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Arbeitskräfte für He« und Klotte . erleiden, beläuft sich jährlich auf zwei Milliarden Mark. An der Spitze der ganzen Deckungsvorlagen glaube ich mit meinen geschärften Augen ge lesen zu haben, was dort mit unsichtbarer Tinte steht: Lieb« Reichstag, wir erwarten von dir mit aller Bestimmtheit, daß du uns die Erbschaftssteuer bringst. Wir durften sie mit Rücksicht auf unsere Parlamente in Preu ßen und Bayern nicht bringen. Wir wollen nicht auf den schäbigen Rock unserer Reüchs- finanzgebarung immer neu« Flicken setzen. Wir werden ein schmiegsames neues Gewand schäft fen. Das ist ab« nur möglich aus dem Wege einer beweglichen Reichsvermögenssteuer, die wir neben der Evbanfallsteuer einführen müs sen. Auch der Wehrbeitrag wird in diese be wegliche Vermögenssteuer hineingearbeitet wer- den müssen. Um diese Vermögenssteuer, für die ein« Mehrheit wohl vorhanden sein wird, kommen wir nicht mehr herum. Die Ein kommen müssen herunter bis zu 10000 Mk., bei Beamten mit Pension bis zu 6- oder 7000 Mk. hierbeizberücksichtigt werden. Wer an das ewige Wettrüsten glaubt, müßte^an^der Mensch heit verzweifeln. (Beifall links.) Bayerischer D Ministerialrat Dr. Wolff: Abg. Gothein meint, das Verfahren in der Vorlage sei wahrscheinlich von Bayern vorge schlagen, damit das Gesamtvcrmögen in Bayern recht gering ausfalle und Bayern bei der Veranlagung der Matvikularbeiträge auch für später günstig abschneiden würde. Dieser Angriff aus Bayern ist unrecht und unrichtig. Der Vorschlag ist nicht von Bayern ausge gangen und eine Reihe anderer Staaten hat auch keine Vermögenssteuer. Für den Wehr- beistng wird eine ganz neue Vermögensver anlagung von Reichswegen erfolgen. Abg. Behrens (Wirtsch. Vrg.): Es ist keine Hurrastimmung für die Wehrvorlage bei uns, aber die ernste Erkenntnis von der Not wendigkeit der Opfer. Die Vevmögensgtenze von 10 000 MaÄ ist zu niedrig. Eine Staf felung wäre nötig und eine Wehrsteuer für die, die nicht gedient haben. Eine Besteuerung der Stiftungen ist für uns unannehmbar, sie würde die Allerärmsten und Elendesten treffen. Der Beibehaltung des Umsatzstempels und der Zuckersteuer können wir nicht zustimmen. Reichskanzler v. Bethmann Holl weg: Ich möchte nur kurz in einzelnen Fra gen die Stellung der Regierung präzisieren. Ihre Kritik an den Vorschlägen war zum Teil recht scharf. Trotzdem habe ich den Ein druck, daß der Reichstag und die Verbünde ten Regierungen in gleichem Maße von der Größe der uns gestellten Aufgaben erfüllt sind. Ich bin deshalb auch so optimistisch, aus Ihrer Kritik das Bestreben herauszuhö ren, die Vorschläge zu bessern. Verbesserungs vorschläge werden wir gern annehmen. Alle gemachten Vorschläge sind aber keine Verbes serungen. Mm bat über die Systemlofigkeit unserer Vorschläge und die Mangelhaftigkeit unserer Finanzre orm geklagt. Ein« Finanz reform haben wir Ihnen wicht vorgelegt. Eine Steuerordnung unserer Finanzen müßte an ders aussehen als unser Vorschlag. Wir ha ben die Wehrvorlagen anzunehmen und zu bezahlen. Wir schlagen Ihnen nicht vor, neue Schulden zu machen, das würde den Geld markt mehr angreifen als der einmalige Wehr- beitrag und uns in die alte Schuldenwirt schaft stürzen. Wir nehmen die gesamten ein maligen Kosten in. Höhe von einer Milliarde auf uns und von den laufenden Ausgaben l soll der Besitz mehr als die Hälfte tragen. Der seit 1909 tobende männermordend« Streit um die Erbschaftssteuer drehte sich um 60 Millionen Mark. Der Antrag Bassermann- Erzberger will 30—40 Millionen Zuckersteuer durch eine