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Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. Der,Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.50, bet Abholung in den Geschäfts stellen Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriesträger entgegen. At- rilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr für die 6gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Die Lgespaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. 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Diejenigen Gemeindeglieder, welche das Grab eines ihrer Angehörigen erhalten zu sehen wünschen, haben dies umgehend und längstens bis zum 31. März 1813 bei Herrn Totenbettmeister Karl Förster jvn. unter Erlegung der festgesetzten Lösegebühr an zumelden. Oberlungwitz, den 21. Februar 1913. Der Kirchenvorstand. v. Dosky. Dienstag, den 23. Februar 1V13, nachm. 2 Uhr sollen in Wüstenbrand 7 Ballons Schwefelsäure versteigert werden. Meterversammlung: Köhlers Restaurant, Wüstenbrand. Limbach, den 22. Februar 1913. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Madero aad 3uarez erschossen. Mexiko, 23. Febr. Der frühere Präsi dent Madero und der frühere Vizepräsident Juarez wurden heute erschossen, als man sie bei ihrer Ueberführung nach dem Ge fängnis zu befreien versuchte. Huerta gibt über diesen Vorgang folgende Darstellung: Um Mitternacht griff eine Schar von 50 Mann die aus 100 Nuraks bestehende Eskorte der Gefangenen an Diesen wurde be fohlen, die Wagen zu verlassen, worauf sie von einer Wache von 30 Mann umgeben wurden, während die übrigen das Feuer erwiderten. Der Kampf dauerte 20 Minuten. Nach seiner Been digung wurden Madero, Juarez, zwei Ruraks und ein Bürger tot aufgcfunden. Die Angreifer sind geflohen. Diese Darstellung der Vorgänge ist ziemlich ungenau. Die Wache von 30 Mann hat doch sicherlich die beiden Gefangenen umgeben und die Angreifer, die die Gefangenen befreien woll ten, werden die größte Vorsicht angewandt haben, um Madero und Juarez nicht zu verwunden. Jede verirrte Kugel müßte dann wohl auch erst den Kreis der Wache um Madero und Juarez getroffen haben. Auffällig ist weiterhin, das; Huertas Bericht nicht sagt, daß die beiden Ge fangenen durch die Kugeln der Angreifer gelötet worden sind. Von einer Verfolgung der geflo henen Angreifer ist auch nicht die Rede. Dann sind die Verluste für einen 20 Minuten dauern den Nahkampf recht gering, und unter den fünf Toten sind ausgerechnet drei Unbeteiligte, die beiden Gefangenen und ein Bürger. Der ganze VorgangMedarf noch recht sehr der Aufklärung. Der Balkanwirrwarr. Von einem wirklichen Balkankriege konnte man während des ganzen Verlaufes der vorigen Woche nicht sprechen; es fehlten sogar die phan tastischen Siegesmeldungen, mit denen die Welt zu Beginn der zweiten Kciegsepoche überschüttet wurde. Auch der bulgarisch-rumänische Ent schädigungsstreit ist in ein ruhigeres Fahrwasser dadurch gerückt worden, daß Rumänien einen Schiedsspruch der sechs europäischen Großmächte in der Angelegenheit annehmen zu wollen er klärte. Neue Besorgnisse erweckt jedoch der Eifer, den .die beiden Zweibundmächte zur Wah rung ihrer Interessen an den Tag legen. Im Mittelpunkte dieser Bestrebungen steht Herr Delcaffee, der neue französische Botschafter am Petersburger Hofe. Mit Delcaffee soll in Petersburg der Plan vereinbart werden, wie beide Staaten Vorteile aus der künftigen Regelung der türkischen Fmanz- frage durch französisches Kapital ziehen können. Für Rußland handelt es sich dabei namentlich um die Dardanellendurchfahrt. Für die Be seitigung der Schwierigkeiten, denen seine Han delsschiffe bei der Durchfahrt durch die Wasser straße noch vielfach begegnen, ist Rußland der Unterstützung Frankreichs bereits sicher. Dagegen hat sich Frankreich mit Rücksicht auf das be freundete England bisher noch nicht zur offenen Unterstützung des anderen Petersburger Wunsches bereit gefunden, wonach auch die russischen Kriegsschiffe, und zwar mit Ausschluß aller übrigen Seemächte, das Vorrecht der ungehin derten Durchfahrt durch die Dardanellen erhalten. In Petersburg hofft