Volltext Seite (XML)
Tekla und ihre schönen leitdvolttn Augen senk ten sich auf den schlichten Goldreif an ihrer Linken. Sie hörte nicht mehr darauf, was di« andere erzählte. Lange sah sie aus den Ring nieder und ihr Blick hing daran, wie an etwas, von dem man Abschied nimmt. Langsam streifte sie den Ring vom Finger - »Tekla — was willst Du tun?" rief ahnend Frau von Eggeberg. »Auch ich will meinen Trauring geben fürs Vaterland . . ." sagte die jung« Witwe fest und eine heilig« Begeisterung vergeistigte ihr junges, holdes Gesicht. »Den letzten Zeugen Deines Glückes willst Du opfern!?" rief die Matrone und es klang beschwörend. »Nicht doch, liebe Mutter. Der letzte Zeug« meines Glückes — meines Philipps Liebes- pfänd — bleibt mir ja, — mein Kind." In diesem Augenblick wurden im Neben zimmer trippelnd« Füßchen hörbar. Die Por tiere teilt« sich und ein blondlockiger Bube von drei Jahren hüpfte herein: »Hänschen nach Mama will . . ." jauchzt« er. Unter Tränen lächelnd fing Frau Tekla ihr Glück in den Armen auf. Henriette aber vief: ,O, Tekla, wie be wundere und beneid« ich Dich! Ach, nur ich hab« nichts zu opfern." »Ei, Du liebe, kurzsichtig« Törin!" rief Demoiselle schnell, »Du klagst, Du habest nichts zu opfern, und nennst doch di« schönste Opsev- gabe Dein? Schau her, was ich getan, und tue es nach!" Hiermit hatte das feurig« Mädchen bLitz- geschwtnd ihren Hut abgenonnnen — Henriette schrie aus: »Bertha, was halt Du getan — Du hast Dein Haar geopfert!" In stummer Bewunderung sahen die Frauen auf die junge Heldin mit dem kurzverschnitt«-' nen braunen Haar, deren Augen so hell leuch teten. Henriette aber, gezwungen von den sie be stürmenden Gefühlen, löst« die Nadeln aus ihrem oigenen Haar, so daß sein« langen üpvi- gen Wellen hermederflossen. Sie hob die blonde Pracht und rief: »Dies dem Vater land«!" Ein« erregt« Szene folgte. Es galt, Frau von Eggebergs Widerstand gegen Hen riettes Entschluß zu besiegen. Tekla lief und holte die große Haarschneideschere. August sah aus seinem Zimmer heraus und rief: »Was gibt es?" Tekla berichtete. Währenddes ward in der Ferne ein Anschwellen von Stimmen laut, wie von einem Volkshaufen. Das Geräusch kam näher und näher, begleitet von Marsch- Witten und Pferdegetrappel — August stürmte vor das Haus. Sein Freund aber, der junge Karl von Hütten, hatte Teklas Bericht vernommen und war blaß geworden. Eben war die junge Frau dabei, Henrietta Laar, das aufgelöst wie Sin schimmernder Mau el die liebe Mädchenqrstalt umfloß, abzuschneiden, so daß Haarwelle auf Haarwelle in ihr« Hand sank, als die Tür, die halb offen stand, aufgertssen ward — Blaß, das junge Gesicht durchbebt vom Ausbruch lange verhüllter Gefühle, stürmte Karl von Hütten herein — „O, Demoiselle Henriette," Pies er leiden schaftlich, »scheuten Sie auch mir eine Locke Jlres schönen Haares?" Leise schloß sich die Tür hinter den drei Frauen. Sie wollten das Glück nicht stören, das in schwerer Zeit heimlich erblüht war . . Wätrend Karl von Hütten mit der Exstase jener Zeit vor dem geiiebten Mädchen auf die Kniee sank und Worte heißer Lieb« stammelt«, erscholl auf der Straße der Donn«rruf: . Sie kommen! Kork und sein Korps! Heft Mork, dem Kühnen, dem Befreien! Hurra, Hurra, Hurra!" In den vielstimmigen Jubelruf hinein, ihn durchdringend, erscholl August von EggebergS begeisterter Nus: „Der Gott, der Eisen wachsen läßt, er wird auch uns zum Siege führen!" Gebet (6. Februar 1843.) Die du, über die Sterne weg, mit der geleerten Schale aufschwebst, um sie am ewigen Bon, eilig wieder zu füllen: Einmal schwenke sie noch, o Glück, einmal, lächelnde Göttin! Sieh, ein einziger Tropfen hängt noch verloren am Rande, und der einzige