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KlWk M WhniAüü-EniSIHiilcr Aiingkl Tageblatt. Sonnabend, den 8 Miirz 1N13 Nr SS 40 Jahrgang «1 IllNlU IWMMWWWUWWWWWMMMMMW Der Balkankrieg ist noch einmal kurz vor dem erhofften Frie- densschluß aufgelodert, die Griechen haben die von den Türken heldenhaft verteidigte Festung Janina in Epirus eingenommen. Die Türken überfielen aus ihrem tüchtigsten Kreuzer „Hami- dije" eine Flottille von 24 griechischen Trans- Portdampfern, die serbische Truppen zur Unterstützung der montenegrinischen Belaoe- rungÄrrmee nach Skutari bringen sollten, und trachten drei der Dampfer zum Sinken. Von der schiffbrüchigen Mannschaft soll später nur ein kleiner Teil gerettet worden sein. D e Erobcrnng Janinas, d'e von der grie chischen Gesandtschaft in Berlin bestätigt wurde, hat einen Freudenrausch in ganz Griechenland erweckt. Zahlreiche Angriffe waren auf die Festung schon unternommen, von dem tapfe ren türkischen Festungskommandanten Essad- Pascha jedoch ausnahmslos abgeschlagen wor den. Da wurde der Kronprinz Konstantin mit der Leitung 'der Operationen in Epirus be traut, und ilm ist es jetzt nach langen Wochen heißen Ringens, das bekanntlich auch während des Waffenstillstandes nicht rulte, endlich ge lungen, seinen Gegner zur Kapitulation zu zwingen. Anscheinend hat Lebensmittelmanoel den General Estad-Pascha zur Uebergabe der so lange verteidigten Festung genötigt. Auf die Eroberung Skutaris werden die Montenegriner nach dem gestörten Trmsport serbischer Streitkräfte kaum noch rechnen können. Ein viertes Transportschiff kenterte im Sturm. Die wichtigen politischen Fragen weaen der albanesischen Grenzregulierung, der rumänisch- bulgarischen Auseinandersetzung und der Ent- mobuif-erung Oesterreichs und Rußlands haben noch immer die erwünschte Lösung nicht ce- fundeu. Aus diesem Grunde wird die Lage vielfach auch noch cr s recht ernst angesehen. Die deutschen Börsen standen am Donnerstag auch wieder stärker als seit Tagen schon unter dem Druck der allgemeinen politischen Situa tion. Verschiedentlich heißt es, daß Rumän en der Geduldsfaden gerüen und daß es ent schloßen sei, mit den Waf'en seine Ansprüche gegenüber Bulgarien zu vertreten. Deutscher Reichstag. 127. Sitzung vom 6. Mürz. Vor Eintritt in die Tagesordnung widmet Präsident K ä in p f dem im 43. Lebensjahre verstorbenen konservativen Abg. v. Kaphengü, der auf dem Gebie'e der inneren Koloni sation und der Nutzbarmachung von Oedläne- rcien Hervorragendes geleistet hat, einen war men Nachruf. Das Haus ehrt das Andenlen des Verstör enen durch Erheben von den Sitzen. Der Nachtragsetat wird in dritter, das Etatsnotgeietz in zweiter Le'ung deba' e- los unverändert nach den Beschlüssen der Budaett'omm'ssivn erledig!. Daraus wird die zweite Lesung des Kolonialetats fortgesetzt. Atts dätnnierllden Nächten Original-Roman von Anntz Wothe. Oop^rixiN IM > Wotice, I.eipri--. 66 Hörls. (Nachdruck verboten. Und Jngvelde hatte an Raßmussen depe schiert: „Magna wünscht sie zu sehen. Kommen Sie schort. Jngvelde Skaare." Was diese Worte ihr kosteten, das wußie nur Gott allein. Und nun wartete sie von Tag zu Tag und Harald Raßmussen kam noch immer nicht. Das Herz dro' te ihr still zu stehen. Magna fragte nicht. Sie lag still da und sah den Sonnenstrahlen verträumt zu, dient er ihre Bettdecke tanzten. Als Jngvelde eines Tages wieder wartend auf der Holzgalerie stand, die sich ums Haus zog, und den Fjord entlang nach der Straße von Gudwangen blickte, die im Sonnenglanze brannte, da schritt Mister Illings über