allgemeine Besitzsteuer ersetzen. Was sind diese Zahlen gegen die, die wir jetzt dem Besitz auferlegen. Die Herren finden unsere Vorschläge gegenüber dem Besch zwar nicht allzu schüchtern, aber nicht schön. Wollten wir uns jetzt um das Problem der Probleme, d. h. die Besitzsteuer, die Köpfe vor dem Auslande zerschlagen, so wäre dazu die Zeit doch nicht geeignet. Es wird Wied« gesagt, das Reich wollte sich als Kostgänger an den Tisch der Bundesstaaten setzen. Bismarck wollte die Einzelstaaton nicht ausfaugen. Wenn jetzt vielfach mit dem Gedanken einer Reichsvermögens- oder Einkommensteuer ge spielt wird, so ist das nicht unbedenklich. Ich warne dringend davor, einen Weg einzuschla gen, der nicht zum Ziele führen kann. Ein« einheitliche Reichsvermögenssteuer, zu der die Bundesstaaten Zuschläge erhöben, wäre «in« Art Kommunalisierung der Einzelstaaten. Das werden die Einzelstaaten mit Fug und Recht ablehnen. Haben Sie einmal eine Vermö genssteuer des Reiches, dann werden Sie sie auch ausbauen. Mit einer ausgebauten Reichs- Vermögenssteuer verwirren Sie das gesamte Steuersystem der Einzelstaaten, das auf der Einkommensteuer beruht. In Baden und an- dscen Staaten würden wir damit zu einem Zusammenbruch der eiirzelstaatlichen Finanzen kommen. Woher soll dann das Geld für die Erfüllung von Ku turaufgaben in den Einzel staaten aufgebracht werden, die durch die Gründung des Reiches bei diesen geblieben sind. Sie nehmen es aus den direkten Steuern, die ich ihnen durch das Reich dahar nicht ent ziehen kann. Es würde sonst eine Stagnation des Lebens der Einzelstaaten eintreten, und das würde schließlich, da wir ein Bundes staat sind, das Reich an der Wurzel seiner Kraft fassen. Ich wiederhole deshalb: Be schreiten Sie den Weg nichl, der nicht zum Ziele führen kann? Wenn Sie sich dies« Ge sichtspunkte vorhalten, wird Ihnen doch unser Befitzstenervorschlag nicht als ganz so schlecht erscheinen. Nan. stößt sich an unserem Vor schlag um deswillen so sehr, well ein« Arich- mäßig« Desitzb«steu«ung im ganzen Reiche gewünscht wird. Mit einer Reichsvermögens steuer würden Sie das nur erreichen, wenn Sie einen Strich durch das ganz« System der Besteuerung in den Einzelstaaten machen, und dazu werden doch all di« Parüaien, die mit uns die Grundlage des bundesstaatlichen Systems hochhalten, nicht die Hand bieten. Auch mit der Erbschaftssteuer würden wir zu keiner gleichmäßigen Besteuerung des Besitzes kommen. Sowohl bei der Reichseinkommen' wie bei der Reichserbschq^Dsteuer würden Sie immer bei dem jetzigen Ergebnis bleiben, daß die Belastung mit direkten Besitzsteuern im Reiche außerordentlich buntscheckig sein würde. Ist es da nicht viel gerechter, wenn Sie diese Regelung nach unserem Vorschläge den Ein zelstaaten überlassen? Der Einzelstaat ist sehr viel mehr in der Lage, die Sache so zu arrangieren, wie es für den speziellen Zweck, die speziell«! Verhältnisse des Staates, patzt. Sie erhalten keine absolute Gleichheit, aber, m. H., ich glaube, von der angeblichen Wahr heit, dah Gleichheit Gerechtigkeit bedeutet, wer den Sie doch wohl mit der Zeit abkommen. (Sehr gut! rechts.) Ich möchte überhaupt bitten, daß Sie sich freimachen von dem Ge danken, daß die Befitzsteuern zum Rückgrat der Reichsfinanzen werden. Ich weiß, daß ich damit sehr unpopuläres sage (Heiterkeit), aber das ist mir ja schon häufiger passiert (Heiterkeit). Für das Deutsche Reich ist für 1911 die direkte Besteuerung auf 2100 Millio nen, die indirekte aus 2000 Millionen berech net worden. Für Frankreich werden die in direkten Steuern auf 2500 