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§ri!M M HcheißriiiEmßthliin Kpkign Tageblatt. " - —— Nr. SS. Sonnabend, den 26 Aprtt 1013 40. Jahrgang Deutscher Reichstag. 148. Sitzung vom 24. April. Vizepräsident Paasche teilt mit, daß im Hause eine Ausstellung von Wahl urne n veranstaltet ist. Darauf wird die zweite Lesung des Militäretats, von dem nur noch das eine Kapitel zu erledigen ist, zu Ende geführt mit dem Titel: Gouverneure, Kom- mandanten und Platzmajore. Die Kommission hat beschlossen, daß der Kommandant von Karlsruhe vom 30. September ab ganz fort fallen soll. In Darmstadt soll die Komman- danten'rage anders geregelt werden. Aehnlich steht es mit Sachsen und Württemberg. Kriegsminister von Heeringen: Der KommWonsantrag greift in die staatsrecht lichen Verträge Preußens mit anderen Bun desstaaten ein. Die Kommandanten in Karls ruhe und Darmstädt sind durchaus notwendig. Geben Sie uns die Freiheit, mit den Staaten zu verhandeln, dann kann bis 1914 eine Aen- derung erfolgen. Der hessische und badische Bevollmächtigte sprechen im gleichen Sinne. Abg. Schöpslin (Soz.) beantragt, auch den Kommanhanten in Königstein zu streichen. Kriegsminister von Heeringen wider spricht dem. Abg. Fehrenbach (Zentr.) kündigt für die dritte Lesung einen Kompromißantrag an. Abg. Blanken Horn (natl.) begrüßt diesen Antrag. Abg. von Liebert (Rp.) widerspricht der Streichung der Kommandantenstelle in Dresden. Abg. Noske (Sog.): Wenn di; Wünsche der Vorredner berücksichtigt werden sollten, dann kann die ganze Budgetkommission nur gleich einpacken! Wir appellieren an die Re gierung: Zeigen Sie doch endlich ein kleines bischen guten Willen zum Sparen! Abg. Erzberger (Zentr.): Die Debatte zeigt, daß noch lange nicht genug Stellen ge strichen worden sind. Wenn man in dritter Lesung die Wiederherstellung der Regiecungs- vor age beantragen will, so kündige ich jetzt schon Anträge aus namentliche Abstimmung an. Wenn man alles so erhalten will, wie es 1870,71 war, so führt das zur Versteinerung und Verzapfung unserer Armee. Kriegsminister von Heeringen: Kö nigstein wird zur Verbüßung von Festungs- Halt verwendet. Dort ist ein Kommandant durchaus notwendig. Der Antrag der Budgetkommission wird Helden der Pflicht. Ein Roman aus dem Lande der Mitternachtssonne. Von Erich Friesen. 33 Fortsetzung. (Nachdruck verboten.^ Als die Tür sich hinter Sigrid geschlossen hat, lehut Konsul Daland sich mit allen Zei chen der Zufriedenheit in seinen Sessel zurück, während Erik gedankenvoll mit den Spitzen seines Schnurrbarts spielt. „Das war der vernünftigste Streich Ihres ganzen bisherigen Lebens, Niels!" lacht der Schisssreeder, indem er die Hände in den Ho sentaschen vergräbt und die Beine weit von sich streckt. „Wieso?" „Sie setzen sich mit einem Ruck ins Fett- näpfchen hinein und brauchen sich um Ibre Zukunst keine grauen Haare mehr wachsen zu lassen. Hätte Ihnen soviel praktischen Sinn gar nicht zugetraut. Eine Zeitlang freilich argwöhnte ich, Sie griffen nach noch höheren Zielen. Es war eine Dummheit von mir — ich gebe es zu. Denn wie könnte ein junger Mann wie Sie, einer, der noch nichts ist, der vielleicht aus sich selbst nie etwas werden wird, es wagen —" Erik hat sich von seinem Stuhl erhoben. Als traue er seinen Ohren nicht, starrt er den behaglich seine Havanna paffenden Ge schäftsmann an, der ihm mit überlegener, jo vialer Miene Worte sagt, die das Empfinden des Jünglings abstoßen, deren beleidigenden Sinn er im