die Wiesen, dis braune Treppe hinan; und seine Augen grüßten Jngvelde schon von weitem mit einem sonnigen Aufleuchten, so daß eine heiße Röte ihre Wangen färbte. Sie löste unwillkürlich die Bänder ihrer roten Kappe, um ihm nicht die Arme ent- gegcnzustrecken, der so sicher und treu da den Weg zu ihr kam. Wie seltsam das war, daß sie ein war mes Gefühl zu dem Fremden zwang, der-sich it r in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft als ein so treuer und aufrichtiger Freund gezeigt. „Wie geht es Magna?" fragte Illings, den Hut lüftend und dann auf einem Stuhl an Jngveldes Seite Platz nehmend. „Ihre letzten Nachrichten lauten nicht günstig." „Sie schläft jetzt. Ihr Zustand ist immer der gleiche. Sie hatte den Wunsch, Raßmus- sen zu sehen, da habe ich ihm depeschiert. Ich weiß aber nicht, ob er kommen wird." Mister Illings nickte. „Er telegraphierte mir, daß er morgen früh hier sein wird." Abg. Erzberger (Ztr.): Der sozial demokratische Abgeordnete Henke sagte am Dienstag, wir sollten unsere Kolonien an den Meistbietenden verlausen. Das wird gerade sein; Heimatstadt Barmen interessieren, die doch von den Kolonien großen Vorteil hat. Die Erfahrungen und Errungenschaften der letzten Jalre lallen erleben, daß wir in Zu kunft beträchtliche Mengen von Rohftotäen aus den Kolonien beziehen und einen respektablen Absatzmarkt an unseren Kolonien haben wer den. Das Svftem Rechenberg, das man eifrig bekämpfte, findet immer mebr Anerkennung. Selbst Gouverneur Schnee, den man zur Be kämpfung dieses Systems entsandte, bat sich ganz in den Bahnen Rechenbergs bewegt. Die Hanptsoroe muß die P^eae und Erzieb-ung der einaeborenen Bevölkerung sein. Der Ein geborene darf nicht länger als der Feind des deutschen Volkes betrachtet werden. Wir nms- sen uns als Vormund und Erzieher der Ein geborenen fühlen und müssen uns hüten, an die Stelle der alten Sklaverei die moderne Sklaverei, den Arbeitszwang der Eingebore nen zugunsten der Weißen, zu setzen. In allen Plantagenaebieten ist ein erheblicher Geburten rückgang, festzuftellen. Die ganze Frage der Arbeiterbelchaffung muß neu geregelt und be sonders dorguf gegeben werden daß d^e Jraven mitgehen, wenn ihre Männer ange worben werden. Die Missionen müssen mehr unterstützt werden. Wir verlangen kein Geld Gr die Missionare, aber Zollfrciheit für alle Artikel, die sie brauchen. Die Kolonien müs sen durch Eisenbahnen mebr erschlossen werden. Dadurch darf aber die verheerende A^kobolpest nicht weiter verbreit werden. Neu-Kamerun iß kein Paradies, aber es ist ebenso gut wie Alt-Kamerun. Abg. Semler snatl.j: Gerade die Ar beiter haben von den Kolonien die größten Vorteile. Durch die Anvüan^ung von Kakao und Kautschuk in unseren Kolonien werden wir nach und nach vom Auslande unabbänaia werden. Das Kchgnialamt muß mit allen kaufmännischen und industriellen Kreisen der Keimat in gutem Einvernehmen sieben. Wir vertrauen dem Staatssekretär, der ja schon ans seiner Reise mit dem praktischen Leben Tübluna genommen hat. Wir fordern mebr lßeld ü'ir Schulzwecke und für die Frsawrei. Wa b'eibt das Kolanialderckmab? Mit unseren Kolonien aebt es gut vorwärts. Jede nnnübe Grausamkeit muß aber vermieden werden. Staatssekretär Solf: Wenn je in der Geschichte Krieger ein Denkmal verdient ba^en, sg sind es die armen Orüer, die fern der Kei- mat auf aKikani^chem Sande ibr Le^en ver loren laben. Im. ganzen sind 64 OM Mark Gr das Denkmal vorhanden. Notwendig ünd 320 000 Mark. Gegenwärtig verbandeln wir mit der Stadt Berlin wegen der Platzfrage. Abg. v. Böhle ndorff (kons.): Wir steuen uns, daß ein Denkmal für unsere asti- kanischen Helden zustande kommen soll. Die höheren E nnahmerv, die wir im letzten Jahre in fast allen Kolonien erzielt haben, verdanken wir dem Ausbau der Eisenbahnen. Wir haben leider in allen Kolonien Arbeitermangel. Die Eingeborenen-Kulturen sind nich Möglichkeit zu fördern. Die koloniale Hochschule ist notwen dig. Unsere Schutztruppen verdienen alle An erkennung. Das Reichsamt des Innern sollte die Bestrebungen der Kolonialverwaltung mög lichst nachhaltig unterstützen. Abg. Waldstein (fortschr. Bpt.): Aus einem Menschen exportierenden Lande ist Deutschland ein Waren exponierendes Land geworden. Dazu brauchen wir die Robftohfe aus den Kolonien. Die Schutztruppe muß lediglich ein Instrument der Verwaltung sein. Nicht militärische Expeditionen, sondern Ver- lel rswege und Eisenbahnen, das ist die Haupt sache. Wollte die Sozialdemokratie ein Kuc- tursaktor fein, dann müßte sie verständige Kolonialpolitik treiben. Einige Eingeborene haben noch die Gewohnheit, Menschen zn fres sen Wenn Sie, Herr Henke, einmal in solche Hände sollen sollten, würden Sie dann im letzten Moment auch noch rusen: Perecst Henke, vivat priucipinm! (Heiterkeit.) Die Kolonial politik muß Kultur in die Welt tragen. Abg v. Liebert (Rpt.): Eisenbahnen sind sic wichtigsten Kultursaktoren. Wir müs sen in Ostasrika ein ebenso einheitliches Eisen bahnnetz haben Ivie in Westastika und dürfen es nicht auf einen Hafen und eine Eisenbahn linie beschränken. Weiterhin forderte er eine Konkurrenzbahn für d e englische Ugandabahn. Die afrikanischen Kolonien wären nicht nur für die Eingeborenen da. Sie müßten deutsche Gebiete werden. 6 Millionen Hektar wären in OstaJika besiedelungsfähig. Freitag Weiterberatung. Aus dem Gerrdorfer SchMrW. 2. An Stelle des französischen Unterrichts soll nach und nach Unterricht in der englischen Sprache treten, da er dem Lebensbedürfnis mehr entspricht als der französische. Der fremdsprachliche Unterricht ist für die Schüler der SeleTa eingerichtet worden. Befreit von ihm werden solche Kinder, die kein Svrach- talcnt bssitzen oder deren häusliche Verhält nisse es nicht gestatten. Andere BeJeiungs- gründe sind für Selektaner nicht vorhanden. Die Teilnahme am fremdsprachlichen Unter richte lmn aber ausnahmsweise auch Volks- schillern mit besonders gutem Sprachtalent ge stattet werden. Am französischen Unterrichte nehmen teil in Abt. I (I. Selekta): 13, 2 (II. Selekta): 8, lll (III. Selekta): 12. Am englischen Unterrichte beteiligen sich 26. (IV. Selekta). Ueber den Handfertiakeitsunterricht be richte: Herr Lehrer Günther: Im verflossenen Schuljahre nahmen am Handfertigkeitsunter richt 42 Schüler teil. Sie genossen in zwei ge- I trennten Abteilungen je 2 Unterrichtsstunden wöchentlich. Der Montagsabteilung gehörten 24, der Mittwochabteilung 18 Schüler an. Die Summe der erteilten Unterrichtsstunden beträgt rund 160. Während die stärkere Abteilung sich nur aus Anfängern zusammengesetzte und somit in den ersten Uebungen des Kerb- und Flach schnittes unterwiesen wurde, waren in der klei neren Abteilung geübtere Schüler, von denen namentlich der schwierige und zeitraubende Robie,schnitc betrieben wurde. Außerdem fer tigte letztere Schülergruppe Flach- und Tief brandmalereien und versuchte sich erstmalig in der Tarsoarbeit. Die Schwierigkeit der neu- auftretenden Unterrichtszweige läßt es begreif lich erscheinen, daß die Zahl der gefertigten Gegenstände wohl nicht ganz so reichlich ist wie im Vorjahre, und man wolle beim Bs> such der