Millionen berech net, die direkten auf 1350 Millionen. Also die Behauptung, daß bei uns in Deutschland die indirekten Steuern viel höher seien als die direkten, ist eine Legende. Der Gedanke des Mehrbetrags ist gut ausgenommen woüden. Man hat sogar eifrig dariiber gestritten, wem der Ruhm der Vaterschaft zukommt, ob Lud wig XIV., dem Abg. David oder dem Reichs schatzsekretär. (Große Heiterkeit.) Ich für meine Person entscheid« mich für den Reichs schatzsekretär. Der Gedanke hat im gesamten Deutschland den größten Eindruck gemacht. Ich kann Sie versichern, ich habe sehr zahl reiche Zuschriften aus allen Ständen erhalten, und eine große Anzahl dieser Zuschriften war von freiwilligen Spenden begleitet, die den Gedanken des WehrbsitragS begrüßten. Ich muß für diese Kundgebungen der Vaterlands liebe hier öffentlich meinen Dank sagen. (Beis.) Die Abgg. Südekum und Gothein haben be hauptet, ich hätte die Besorgnis geäußert, daß Deutschland und namentlich der deutsche Ar beiterstand in Luxus und Wohlleben degene rieren würden. Nach dem amtlichen Steno gramm habe ich gesagt, die Geschichte lehre, daß Völker, die ihre Rüstungen vernachlässi gen und dafür Luxus und Wohlleben an die erste Stelle setzten, verkommen würden. Wenn ich, was ich nicht getan habe, Deutschland im Auge gehabt hätte, wenn ich vor Luxus und Wohlleben lMe warnen wollen, da hätte ich mich wohl an andere Kreise gewanÄt. Das Bild, das die S^ialdemokrati« von der deut schen Arbeiterschaft gibt, ist falsch und ver zerrt. Aber darin werden mir auch die So zialdemokraten recht geben, wenn ich sage: Verweichlichung und Ausgehen in rein mate rielle Interessen würden keinem Volke so sehr schaden, wie uns Deutschen. (Sehr richtig!) Die beiden großen Güter, die wir durch un sere Vorlage erreichen »voll«!, sind die Stär kung des Vaterlandes und der Frieden. Ich bitte Sie, meine Herren, bewilligen Sie uns die Mittel, sie werden gut angelegt sein. (Beifall.) Abg. Brüh n (Rfp.) äußerte sich im Sinne des Abg. Behrens. Abg. Segitz (Soz.) meinte, die Wehr und Deckungsvoö'agen wären im Bundesrat nicht zustande gekommen, wenn sich Bayern dem Reichskanzler nicht so willfährig gezeigt Härte. Abg. Arendt (Rpt.) äußerte sich über die Verstärkung des Kriegsschatzes, sprach dem Reichsbankpräsidenten seinen Dank aus und be- tonie, daß die Vorlagen von allen bürgerlichen Parteien schnell und einheitlich angenommen werden müßten. Abg. Südekum (Soz.„ meinte, des Kanzlers Warnung«: träfen bei seiner Partei auf taube Ohren. Darauf wurden die Deckungsvorlagen der Budgolkommission überwiesen. Einige Petitio nen wurden erledigt. Ueber die Parsifal-Pe- tition wuntde zur Tagesordnung übergegangen. Montag 2 Uhr: Etat des Auswärtigen Amts und des Reichskanzlers. Mr Fortschrittliche Bolkryartei fi« Hohensteia-Erastthal hielt Sonnabend abend im Hot«l „Gewerbe haus" eine Versammlung ab, die indessen nur schwach besucht war. Der Vorsitzende, Herr Polier E. Tittel, begrüßte die Erschiene nen unid betonte, daß die prekäre politische Lage der Gegenwart den Verein veranlaßt habe, die Versammlung einzuberufen. Der Balkankrieg habe eine Volksstimmung oder besser gesagt „Volks-Verstimmung" hervorg«ufen, die nicht günstig aus die wirtschaftliche Lage wirke, zumal auch die Heeresvorlag« diese zu beeinträchtigen drohe. Redner erteilte sodann Herrn Parteisekretär Ernst Ehrich- Leipzig das Wort zu seinen: Vortrag« üb«r „De:rtsch- lands auswärtige Politik, die neuen Wehpvor- lagen und ihre Deckung". D<x Herr Redner führte etwa folgender aus: Die Wahl des heutigen Themas ist voll ständig