Volltext Seite (XML)
MGO-GOW Metzer Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. « E mErnstthalcr Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.50, bei Abholung in den Geschäfts- f e en .25, durch die Post bezogen (allster Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. . e.lage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr für die Sgespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Reklametetl die Zeile 30 Pfg. Die gespaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 10 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe unverlangt eingcsaudter Manuskripte macht sich DGDGTGGGGGDGGDGGGTGGGGGTDGGGGGGGGGGGTGGG die Redaktion nicht verbindlich. GGGGG<DGDGGGGGGGDGTGDGTGTGGGGTGGDD<DKTGDD<L Nr. 109 Fernsprecher Nr. 151. Donnerstag, den 15. Mai 1913. Geschäftsstelle Bahnstraße 3. 40. Jahrgang Das 5. und 6. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen, sowie Nr. .17 bis 27 des Reichsgesetzblattes vom Jahre 1913 sind eingegangen und liegen 14 Tage lang im Rathause, Zimmer Nr. 2, zu jedermanns Einsicht aus. Ein Inhaltsverzeichnis dieser Gesetzblätter ist im Hausflur des Rathauses angeschlagen. Hohenstein-Ernstthal, den 13. Mai 1913. Ter Stadtrat. Freibaut Hohenstein-Ernstthal. Gekochtes Ri»»fletsch, Psd. SS Pfg. Unsere Handelsbilanz. Die Konjunktur im deutschen Industrie- leben ist letztes Jahr trotz aller hohen Lebens mittelpreise eine brillante gewesen. Wodurch dies trotz der mannigifachen Klagen aus der Bevölkerung erreicht wurde, lehrt uns die Handelsbilanz. Der Wert der deutschen Waren ausfuhr betrug 1912 bald 9 Milliarden Mark, was gegen 1911 ein Wachstum von 80C Mil lionen bedeutet. Die Einfuhr nach Deutsch land belie sich aus über 10 Milliarden Mark, was eine Zunahme von 600 Millionen gegen 1911 ausmacht, die meist für die Mehr-Liefe rung von Rohstoffen bezahlt wurden. Die Eroberung des Weltmarktes durch die deutsche Industrie nimmt also zu, und es ist bezeich nend und spricht für die Preiswürxgkeit der deutschen Fabrikate, daß, wie neulich schon erwähnt, diese Zunahme sich auch auf unsere französischen Nachbarn bezieht. Bei vorteil haften Einkäufen hält also der frangöshche Chauvinismus doch nicht stand, ebensowenig wie der britische Konkurrenzneid und die Be ni Hungen, durch Einrichtung von nationalen Ein'aufstagen' den deutschen Warenabsatz in England einzuschränken. Die Steigerung des deutschen Waren-Um- satzes aus dem internationalen Markte ist nicht durch Preisschleuderei, sondern durch die Güte der Fabrikate sowie durch das Anpassungs vermögen der deutlichen Lieferanten an die Wünsche der jeweiligen fremdländischen Ab nehmer und ihres Publikums horbeigesührt worden. Hobe Preise sind allerdings infolge der starken Konkurrenz im internationalen Ver kehr nicht gerade zu erzielen, stellenwvi'e sind sie direkt ausgeschlossen. So können in Ost asien die Japaner bei ihren überaus billigen Arbeitskräften Viole Bedürfnisse zu so niedri gen Prellen decken, daß die Europäer und Amerikaner dabei einfach nicht mit können. Während der deutsche Handel in Südamerika sehr gute Erfolge hat, mutzte er in Nord amerika bekanntlich seit Jahren mi-t den Zoll- chikanen kämpfen. Wie weit die unter dem gegenwärtigen Präsidenten Wilson neu einge leiteten Zollherabsetzungen praktische Besserun gen zeitigen werden, mutz in der nächsten Zeit sich ergeben. Jedenfalls kann die deutsche In dustrie bei den Zukunftsaussichten keine hohe Unkostensteigerung zu Haufe ertragen, wenn sie leistungsfähig bleiben und das eroberte Ter