ersten Augenblick jedoch noch nicht ganz begreift. „Ruhig, ruhig, junger Brausekopf!" spöttelt der Konsul weiter. „Wir Männer unter uns brauchen uns doch keine Flausen vorzumachen. Bei jedem von uns meldet sich ja auch mal das Herz; aber im Grunde genommen ist das Hei raten doch ein Geschäft wie jedes andere — ein» Art Kompagniegeschäft, in das jeder Teil möglichst viel hineinstecken muß. Sehen Sie, als ich ein grüner Junge war, kaum zwan zig, da liebte ich auch einmal — selbstlos, überschäumend, himmelstürmend. Der Gegen stand meiner Leidenschaft war eine Malerin, ein paar Jahre älter als ich — aber was bedeutet das für einen liebenden Jüngling?" Der Schiffsreeder hält einen Augenblick inne und stippt bedächtig die Asche von sei ner Zigarre. Seine kräftigen Züge tragen einen eigenen Ausdruck, halb Rührung, halb Spott. ! > . angenommen. Auch der Kommandant von Kö nigstein wird gestrichen. Damit ist der Mili täretat in zweiter Lesung endgültig erledigt. Der Etat für das R e i ch s m i l i t är ger i ch t wird debattelos erledigt, desgleichen der Etat für den Rechnungshof. Beim Etat für den allgemeinen Pensions fonds liegt ein Antrag der Kommission vor, eine Ausbesserung der Altpensionäre zu ermög lichen, sowie bei der Reichsversicherungsord nung di; Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre. Die Sozialdemokraten beantragen eine all gemeine Erhöhung der Renten. Oberst vonDammann betont, daß die Ersparnisse, die der Reichspensionsfonds ge macht hat, keineswegs auf Kosten der Mann schaften gemacht würden. Abg. Erzberger (Zentr.) spricht gegen die Pensionierung der Apotheker. Merkwürdi gerweise würden diese immer krank und müß ten in Pension gehen, sobald sie eine Konzes sion an der Hand hätten. Beide Resolutionen wurden angenommen. Auch beim Etat für das Reichsschatzamt wurden verschiedene Beamtenstellen gestrichen. In schneller Folge wurden die noch aus stehenden Etats in zweiter Lesung erledigt, ohne daß es zu wesentlichen Debatten kam. OertttcheS «nd LLchllscheS. * — Geschlossene Zeiten zu Pfingsten. Am Vorabend des ersten Psingstfeiertages von nachmittags 6 Uhr an und am ganzen ersten Pfingstfeievtage sind Tanzveranstaltungen an öffentlichen Orten, in Privathäuftrn oder in den Räumen geschlos sener Gesellschaften im Königreich Sachsen ver boten. Ausnahmen von diesem Verbote dür fen nach der hierzu erlassenen Verordnung der sächsischen Ministerien des Kultus und öffent lichen Unterrichts und des Innern vom 14. Februar 1911 keinesfalls gestattet werden. Am ersten Pstngstfeiertage ist auch die Abhaltung öffentlicher Versammlungen aller Art unter sagt. Versammlungen am Pfingstsonnabend müßen um 12 Uhr nachts spätestens ihr Ende erreichen. *— Keine ErhöhungderZünd- h o l z p r e i s e. Eine in Berlin abgehaltene Versammlung des Vereins deutscher Zünd- holzlabrikanlen nahm Stellung zu der Zwangs kontingentierung, sah jedoch mit Rücksicht auf die schwächere Geschäftslage von einer Er höhung der Preise für Zündhölzer ab. g * — Tuchnepper. Gewarnt wird vor einem sogenannten Tuchnepper, der vielleicht auch hier auftreten dürfte. Er bietet Stoff zu drei Herrenanzügen im angeblichen Werte von 100 Mark für einige 60 Mark an. Der Stoff ist aber Schundwqre und hat einen reellen Wert von höchstens 17 Mark. * Oelsnitz i. E., 24. April. Eine böse Stief mutter war die am 2. Dezember 1862 in Beier feldgeborene Bergarbeiters-Ehefrau Emilie Bertha Clauß geb. Oeser, hier, gegenüber dem 5jährigen Kinde