Tropfen genügt, eine himmlische Seele, die hier unten in Schmerz erstarrt, wieder in Wonne zu lösen. Ach! sie weint dir süßeren Dank, als die anderen alle, die du glücklich und reich gemacht; laß ihn fallen, den Dwpfen! Friedrich Hebbel. Gedanken «VS Friedrich Hebbels Lsgeb-chern »«d Briefen. Leben heißt, lief einsam sein. Der Schmerz ist der größt« Wohltäter, ja, der wahre Schöpfer des Menschen. Es ist fürchterlich, daß man so innjg mit einander verflochten sein und doch allein stev- den kann. Tie Edelsten leiden den meisten Schmerz Nur die Guten sterben früh. Reizenderes gibt es nicht, als das weib liche Gemüt durch den weiblichen Geist be leuchtet zu sehen. Welch ein ängstlicher Besitz ist der eines geliebten Kindes! Die Keuschheit des Mannes besteht darin, daß er sein Herz verhüllt. D«r Jugend steht ihr Enthusiasmus so schön, wie der eben aus der Erde gekrochenen Mum« ihre frisch« Farbe. Man muß besitzen wollen, wenn man liebt. Im Gemüt wurzelt die Kraft deS Ge schlechts, mag di« Kraft einzelner Individuen auch allerdings im Geist wurzeln. Das Leben erhält sich durch den Reiz. Das Kleid weist dem Menschen überall seine Stell« an. Moralische Erschütterungen haben das mit Erdbeben und ähnlichen Elementarereignissen gemein, daß sie zeigen, was im Menschen wirklich unwandelbar seststeht und was in Er mangelung der Probe nur festzustehen schien. Bücherschan. Hebbels Werke und Tage bücher. Herausgegeben v. Dr. Th. Poppe. Deutsches Veclagshaus Bong L Co., Leipzig. In 5 Bänden 7.50 Mark. Auf die Körner- und Ludwig-Ausgaben der Goldenen Klassikerbibliothek konnten wir schon empfehlend Hinweisen. Auch an d«r vorliegenden Hebbel-Ausgabe sind die schon damals gewürdigten Vorzüge zu rüh men: wissenschaftlich wertvoller Text, der aus den gegenwärtigen Stand der Forschung ge bracht ist, gute äußere Ausstattung und vor allem praktische Handlichkeit. Diesem dienen besonders Zeilen- und Verszählung, Verzeich nisse der Gedichte nach Anfängen, Namenregi ster usw. Eigenartig und überaus wertvoll sind auch die Einführungen und Anmerkungen, die der Herausgeber jedem Werk mitgibt, die eine schätzenswerte Ergänzung des umfassenden Lebensbildes am Eingang sind. Naäivlich fußt die Ausgabe auf der historisch-kritischen des kürzlich verstorbenen hochverdienten Hebbel-For schers Rich. M. Werner. Das besondere Ver dienst des Verlags und Herausgebers erblicke ich namentlich darin, daß die Tagebücher Hebbels, diese überaus wichtigen Dokumente für die Beurtei'ung von des Dichters Schaf fen und Leben, gleich den Werken angeglie dert sind, denn sie gehören dazu wie ein Glied zum menschlichen Körper. Der billige Preis wird nicht zuletzt angetan sein, diese ausge zeichnete Ausgabe sich anzuschaffen. mt. Das goldene Lachen. Ein Humorist. Familienschatz in Wort und Bild. Herausgegeben von Rudolf Presbec. Benin, Neufeld L HeniuS. Preis 20 Mark. Nicht ein Buch mit faden Witzen, triefen den Zoten, albernen Späßen und dummen Scherzen (alles dies segelt heutzutage auch unter dem Zauberwort „Humor"!), sondern mit echtem, natürlichem Humor, der zu „gol denem" Lachen reizt mit jenem unbe schreiblichen Gefühl doch Wohlbefindens, des Freiseins von grämlich«! Müllerei und be schwerendem Philistertrübsinn. Humor hat immer etwas Befreiendes, und ein humoristi- scher Mensch ist «in LebenSkünstler, der allen Sorgen und Kümmernissen trotzen kann Kast seines über alles Hemmend« hinwegsetzenden »goldenen Lachens". Rudolf Presb«r ist ein solcher, das hat er durch sein eigenes Schaffen bewiesen, das zeigt er in dieser trefflichen Auswahl gesunden Humors aus der Literatur und Kunst von früher und besonders vor: heute. In einer großartigen Buntheit wechseln alte, neu« und neuste Autoren und Maler, Reimdichtungen, dramatische Szenen, Erzählun gen, Skizzen und Satiren ab mit sauber reproduzierten bunten und schwarzen Bildern: für jeden Geschmack etwas. «. Degeners Zeitgenossen-Lexi kon „Wer i st' s ?" 