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Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf rc. Der.Hohenstein-Ernstthalcr Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus ML. 1.50, bei Abholung in den Geschäfts stellen ML 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) ML. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und dir Landbriefträger entgegen. A> rilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr sür die Ogespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im ReklameteU die Zeile 30 Pfg. Die 2gejpaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. 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Sachdienliche Mitteilungen werden an die Polizeiregistratur oder die Polizeiwachen erbeten. Hohenstein-Ernstthal, den 25. März 1913. Der Stadtrat. Ser BalkaWirrwarr. Montenegro beherrscht die Situation. Um das Groteske dieser Tatsache zu er schöpfen, muß man sich vergegenwärtigen, daß das ganze Montenegro eine Bevölkerung von nur 250 OM Köpfen umfaßt, also im ganzen nur so viel Einwohner zählt wie Königsberg i. Pr. oder Rirdorf bei Berlin. Ob König Nikolaus, dem das Wort in den Mund gelegt wur>e: „Ich werde entweder Skutari nehmen oder sterben", wirklich seinen Widerstand im Vertrauen auf Rußlands Schutz und auf die enge Verwandtschaft mit dem italienischen Kö- nigshause aufrecht erhalten oder gleich Serbien klein beigeben wird, müssen schon die nächsten Tage lehren, da Oesterreich zum äußerlten ent schlossen ist, falls Montenegro s ortfährt, die Rechte und Interessen der habsburgischen Dop- pelMonarchie in Albanien und an der Adria zu verletzen. Auf die befristete Note Oesterreichs batte Montenegro eine völlig unbefriedigende Ant wort gegeben, so daß die Wiener Regierung in einer Art Ultimatum ihre Vorstellungen in Ce inse noch einmal auf diplomatischem Wege cr'"euerte und zu erkennen gab, daß, wenn auch dieser Schritt erfolglos bliebe, ein be- wafnetes Eingreifen erfolgen würde. Daß die beiden von Pola in See gegangenen öster reichischen Kriegsgeschwader nicht nur, wie es anfangs hieß, eine Uebungs ahrt machten, son dern zur Unterstützung der erhobenen diploma tischen Vorstellungen eine Flottendemonstration veranstalten sollen/wurde von osfizielleb Wie- ner Seite offen zugegeben. Das Kriegs- gefchwader bat zunächst Budua, einen etwa 20 Kilometer südwestlich von der montenegni- nillben Hauptstadt Cetinje gelegenen Haffn am Adriatischen Meere, angelaulen. Montenegros unbefriedigende Antwort auf die Vorstellungen Oesterreichs enthielt nur Helden der Pflicht. Ein Roman aus dem Lande der Mitternachtssonne. Von Erich Friesen. 6. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Das Abendessen ist ein gewähltes. Der kräftige Burgunder, verbunden mit dem lie benswürdig offenen, allen konventionellen For men abholden Wesen der Hausherrin, üben aus Erik dm günstigsten Einfluß aus. Bald überwindet er seine anfängliche Befangenheit; er findet die Elastizität und die Frische des Geistes wieder. Fröhliches Lachen erschallt, wie es schon lange die eichengeschnitzten Wände des diisteren Speisesaales nicht vernommen. Noch bevor das Mahl beendet ist. fühlt Erik Niels sich bereits vollkommen zuhause. Er redet frei und offen, wie es ihm ums Herz ist, obgleich er noch immer einer ge wissen Schm vor Sigrid Arnoldfen nicht ganz Herr werden kann. Er ahnt, daß sein ganzes Wesen bald wie ein offenes Buch vor ihrem scharfen, klugen Blick liegen wird. Ob irgend ein Blatt dieses Buches sie ver letzen, ihren Unwillen erregen wird — das erfüllt sein Herz mit geheimer Sorge. Nach dem Essen begibt sich die kleine Ge sellschaft ins Musikzimmer. Ohne irgend welche Aufforderung nimmt Ingeborg am Klavier Platz. Mechanisch gleiten ihre schlanken Fin ger über die Tasten. Erik, der neben Sigrid Arnoldfen auf dem Sosa sitzt, hört einige Sekunden zu. Dann fragt er leise: „Spielt meine Schülerin Klavier?" „Mehr als das. Sie phantasiert und kom- das eine Zugeständnis des Königs Nikolaus, er werde dafür sorgen, daß sich das Bom bardement Skutaris nicht mehr so stark gegen die Stadt selbst, sondern gegen deren Befesti gungen richte. Eine Beteiligung Oesterreichs an der Untersuchung wegen der gewaltsamen Bekehrung der katholischen Albanier zum orthodoxen Glauben und wegen dec Ermor dung des Paters Palic in Dakova lehnte Montenegro rundweg ab, desgleichen die Er laubnis zum freien Abzug der Nichtkombattan ten aus der Stadt Skutari. Auf die Vor stellungen wegen der Verhaftung und völker widrigen Behandlung der Mannschaff des österreichischen Transportschiffes „Skodra" in dem adriatischen Hafen San Giovanni di Me- dua ging es in seiner Antwort überhaupt nicht ein. Oesterreichs Haltung gegen Montenegro wird von den beiden anderen Dreibundmächten unterstützt, während die Tripleentente mit' Rußland an der Spitze zunächst einen abwar tenden Standpunkt einnimmt. Nach einer Wie ner Meldung entschloß sich Italien, die Schritte Oesterreichs gegen Montenegro durch eine Son deraktion zu fördern. Die deutsche Regierung beauftragte derselben Quelle zufolge ihren Ver treter in Cetinje, im Interesse des befreunde ten und verbündeten Oesterreich geeignete Schritte zu unternehmen. Die panslawistischen Blätter Rußlands Hetzen gegen Oesterreich, während die Organe der Petersburger Regie rung die Loge nicht für ernster als vordem halten. Aber auch diese erklären, daß Oester reich seine Forderungen an Montenegro ohne Zustimmung der Großmächte und wahrschein- lich auch ohne vorheriges Einvernehmen mit den beiden anderen Dreibundstaaten erhoben habe, und bezweifeln ein Zusammengehen Italiens mit Oesterreich in der Angelegenheit. Oesterreich betont den Ausflüchten und Weige rungen Montenegros gegenüber, daß es aus pomert." „Nach künstlerischen Regeln?" „Vielleicht nicht ganz. Ihre Phantasien sind manchmal etwas wild, unberechenbar." Befremdet blickt Erik Fräulein Arnoldfen an. Ihm ist, als habe sie sieben leise auf geseufzt. Jetzt beginnt Ingeborg zu spielen . . . Zuerst erklingen nur einzelne Töne, abge rissen, unvermittelt, die in verworrene Akkorde übergehen. Dann löst sich aus denselben eine Melodie, förmlich verblüffend in ihrer Origi nalität. Bald traurig, bald jubelnd, bald sanft, bald wilddämonisch — so schlingt sie sich in brausenden Akkorden, oft umgeben von melodiös bizarrem Rankwerk, weiter und weiter . . . Erik lauscht wie bezaubert. Seine kleine Schülerin wird ihm immer rätselhafter. Vor wenig Stunden noch erschien sie ein lebloses Geschöpf . . . dann ein harmlos fröhliches Kind . . . dann ein losgelöster Teil der von ihr schwärmerisch geliebten Tante . . . Und nun spricht aus ihren Phantasien ein starker Geist, eine leidenschaftlich erregte Seele — etwas Universelles, Dämonisches, das ihn mächtig packr. Er blickt sie nicht an. Er hört nur und fühlt . . . Plötzlich bricht das Spiel mit einer jähen Dissonanz ab. Mit allen Zeichen tiefster Er regung springt Ingeborg vom Klavierfessel empor und eilt auf Sigrid Arnoldfen zu. „Tante? Tante!!" Sie sinkt neben ihr in die Knie. Krampf haft aufschluchzend birgt sie den