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KkiM W Hihkißkiii-EniSthalcr AmkiW Tageblatt. Rr. 100 Sonnabend, de« 3. Mai 1S13 40. Jahrgang Städtische Sparkasse Hohenstein-Ernstthal. Verkehr im Monat April 1913. 750 Rückzahlungen in Höhe von 238344-^ 61 H 1360 Einzahlungen in Höhe von 232 987 „ 19 „ Mehr-Rückzahlungen 5357^42^ Der Gesamt-Umsatz betrug 985038^87 Eröffnet wurden 127 und erloschen sind 121 Konten. Einlagen-Zinsfuß 3 l/2 °/ y. Tägliche Verzinsung. Sperrungen gegen Kontrollmarken. Gemeinde-Giro-Verkehr. Ausleihungen gegen Hypothek und Lombard. Geschäftszeit: vorm.8—12 u. nachm. 2—5 Uhr. Geschäftszimmer: im Stadthause am Neumarkt. Sie Strelttraft der esroMWn Großmöihte. Ein europäischer Krieg ist in den Bereich der Möglichkeit gerückt. So ge'pannt wie heute wir die Lage seit Jahrzehnten nicht. In An betracht der furchtbaren Opfer an Gut und Blut, die ein moderner Krieg der europäischen Großmächte fordern müßte, ist es aufs innigste zu wünschen, daß das Aeußerste noch in letz ter Stunde verhütet wird. Ueber den Aus gang eines Weltkrieges vermag niemand «was vorauszusagen. Das Verhältnis der Streit kräfte, die den Großmächten zur Verfügung stehen, beansprucht im gegenwärtigen Augen blick besonderes Interesse. Betrachten wir zu nächst die Heeresstärke der Mächte des Drei verbandes, so ist Rußland an erster Stelle zu nennen. Die Friedenspräsenz der russischen Armee beläuft sich aus rund 1 250 000 Mann außer den Offizieren. Amtlich wird sie nicht bekannt gegeben,- es ist auch Tat ache, daß der Soll bestand zahlreiche Lücken aufweist. Die Kriegs stärke beträgt etwa 6 Millionen, sie kann in dessen nicht vollzählig in einem Kriege gegen die beiden westlichen Nachbarn verwendet wer den; ein beträchtlicher Teil muß vielmehr ge gen die dauernde asiatische Gefahr und zur Sicherung der inneren Verhältnisse zurückgehal ten werden. Frankreichs Friedenspräsenz be läuft sich auf 606 000 Mannschaften und Un teroffiziere und 31 646 Offiziere. Wie in Nus - Und bleibt jedoch auch hier die Sollstärke hin ter der wirklichen Iststärke bedeutend zurück. Auch ist die Zahl der minder Tauglichen setr groß. Die eigentlichen Kerntruppen sind vor züglich. Für einen Krieg stehen Frankreich 4,5 bis 4,75 Millionen militärisch ausgebildeter Leute zur Verfügung. England vermag für einen europäischen Krieg nur 400 000 Mann ausgebildeter Truppen ins Feld zu stellen. Seine Kriegsstärke beruht in seiner Marine. Unter den Dreibundmächten steht Deutsch land mit seiner Wehrmacht an der Spitze. Seine Fri.denspräsenz beziffert sich auf 544 000 Mann ohne dis Offiziere. Im Kriege können Helden der Pflicht. Ein Roman aus dem Lande der Mitternachtssonn e Von Erich Kriese«. 38. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Kein mädchenhaftes, verschämtes Erröten. Aber auch kein Zurückbeben. Augenscheinlich iß sie sich der Tragweite jener Frage gar nicht bewußt. Mit gefalteten Händen sitzt sie still da und blickt nieder in ihren Schoß. Etwas wie Unmut zuckt in Lorenzens scharfen Zügen auf. Er hat sich die Sache nicht so schwer gedacht. Er gäbt seinem Herzen einen Stoß und läßt eine lange Liebeserklärung vom Stapel, die um so überzeugender wirkt, je mehr er sich in künstliche Begeisterung hä ne in redet. Noch immer blickt sie ihn nicht an. Ihre Augen schauen in die Ferne, als sehen sie dort die Fata Morgana eines unbekannten Glückes auftauchen. Ein weiches hingebendes Lächeln vsrklärt ihre Züge. Ach, die ersten Liebes worte, die sie je vernommen, berauschen die Seels des unerfahrenen Geschöpfes! Wie o't hatte Ingeborg in stillen