ihres Ehemannes aus dessen erster Ehe. Bei jeder noch so geringen Veranlassung schlug die Clauß das Kind in unbarmherziger Weise, teils mit den Händen, teils mit einem sogenann ten Ochsenziemer. Als das Kind nach erfolgter Anzeige untersucht wurde, fand man den kleinen Körper mit Schwielen und blutunterlaufenen Stellen bedeckt. Das hartherzige Weib erhielt vom Schöffengericht wegen gefährlicher Körper verletzung sechs Monate Gefängnis zuerkannt. Ihre gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wurde vom Chemnitzer Landgericht verworfen. * Chemnitz, 25. April. Nachdem schon der Haupttreffer der zu Ende gegangenen sächsischen Landeslotterie zur Hälfte nach Chemnitz gefallen ist, traf nun auch noch, wie schon gestern gemel det, die große Prämie von 300 000 Mark auf ein in der Chemnitzer Kollekte von Hermann Arnold gespieltes Los. Die Glücksnummer (34351), die außer der Prämie auch noch einen 30000-Mark-Gewinn brachte, wurde von zwei Oberpostschaffnern vom Chemnitzer Postamt, ferner von fünf Beamten der Chemnitzer Dünger abfuhrgesellschaft gespielt. Wie seltsam oft die Launen des Glückes spielen, zeigt folgende kleine Episode: Einer dec Inhaber des Glücksloses er hielt dieser Tage von einem als Spaßvogel be kannten Freund ein Telegramm des Inhalts, das in seinem Besitz befindliche Los habe den Hauptgewinn erhalten. Natürlich kam der grau same Scherz bald ans Tageslicht. Umso erstaunter aber war der also Angeführte, als nun wenige Tage nachher auf seine Losnummer wie zur Entschädigung die Prämie fiel. * Dresden, 24. April. Eine Familientragödie ereignete sich heute im Hause Paulstraße 4. Der dort in der dritten Etage wohnende 23 Jahre alte Gaszähler Ernst Schubart schoß seiner Frau mit deren Einverständnis eine Kugel in die Schläfe. Darauf richtete er die Waffe gegen sich selbst, verletzte sich aber nicht tödlich. In der Todes angst lief er auf den Vorplatz hinaus. Schubart wurde noch lebend nach dem Krankenhause Fried richstadt gebracht. Seine Ehefrau war bereits tot. I * Falkenstein, 24. April. In Dorfstadt ist am Dienstag nachmittag das 3'/»jährige Söhn chen des Gutsbesitzers Ernst Meier von einem beladenen Wagen des Nachbars überfahren und getötet worden. Der Knabe hatte sich in der Nähe des Wagens befunden, als dieser infolge Reißens eines Geschircteiles plötzlich rückwärts rollte und der Kleine unter die Räder geriet. * Altenburg, 24. April. Eine jähe Störung erlitt eine im „Preußischen Hof" abgehaltene Hochzeitsfeier. Während alles lustig und ver gnügt war, wurde ein Festteilnehmer, derKlempner- meister Karl Heinrich, vom Schlag gerührt, der den sofortigen Tod des Mannes herbeiführte. Der eben noch so fröhlichen Tafelrunde bemäch tigte sich tiefste Bestürzung; trauernd und still verließen die Hochzeitsgäste das Festlokal. Meine Chronik. * Zu den beiden Fliegerabstürzen in Johannis thal bei Berlin berichtet ein Augenzeuge folgende Einzelheiten: „Ich befand mich seit früher Morgen stunde auf dem Flugplatz und verfolgte mit Interesse das fesselnde Bild, das die zahlreichen Flugzeuge im Schein der aufgehenden Sonne boten. Besonders interessierte ich mich für die gewandten Flüge, die die Fürstin Schakowsky, die am Steuer saß, gemeinsam mit Abramowitsch vollführte Plötzlich bemerkte ich zu meinem Schrecken, wie der Apparat der Fürstin an der Waldseite seitlich abruschte und zur Erde stürzte. Als ich an die Unfallstelle eilte, fand ich Abramowitsch bewußilos und aus vielen Wunden blutend