rain nicht wieder verlieren will. Woraus die Unkosten wachsen, kommt ja für die Praxis nicht weiter groß in Betracht; auch des schön sten Ideales wegen zahlen die Verkäufer keine höheren Preise. Am wichtigsten für die industrielle Kon junktur ist neben der Erhaltung der Kaufkraft der deutschen Abnehmer der Abschluß der in nicht zu ferner Zeit erforderlich werdenden neuen Handelsverträge. Unsere Zeit steht im Zeichen der umfassenden militärischen Rüstun gen, die viel Geld verschlingen, und die Fi nanzminister, die dies Geld schaffen müssen, denken in erster Reibe au Zollschraubereien. Bei dieser Angelegenheit hört die Freundschaft aus, das haben wir bei den letzten Handels verträgen selbst bei unseren besten Freunden in Wien und Rom erlebt, die uns ziemlich haben bluten lassen. Bei den kommenden Ver trägen werden, eben der Rüstungen wegen und weil die Industrien sich gegen die fremde Kon kurrenz besser schützen wollen, die Schwierig keiten noch erheblicher sein, wie bei den letz ten Verträgen, und namentlich die in finan zieller Bedrängnis befindlichen Balkanstaaten werden den Zollzaun möglichst hoch zu machen suchen. Ohne festes Auftreten und ru/hige Ge lassenheit gegenüber Zollkriegsdrohungen wer den wir da schwerlich durch'ommen. Helden dee Pflicht. Ein Roman aus dem Lande der Mitternachtssonne, Von Erich Friesen. 47. Fortsetzung. (Nachdruch-veekoten.) Auf dem Bureau sagte man ihm, Frau Jespersen läge im Sterben . . . Nein! Nein!! Nein!!! Es kann ja nicht sein! Sem Hirn leidet unter i.-gmd welchen Halluzinationen. Lorenz ein gemeiner Verbrecher? Gerdas Bru der? Sein eigener früherer Freund? Un möglich! . . . Mit scharfem Ruck hält der Wagen an der Ecke des „Jonas-Gehölz". In fieberhafter Erregung springt Erik her aus und bedeutet dem Kutscher, hier zu war ten. Dann biegt er in die schmale Garten straße ein. Der Nebel ist hier draußen noch undurch dringlicher, als in der Stadt. Wie verhängte riesige Glaskugeln erschimmern die Laternen in dem dicken Graugelb. Langsam tappt Erik weiter, immer an den Gittern der Gärten entlang. Vor dem fünften Tor bleibt er stehen. Ist dies das gesuchte Haus? Kein Schild mit ir gend welcher Nummer zu sehen. Kein Name — nichts. Er rüttelt am Tor. Es ist verschlossen. Er sucht nach einer Glocke. Vergebens. Wenn nur jemand käme, den er fragen könnte! Mit wildpochendem Herzen geht er vor dem Gitter auf nutz ab. Die Straße scheint völlig menschenleer zu sein. Nirgends auch nur das geringste Geräusch. In bebender Unruhe richtet er seine Blicke auf das hinter dürrem Gestrüpp und herab- hängenden Baumzweigen in unsicher» Umris sen erkennbare Haus. Er strengt seine Augen fast übermäßig an, um den Nebel zu durch dringen. Richtig, dort schmmert ein mattes Licht! Erhellt es das Zimmer, in dem die arme Ingeborg weilt — Sigrid Arnoldsens Lieb ling? . . . Er schaudert. Noch einmal rüttelt er am Tor. Es gibt nicht nach. Mechanisch zieht er die Uhr. Halb neun! Schon so spät! Und noch nichts erreicht! Soll er rufen? . . . Das würde die In sassen des Hauses stutzig machen und viel leicht sein Vorhaben vereiteln. Was also tun? Er griibelt und grübelt, während sein Herz fast zum Zerspringen klopft. Doch halt! Hört er nicht Schritte? Hastige, eilige Schritte? . . . Ohne Zweifel — es kommt jemand die Straße daher. Nun löst sich auch eine lange, dunkle Ge stalt aus dem Nebel — die Umrisse eines Mannes. Erik tritt etwas zurück, um ihn vorbei zu lassen. Doch der Mann bleibt vor dem Tor stehen. Gleich daraus knirscht ein Schlüssel im Schloß. Mit