Kopf in deren Schoß. sein seit Jahrhunderten ausgeübtes Protektions recht über die Katholiken Albaniens nicht ver zichten könne. Montenegro rechnet bei seinem Verhalten darauf, daß österreichische Gewaltmaßnahmen ihm gegenüber die russische Volksstimmung nicht zulassen, es vielmehr im Falle der An wendung von Gewalt zu einem rufsisch-öster- reichischen Konflikt kommen werde. Aus dem selben Grunde glaubt König Nikolaus, daß ihm Skutari nicht wieder entrissen werden könnte, wenn er es einmal erobert habe. Des halb unternahm der König neuerdings ver zweifelte Sturmangriffe auf Skutari und es hieß bereits zum Osterfeste, daß der Fall der Festung sicher sei und unmittelbar bevorstände. Ein Pulvermagazin sollte von einer Granate getroffen worden und in die Luit geflogen sein. König Nikolaus führte persönlich das Oberkommando über die 52 000 Mann zäh- lende Belagerungsarmee, sämtliche Prinzen kalten Führerstellen inne. Das serbische Korps befehligte General Bozowitsch, die serbische Artillerie Oberst Pawlowitsch. Tage-geschichte. Zur Deckung der Militärvorlage kommen auch Monopole in Betracht. Um einen Teil des notwendigen neuen Steuerbedarfs zu decken, wird im Roichsschatzamt laut „Tag" auch der Plan, neue Monopole einzuführen, erwogen. Es soll sich dabei zunächst um ein Zündholz- und Spiritusmonopol handeln, aber auch ein Zigarettenmonopol liegt im Bereiche der Möglichkeit. — Die „Nordd. Allg. Zbg." schreibt amtlich: In der abgelaufenen Woche haben die zuständigen Bundesratsausschüsse die Wehrvorlage erledigt und die Beratung der Vorlagen zu deren Deckung so rasch ge fördert, daß ihr Abschluß unmittelbar bevor- steht. Daß die Wehrvovlage mit erfreulicher Einmütigkeit angenommen werden würde, konnte von vornherein nicht zweifelhaft sein. Aber auch in der schwierigen Frage der Kosten deckung ist über die Erbebung eines einmali gen außerordentlichen Beitrags vom Vermögen zur Bestreitung der einmaligen Ausgaben vol les Einverständnis erzielt worden, und das Gleiche darf für die Deckung der laufenden Ausgaben nach dem Gang der bisherigen Ver handlungen! mit Sicherheit angenommen werden. Sanft und zärtlich, wie einem kleinen Kinde, streichelt die weiße Frauenhand das gesenkte blonde Köpfchen. Doch gewahrt Erik, wir die feinen Lippen der Dame leise beben. Tief ergriffen verläßt er seinen Platz neben den beiden Frauen und versucht, eine Unter haltung mit Madame Worse, der alten Ver wandten, anzuknüpfen, die durch den seltsamen Zwischenfall nicht im geringsten berührt zu sein scheint. Gleichmütig und mit ihrem gewohn ten banalen Lächeln geht sie auf Eriks Ge spräch ein, als höre sie gar nicht das herz- fassendc Schluchzen und die sanftberuhigenden Worte dort vom Sofa her. Schon nach wenigen Minuten hat Inge borg sich beruhigt. Die Hand ihrer Nichte fest in der ihren haltend, nähert sich Sigrid Arnoldfen dem jungen Manne. „Meine kleine Ingeborg ist sehr nervös. Verzeihen Sie die unwillkommene Störung, Herr Niels!" Doch die frühere harmlose Fröhlichkeit will nicht wiedevkehren. Ingeborg verhält sich schweigfam; augen scheinlich leidet sie noch unter der Nachwir kung jenes Anfalls, und Erik fühlt sich unbe haglich, wie unter dem Druck von etwas Uobev natürlichem, Rätselhaftem. 