zwischen den Trümmern des Apparates. Neben ihm lag die Fürstin mit gebrochenem Nasenbein, aber bei Bewußtsein. Daß sie nicht auch lebensgefährlich verletzt wurde, verdankt sie offenbar in erster Linie ihrer Schutzkappe, die allerdings bei dem Sturz vollkommen zersplittert wurde. Kaum waren die beiden Verunglückten nach der Unfallstation des Flugplatzes gebracht, als sich auch schon der zweite Absturz ereignete, der Dunetz den Tod brachte. Der Flieger war bis auf eine Höhe von 1000 Meter gestiegen und nur noch als kleiner Punkt am Himmel sichtbar. Aus dieser Höhe ging er in einem wundervollen Gleckflug zur Erde nieder. In etwa 300 Meter Höhe legt n sich die Flügel seines Apparates nach rückwärts; gleich darauf erfolgte ein lauter Krach, und der Unglückliche stürzte in rasender Geschwindigkeit mit seinem Apparat zu Boden. Als wir an der Unfallstelle ankamen, war auch uns Laien klar, daß hier keine Hilfe mehr zu bringen war. Der Körper des Unglücklichen war vollkommen zerfetzt. Dunetz Gcik hat wieder Platz genommen. Sein Jitteresse erwacht, ohne daß er es will. Gibt es auch im Leben dieses „Geschäftsmannes par excellence" Momente, in denen das Herz eine Rechte verlangte? „Mein Ideal verschmähte mich," fährt Kon sul Daland, aufs neue drauflos paffend, fort. „Sie' zog einen jungen Habenichts, einen lang- mähnigen Klaviervirtuosen, dem reichen Schif's- reederssobn vor. Ich jedoch in meiner Ju- gendeselei — ich konnte sie nicht vergessen. Ich befielt sie im Auge und erfuhr, daß das Paar, wenige Jahre nach seiner Verheiratung, auf einer Schfffsreiie nach England, wo der junge Musiker in einem Konzert auftreten wollte, ums Leben kam. Und das Tragi komische der ganzen Sache: es war mein Schiff, das unterging. Und mit ihm sämt liche Passagiere. Auch Ralf und Hilda Niels!" Ein Ausruf höchster Ueberraschung ent schlüpft Eriks Lippen „Hilda — Niels?" wiederholt er erregt. „Ist es möglich, Herr Konsul? Jene Malerin war — war — —" „Ihre Mutter, ja!" vollendet der Schiffs reeder gelassen. „Das Ideal meiner Jugend." Erik ist aufgesprungen und beginnt, mit großen Schritten im Zimmer auf und ab zu gehen. „Deshalb IHv Interesse für mich, den armen Waisenknaben! Deshalb Ihre unerschöpfliche Güte? Deshalb —" „Bah, lassen Sie das! Dachten Sie, ich, der Schiffsreeder Sven Daland, wevde mich um irgend einen hergelaufenen Bengel küm mern? Bloß aus Menschenfreundlichkeit? Nein mein Liebor, so dumm ist Sven Daland nicht. Aber ich konnte es nicht übers Herz bringen, den armen Teufel von Jungen — ihren Jun gen — der, als beide Eltern mit meinem Schiff untergingen, in Christiani« in Pflege war, dem Elend zu überlassen!" „Herr Konsul, wie soll ich Ihnen jhanken." Doch dieser winkte ab. „Dankbarkeit brauch ich nicht. Was ich tue, tue ich für mich selbst, nicht für andere. Hätten Sie sich jetzt zwischen mich und Sigrid Arnoldsen gedrängt — wie ich einen Augen blick glaubte — ich würde Sie ohne weiteres haben fallen lassen. Aber so —" Erik will etwas erwidern. Da wird die Tür heftig aufgerissen. Todesbleich, mit angsterfüllten Blicken, steht Sigrid Arnoldsen auf der Schwelle. „Ingeborg ist— fort!" Entsetzt springen die beiden Männer auf. „Fort?" „Ja. Entflohen oder geraubt. Ihr Zim mer ist leer. Eines der Fenster steht offen. O mein armes, armes Kind!" Sofort wird das ganze Schloß alarmiert. Zwar noch kreidebleich und an allen Glie dern zitternd, aber mit der gewohnten Um sicht erteilt Sigrid ihre Befehle. Laut und klar tönt ihre