6. völlig neu« Ausgabe. Leipzig, Degener. Preis 12.50 Mart. Aus 2130 Seiten bietet dieses wertvolle lexikalische - Handbuch eine Unmass« von Stoff, der für jeden Gebildeten von unschätzbaren: Werte ist. Mehr als 20 000 hervorragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens geben in knappen, inhaltreichen Selbstbiographien alles Interessante und Wissenswerte über ihre Eltern Vorfahren, Bildungsgang, Heirat und Familie, Publikationen, bisherigen Lebens laus, Spezialgebiete und Lieblingsbeschäfti gungen, gegenwärtige Adresse usw. Außerdem bringt dieses Tausenden schon unentbehrlich gewordene Nachschlagebuch noch Verzeichnisse sämtlicher Bildungsstätten, Museen, Biblio theken Deutschlands, Oesterreichs und d«r Schweiz und ist zugleich ein Goethaer Hos- > ölender im kleinen. Das ist ein Stofs, den man sich für den zehnfachen Betrag nicht zu sammenstellen könnte, und das hier angelegte kleine Kapital trägt reiche Zinsen. im. Eingesandt. Balkans Trost und der Pforte Hoffnung. Bulgarien, Serbien, Griechenland, Die hab'n da» Ding nun angebranntt Wenn schließlich sie die Beute halt'. Da schmaus'n sie sich dach niemals satti E» wird nun 1VV Jahr, o Schab', Seit manchem großen Diplomat' Dir Sache ging wohl durch den Kopf, Doch fassen könnt' er's nicht beim Schopf I Bulgaren, Griechenland und Serben, Di« bring'» noch manchem ein Verderben, Denn wenn das Reg'lattv nicht hält. Da wird noch Streit in der halben Welt! Elektrisch Licht, du Strom der Zeit! Da sag' ich jetzt nicht minder. Elektrisch fährt man zur Ewigkeit, Wenns donnert, sitzt man im Finstern! Falken. Hermann Enders menschcn um meisten nützen zu können. Frvh verlebte er den Winter. Ihn be- seelte die glühendste Dankbarkeit für seine Eltern, die seinen lang genährten Wunsch erfüllt, und für Herrn Helbert, der ihm so gütig dazu verhalfen. Mit Freude dachte er an die Zeit, wo er durch Handlungen seine Dankbarkeit würde an den Tag legen können. In der zweiten Woche nach Ostern sah man Rudolph und Hermann an einem schönen, hei teren Morgen zur Stadt wandern. Hermann besuchte heute zum ersten Male das dortige Gymnasium, wo er sich zur Universität vor- bereiten sollte. Tamerlan und Ibrahim. Tamerlan oder Timurleng, der berühmte Eroberer von Asien und zugleich der Schrecken desselben, geboren in oer großen Tatarei 1835, war ein Untertan Hussains, welcher damals die Provinz Turgestan besaß. Er schwang sich durch seine Tapferkeit auf den Thron dieses Fürsten, stellte sich an die Spitze der Tataren, eroberte Parthien, Assyrien, die benachbarten Provinzen, Persien und einen großen Teil von Indien. Jede neue Erobe rung machte seine Ländergier noch größer. Er hatte sich unter anderen auch Schirwan, einer Provinz des persischen Reiches, mit einer zahlreichen Armee genähert, um diese Provinz zu unterwerfen. Bisher hatte die- selbe das Glück eines langen Friedens ge noßen, und die Bewohner derselben ehrten und liebten ihren Fürsten, namens Ibrahim, wie er «S verdiente. Selten findet man unter den morgenländischen Fürsten seinesgleichen. Das Wohl seiner Untertanen lag ihm sehr am Herzen. Er suchte sein Volk durch weise Gesetze zu beglücken : er wachte mit väter licher Sorgfalt über die Aufrechterhaltung dieser Gesetze, teilte mit strenger Unparteilich keit Belohnungen und Strafen aus, und hatte durch seine rastlosen Bemühungen seine Unter tanen auf einenGipfeldeS Wohlstandes erhoben, welchen selten ein Volk jener Zeiten zu er reichen