Munden davon gs träumt, daß Erik einst solche Worte zu ihr sprechen würde! Wie ost hatte sie sich auszu malen versucht, wie es Wohl sein müsse, wenn er sie so recht, recht lieb hätte! ... Im Moment vergißt sie ganz, daß nicht er es ist, der ihr solch herzbetörende Worte zuflüstert. Und jetzt hebt sie die Augen — Augen, aus denen eine ganze Welt von Empfindung und keuscher Liebe leuchtet. Rührt dieser unschuldsvolle Blick nicht dein Herz, skrupelloser Heuchler? Hat der Dämon Alkohol bereits jedes Gefühl für Reinheit und weibliche Würde in dir getötet? . . . Kleine Pause. Ingeborg bricht zuerst das drückende Schweigen. 4—5 Millionen Mann ausgestellt werden. Ita liens Fviedenspräsenz stellt sich auf 436 000 Mann; durch Mobilmachung können 3,5 Mil lionen Mann Truppen unter den Fahnen ver sammelt werden. Oesterreich-Ungarn hat zur Friedsnszsit 375 000 Mann ohne die entspre chenden Offiziere und würde im Kriege seinen Feinden etwa 2,5 Millionen Mann ausgebil deter Truppen entgegenstellen. In dieser Auf zählung darf Rumänien nicht vergessen werden, das sich mit seinen 400 000 Mann kriegstüch tiger Truppen im Ernstfälle an die Seite des Dreibundes stellen würde. Die numerische Stärke der Mächte des Dreiverbandes mag immerhin die des Dreibundes um eine Klei nigkeit übertreffen; der größte Schneid liegt bei den letzteren. * * * DaS ernste Wort -es Prinzregenten Ludwig. Die bei der Frühjahrsparade der Münche ner Garnison zu den Truppen gesprochenen Worte des Prinzregenten Ludwig: „Sollte je die bayerische Armee vor den Feind treten und (der Prinzregent sprach es mit verstärkter Stimme) auf das müssen wir uns ja jederzeit gefaßt machen, so wird die bayerische Armee unter ihrem obersten Feldherrn einer der besten Bestandteile des deutschen Heeres sein", haben vielfache Beachtung gefunden. Der Prinzregent hat mit diesen Worten natürlich nur die Not wendigkeit steter Bersitscha t betonen wollen. Er hat mit dem ihm eigenen offenen Freimut seinen Soldaten gesagt, daß die Zeiten ernst, sehr ernst sind und daß man alle Eventuali täten ins Auge fassen muß. Die Ankündigung eines bevorstehenden Krieges ist aus den viel besprochenen Worten nicht herauszulesen. Bm „3WM«r". Der neue gewaltige Passagierdampfer „Im perator" der Hamburger „Hapag" ist von eini gen Mißgeschicken im Beginn seiner Indienst stellung betroffen, die für die Solidität des Baues selbst indessen nichts bedeuten und wohl kaum beachtet wären, wenn nicht der „schwim menden Stadt" besonderes Interesse entgegen gebracht würde. Worauf aber bisher wenig hin gewiesen ist, das ist die Sicherheit, welche der „Imperator" gegenüber möglichen Zwischenfäl len auf hoher See biewt. Der Untergang der Eröffnung der großen Genter Welt-AnssteLnng. Während auf dem Balkan der Krieg wütet und auch auf Europa überzugreifen droht, wurde in Belgien — dem historischen Boden der Welt ausstellungen — eine neue Weltausstellung er öffnet, auf der alle Staaten der Welt zum fried lichen Wettstreit vertreten sind. Die Eröffnung erfolgte am 25. April in Gegenwart des belgischen Königspaares. Unser Bild zeigt das belgische Königspaar auf dem Rundgang durch die Weltausstellung. Darüber ein Blick auf die Hauptgebäude der Ausstellung. „Sie wissen doch, daß ich Sie nicht lieben kann „Warum nicht?" „Weil —" sie errötet tief — „weil ich — einen andern liebe." „Eine große Liebe, wie die meine, hat Kraft genug, um Gegenliebe zu erwecken." Sie schüttelt den Kopf. „Ich glaube, bei mir nicht." Er wird blaß vor Aerger. Ist denn dem kleinen Mädchen gar nicht beizukommen? Jetzt gilt es, andere Saiten