Ausstellung gütigst Rücksicht daraus nehmen. Auch in diesem Jahre opferten unsere Hilfslehrer manche Stunde ihrer Sommerfrei zeit den Jugendspielen: Herr Petters spielte an 12 Abenden mit 557 Knaben, Herr Ahnert an 12 Abenden mit 466 Knaben, Herr Kap- paun an 6 Abenden mit 458 Mädchen, Herr Nomrig an 4 Abenden mit 226 Mädchen, in Summa an 34 Abenden mit 1707 Kindern (37 Abende 3609 Kinder 1912, 41 Abende 3448 Kinder 1911). Häufiger Regen machte manche Spielabende „zu Wasser". Das Schulbaden fin det nunmehr während des Unterrichts nach einem bestimmten Badeplane statt. Mit Ge nehmigung der Eltern und nach Gehör des Schularztes nehmen an dem Bade, das aller 14 Tage verabreicht wird, teil aus den Klas sen I—V: 391 Knaben und 340 Mädchen. Nicht nehmen teil 30 Knaben und 96 Mädchen. Auch in diesem Jahre fanden Schuilaus- flüge statt, an denen sich namentlich die Früh klassen beteiligten. Lehrausgänge wurden 107 unternommen (91 in der Centralschule, 8 untere^ 8 obere Schule.) Ueber die auch an unserer Schule einge- führtm Wetterbeobachtungen berichtet Herr Leh^ rer Romrig, unter dessen Leitung sie ge schehen: Seit Ostern 1912 beobachten die Schiller der oberen Klassen die Witterungsver hältnisse unseres Ortes und tragen die Ergeb nisse in Wetteva-'eln ein. Am Barometer wird die Höhe des Lristdruckes abgelesen. Das Ther mometer zeigt Maximum und Minimum der Tagestemperatur. Daraus berechnen die Schüler den Durchschnitt der Tageswärme. Am Regen messer wird die Höhe des Niederschlages ge messen, und das Hygrometer zeigt den Feuch tigkeitsgehalt der Lu^. Außerdem werden noch Beobachtungen über Bewölkung und Luftströ mung angestellx. Die Ergebnisse werden von den Schillern in farbigen Kurven in die Wetter tafel eingetragen, so daß sich von jedem Monat ein Wetterbild ergibt. Ein Blick auf das vergangene Jahr zeigt folgendes Bild: Jngvcldes Herz begann plötzlich in io rasenden Schlägen zu hämmern, daß sie meinte, es müsse itr die Brust zersprengen. Er kam also doch. Er liebte Magna. Nun brach vielleicht auch für ihren armen L ebling oin neues Leben an. Illings hatte Jngvelde einige Minuten aufmerksam beobachtet. Jetzt war es sogar, als zucke ein leises Lächeln um seine Lippen. „Freuen Sie sich, Jngvelde Skaare, daß Raßmussen kommt? Tut es Ihnen nicht leid, daß sich Ihre Wege getrennt haben?" fragte er. „Der neue Inspektor ist ausgezeichnet." „Das heißt, er tut, was Sie wollen," persiflierte Illings. „Na, wenn darin die Tüchtigkeit eines Menschen besteht —" Jngvelde sah Illings zornig an. „Herr Raßmussen wollte allein herrschen, da nahm ich ihm das Szepter wieder aus der Hand. Auf dem Ramsahof regiere ich und nicht mein Inspektor." „Haben Sie nie daran gedacht, Fräulein Skaare," fragte Illings langsam, „daß es etwas Herrliches und Schönes um das Nach geben ist? Haben Sie niemals die Erfah-- rung gemacht, daß cs süß ist, zu vergeben, das: aus allem Haß, ans Not und Streit doch immer wieder strahlend die Fahne der Versöhnung weht?" „Nein, cs ist n cht Sitte bei uns. Wir haben Wohl vergeben, aber nie vergessen." „War es recht, daß es so geschehen?" Jngvelde zuckte die Achseln und sah in den Abendhimmel. Goldene Wolkenberge türm ten sich da drüben über dem Fjord, und um die grauen Felsen glitt ein zitterndes Licht nnd schmückte sie mit goldenen Säumen. „Ich weiß niicht, Mister Illings", sagte sie träumerisch, „aber immer, wenn Sie zu mir sprechen, oann steigt die Vergangenheit vor mir auf, die Vergangenheit, die tot sein sollte, wie ick es meinem Vater in die Hand gelobt." Und während auch Illings