Stimme über all dem Wirr warr, der entsteht, als die Dienerschaft Kennt nis von dem Verschwinden des allgemein be liebten Fräulein Ingeborg erhält. Mit Laternen wird der ganze Felsenpark abgesucht, ein Diener nach Tromsö entsandt, ein anderer zur Bewachung der Straße auf gestellt — alles mit bewunderungswürdig« Schnelligkeit. Erik ist es, der die erst« Spur gefunden zu haben glaubt. „Fräulein Arnoldsen, kennen Sie diese Fuß tapfen?" Und erregt deutet er auf eine auffallend große, plumpe Vertiefung, die vor dem offe nen Fenster von Ingeborgs Schlafzimmer bei dem Scheine einer rasch herbeigeholten Laterne sichtbar wird. „Nein, Herr Niels." „Aber ich. Die Fußspur gehört dem zer lumpten Bettler an, den wir öfters in der Nähe herumschleichen sahen. Und sehen Sie hier! D'e Fußtapfen führen nicht nach dem Eiserttor, sondern um jenen Steinblock herum, nach einem bestimmten Teil der Mauer! Und daneben — sehen Sie! Diese kleinen, zier lichen Fusttapfen! Das sind Fräulein Inge borgs Füße!" In seiner Auflegung faßt er Sigrid bei der Hand; sie ist eiskalt. ^Sie ist also nicht allein entflohen," sucht er zu trösten. „Um Himmels willen denken Sie nicht an das Schlimmste! Der soge nannte „Idiot" hat sie entführt. Vertrauen Sie inir, Fräulein Arnoldsen! Ich ruhe nicht eher, als bis ich sie gefunden habe." „Gott helfe Ihnen!" stöhnt Sigrid. „Ich vertraue Ihnen. Bringen Sie mir das Kind zurück!" „Mein Wort darauf!" Ein fester Händedruck — und Erik ist im Dunkel der Nacht verschwunden. Jetzt läßt sich auch Sigrid Hut und Man- tel bringen. „Ich gehe selbst nach Tromsö, Konsul Da land. Ich habe keine Ruhe." „Darf ich Sie begleiten?" „Nein, danke. Bleiben Sie hier, es könnte eine Botschaft eintroffen." „Wie Sie wünschen. Wo ist Erik Niels?" „Schon fort. Er war der erste, der ihrer Spur folgte." „Nur feine Pflicht als zukünftiger Bräuti gam der Entflohenen!" „Ja. Er ist gut und pflichttreu." „Bah! Sein eigener Vorteil!" Trotz ihrer Aufregung fällt Sigrid der eigentümlich spöttische Ton auf, den Konsul Daland in seine Worte legt. Schon im Be griff, davoirzueilen, wendet sie sich noch ein mal um. „Wie meinen Sie das?" „Hm —, wenn die Braut verloren geht, so ge^t auch das behagliche Nest verloren, in das er sich setzen wollte —" Eine Sekunde blickt Sigrid den Schiffs reeder erstaunt an. Dann richtet sie sich zu ihrer vollen Höhe auf. „Ich glaube nicht, daß Herr Niels Ihnen Veranlassung zu einer solchen Verdächtigung gegeben hat, Konsul Daland. Jedenfalls ist jetzt weder Zeit noch Ort zu einer Antwort!" Der Mann will noch etwas erwidern, er klären, sich entschuldigen. — — Eine abwehrende Handbewegung Sigrids — und auch die Herrin von Schloß Sands- gaard ist im Dunkel der Nacht verschwunden. 17. Kapitel. Was ist inzwischen aus Ingeborg gewor den? Greifen wir eine Stunde zurück. Unruhig die Zeiger ihrer kleinen Uhr mit den Micken verfolgend, sitzt das Mädchen in ihrem Schlafzimmer am Fenster. Bon Zeit zu Zeit horcht sie hinaus in die sternenlose, feuchtkalte Nacht . . . Wird Herr Jespersen sein Versprechen halten? Nicht der geringste Hauch eines Verdach tes kommt ihrem kindlich harmlosen Gemüt, daß ein Schurke ihre Weltunerfahrenheit miß brauchen und sie zum Werkzeug seiner verbre cherischen Pläne machen könnte. So vergeht Minute auf Minute . . . und Viertelstunde auf Viertelstunde . . . Schon zeigt der kleine Zeiger auf Inge borgs Uhr die neunte Stunde an. Und noch immer alles still vor ihrem Fenster. (Fortsetzung folgt.)