4. Kapitol. Am nächsten Morgen erwacht Erik spät. Er hat in der Nacht unruhig geschlafen. Die« Ereignisse des letzten Abends wirkten zu mäch tig auf ihn ein. Rasch kleidet er sich an und öffnet das» Fenster. Welch anderes Mld als gestern abend! Majestätisch breitet sich vor ihm ein schier Der -rohea-e Bergarbeiterstreil in Schlesien. Breslauer Blättermeldungen zufolge hat am Karfreitag in Kattowitz eine Konferenz der Polnischen Berufsvereinigung, des Ver bandes der Bergarbeiter Deutschlands und des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter stattge funden, in der beschlossen wurde, den Arbei tern den Eintritt in den Streik zu empfehlen. Der Streik soll unter Einhaltung der gesetz lichen Kündigungsfrist beginnen. Die Kün digungslisten müssen bis zum 28. Marz in den Bureaus der einzelnen Verbände einlau fen. Der Gewerkverein Hirsch-Duncker war nicht vertreten, es wird jedoch angenommen, daß auch er sich der Bewegung anschließen wird. Die StabtratSwahlen in Gera. Der sozialdemokratische Geraer Gemeinderat wählte vor etwa 6 Wochen den Zigarren fabrikanten Kunz zum bürgerlichen Stadtrats mitglied. Nachdem bisher die Regierung sämt liche sozialdemokratischen vorgeschlagenenStadt- räte abgeschlagen Hot. hat sie jetzt den Fabri kanten Kunz bestätigt. Das mag vielleicht dar auf zurückzuführen sein: Kunz war früher stell vertretender Bürgermeister von Debschwitz und er hat damals an Eidesstatt versichert, daß er kein Sozialdemokrat sei, und daher hat ihn nunmehr die Regierung bestätigt. Wieder 43 Dentsche für die Fremdenlegion gepreßt. Seit einigen Wochen wird ein 18jähciger junger Mensch aus Niederalben vermißt. Jetzt erhielten seine Eltern einen Brief von ihm aus Maser, in dem er ihnen mitteilt, daß er der Fremdenlegion als Nr. 14 032 ange höre. In Metz sei er von französischen Wer bern gedungen worden. In Marseille sei er zusammen mit 85 weiteren Fremdenlegionären eingeschifft worden, von denen 43 deutsche Staatsangehövige sind. Die Behörden haben Schritte eingeleitet, um die Freilassung des jungen Deutschen aus der Fremdenlegion zu erwirken. Frankreichs neues Kabinett Barthon wird sich am heutigen Dienstag der Depu tiertenkammer zu Paris vorstellen. Es hat auf keinen besonders freundlichen Empfang in der Kammer zu rechnen und die kundigen The- baner an der Seine behaupten heute schon, es werde den Trinitatis-Sonntag kaum erleben. Barthou, der gleich dem gestützten Briand ein endloses Felsenmeer aus, von zahllosen Gieß- bächen durchzogen. In weiter Ferne Himmel- aufragende Gletscher, deren Schneegipfel im Morgensonnenglanz erglühen. Doch was ist das? . . . An der einen Seite des Gebäudes erhebt sich ein Glashaus, nach Art der Treibhäuser — nur riesengroß und kuppelartig geformt. Und inmitten dio'es Glaspalastes schlanke Pal- men und breitgeästete Mangobäume, in deren Zweigen sich bunt« Papageien und zierliche Kolibris wiegen. Und darunter «in buntfarbe ner Blumenrausch von Magnolien und Orchi deen und Tuberosen und Gloxinien. Das Ganze «in seltsam exotischer Märchentraum, der inmitten dieser majestätischen nordischen Einsamkeit Erik anmutet wie eine Rose von Schiras im Morgenlande. Etwas beschämt, gleich den ersten Morgen verschlafen zu haben, eilt Erik hinab ins Fbüh- stückszimmer. Die drei Damen sind bereits anwesend. Einer Entschuldigung von feiten des jungen Mannes kommt Sigrid Arnoldfen zuvor. „Bei uns steht jeder auf, wann er will!" ruft sie jovial, indem sie ihm vntgegengeht und ihm die Hand reicht. „Madame Worse kommt manchmal erst um elf Uhr zum Vorschein. Nicht wahr, liebe Tante?" Die alte Dame nickt, und man setzt sich zum Frühstück. Ingeborg sieht heute frisch und blühend aus; keine Spur mehr von der gestrigen Ner vosität. Sie spricht viel und lebhaft und drückt dm Wunsch aus, gleich mit der Zeichen stunde zu beginnen. (Fortsetzung folgt.>