pflegte. Sobald die Nachricht von Tamerlan« An- Näherung in Schirwan erscholl, versammelte der edle Ibrahim, weniger für sich selbst als für seine Untertanen besorgt, sogleich alle seine Minister, um sich mit ihnen über die Maßregel zu beratschlagen, welche bei dem ihnen drohenden gewaltigen Sturme zu er greifen wären. Der Oberfeldherr Ibrahims, mit Namen OSman, ein tapferer Soldat, erklärte sich so- fort für den Krieg und meinte, er sei Mannes genug, um den Stolz des kühnen Eroberers zu beugen und ihn durch die Stärke seines Armes zu demütigen. Mit feurigem Unge stüm versprach er, den letzten Blutstropfen für seinen Fürsten zu vergießen und eher zu sterben, al« zuzugeben, daß sich Ibrahim unter da« Sklavenjoch Tamerlan« beugen sollte. Als Osman geendet hatte, nahm Usbak, der Schatzminister, das Wort und versicherte, daß er nicht weniger als OSman bereit sei, Blut und Leben für seinen Fürsten zu lassen, sobald sich dieser für den Krieg erklärte und glaube, durch die Gewalt der Waffen sich und sein Volk am sichersten retten zu können. Doch, fuhr er fort, wird wohl ein Volk so gering an Zahl und durch einen langen Frie den der Waffen entwöhnt, sich mit einem sieggewohnten Heere messen dürfen? Ich sehe daher keine wahrscheinlichere Rettung, als in der Flucht. Meine Meinung ist also: deine Schätze und deine Person so schnell als mög lich in Sicherheit zu bringen und in ein« andere Gegend zu flüchten, wohin wir dich als treue Untertanen unweigerlich begleiten werden. Es ist, setzte er hinzu, nicht wahr scheinlich, daß Tamerlan sich m einem fernen Lande lange aufhalten wird. Sein Ehrgeiz treibt ihn gewiß zu weiteren Eroberungen — und ist der Sturm vorüber — so kehren wir dann in unser Vaterland zurück, um mit desto größerem Vergnügen der Ruhe zu ge nießen. So waren die Meinungen der Großen ze- teilt. Die wenigsten stimmten für den Krieg, die meisten für den Frieden oder für die Flucht. Ibrahim hörte alle«, waS man ihm riet, mit Ruhe an, dankte für die guten Gesin nungen, welche man für seine Person zeigt« und setzte endlich hinzu: es ist wahr, Flucht würde meine Person am meisten sichern, aber meine Untertanen würden unstreitig am meisten dabei leiden. Schrecklich würde die Rache des Eroberers mein armes Land tref fen, wenn ich solches aller Mittel der Vertei digung selbst beraubte. Ich danke dem Htm- mel, baß mir ein besseres Mittel noch zu Gebote steht, euch alle zu retten. Bald sollt ihr mehr hören; bittet jedoch den Himmel, daß er mir mein Vorhaben gelingen lasten wolle. Nachdem die Versammlung mit großer Spannung auseinander gegangen war und keins der Mitglieder dieses hohen Rate« er raten konnte, was für ein RettungSmitt«! der Fürst entworfen hatte, ließ unterdessen Ibra- him reiche Geschenks zubereiten, wie sie bei morgenländtschen Fürsten ausgetauscht werden. Tamerlan hatte überhaupt den Befehl er gehen lassen, daß von jeder Art der ihm dar zubringenden Geschenke allezeit neun Stück sein sollten. Ibrahim ließ daher 9 schöne Pferde, mit Gold und Perlen reich geschmückt, ebensoviele indische Teppiche und noch meh- rere ähnliche Geschenke fertig machen. Zu diesen fügte er noch 8 Sklaven hinzu, und verfügte sich, in Begleitung dieser und einiger anderer Diener gerade zu Tamerlans Haupt quartier. Der siegreiche Eroberer warf einen stolzen Blick auf die Geschenke und fragte so gleich im Anblick der 8 Sklaven, wo der neunte sei. »Hier zu deinen Füßen!" antwortete Ibrahim, indem er sich vor Tamerlan nieder- warf. „Du sollst," fuhr er fort, „keinen ge horsameren Sklaven haben, als mich; und ich werde mich glücklich schätzen, wenn mein Volk frei bleibt! Ja, mächtigster Fürst! schenke meinem Volke die Freiheit, und laß