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KliM DM äHlcigkl Capr blatt. Nr. SO. Sonntag, den 20. April 1013 4«. Jahrgang Ans dem grünen Rasen. Erzählung von A. Hinze. (Nachdruck verboten.) Am Portal der Rennbahn drängen sich Autos, vierspännige Mail-Coachs, Equipagen und leichte Gigs mit schaulustigen Gästen. Bon den Tribünen schimmern duftige Toiletten, glänzende Uniformen und elegantes Zivil. Das Tuten der Töjf-Töfss, die Menschenwogen, das Stimmengewirr, das Gedränge am Totalisa tor, die bunten Röcke der Jockeys, die flattern den Fahnen, die geheime Erregung, die alle beherrscht, dazu der lachende FrühUngshimmel und der junggrüne Ra en, alles vereint sich zu eenem Bilde voll Lebensüberfluß, das doch nur eigentlich den Rahmen bildet zu dem Er eignis des Tages: dem großen Ofsiziers-Jagd- Rennen. Das Erscheinen der beiden Hauptakteure heute vecm'achte eine Bewegung im Publikum. Die Reiter, die jetzt an der Tribüne vorbei- lamen, waren Bruder. Aus die prachtvolle Vollblutstute „Perle" des schönen Dellbruck, die sich mit ihrem famosen Lenker schor, manchen ersten Preis auf den Rennplätzen der Welt er rungen, waren heute horrende Summen gesetzt. Nicht weniger vielleicht auf den schwarzen Wal lach „'Glück auf" von Olas von Dellbruck, dem jüngeren der Brüder. Obwohl weniger glän zend an Gaben, wie der ältere, hatte dieser junge Offizier es verstanden, sich das Vertrauen und die Gunst der Sport'reunde in hohem Maße zu gewinnen. „Glück auf" hatte sich erst unlängst die ersten Sporen verdient, aber sie waren derart glänzende, das? sein Ruhm sofort zum Gip'el gestiegen war und damit auch der seines Reiters. Dieser war ein lieber Ker, ein treuer Ka merad und ein tüchtiger Offizier. Von seinen. Glück bei den Frauen aber wußte Fama nichts zu erzählen. O^s Dellbruck flirtete nicht; er flatterte nicht von einem Mädel zum anderen, er war kein „liebenswürdiger Schwerenöter". Alle diese Eigenschaften besaß dagegen Rolf von Dellbruck. Es gibt viele seiner Art: bild hübsch, lustig, leichtlebig und übermütig. Abe: vielleicht nicht allen fliegen die Herzen der Frauen so ausnahmslos zu, wie dem „schönen Dellbruck" es geschah. „Rosen, die man Pflückt beim Wandern . . ." Wie manches Mal hatte Rolf Dellbruck diese Worte befolgt. Ob er aber einer „großen Leidenschaft", einer echten, tief wurzelnden Liebe fähig war? Gesten, abend ballten ihn seine Kameraden vergebens gesucht zum gewohnten Bummelzug. In Olafs Gavconzimmer hatten sich die Bru der gegenübergestanden. Olas bleich, einen lM bei, Zug um den markantgeformten Muud. Rolf die in liebenswürdigen, Leichtsinn strahlen den Augen hinter halb geschlossenen Lidern verborgen; das Gesicht ausnahmsweise ernst. Er war es, der für den jüngeren mitsprach, — etwas hastig — etwas nervös: „Ich hab's gleich weg gehabt, daß Du Dein Herz an das Mädchen verloren hast. Und es ist das erste Mal, daß Du liebst und Dir ein Heiliges, ich weiß es. Da wäre ich ein Schurke, wollte ich hinterrücks zur Attacke schrei ten. Aber ich weiß auch: Was ich bisher ge- uihlt, war Naketenfeuer, schnell aufflackernd, schnell versiegend. Diesmal aber hat es mich. Beide aber können wir ja Via nicht heiraten. Und da weder Du noch ich herausbekommen, 'nen sie von uns beiden liebi, so mag das Nennen morgen entscheiden: Siegst Du, so überlaß ich es Dir, um sie zu werben. Siege ich, so trittst Du zurück. Bist Du einverstan den, Olas?" „Ja," sagte