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KllM M Hehkißrii Cniilsiltl AmklSkl Rv 44. Sonntag, den Ä3. Februar ISIS 40. Jahrgang Margitta Ohlsen. Novellette von S. Halm. (Nachdruck verboten.) Margitta Ohlsen galt für emanzipiert. Sie war jung, war mehr als hübsch, dazu ver mögend und lebte ihr Leben für sich — ohne Geselligkeit, ohne Freundschaft. Der Klatsch konnte sie eigentlich nicht fassen, und doch schlich der heimtückische Geselle sich auch an Margitta heran. Wer nicht mit der Norm geht, ist zum mindesten verdächtig — verdäch tig irgend eines dunklen Punktes. Also wit terte, schnüffelte man. Sicher hatte das schöne, begüterte Mädchen Erfahrungen hinter sich. Mit 26 Jahren kap selt man sich nicht ein — lebt wie eine Aske tin, wenn inan ganz sein eigener Herrist. — Freilich, mit dem Asketentum — das war wohl eine gewagte, einseitige Behauptung. Denn soviel man wußte, entbehrte Margitta kaum die Bequemlichkeiten des Lebens. Nur mied sie die Menschen. Sie lebte einsam mit ihrer Magd — einem alten Faktotum, aus dem nichts herauszube kommen war — in ihrem Häuschen, hielt sich ein Ponnygespann, machte selbst den Reit- knecht und Gärtner, hatte zwei prächtige Hunde, die ihr auf Schritt folgten und — was in dem kleinen Nest als höchster Luxus galt — ein« Voliere zahmer Vögel. Sie schien über haupt eine fanatische Tierliebhaberin zu sein. Im Winter kam das Wild bis in ihren Gar ten, wo es Futter bereit sand; für die Vögel waren Nistkästen und Futterplätze aufgestellt. Kurz, Fräulein Ohlsen schien all ihre Lirbes- sähigkeiten auf die Tierwelt übertragen zu haben. — Das erweckte Spott, Neid — ja Feindseligkeit. — Brauchten sich die Menschen solch« Behandlung gefallen zu lassen? Eines Tages verschied einer der schönen Hunde plötzlich. „Gift", sagte der Tierarzt lakonisch. Im Winter blieben die Vögel aus. Und wieder fanden sich Spuren von Glist — vergifteter Weizen war über Nacht unter das Vogelfutter gemischt worden. — Margitta Ohlsen lief nicht zur Polizei. Am Tage dar auf stand eine Warnung vor dem Hunde und vor Fußangeln an ihrem Gartentor ange schlagen. Wieder gab es Lacher, auch Ungläu bige, die das Plakat für leere Drohung hiel ten. Zwei Tage darauf hatte der neue Hof hund einen frechen Eindringling buchstäblich halb zerrissen. Jetzt bildeten sich zwei Par teien, die ein« für, die andere gegen die Ein siedlerin. Die einen fanden, man solle der sonderbaren Schrulle doch Rechnung tragen und Fräulein Ohlsen in Frieden lassen; -die ande ren erblickten in dem provozierenden Hochmut der jungen Dame eine Beleidigung, eine Be einträchtigung des Friedens. Die kleinen Leute regten sich besonders auf. Die Milchhändlerin, der Krämer, die Gemüse frau hatten sich schon lange über die alte Greta geärgert, die immer so ehrerbietig gegen ihr Fräulein tat und sich auch nicht auf den klein sten Schwatz einbieß. Mein Gott, wegen dem Bischen, das die beiden Frauen brauchten, riß man sich auch nicht. An denen konnte man verhungern. Da zu kam noch eins. Margitta Ohlsen sowohl wie ihre alte Dienerin waren noch nie in der Kirche gesehen worden, auch an den höchsten Feiertagen nicht, wo doch ein anständiger Christenmensch in die Predigt geht. Also mutz ten die's wohl mit ihrem Herrgott verdorben haben, hielten's am Ende gar mit dem Teufel. Das mit dem Gott-sei-bei-uns glaubte