gsrechtfrrtigt durch die Tagesereignisse, es gibt wohl nichts, was di« Gemüter so er regt, wie diese Fragen, aber auch wohl keine andere Sache wie die auswärtige Politik, in d« die Gemüter so auSeinandergehon, wie in d es«. Wenn man, wie » B. die Sozial demokratie, den Schwerpunkt lediglich auf di« innere Politik verlegt, dann kann es all«- dingS Vorkommen, daß man das, recht« Augen maß für die auswärtige Politik verliert, ja achtlos an ihr vorübergeht; wieder andere Par teien betrachten alles nur vom Standpunkt der äußeren Politik, was grundfalsch ist, denn man muß beiden Teilen die genügende Beach tung schenken. Urb« die Grundlagen dev deut schen Auslandspolitik verbreitete sich Redner folgendermaßen: Als am 10. Mai 1871 das deutsche Volk in Frankfurt Frieden mit Frank reich schloß, bestand die Hauptaufgabe jener Zeit darin, die Errungenschaften von 1864 bis 1871 zu erhalten. Die beiden Mächte, mit denen wir nach 1871 zu rechnen hatten, waren Oesterreich und Frankreich. Daß die Befürch tung einer Verbindung dieser beiden Länder gegen Deutschland nicht zur realen Tatsache wurde, Hatton wir wohl in der Hauptsache den schnellen deutschen Wa'fen«foigen zu ver danken. Einer solchen Verbindung hätte sich schließlich auch Rußland angeschlossen, was Bismarck rechtzeitig erkannte; er richtete seine Politik danach, indem er zunächst der öster reichischen Niederlage, den Stachel zu nehmen suchte. Dem Treiben der Kriegspartei am Hofe des alten Kaisers, die diesen selbst um gab, gab Bismarck nicht nach, so daß es, zu sinem schweren Konflikt zwischen Herrscher und Kanzler kam, aus dem Bismarck schließlich als Sieger hervorging. Lange schwankt» Bis- mwck dann, wen er als Bundesgenossen wäh len sollte. Rußland sah er als einen militä risch sehr gefestigten Staat an, der er jedoch wirÄich nicht war. Rechtzeitig erkannte er, daß die panslawistischen Bestrebungen nichts mit uttserm Deutschland gemein haben konn ten, und das ließ ihn abstehen. Es kam dann 1879 zu einen: Bündnis mit Oesterreich, das in: Mai des Jahres 1882 zum Dreibund mit Italien «weitert wurde. Diese Konstellation ist ein Verdienst Bismarcks, der dadurch auch die steten Zänkereien des adriatischen Meeres wegen beseitigte. Der Dreibund wurde in zwischen erneuert 1887, 1892, 1902 und zu letzt am 7. Dezember 1912 unter dem Ein druck der ernsten Vorgänge auf dem BaLän. Bisnwrcks Politik war aber auch darauf ge richtet, trotz des Dreibundes in Freundschaft mit Rußland zu leben und es kam schließlich zwischen Deutschland und Rußland zu dem bekannten Rückversichrrungsvertrage, der leid« unter Caprivi fallen gelassen, d. h. nicht er neuert wurde. Hieraus ergab sich dann der sofortige Zusammenschluß Rußlands und Frankreichs zu einen: Zweibund. Bismarcks Politik war eine reine Europapolitik, wobei er England keine übergroß« Wichtigkeit bei maß, ja es ziemlich aus dem Spiele ließ. In genialer Weise verstand Bismarck die Po litik des Deutschen Reiches zu lenken und in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahr- Hunderts hatte Deutschland Trümpfe in der Hand, Wie kein anderes Land Europas. Als 1870/71 Deutschland den Franzosen Eisaß- Lothringen wieder abnahm, befürchteten die kleinen Länder, daß dies der Anfang zu einer Eroberungspolitik Deutschlands sei, doch Bis marck wußte Holland, Belgien und die Schweiz zu berukftgen. Als Anfang der 80er Jahre noch alljährlich weit über 200 000 Deutsche auswanderten, begann Bismarck, Kolonial politik zu treiben. Wir erhielten als Frucht dieser Politik 1884 Südwestafrika und 1889 Ostafrika, doch erst in neuerer