Olaf Dellbruck und hob die ernsten Augen. Fest legten sich die Hände der Brüder ineinander zur Besiegelung, daß beide bereit waren, sich für das Glück des anderen zu opfern. Das zweite Glockenzeichen ertönte. Der Mcnschenschwarm, der den Sattelplatz gefüllt hatte, strönAe der Tribüne zu. Die Auflegung wuchs. Die Gespräche schwirrten: „Die beiden Dellbrucks als Konkurrenten zu sei en, ist eigentlich riesig interessant." „Zugestanden. Ich kann mir keine Vorstel lung machen, wie der Verlierer empfinden wird." „Uni) wer er sein wird? Ich denke, „Glück auf" wird seinem Namen Ehre machen, — kapitales Tier." „Na, aber die Tollkühnheit, mit der der schöne Dellbruck das gewagteste Hindernis nimmt, ist geradezu verblüffend. Und „Perle" kann hervorragend laufen —" „Nu. >, da sind die Chancen ja grof', daß beide si.h das Genick brechen können, ha, haha." D'e Worte erreichten Via von Roland, die neben i:rer Mutter auf der Tribüne laß und eben den Gruß der beiden Dellbrucks, als sie vorbeiritten, erwidert Hütte. „Via," flüsterte Frau von Noland, eine vornehm und sehr reserviert blickende Dame, ihrer Tochter zu, „beherrsche doch Deine Ge fühle besser. Man liest sie Dir ja förmlich vom Gesicht ab. Hätte ich gewußt, daß Du mit Angst den Ausgang des Rennens erwar test, hätte ich nicht erlaubt, daß Du hierher kommst. Und dabei weiß ich nicht einmal, um welchen Dellbruck Du eigentlich bangst." Das dritte Glockenzeichen machte dem Er- 4 P « Allerlei Kurzweil. « « Denkspriiche. Nur auf den Bergen blüht Edelweiß; Je steiler die Pfade, je schöner der Preis, Je härter das Tagewerk, je süßer die Rast, Freue dich, daß du zu ringen hast. * * * Willst du von zweien Dingen wissen, Welches das Rechte? Nimmer ist's das Be quemste I Was dir die meiste Mühe macht, das ist's. Rätselecke Rätsel. 1. Auf Händen trägt mich jedermann, Mit Füßen tritt er mich sodann, Und wer mich trägt in seinem Kopf, Ist nur ein aufgeblasener Tropf. Doch wer mich drauf trifft ganz genau, Den hält für tüchtig man und schlau. 2. Der ersten Paar steht fest am Himmelszelt, Doch auf der Erde schwankt es h:u und her, Die dritte rührt zu Tränen oft die Welt, Und nach ihr zählen ist durchaus uicht schwer. Das Ganze tut, wenn's nölig ist, ein Held. Buchstaben-Rätsel. Mit W bictet's Schutz gewissen Orten dar, Mit B versammelt es manch frohe Schar, Mit F ist's nicht selten voll von Gefahr, Mit G ein einst viel genannter Mann es war, Mit H eine deutsche Stadt ist's gar. Scherzrätsel. In der großen Stadt Berlin bin ich, Doch nicht in London sind'st du mich. In Paris bin ich, doch nicht in Wien. Bin in der Donau unbekannt, Wohl aber mit dem Rhein genannt. Bin nicht in Eis und in Schnee, Aber wohl im Wetter auf der See. Ohne mich ist kein Walzer irgendwo Und niemand ist, der wäre froh, Wenn ich fehlte da dabei. Ich bin mit in Hirn und Herz Und ohne mich gibt's allerwärts Weder Ernst noch einen Scherz. Hieroglyphe«. (Bon denBildern gelten die Anfangsbuchstaben Die fehlenden Vokale sind zu ergänzen.) Bexierbilp. Wo ist der Junge, der die Lämmer hütet? (Auflösungen in nächster Nummer.) Auflösungen ans Nummer 15. DeS Rätsels: Die rechte und die linke Hand. Des Vergrößerungs-Rätsels: Schlei — Schleie — Schleier. Der dreisilbigen Scharade: Fmtdauer. Des Homonyms: Arm — arm. Des Buchstaben-Rätsels: Born — Doru — Korn — vorn. Des Scherz-Rätsels: Licht — ich. Der Hieroglyphen : Menschen, Meer nnd Sturm sind still, wenn ihr Herr es haben will. Lindcr-Zeitllllß. Mo Zt«HU sAr he« qvflmiÄ« Nr. 16. r«edülno», Druck und Verlag von Hurn L Lenmann, Hohenstein Ernstthal. 