ausMziehen. „Fräulein Ingeborg —" beginnt er ernst, seinen Unmut in sanfte Töne zwingend — „Fräulein Ingeborg — wollen Sie zu Ihrer Tante zurückkehren?" Scbaudernd schlägt sie die Hände vor das Gesicht. „Nein, nein —" „Nun also! Wo wollen Sie sich verborgen halten, wenn ich meine Hand von Ihnen ab wend»?" Ein tiefer Seufzer als Antwort. „Sie können sich doch unmöglich dauernd unter meinen Schutz stellen, ohne daß ich ir gend ein Recht dazu habe, Sie zu beschützen," fährt er eindringlich fort. „Und dieses Recht erhalte ich nur als Ihr Gatte! . . . Schrecken Sie nicht zusammen, Fräulein Ingeborg, die Sache ist nicht so schlimm, wie es Ihnen im ersten Augenblick erscheint. Sie brauchen vor erst nichts weiter, als meinen Namen zu tra gen. Im übrigen bleibt unser Verhältnis zu einander das gleiche, wie es jetzt ist. Ver stehen Sie mich?" Zwar schüttelt sie den Kopf zu dieser letz ten Frage; doch sieht er an dem schwachen Aufleuchten in ihren Augen, daß er diesmal den richtigen Ton gefunden hat, um ihre Zu stimmung zu gewinnen. Und mit der ihm eigenen Zungengeläufigkeit nutzt er den kleinen Vorteil aus. Ms er sie nach einer weiteren Viertelstunde verläßt, reicht er ihr wie einem guten Kame raden die Hand. „In einer Stunde geht das Schiff, liebe Ingeborg. Werden Sie sich bereithal ten?" Z Sie nickt. „Und alles tun, was ich Ihnen sage?" Erneutes Nicken, von wehmutsvollem- Lä cheln begleitet. „Das Bewußtsein, durch Ihren Schnitt die beiden Menschen glücklich gemacht zu haben, die Sie so innig lieben, wird Ihnen Lohn genug sein!" Ingeborgs Kopf sinkt auf die Brust herab. „Ja", lispelt sie mit versagender Stimme. „Gut denn! In einer halben Stunde hole ich Sie ab! Auf Wiedersehen!" „Auf Wiedersehen!" Eino Stunde danach begibt sich Lorenz Jespersen in Begleitung einer tiefverschleierten jungen Dame an Bord eines kleinen Küsten- dampsers, um nach Droutbeim zu fahren. Auf einen der großen Passagierdampfer ge traute er sich nicht, da er fürchtet, Ingeborgs Verschwinden könne bereits polizeilich gemel det und man schon auf der Suche nach der Entflohenen sein. Und während das arme, irregeleitete Ge schöpf, in dem Glauben, es tue ein gutes Werk, in der kleinen, nach gekochtem WaMsch- fleisch und Lebertran duftenden Kajüte sich in eine wahre Exaltation von Opserfreudigkeit hin einzudenken versucht — befindet der „Idiot" Jakob sich auf dem Wege nach Schloß Sands- gaard und memoriert, was er mit seiner blö desten Miene sagen will, sobald man ihn an sprechen und ausfragen sollte: »Ich? Ich soll was wissen von einer Ent führung? — — Nee, nischt weiß ich — —" „Aber warten Sie mal — vielleicht doch! — — Vor längerer Zeit gab mir ein Heiner Herr — 'n Ausländer war's, glaub ich — „Titanic", deren Unglückstag sich vor kurzem jährte, kostete bekanntlich nicht zum wenigste: deshalb so vielen Menschen das Leben, wsi sich aus diesem britischen Dampfer nur vierzehr Rettungsboote befanden. Der „Imperator" ha hingegen sechsundachtzig, also eine ganze Flot tille, die wohl imstande ist, seine Passagier, und seine Mannschaft zu retten. Insgesamt faßt das Riesenschiff bei seiner Länge vor 270, seiner Breits und Tiefe von je 30 Me tern 5000 Personen; es stellt also eine respek- table Straße mit der Bewohnerzahl einer so liden Kleinstadt vor, dessen Ausrüstung an Wäsche allein über 200 000 Mark gekostet hat. Bemerkenswert ist, daß auf dem deutschen Dampfer mit dem namentlich in England und Amerika geltenden Prinzip gebrochen ist, fjir die Reisenden der ersten Klassen schwindelnden Luxus zu entfalten, die Passagiere der letzten Klasse aber so nebenhin