mich dein Sklave sein. Nie sollst du einen dir ergebeneren Diener besitzen, wenn du meine Bitte erhören willst." Die Tugend behauptet überall und unter jedem Volke ihre hohen Rechte; sie hat ihre eigene siegende Kraft, welcher nur ein völliger Barbar zu widerstehen vermag. Tamerlan wurde durch Ibrahims Beneh men erschüttert und zugleich so gerührt, daß er den Kniecnden aufhob. „Du sollst", sprach er zu Ibrahim, „Hinfort mein Freund, nicht aber mein Sklave sein, eine solche Tugend verdient ein besseres Los als Sklavenketten. Bestimmte mich mein Schicksal nicht zu weit aussehenderen Unternehmungen, ich würde mich in einem kleinen Reiche, wie das deinige, nach dir bilden und dir ähnlich zu werden trachten. Du bist indes frei, kehre zu deinem Volke zurück und mache es ferner so glück lich, als du es bisher tatest. Mit stiller Bewunderung entließ Tamer lan den neuen Freund; mit lautem Jubel empfing seinen ihm wiedergegcbenen Fürsten das beglückte Volk. Till Enlenspiegel nud der Prahlhans Einstmals wollte Till Eulenspiegel eine Reise machen. Dabei kam er nach Eisleben und wohnte bei einem Witt, der cs sehr liebte, zu prahlen und zu spotten. Eines Abends nun, als es schon dunkel war, kamen drei Kaufleute vor die Herberge geritten und ver langten Nachtquartier. Der Wirt begrüßte sie freundlich, fragte aber voller Neugier, warum sie so spät noch unterwegs wären. „DaS ist so," antwortete einer von ihnen, „es hat uns unterwegs ein Wolf angefallen, und wir mußten uns seiner erwehren. Es dauerte lange, bis wir ihn verjagt hatten, deshalb kommen wir so spät." Da fing der Wirt an zu spotten und zu lachen, daß die drei vor einem Wolf Angst gehabt hätten, und behauptete, wenn er allein ausritte und es begegneten ihm drei, er nähms mit ihnen auf. Till Eulenspiegel, der das mit angehött hatte,- versprach den Herren, sie an dem Wirt zu rächen, sie- sollten nur auf dem Rückwege wieder in die Herberge kommen. Als die Kaufleute fort waren, zog Eulen spiegel auf die Wolfsjagd, und es gelang ihm, «inen lebendig zu kriegen. Er ließ ihn über Nacht hart stieren, steckte ihn in einen Sack und begab sich wieder in die Herberge de« Prahlhanses, wo er die Kaufleute schon vor fand. Beim Abendbrot begann der Witt wieder zu lachen und zu spotten, aber als Till mit den drei Kaufleuten in die Kammer stieg, dir sie miteinander teilten, sagte er: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten." Als nun alles im Hanse schlief, schlich er sich in die Küche, stellte den gefrorenen Ise- grimm auf den Herd und steckte ihm ein Paar Kinderschuhe in den weitaufgesperrten Rachen. Nachdem er wieder im Schlastaum war, riefen die Kaufleute: „Herr Witt, Herr Wirt!" Dieser, ärgerlich, im Schlaf gestört wor den zu sein, erwiderte : „Was ist's, ihr Herren? Will der Wolf euch beißen?" Aber die Kauf leute baten nur höflich um einen Trunk Master. Der Witt schickte die Magd in die Küche, um Master zu holen, al« diese aber Licht machen wollte, sah sie den Wolf mit den Kinderschuhen und glaubte, er habe ein Kind gefressen. Sie ließ vor Schreck den Leuchter fallen und floh in den Hof. Als sie nicht wtederkam, schickte der Witt den Knecht, doch dem ging- ebenso. Da ging der Wirt selbst und nahm ein Licht mit. Als er aber den Wolf mit den Kinder schuhen im Fang auf dem Herd stehen sah, rief er jämmerlich um Hilfe. Sofort kam Eulenspiegel mit den Kaufleuten herbei. Mit einem Fußtritt warf er den Wolf um, und alle vier lachten den Prahlhans weidlich aus. Till Eulenspiegel aber sagte: „Ihr seid mir ein schöner Held! Dre, lebendige Wölfe wolltet ihr tüten, und vor einem toten nehmt ihr Retßau« I" Und seit jener Zett hütete sich der Witt, sich seines Mutes zu rühmen.