das Weibervolk gar zu gern. Herrgott nein, mit solchen wollte man doch lieber nichts zu tun haben. Und eines Tages boykottierten Milchfrau, Metzger, Krämer, Gärtner, ja sogar der Gast wirt, bei dem Greta Bier geholt, die beiden Frauen. Was würde nun geschehen? Di« Nachbarn sanden sich auffällig oft an den Fenstern ein. Wir ein Lauffeuer hatte es das Städtchen durchlaufen: die Ohlsen ist ausgvsperrt von ihren Lieferanten. Di« Gescheidteren schüttelten dazu die Köpfe. Neugierig waren aber auch sie, wie die Sache ablie'. Würde Fräulein Ohlsen dem ungast lichen Ort den Rücken kehren, sich ganz ein schliefen? Noch am gleichen Tag« sah man das Ponnygespann seinen täglichen Weg durch die Straßen nehmen, gefolgt von dem schönen Wo'fshund. Das geschah heute wie alle Tage, und Margitta Ohlsens Gesicht sah aus wie immer — blaß, kalt, vielleicht noch eine Nüance hochmütiger. Ein Straßenjunge lachte, als sie vorbeifuhr; ein Knirps warf mit einem Stein nach den schlanken Ponnybeinen. Das Wägo chen stand — ein Wink und im nächsten Augenblick hatte Wolf, der Hund, den schreienden Jungen am Kragen. Dia Leute kamen aus den Türen — man gestikulierte — schrie. Margitta Ohlsen winkte dem Hund, der sofort sein Opfer freigab; dann legte sie ihre Hand fest auf die Schulter des verängstigten Buben: „Du gehst doch schon in die Schul« und solltest wissen, was gut und böse ist. Warum warfst Du nicht nach mir, sondern nach dem wehrlosen Pferd?" ^okaimi8plat2 «sodamÜZpIalx. :! uoa kr»ll>Lo. :: VsMli-MMM * MdM- u. MklM-MIMung WMGrÄsM G AMZivM .Seiävnsivffo ^6idM80k8 <o> Md8lIM8kd8 7i86dM86tlK so» 88l!M8kdk 8l>«is I^isksrunZ voUstänäLZsr Lrsul-VVäseks-LusslsllunZsn kisrrsnwsseks gsvänsokton Lrowl^o. «7^2 Xvrsslls llr»tlrl»8sigo, kvvLdrtv Huillitäten rn »nerkLunt latsLvLIiok killigssrr Ivb bist» vios ^usvskl, vis solobs von aaävrvr Lvito »uok niokt »nnklbvroä vrrviokt vvrävn äürkt«. * » Allerlei Kurzweil. » « Leuksprüche. Das Unglück ist ein Tturm, DaS Glück ein Tonnenblick. Ertrage, wenn du kannst, Das Unglück wie das Glück. Mehr zu hören, als zu reden, — Solches lehrt schon die Natur; Sie versah uns mit zwei Ohren, Doch mit einer Zunge nur. Rätselecke. Mit fünfen spring' ich durch die Welt Und fresse, was mir grad gefällt, Bin bei den Menschen wohl beliebt. Ein jeder auf die Jagd begibt Sogleich sich, wenn er mich gewahrt. Und schlecht geht's mir, bet meinem Bart, Wenn so ein Klotz mich armen Wicht Erwischt, dann fahre wohl o Lebenslicht. Mit vieren bin ich angenehm, Dem armen Schuldner sehr bequem. Mit dreien bin ich oft zur Zeit Des Unglücks gern geseh'n; es freut Sich jeder, wenn ich ihn gestützt, Und ihm mein Fingerzeig genützt. — Gcharade. Das Erste macht die Zett. DaS Zweite mißt das Feld. DaS Ganze hebt den Blick Empor zum Himmelszelt. Anagra««. Frau und Mutter bin ich vorwärts, Zier deS alten Testaments zugleich. Mann und Vater bin ich rückwärts, Neuer Operetten melodienreich. Vachfiabea-RStfel. Mit Th bin ich hart und weich, Mit L bald ärmlich und bald reich, Mit H kann ich recht bitter sein, Mit T bald hoch, bald tief, bald stark, bald fein, Mit M triffst auf dem Feld mich an, Mit S bin ich ein jeder Mann, Und bin ich deinem Geiste nah, Hast du mich fast mit S c h. «ilder-Rätsel. Vexierbild. Da kommt'ja die^fremde Signora! (Auflösungen in nächster Nummer.) Wluft-frmgeu au» Nummer 7. DeS Verwandlungs-Rätsels: Lenau —Laune. DeS LogogriphS: Meer — Meter — Metier. DeS GleichklangS: Aufgeschlagen. DeS Bilder-Rätsels: Vtelumworbene Erbin. DeS Vexierbildes: Am Fuße der Tchloßmauer. Bild von rechts betrachten. Nr. 8. 