man, daß der gewandte Drlcassee auch hier Mittel und Wege finden wird, um Rußland zur Erfüllung seines Wun sches zu verhelfen. Vor der Ankunft Delcasiees will die russische Regierung die Frage daher auch nicht vor die Londoner Botschafterkonferenz bringen. TageSgeschichte. Der Besuch der Kaiserin in Gmunden. Die deutsche Kaiserin trifft mit der Prinzessin Viktoria Luise, wie nunmehr feststeht, am 1. März am Gmundencr Hofe nn. Im Schlosse werden für den hohen Besuch umfangreiche Vorbereitungen getroffen. — Der Kuraufenthalt der Kaiserin in Bad Nauheim, der am 17. März beginnen sollte, ist wieder abgesagt worden, weil die Kaiserin bei den Verlobungsbesuchen der Prinzessin Viktoria und ihres Bräutigams Herzogs Ernst August zugegen sein wird. Auch die Korfureise des Kaisers dürfte infolge der Verlobung eine Ein schränkung erfahren. Rationalliberalcr Bertrctertag für das Königreich Sachsen in Chemnitz. Die gestrige Vertreteroersammlung dcr national- liberalen Partei für das Königreich Sachsen in Chemnitz faßte eine Entschließung für die neue Wehrvorlagc und sprach sich gegen die Zulassung der Jesuiten aus. Der Deutsche Reichstag setzt nach zweitägiger Pause seine Beratungen am morgigen Dienstag mit Wahl; rüfungen und Besprechungen von Petitionen fort. Vorher hatte er den Etat des Neichscisenbahnamtes erledigt, wobei Präsident Wackcrznpp erklärte, daß die Frage der Vereinheitlichung unseres gesamten Eisenbahnwesens noch unverändert auf dem alten Flecke stände. Leider gehen die Etatsvcrhand- lungen so sehr ins Breite, das es zum Schluß wieder eine tolle Hetzjagd geben wird, wenn man überhaupt zu einer erträglichen Zeit fertig werdet: will. Nach Ostern kommen die Militär vorlagen, die bis zum Sessionsschluß verab schiedet werden müssen. Den Behauptungen von einer wahrscheinlichen Auflösung des Reichstags und der Vornahme von Neuwahlen, die unter der Parole der nationalen Wehrforderung statt finden und der Sozialdemokratie voraussichtlich starken Abbruch tun würden, treten die „Münch. N. N." in einem Artikel entgegen, in dem sie darlegen, daß sich nicht nur für die Rüstungs-, sondern auch für die Deckungsforderungen in dem gegenwärtigen Reichstage eine stattliche Mehrheit finden werde. Die Militärvorlage und die Vorlage über die Deckung der neuen Forderungen werden dem Reichstage gleichzeitig zugehen, wie die „Nordd. Allg. Ztg." gegenüber anderweitigen Erörterungen in den Blättern amtlich feststellt. Die Zahl der militärischen Flugstützpunkte soll noch in diesem Jahre erheblich vermehrt werden. U a. sind Münster i. W, Saarbrücken und Schneidemühl dafür in Aussicht genommen worden. Bei letzterer Stadt soll auch eine Luft- schiffhafle mit einem Kostenaufwand von 400000 Mark errichtet werden, die- bereits bei den dies jährigen Kaisermanövern Verwendung finden soll. Der Tod der Kaiserin-Witwe Lung Nu von China, der so unvorhergesehen erfolgte, daß man zu nächst, allerdings unbegründeter Weise, an einen Selbstmord glaubte, tiat in der kaiserlichen Re- publick China keine sonderliche Aufregung verur sacht. Die Witwe des Kaisers Kwangsü, die selbst 4 Jahre den Thron innegehabt hat, ist während ihrer Regentschaft so wenig hervorge- trelen, daß sie beinahe in Vergessenheit gcrmen war. Sie, die schwächliche Witwe eines schwachen Kaisers, mußte es im vorigen Januar erleben, daß die älteste Dynastie der Welt von der Welt geschichte abtreten mußte. Der Spruch, der im Mittelalter einmal von Deuischland gegolten hatte, „Wehe dem Lande, dessen Herrscher ein Kind", paßt auch auf China; denn d^r kinder losen Lung Au Adoptivsohn Puyi Hsüan-Tung war kaum 6 Jahre alt, als er entthront wurde. Er ist nun ohne die zärtliche, hingebende Pflege Lung Aus, die deren Lebensinhalt in den letzten Jahren ausmachte. KreiMksWMW der Vereine der Fortschrittlichen Kolkspartei in Hohenstein-Ernstthal. Die Vereine der Fortschrittlichen Volkspartei im 17. Reichst rgswahlkreise hielten am gestrigen Sonntag ini Hotel „Gewerbebaus" eine von annähernd 200 Personen besuchte Kreisver- sammlungab, die vom Kreisvorsitzendsn, Herrn Lehrer P. Müller- Glauchau, mit Be grüßung eröffnet