abzuspeisen. Davon ist hier keine Rede, auch die Passagiere der » dritten Klasse haben wie die der ersten eie-' gante Gesell'chaftsräume, behagliche Rauchzim mer und alle hygienischen Einrichtungen, wie , denn ein großes Schwimmbassin, ein Turn- - saal, ein eigenes Lazarett von 62 Betten, eine ff Apocheke und Operationszimmer an Bord vor handen sind. Neun Speisesäle, ein Restaurant, ein Grilhroom sind außer den Frühstückszim- mern vorhanden, dazu kommen Ball- und Fest säle, ein Wintergarten usw. Und überall Be wegungsfreiheit! l Dte reichen Amerikaner worden es sicher j noch mehr wie der deutsche Kaiser bedauern, fff daß der Monarch nicht die erste Probefahrt,^, mitgemacht hat. Denn sie hätten sich die vom Oberhaupt des Reiches benützten Zimmer mie- h ten können. Jedenfalls wird es dem „Jmpe- ff rator" an gewaltigem Zuspruch nicht fehlen, Ä wenn er erst seine fahrplanmäßigen Reisen auf- h genommen hat. Unser Kaiser sprach dem Ge- tu neraldirektor Ballin sein Bedauern aus, daß fft ihm seine Zeiteinteilung leider für die nächsten ff Monate nicht gestatte, einer Einwsihungsfahrt ff des „Imperator" beizuwohnen, daß er jedoch später eine Fahrt auf dem stolzen Schiffe mit machen zu können hoffe. Der Kronprinz sprach die Hoffnung aus, daß die Verschiebung der Probe'abrt, an der er teffnehmen wird, nur von kurzer Dauer sein werde. Kleine Chronik * Schwere Gewitter. Im Werra- und Fuldatal gingen am Dienstag nachmittag schwere Gewitter nieder, die von außerordentlich heftigen elektrischen Entladungen und wolkenbruchartigen Regenfällen begleitet waren. In verschiedenen Dörfern wurden die Dorfstraßen zeitweise über fußhoch vom Wasser überschwemmt, das auch in die Keller und Wirtschaftsgebäude eindrang, so daß die Bewohner gezwungen waren, ihr Vieh an höher gelegenen Stellen der Ortschaften in Sicherheit zu bringen. Der Blitz schlug mehrfach in Häuser und Bäume ein: verschiedene Gehöfte wurden eingeäschert. In der Nähe von Hünfeld 'n Geldstück, wenn ick der blonden jungen Dame auf Schloß Sandsgaard 'n Zettel zu- stscken wollte — — „Erst wollt ich nicht . . . Dann lockte mich 's Geld. Ich stieg über die Mauer und lungerte so lange 'rum, bis es mir gelang, den Zettel los zu werden — — „Ich halte die Schoss schon vergessen, da sehe ick gestern abend — ich wollte mirs ge rade in einem Felsenloch zum Schlafen be- guem machen — zwei dunkle Gestalten den Weg nach Tromsö heruntereilen . . . Ich sehe genauer hin. Meiner Treu, das ist ja der feine Herr von damals und — täuschen mich nicht meine Augen? — an seinem Arm die blonde Dame aus Schloß Sandsgaard — — „Richtig, sie waren's . . . Beide sahen sehr glücklick aus und sckenen große Eile zu ha ben, wcgzukommen. Ick folgte ihnen ein Stück und Hörle, wie der Herr sagte: „Wenn wir erst in London sind, ist alles in Ord nung. Kein Men'ck wird Dich dort suchen!" „Aba, ein Liel^eSpaar! — dacht' ich und ging meiner Wege. Was geht mich die Schvse auch an!" — — Vergnügt wiegt der Bettler den struppigen Kopf bin und her, als er die Geschichte noch mals memoriere. Wahrlich, eine fein ausge sponnene Geschichte, würdig zweier so schilauer Kerle, wie er und Herr Jespersen! Wie pfiffig darin Wahrheit und Dichtung miteinander ver quickt sind! Wenn Fräulein Arnoldsen von sei ner damaligen Begegnung mit der Kleinen im'Park gehört hat, muß sie alles andere auch für Wahrheit halten, und alle Spürhunde sind auf falsche Fährte gelockt! Zufrieden kauert der „Idiot" sich an dem verrosteten Eiseutor von Schloß Sandsgaard nieder, um seine Rolle möglichst erfolgreich zu spielen. (Fortsetzung folgt.)