Zoll wurde un sere Koloniwlpolitik auf günstigere Grundlagen gestellt. In den Jahren 1890—1896, da schien es, als ob mvsere auswärtige Politik auf den tot«: Punkt angekommen wäre, doch dem war nicht so. Im Juki 1890 schloß Caprivi das Kolonialabkommsn mit England, das für uns in der Abtretung Sansibars und der Uganda lande bestand, .wo'ür wir Helgoland eintaufch ten. Dies Abkommen wurdr anfangs arg be spöttelt und selbst der berühmte Afrikaforscher Stanley sagte: Deutschland hat eine gatte Hose fortzegeben und einen Hosenknopf dafür ein getauscht. Heute denken wir ruhig« darüber, denn Helgoland beherrscht die Weser- und die Elb «Windung, es ist ein wichtiger Stützpunkt unser« Flotte. Die Geschichte hat denn auch Caprivi mit sainem Abkommen Recht gegeben, wenn auch aus jener Zeit eine merkliche Ver schlechterung unseres bis dahin guten Verhält nisses zu Rußland herrührt. Mit dem Ver lassen von Bismarcks Europapolitik und dem Eintreten für Kaiser Wilhelms II. Weltpolitik war der Bruch zwischen Kaiser und Kanzler reif. Hauptsächlich waren die Differenzen allerdings auch auf Bismarcks Verhalten in der inneren Politik zurückzuführen. Bismarck Wolke das Reichstagstvahlrecht ändern, um nach dem Fallen des Sozialistengesetzes die Sozialdemokratie wirksamer bekämpfen zu köw- nen. Es ist voll und ganz anzuarkennen, was Bismarck auf dem Gebiete der äußeren Politik zum Segen des Reiches geleistet hat, jedoch auf Lem W-ge der inneren Politik marschierte er falsch; er wußte zu wenig den Forderun gen der neuen Zeit Rechnung zu tragen. Bis marcks Verdienste in Ehren, ab« man darf nicht wie Hardens. „Zukunft", die „Leipz. N. N." u. a. Zeitungen sagen, dah uns nach Bismarck nie wieder ein solch« Staatsmann beschert >v«o«n wird. Di« Entwicklung geht weiter, Ivas die letzten Jahrzehnte lehren. Mit der Schaffung «n« Kriegsflotte trat Deutsch land dann gewissermaßen in die NÄtpolitck ein. Aussprüche wie „Unser« Zukunft liegt auf. dem Wasser" wurden anfangs wohl arg belächelt rc., aber heute erkennt man an, daß das Werk Kaiser WilhÄmS II., seines kaisac- lichen Bruders des Prinzen Heinrich und de- Admiral- v. Tirpitz uns nötigt. Afrika, Kiautfchou, die Karolinen und die Marianen, Samoa und wie sonst unser« Erwerbungen heißen, bestätigen dies. Englands Mißtrauen fällt -um guten Teil in diese Zeit; es wurde genährt teilweise durch das Verhalten unseres Kaisers, der sich in Jerusalem, wo die Er löserkirche geweiht wurde, als Schirmherren aller Muselmanen bezeichnete. Hinzu kam noch sein Eintreten für die Buren, das bekannte Krüger-Telegramm u. v. a. Die Mißstimmung Englands war aber in der Hauptsache dar aus zurückzuftihren, daß es immer mehr und mehr «kennen mußte, daß Deutschland zu seinem größten Konkurrenten auf dem Welt markt wurde, ein« Stellung, die England bis dahin nicht zu fürchten gehabt hatte. Das englische Markenschutzgesetz, geboren aus der Furcht vor Deutschland, legte fest, daß alles aus Deutschland Eingeführte die. Bezeichnung „Made in Germany" tragen mußte; eine besser« Empfehlung der deutschen Waren konnte es gar nicht geben, denn nun bevorzugte das Ausland erst recht Waren mit dieser Bezeich nung, die dadurch den Nachweis der Güte führten. Redner behandelte sodann Deutsch lands Umgestaltung vom Agrar- zum Indu striestaat und die Notwenkigi-eit deutsch« Aus fuhr, die 1890 8,1, 1910 17,6 und 1911 19,1 Milliarden Mark betragen hab«. Frankreichs Ausfuhr betrug 1890 8,3 und 1895 7,7 Mil liarden; England hatte 1890 schon eine Aus fuhr von 15,3 und 1910 eine solche von 24,7 Milliarden, die 1911 aus 