1 Aedaklwn, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenftein-Ernfttdal. 1913. HauskLtzchen Mietzkätzchen ist ein liebes Tier Mit silberbraucm Felle, Und rufe ich: „Komm her zu mir," So ist es gleich zur Stelle. Man sagt, daß falsch ein Kätzchen sei; Es habe böse Tücken, Käm' mit den Tatzen schnell herbei, Die Krallen abzudrücken. O nein, mein Kind, das ist nicht so; Du darfst es nur nicht necken Und niemals es behandeln roh Und niemals es erschrecken. Mußt's füttern auch zur rechten Zeit Mit Milch und guten Brocken, Mußt ihm ein Plätzchen schaffen weich Wo es kann ruh'n und hocken. Mußt säubern auch sein Schüsselein, Darfst es nie schmutzig geben; Denn Kätzchen hält sich immer rein: Im Schmutz mag es nicht leben. Und hab' es lieb und quäl' es nicht, Sei's auch nur, um zu scherzen. Es ist zwar bloß ein kleiner Wicht, Doch fühlts wie du die Schmerzen. — Pauline Mielisch. Hermann. Erzählung von O. Paul. (Fortsetzung.) Dankend drückte Marie ihrem Gatten die Hand. Sie war beruhigt. Was das Gewissen von ihr gefordert hatte, war getan; ruhig wollte sie den Erfolg abwarten. Ein Tag nach dem andern verging, ohne daß man etwas Näheres über den Vater des Knaben erfuhr. Schon war ein Monat ver flossen, zweimal war der Aufruf durch die Blätter ergangen, doch niemand fragte nach dem Kleinen. Hermann fühlte sich immer heimischer, immer inniger schmiegte er sich der Familie an und die Bilder der Vergangen heit traten bei dem Kinde immer mehr in den Hintergrund. Hermann nannte Harning jetzt „Vater" ; seines rechten Vaters erwähnte er immer seltener, und da nach Monaten nie mand Anspruch auf den Kleinen machte, wurde er endlich ganz als Familienglied betrachtet. IN. Sechs Jahre verflossen seit jener Zeit. Rudolph und Hermann Harning, wie er jetzt heißt, finden wir als ein paar frische, kräftige Knaben wieder. Der vierzehnjährige Rudolph und sein um ein Jahr jüngerer Bruder sitzen beide in der kleinen Wohnstube mit ihren Schularbeiten beschäftigt. Beide besuchen eine Schule, in der sie für die Söhne des Unter försters gelten. Auch im Herzen des redlichen Harning und seiner Frau nehmen sie gleichen Platz ein. Hermam hat es verstanden, sich die Liebe seiner Pflegeeltern zu erwerben, sich derselben immer würdiger zu machen. Nur scheint der feurige, obwohl ost zu ungestüme Rudolph dem Vater, der sanfte, wißbegierige Hermann dagegen der Mutter mehr Freude zu machen. „Punktum! Ich bin fertig!" rief Rudolph, sprang auf und griff nach seiner kleinen Flinte. „Du bist fertig, Rudolph? Du hast ja deine französischen Aufgaben noch nicht gemacht," sagte Hermann, indem er emsig im Schreiben fortfuhr. — „Ach, was soll mit dieser Mischmasch von Französisch!" entgegnete Rudolph, „damit plage sich, wer Lust hat! Ich werde Förster, wie mein Vater, und mit den Holzhauern, Wilddieben und Bäumen brauche ich nicht französisch zu sprechen. Ich muß meine Flinte, die einen neuen Hahn be kommen hat, probieren. Gehst du nicht mit, kleiner Franzose, Monsieur Hermann?" — „Nein, nicht eher, als bis meine Aufgaben beendigt sind," entgegnete dieser fest. „Nun,