ein paar Sprüngen ist Erik bei ihm. Erschrocken wendet ihm der Mann das Ge sicht zu. Es ist - Jakob. Ein Freudenschrei entringt sich Eriks Brust. Er hat den Menschen sofort erkannt, trotz des sen äußerlicher Veränderung. Wie mit eiser nem Griff umklammern seine Hände den Ann Ser MlUche Militärattachee in Mönchen ermordet. Ein Aufsehen erregender Vorfall hat sich am Dienstag mittag in München auf offener Straße abgespielt. Ein anscheinend gestesge störter Mensch hat dort den Militärattachee bei der preußischen Gesandtschaft in München und einen Oberwachtmeister der Schutzmannschast erschossen. Ueber den Vorfall wird gemeldet: München, 13. Mai. Der preußische Militärattachee in München, von Lewinsky, wurde am Dienstag nachmittag in der Möhl straße im Münchner Vorort Bogenhallen vor der Villa Stuck von einem 34 Jahre alten Manne, der dem Arbeiterstande ange hört, durch mehrere Revolverschüsse in die Brust niedergestreckt und starb bald darauf in der Chirurgischen Klinik. Der Oberwacht meister der Schutzmannschast, Bollinger, der ihm zu Hilfe geeilt war, wurde gleichfalls erschossen. Der Täter wurde vom Publi kum so zugerichtet, daß er in später Nach- mittagsstunde noch nicht vernehmungsfähig war. Major von Lewinsky wurde erst vor kurzem von Darmstadt nach München ver setzt, war mit einer geborenen von Kölln verheiratet und Vater mehrerer Kinder. Die Verwirrung am Tatorte war so groß, daß niemand an das nahe gelegene städtische Krankenhaus dachte und ein Privatautomo bil den tödlich Verletzten nach der weit ent fernten chirurgischen Klinik 'chaffte, wo er nach einer Viertelstunde verstarb. Eine Ret tung wäre allerdings unmöglich gewesen. Der Täter ist der am 25. Januar 1879 in Niederaltheim bei Deggenbach (Niederbayern) geborene Zinngießer Johann Strasser. Nach einer weiteren Meldung wurde Major v. Lewinsky, der gegen j^2 Uhr in der Nähe des Friedensdenkmals spazieren ging, beim Rondell der Maria Theresien-Straße von einem unbekannten, gut gekleideten Manne ohne vor hergehenden Wortwechsel durch einen Revolver schuß schwer verletzt. Der Major, der sich mit dem Säbel gegen den Angreifer zu verteidigen suchte, wurde gleich darauf nochmals von einer Kugel getroffen und sank nieder. Der zufällig des Weges kommende Oberwachtmeister der Schutzmannschaft, Bollinger, eilte auf den Attentäter zu, wurde aber sofort mit einem Schuß empfangen, der ihn in di; linke Bauch seite traf. Unmittelbar darauf feuerte der ter noch zwei Schüsse auf den Oberwachtmeister ab, wovon einer den Kopf traf und den so fortigen Tod zur Folge hatte. Der Mörder ergriff darauf die Flucht, wurde aber von mehreren Arbeitern verfolgt, die ihn mit Spa zierstöcken niederschlugen. Ein in der Nähe wohnender Herr eilte gleichfalls hinzu und fesselte den Mörder mit einem Riemen. Die nun hinzukommenden Leute schlugen auf den Mörder mit Stöcken ein, bis ein Schutzmann in einem Automobil erschien und ibn zur Po lizei brachte. Am Tatort waren erschienen der Polizeidirektor Nahmer und die Staatsanwalt schaft. Die Leiche des Oberwachtmeisters wurde photographiert und dann weggebracht. Der Verhaftete verweigerte bei seinem Ver hör jede Auskunft über den Grund zu der Tat und soll erklärt haben, daß er auf jeden an deren auch geschossen haben würde. Vermut lich hat man es mit einem Geisteskranken zu tun. Ueber die Vernehmung vor dem Unter suchungsrichter wird vorläufig keine Auskunft erteilt. Major v. Lewinsky war erst seit etwa drei Monaten der preußischen Gesandtschaft als Attaches zugeteilt. Er galt