25,1 Milliarden an wuchs. Mit der Zeit . ist Deutschland draus und dran«. England auf dem Weltmarkt« ein- zuholcn, auf den wir durch das Wachsen un serer Bevölkerung von 40 Millionen im Jahre 1870 auf jetzt ca. 66 Millionen hinausgetnieben wurden. Wir verlangen ja nichts Unbilliges, wollen vielmehr nur den Anteil an der Welt politik und der Wöl-tkultur haben, wozu wir berechtigt sind. England richtete seine Spitze gegen diese Entwicklung, daher König Edu ards VH. Einkreisungspoliitik. Ueberall hatte es seine Hand im Spiele; das zeigten Ma rokko, die mannigfachen Versuch«, Italien zum Austritt aus dem Dreibunde zu, bewegen, die Aufteilung Persiens, die chinesische Frag«, Ja pans Anwartschaft auf Korea rc. Besonders die Zeit der Marokko-Angelegenheit — die Jahre 1904—1911 waren eine böse Zeit für Deutschland — beunruhigte die deutsche aus wärtige Politik. In diese Zeit fielen Del- cassees chauvinistische Hetzereien, die « als Minister des Aeußern besonders Pflegte; ein sichtige Franzosen, erkannten seine Mach« "chlwßlich und er wurde gestürzt und mit ilm fiel auch das englische Kartengebäuds z. T. zusammen. Der Vertrag von Algeciras sichert Deutschbmd Handelsfreiheit in .Marokko und das kann uns genügen; ein Krieg, der ost Marokkos wegen auf des Messers Schneide stand, wäre unverantwortlich gewesen. Die Fortschvittliche Volkspartei hat denn auch die Friedenspolitik der deutschen Regierung freu dig begrüßt. Es fblgte dann die Ertrafahrt Italiens nach Tripolis, von den beiden an deren DrSibundmächton sehr bedauert, denn Oesterreich sowohl wie Deutschland haben an der Tüükei ein großes wirtschaftliches Inter esse. Plötzlich und unertvartet kam dann der Balkanbund, gestützt auf Rußland, mit sei nem Krieg gegen die Türkei, der dieser den letzten Rest gab. Redner streifte die Ereignisse des Krieges, die serbischen Schwierigkeiten, die Spannung zwischen Rußland und Oesterreich, zwischen Bulgarien und Rumänien, das Ver halten des „großen Nikita" von Montenegro und schließlich das einmütige Zufammenstehen aller Großmächte, die einen europäischen Krieg nicht wünschen. (Raummangels wegen Schluß in nächster Nummer.) OertttcheS und SSchfische». * — Witterungraussicht für Dienstag, 15. April: Kalt, trocken, ziemlich klar. *— Das große Los gezogen! Das große Los ist in der heutigen Ziehung auf die Nummer 41 242 nach Chemnitz in die Kollektion von Wagner gefallen. Das Los wird ausschließ lich in Chemnitz gespielt. Die glücklichen Ge winner sind sämtlich Leute, die den unverhofften Segen gebrauchen können. * H-heaftein-Ersstlhsh 14. April. Bei den dieser Tage in Glauchau unter dem Vorsitz des Herrn Hofzimmermeisters Noak-Dresden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern des Baugewerbes der Städte Hohenstein-Ernstthal, Glauchau und Meerane stattgcfundenen Verhandlungen über die neuen Tarifverträge wurde eine Einigung erzielt. Der Lohn wurde für' die nächsten drei Jahre festgesetzt. ». Schnell tritt der Tod den Men sch e n a n. .. . Im hiesigen Bahnhofe ereilte der Tod einen älteren Herrn, den Bauaufseher Heber aus Ehemnitz, in dem Augenblicke, als er gestern abend den 5,31 Uhr nach Chemnitz ab fahrenden Schnellzug besteigen wollte. Herr H. sank infolge eines Schlaganfalls auf hem Bahn- steige tot nieder. a. Turn führten unternahmen gestern die Männerrieae „Vater Jahn" des Turnerbun des nach Claußnitz (Marschrichtung: Limbach— Hartmannsdorf—Taura—Claußnitz). Der Mit- tagStisch wurde im „Polen Hirsch" in Claußnitz eingenommen, wo sich Mitglieder der Artigen Turnvereins esngefunden hasten und Begrüßung