wurde. Redner begrüßte be sonders die als Gäste erschienenen Partei genossen aus Leipzig, Chemnitz, Burgstädt, Crimmitschau usw. und führte sodann 'etwa folgendes aus: Wenn wir uns umschauen im politischen Leben und das vergangene Jahr 1912 überschauen, dann sehen wir manche Veränderung aus politischem Gebiet. Da ist in erster Linie die neue Konstellation im Reichstag, die seit langer Zeit der Linken die Mehrheit wieder brachte. Unter dieser neuen Konstellation wurden wichtige Beschlüsse zu wege gebracht; ich erinnere nur an die Mili- tärvorlage im vergangene:: Jahre, was auch daran erinnert, daß wir binnen Kurzem wie der in ähnlicher Lage uns befinden. Die euro päische Gesamdlage hat sich in den letzten Jah ren sehr unerfreulich zugespitzt und auch die Ernennung Delcassees zum französischen Bot schafter in Petersburg ist eins der Zeichen, daß nicht alles so wünschenswert verlaufen wird, als im Jn.eresse des europäischen Gleich gewichts zu erhoffen wäre. Aus allen diesen Gründen hat sich die Negierung bewogen ge sehen, eine neue Mvlitärvorlage einzubringen. Es wird die Aufgabe der Linken sein, die Lasten, die die neue Vorlage mit sich bringt, aus tragfähigc Schultern zu legen und nicht wie früher bei ähnlichen Anlässen durch die Rechte auf schwache Schultern abzuwälzen. Auch die Lage in der inneren Politik hat sich zugespitzt, denn das Zentrum arbeitet mit allen Mitteln daran, den Reichstag arbeits unfähig zu machen, um bei einer event. Auf lösung die Macht von 1907 wieder zu er langen. Kampf- und Kriegsbereitschatt überall, und heißt es auch für die Fortschrittler, ge rüstet sein. Herr Lehrer Schwefler -Chemnitz über brachte die Grütze der Parteigenossen im 16. Rechstagswallkrsise und des Abgeordneten Landgerichtsrat Brodaus, der infolge Krankheit am Erscheinen verhindert ist. Der Vorsitzende dankte und erteilte sodann Herrn Prottssor Dr. Barge- Leipzig das Wort zu seinem Bortrage über „Die Beu deutung des Liberalismus für die natio nalen Ausgaben der Gegenwart." Anknüp'end an die Zeit vor 100 Jahren, als das Volk, für Freiheit und Recht kämpfend, zuerst den nationalen und liberalen Gedanken zusammen- schlagen ließ zur lodernden Flamme der Be geisterung, die endlich die Freiheit des Volkes erbeiführte, zeichnete Redner ein Bild von dem Gedenken an jene große Zeit, wie der offizielle patriotische Festredner sie sich ausmalt. Er fährt dann fort: Unsere Betrachtung über diett Zeit mutz vom liberalen Standpunkt aus aus einen anderen Ton gestimmt sein. Die offi ziellen Betrachter der damaligen Zeit sind drauf und dran, den Kern der Sache und den wahren Geist jener Zeit zu unterschlagen bezw. zu verschrien:. Die nationale Bewegung von 1813 war eine Freiheitsbewegung gegen die äußere Bedrückung und zugleich ein Protest gegen den Absolutismus der dimaligen Zeit. In der offiziellen Betrachtungsweise über das Jalr 1813 erscheint alles so matt und abge- blaßt, man sagt, Preußen sei damals einge- nblafen gewesen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen. Man vergißt, daß aber bereits das Jahr 1806 den Bankerott des politischen Absolutismus brachte; unwürdige Zustände herrschten nach dem Tode des großen Fried rich. Der bureaukratische Beamtenapparat arbei- icte gm, doch ohne inneren Schwung und Kraß; Napoleon hatte deshalb schon bald die Beamten für sich eingenommen. Wie die Dinge von 1806 gefälscht werden, so geschieht es auch mit denen von 1813. Es heißt da u. a. „Die Not der Knechtschaft habe das Volk erst wieder beten gelehrt", doch hatte diese Frömmigkeit nichts mit der sündenbewußten schwelgerischen sogenannten königlich preußischen Frömmigkeit von heute zu tun. Der Freiheit galt damals in erster Linie der Kampf, es galt, das Volk von dem Drucke, der auf ihn: lastete, zu befreien. Die Freiheit von der Herr schaft des Ada s, der das Volk knechtete, sollte erstrebt werden, damit es aus der Niedrigkeit des Unievtanentums zu der Höh« des Staats bürgertums emporgeleitet werden konnte. Män ner wie Stein, Hardenberg usw. brachen dem Volk diese Freiheit, sie wollten, daß die Mich ten gegenüber dem Staat von allen Bürgern Oberin MD