1013. Ich Ich kann nicht, ist ein schlimmes Wort, Drum sag' es nie, an keinem Ort, Ich kann nicht, bringt nicht weiter fort, Drum sage stets: Ich will! Und drückt die Arbeit noch so sehr, Und ist das Rechnen noch so schwer, Ich kann nicht, hilft dir nimmermehr, Drum immer sag': Ich will! WM! Und hat ein Freund dir wehgetan Und spricht dich um Verzeihung an, Ich kann nicht, niemals sage dann, Sag' freudig ihm: Ich will! Und fällt's Gehorchen dir nicht leicht, Währt's lange, bis ein Ziel erreicht, Ich kann nicht, denkst du daun vielleicht, Sag's nicht, sag' nur: Ich will! Prinzessin Ein Märchen von Vor langer, langer Zeit da regierte weit von hier ein sehr guter König mit seiner Frau Königin. Er war mit seinen Untertanen zu frieden, und sie mit ihm, und zu der Zeih wo meine Geschichte anfängt, herrschte beson ders große Freude im Königreiche, denn dec König und die Königin hatten ein kleines Mädchcn bekommen, das sie sich schon lange gewünscht, und heute war Tauftag gewesen. Im großen Schloßsaal saßen alle vergnügt beisammen; der König, die Königin und alle Gäste aßen, tranken und waren lustig, und ebenso ging es zu in der Küche bei den Dienst leuten. In der Kinderstube schlief das kleine Prinzeßchen süß, und deshalb dachte das Kin dermädchen, sie könne ruhig auch ein bißchcn in die Küche gehen, wo es so lustig herging, und die Kleine allein lassen. Kaum aber hatte sie den Rücken gewendet, da tat sich leise und unhörbar die Tür ans, und eine häßliche, alte Frau schlüpfte herein und beugte sich über die Wiege. „Dir ist heute viel Schönes gewünscht wor den, Prinzeßchen, das kann ich Dir leider nicht nehmen," sagte sie, „etwas will ich Dir aber noch dazu schenken —" und dabei lachkk sie höhnisch und drückte mit ihrer knochigen Hand eine kleine Perle gerade auf die Stirn des Königskindes oben unter die Löckchen in die Haut hinein. Nur ein kleiner roter Fleck war zu sehen. Hochmut. Helene Koch. (Nachdruck verboten.) „Hochmütig sollst Du werden und stolz, und niemand soll Dich lieb haben!" sagte die alte Frau und humpelte davon. Es war eine böse Fee gewesen, die der König einmal früher aus seinem Reiche hinausgejagt hatte, deshalb haßte sie ihn, und heute hatte sie endlich Ge legenheit gefunden, sich an ihm zu rächen. Niemand hatte es bemerk), süß schlum merte das Prinzeßchen. — Fröhlich wuchs die Kleine auf und war anzuschauen wie ein Mai- morgni, so schön und frisch, aber ihre hübschen blauen Augen blickten kalt und hart, kein Armer bekam je ein freundliches Wort von ihr zu hören, kein Kind spielte gern mit ihr. So kani es, daß man zuerst leise und dann ganz lallt sie überall im Königreiche nur „Prinzessin Hochmut" nannte. Das war wirk lich kein schöner Titel, uicht wahr? Der König und die Königin waren sehr betrübt darüber, aber sie konnten nichts daran ändern. Die Jahre gingen hin, der gute König wurde alt und wollte sich gern zur Ruhe setzen und nicht mehr regieren. Des halb schickte er Boten ans in alle Nachbar reiche und ließ sage , wer von den Prinzen dort sein Schwiegersohn werden wvlle und schmuck sei und von guter Gestalt, auch in irgend einem Fache etwas bescnwers Tüchtiges leiste, der möge an einem bestimmten Tage Herkommen, die Prinzessin solle dann wählen. Nun, Ihr könnt wohl denken, daß da viele