allgemein als ein äußerst tüchtiger und begabter Offizier, dem man große Aussichten für seine Berufsbahn voraussagte. Sie Unterzeichnung der BMaafriedens wird schon für die allernächsten Tage unter den bekannten Bedingungen erwartet, woraus die Mächte die Abgrenzung Albaniens, die Ver teilung der ägäischen Inseln und die Rege lung, der Finanzlage vornehmen werden. Die Türkei arbeitet mit großem Eiter auf mög lichste Beschleunigung der Unterzeichnung des Präliminarfriedens hin. England wird der Türkei eine vierprozentige Anleihe von 75 Millionen gewähren unter entsprechender Ver pfändung der Zolleinnahmen. Di; Hälfte die ser Summe soll für Reformen in Kleinasien verwendet, mit der anderen Hälfte sollen eng lische Werften bezahlt werden, die der Türkei Kriegsschiffe bauen. Engl.md soll, und zwar in Üebereinstimmung mit Frankreich und den des Ex-Bettlers. „Habe ich Dich endlich, Schurke!" Eriks plötzliches Austauchen übt eine solch lähmende Wirkung auf Iakob aus, daß er sekundenlang bewegungslos in das zorn glühende Gesicht vor ihm blickt. Erst nach einer Weile findet er seine Fassung wieder. „Lasten Sie mich los!" knirscht er, seine Angst hinter einer frechen Miene verbergend. „Was wollen Sie von mir?" „Elender Du!" stößt Erik verächtlich hervor. „Du weißt ganz genau, warum ich hier bin!" Vergebens sucht Jakob, die Hände des an deren abzuschütteln. „Lassen Sie mich los!" wiederholt er wü tend. „Ich labe Ihnen damals alles gesagt, was ich über das Mädchen wußte." „Du lügst!" „Ich lüge nicht! Ich hab' hier in Chri stianis eine anständige Stellung gefunden und will nicht, daß Sie mich belästigen. Ver standen?" Erik überlegt . . . Was soll er mit dem Menschen da anfangen, wenn er beim Leus? nen bleibt? Und inzwischen stirbt vielleicht dort in dem kleinen Hause Ingeborg, das be mitleidenswerte Opfer eines ungeheuerlichen Verbrechens! . . . Plötzlich zuckt ein Gedanke durch sein Hirn An seiner Uhrkette hängt als Berlogue eine steine silberne Pfeise, mit der man Hun den zu pfeifen pflegt — das letzte Geschenk der steinen Gerda. Jetzt heißt es, zur List seine Zuflucht nehmen. Vielleicht gelingt sie! „Sehen Sie hier! —" sagt er, seine Stimme zur Ruhe zwingend. „Wenn ich mit dieser Pfeife ein Signal gebe, sind sofort mehrere Polizisten zur Stelle, die im Ekrestaurant dort unten auf mich warten. Wollen Sie mir die Wabrbeit sagen? Oder soll ich pfeifen?" Jakobs Mut wächst, je mebr er das Ge- ährliche seiner Situation einsieht. „Und was dann?" fragt er höhnisch. „Dann stelle ich Sie den Polizisten als einen gewissen Jakob Uhl vor." „Wozu?" „Damit Sie verhaftet werden." „Weil ich die Hand im Spiel hatte bei der Flucht jenes Mädchens?" „Nein. Weil Sie der — Mörder der Ma dame Fredmsborg sind!" Als habe er einen Fausffchlag ins Gesicht erhalten, fährt Ja^ob zurück. Geisterhafte Blässt überzieht leine häßlichen Züge; wie im Fie berfrost schlagen seine Zähne zusammen; seine Knie schlottern. „Das ist nicht wahr . . . das ist eine Lüge!" stottert er. „Das wird das Gericht entscheiden," er widert Erik ernst. „Ich gebe Ihnen jetzt eine halbe Minute Zeit. Bis dahin müssen Sie sich erklären." Blitzschnell überfliegen Iakobs steine 'chie- lende Augen Eriks kräftigen Gliederbau; mit ihm kann es sein durchs Trinken geschwächter Körper nicht aufnehmen. Noch immer um spannen Eriks Finger seinen Arm wie mit eisernen Klammern. Er sieht es klar — sein Spiel ist verloren. Jetzt heißt es für ihn nur: sich den Galgen vom Hals halten. Lorenz Jespersen muß geopfert werden. (Fortsetzung folgt.)