in die sinkende Sonne blickte, begann Jngvelde, wie von einer inneren Macht getrieben, zu erzählen von dem Bruder, der tot war für den Ramsahof, ob gleich er vielleicht noch lebte. Noch nie war Jngvelde Skaare so ans sich herausgegangen. Sic empfand plötzlich das unbezwingliche Be dürfnis, sich mitzuteilen, als müsse sie dem Mann mit den großen, grauen Augen alles sagen, als müsse er jede, auch die geheimste Falte ihres Herzens kennen lernen. Doch nein, eins nicht, eins nicht. „Ist Ihnen denn niemals der Gedanke gekommen, daß Ihr verstoßener Bruder viel leicht auch tausend Schmerzen um Vater und Vaterhaus litt, daß er ruhelos im fernen Lande umherirrte und sich verzweiflungsvoll nach der Heimat sehnte?" „Er hätte wiederkehren können, wiederkehren müssen." „Nein, Jngvelde, das tut ein Skaare nie! Das arme Kleine da drinnen, die man ge zwungen, die — zahlt es vielleicht irvit ihrem Leben. Das Zukreuzekriechen, das haben wir eben nie gelernt, — wir alle nicht. Und das, das ist das größte Unglück unseres Lebens. Lerne verzeihen und lerne verstehen, Jngvelde, was andere leiden. Dann wirst Du auch begreifen, warum Sverre Skaare nicht wiederkehren konnte, und warum er so lange Zeit brauchte, ehe es ihm möglich war, zu sagen: Detin Bruder Sverre, Jngvelde, ist ae- kommen, einmal, noch ein einziges Mal aus zuruhen im Vaterhaus." Jngvelde hatte schon bei Sverres ersten Wovien beide Hände auf das heftig schla gende Herz gepreßt, angstvoll aufgehorcht, als höre sie von ferne das Meer brausen in selt samen Zaubevtönen. Ihre Augen irrten unsicher zu Illings auf, der aufgestanden war und ihr nun so hochausgerichtet, so ernst und doch mit so leuchtenden Augen gegenüberstand. „Spricht keine Stimme in Deinem In- nern, Jngvelde," begann er von neuem, „die Dir sagt, wer Deine Liebe begehrt, wer ihrer bedarf? Schwester, geliebte Schwester!" Ein Aufschrei entfloh Jngvcldes Munde. Mit zitternden Händen tastete sie vorwärts in Sverres ausgebreitete Arme hinein. „Bruder Sverre," schluchzte sie auf. „Nun, nun weiß ich auch, warum mein ganzes Herz zu Dir, dem fremden Manne, drängte. Nun, nun weiß, ich auch, warum Du so viel für uns getan." Sverre Skaare küßte die wiedergefundene Schwester innig auf die weiße Stirn. „Ich hoffe, gut gemacht zu haben, wenn ich der Mutter Magn«s einst unrecht tat. Glaubst Du, das: wir es Magna sagen dür fen? Wird es sie nicht zu sehr erregen?" „Net^ es wird sie vielmehr milder gegen Dich stimmen, den sie mit mißtrauischem Blick verfolgt, weil sie fürchtet, daß Du Be sitz von meinem Herzen ergriffen Haft." Da lächelte Sverre, und in seinen grauen Augen blitzte es fast wie Mutwille, als er bemerkte: „Von Deinem Herzen, glaube ich, weiß ich mehr, Jngvelde, als unsere arme Magna, die es so bitter büßen muß, daß sie, wie alle Skaares, es nicht gelernt hatte, zu ge horchen, sich unterzuordnen. Sie und ich. wir litten Schiffbruch, weil wir auf unserem Wil len bestanden. Hüte Dich, Jngvelde. daß Du nicht auch Dein Lebensglück zerbrichst, weil Dein Stolz Dir den Weg dazu verbaut. Der Stolz, Kind, ist ost nur ein Deckmantel für unstre Herzensarmut. Er kann unsere Eigen liebe, unsere eigene Wertschätzung heben, aber er kann nie das Glück geben, das verzeihens« Nachsicht und Liebe so reich, so überreich über uns ausfchüttct. Laß den Stolz und die Härte fahren, Jngvelde, und laß Liebe zwi- scheu uns walten, — Liebe, von der es heißt: Sie läßt sich nicht erbittern, sie suchet nicht das Ihre, sie glaubet, sie hoffet, sie trägt alles, die Liebe höret nimmer aus." (Fortsetzung folgt.)