Es fehlet ihm an allen Enden, Und hat er's, seltsam, gibt er's weg Gleich wieder mit bereiten Händen. Logogriph. Nenn mich so, das ist es mir, Denn ich denk', dann bin ich's dir. Jst's bei allen höheren Tieren, Muß es erst den Hals verlieren. Büßt es gar den Kopf noch ein, Wird's ein Rüsselträger sein. Sieht mari dies von hinten an, Jst's, was uns erquicken kann. Homonym. Sächlich? Format, wohl auch ein Maß Doch sie? ihr blutig Merkmal fraß In manches fröhliche Gesicht Sie tief, der Schönheit achtend nicht. Dreisilbige Scharade. Aus Räumen stillen Friedens Trug l zur Welt hinaus, Was dienstbar wurde lautem Streit Und noch dient Kampf und Strauß. In Räume stillen Friedens Führt dich die 2 hinein; Hoch sind die Hallen, weit das Haus, Viel Sterne funkeln drein. Nicht Anfang hat noch Ende Die 3; doch beid's im Nu, Wenil du zu 1 die 2e fügst Und noch die 3 dazu. Silben-Rätsel. Die beiden erstell bekannt als nützliches Metall, Die dritte weit und breit im ganzen Weltall, Und das ganze dient in heutiger Zeit Den Verkehr beschleunigend weit und breit. Scherz-Scharade. Das Erste zeigt ein Verhältnis an. Die andern beiden stehn im Zimmer. Das Ganze brauchet jedermann. Und ungestört liebt man es immer. Bilder-Rätsel. (Auflösungen in nächster Nummer.) An-lösnngen ans Nummer 19. Des Rätsels: Die Stricknadeln. Des Jäger-Rätsels: Es waren Großvater, Pater und Sohn. Des Palindroms: Leben — Nebel. Des Scherzrätsels: Buch,—es—, Besuch. Des Bilder-Rätsels: Armer Schächer. Des Vexierbildes: Links im Baumschlag. Bild von oben betrachten Liilder-Ieitllllg. W, illochU Wr d« »ch-Ä SM-choU«. Nr. 20. Redaktion, Druck und Berlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal. 1913. Kinderaugen. Du Kinderauge! Wie gleichst du dem See, Der dunkeln, träumenden Flut, Die zwischen den Bergen im Tannenwald, Ein süßes Geheimnis, ruht. So tief und so klar, so still und so rein, Von zarten Eifeil umschwebt, Geküßt von der Sonne goldenstem Schein Und von Quellen der Tiefe durchbebt! Viel forschende Augen blicken hinein — Mag keines ergründen dich ganz. Du bist wie ein zauberhaft Spiegelein, Bist völlig Geheimnis und Glanz. Die Wetterwolken, den Blütentag, Die Sterne am Himmelsrund — Was um dich wandeln und leuchten mag Treu spiegelt es wider dein Grund. Du Kinderauge! Daß Gottes Hut Dich hielte so klar und so rein Vor wilden Wirbeln und schlammiger Flut Und taubem Schottengestein! Wenn's je dir über die Ufer schwillt Von Lust oder wallendem Weh: Bleib dann noch ein Born, der in Reinheit quillt, Ein tiefer, heiliger See! Ludwig Grimm. Die Reise durchs Leben. Ein Wanderer wollte nach einer schönen Stadt reisen, die er sehr hatte rühmen hören und wo er auf immer sein Glück zu machen hoffte. Als er noch nicht weit gegangen war, kam er auf eine grüne Wiese, wo er auf ein mal so viele Wege vor sich sah, daß er selbst nicht wußte, welchen er wählen sollte. Wie er nun so unentschlossen dastand, trat ein freundlicher Greis zu ihm und fragte ihn, wo er hin wollte? Der Wanderer nannte ihm den Ort, und der Greis erbot sich, sein Führer zu sein, wenn er ihm folgen wollte. Aus seinen Augen leuchtete etwas Maje stätisches und Liebevolles hervor, welches dem Wanderer sogleich ein solches Zutrauen gegen ihn einflößtc, daß er sich keinen Augenblick bedachte, sich seiner Führung gänzlich zu über lassen. Sie gingen also miteinander fort. Es war noch früh am Tage. Die Sonne schien so schön am Himmel; die Vögel sangen in der Luft; in der Ferne rauschten sanfte Bäche, und die Wiese glänzte von Tau. Ihr Weg schlängelte sich auf weichem Grase durch Blumenfelder hin. Ruud umher erblickte man nichts als eine reizende Ebene, außer wenn man gerade vor sich hin sah; da war es, als ob ganz in der Ferne ein kleiner Hügel däm merte, den man aber wegen seiner weilen Ent fernung kaum bemerken konnte. „Ach, wie schön," rief der Wanderer voll Entzücken aus, „wie schön ist diese Gegend, und wie angenehm ist der Weg, den wir wandeln!" „Siehst Du in der Ferne jenen Hügel?" antwortete der Greis; „der liegt auf unserm Wege, und wir müssen ihn nun bald über steigen." „O, der ist ja noch weit entfernt," sagte der Wanderer, „und wenn wir ihn auch über steigen müssen, so wird das wohl gar so müh- sam nicht sein, weil es nur ein kleiner, unbe deutender Hügel ist." Als sie noch so sprachen, wurde der Weg etwas beschwerlicher, als wie es im Anfang schien. Anstatt, daß er sich vorher durch Blumen schlängelte, lief er jetzt oft über spitzige Steine und zwischen stechenden Dornen hin, verlor sich zuweilen im tiefen Sande und kam