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KlIM IM Phkiütiil EnAhiiIn Aiiikign Nr. 43 Sonnabend, den 22 Februar 1913. 40. Jahrgang Ser deutsche Handelstag beendete am Donnerstag seine Verhandlungen, nachdem er sich vorher für das Petroleum monopol, für die Beibehaltung der jetzigen Bestimmungen über die Konkurrenzklautel im Handelsgewerbe sowie für eine gesetzliche Rege lung der Verordnungen über den Verkehr mit Nahrungsmitteln ausgesprochen hatte. An den Beratungen nahmen auch die Vertreter der deutschen Regierungen lebhaften Anteil. Der herzliche Dank des Kaisers für das an ihn ge richtete Hu digungstelegramm wurde mib gro- ßem Beifall msgonommen. Bei der Besprechung über die Arbeits zeit der Arbeiterinnen wurde eine Resolution des Ausschusses des Handelstages befürwortet, worin der Handelstag. eine Er leichterung für die Begünstigung der Arbeite- r.nnen für nötig hält und die Forderung er hebt, den Arbeitgebern solle gestattet sein, in besonders dringenden Fällen für die Dauer von 3 Lagen sofort Ueberarbeit leisten zu las sen, unter der Bedingung, daß sie gleich am ersten Tage der zuständigen Verwaltungsbe hörde davon Kenntnis geben. Dagegen soll es unzulässig sein, daß die Behörde die Er laubnis von Uebscarbeit von der Zahlung eines höheren Lohnes abhängig macht. Gewerbe» treibende, die Arbeiterinnen über 16 Jahre über die gesetzlich festgesetzte Zeit hinaus be schäftigen, sollen dies nicht vorher anzuzeigen brauchen. Sie sollen verpflichtet sein, an einer in die Augen fallenden Stelle 'der Werkstätte eine Tafel auszuhängen, auf der jeder Tag, an dem Ueberarbeit statlfindet, vor Beginn der Ueberarbeit einzutragen ist. Die Resolu tion wurde einstimmig angenommen. Bei dem Thema Vertretung von Handel und I n d u st r i e in den K a m m e r n wies Geh. Kommerzienrat Nwen Tu Mont (Köln) darauf hin, daß die Landwirtschaft, das Beamtentum, der holie Adel mw. in den Ersten Kammern dominie ren, daß aber Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe fast gar nicht vertreten säen. Die Zusammensetzung in den Ersten Kammern habe sich seit 60 Jahren säst gar nicht geändert. Angesichts der großen Wichtigkeit, die die Be schlüsse der Ersirn Kammern laben, schlug er vor, für Industrie und Handel eine eut- sprechende Vertretung zu verlangen und dies nicht von dem Belieben des Landesherm ab hängig machen zu lassen. Redner empfahl schließlich eine Resolution zur Annahme, in der der Handelstag das Vergangen aus pricht, daß künftig für eine genügende Per retung von Hauoel und Industrie in den Ersten Kam mern der meisten deutschen Bundesstaaten ge sorgt wird. Hieraus sprach Geb. Kommerzienrat Deußen- Krefeld über den Schutz der Arbeits willigen und befürwortete einen Antrag des Ausschusses, wonach der Handelstaa auf Grund der von ihm bei seinen Mitgliedern veranstalte en Umfrage die Ueberzeugung ge Wonnen hat, daß, um den Uebelständen lei Streiks im wesentlichen zu begegnen und die Arbeiiswilligen nicht fernerhin dem Terroris ¬ mus der Streikenden auszusetzen, ein ausgiebi gerer und sicherer Schutz der Arbeitswilligen auf gesetzlichem Wege zu schaffen sei. Ein An trag des Geh. Kommerzienrat Weber-Gera, wonach der Handelstag im Streikpostenstehen ein; strafbare Handlung erblickt, wurde wieder zurückgezogen. Nach eingehendem Bericht des Generalsekre tärs Sö.ber-Berlm über den internationalen Handelskammerkongreß Boston 1912, der namentlich auf dem Gebiete des internationa len Wechselrechtes erfreuliche Klärungen und Fortschritte gezeitigt habe, wurde der Deutsche Handelstag geschlossen. An die Handelskammer in Boston wurde ein Danktelegramm abge''andt, da sie es durch ihr Entgegenkommen ermög licht batte, daß die deutschen Vertreter von Handel und Industrie einen wertvollen Ein blick in die Verhältnisse der amerikanischen Industrie und Handslswelt tun konnten. Deutscher Reichstag. 117. Sitzung vom 20. Februar. Die Pariser Uebereinkunst zum Schutze des gewerblichen Eigentums wird nach kurzer Debatte in dritter Lesung angenommen. Darauf folgt die namentliche Abstimmung über die Ostmarkenzulagen. Der Antrag Bassermann, unwiderrufliche Zrüagen für die in den gemischtsprachigen Teilen des Reichsgebietes angestellten mittleren und unte ren Postbeamten in Höhe von 2 100 000 Mark statt der ursprünglich geforderten 1 100 090 Mark zu gewähren, wird mit 213 gegen 142 Stimmen abgelehnt. Der Antrag Behrens-Schultz- Graf Westarp will als außerordentliche unwider rufliche Zulagen für die in der Provinz Vo'sn und in den gemischtsprachigen Kreisen der Pro vinz Westpreußen und in Elsaß-Lothringen an- gestelllen mittleren, Kanzlei- und Unrerbeamw-n 2 Millionen Mark in den Etat einstellen. Die ser Antrag wird mit 209 gegen 148 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Der fortschrittliche Antrag auf Wiederher stellung der Oftmarkenzulage nach der Regie rungsvorlage wird mit 211 gegen 141 Stim men bei 2 Enthaltungen abgüehnt. Abg. Graf Westarp (kons.) begründet eine Resolution seiner Partei um Aufstellung allgemeiner Grundsätze für eine angemessene Unterstützung der Altpensionäre. Abg. Erzberger (Ztr ): Wir schließen uns der konservativen Resolution an und er warten eine Regelung der Angelegenheit dabin, das den Attpensionärcn die notwendig gewor denen erhöhten Bezüge nicht aus Gnade und Wohlwollen, sondern well sie ein Recht darauf haben, gewährt werden. Abg. Beck (natl.): Wir freuen uns der Resolution- und beantragen deren Uebecwei unq an die Bndgetkommission. Auch Abg. Kops ch (fortschr. Dpt.) gibt seiner freudigen Zustimmung Ausdruck. Die Resolution wird der Budgetkommission überwiesen. Abg. Heckmann (natl.) tritt beim Titel „Unterstützung an Arbeiter und deren Hinter bliebene" für die Gewährullg höherer Zulagen ein, entsprechend den gestiegenen Lebensmittel preisen. Redner begründet eine Resolution, die eine allgemeine Erhöhung der Löhne und Zu lagen für Telegraphenarbeiter, die Nichtanrech nung der Sonntage als Urlauostoge und die Schaffung einer Kleiderkasse fordert. Abg. Hubrich (fortschr. Vpt.) stimmt dieser Resolution zu und begründet eine eigene, einen angemessenen Anteil der im Arbeitsver hältnis zurückgelegten Dienstzeit aus das Be soldungsdienstalter anzurechnsn. Abg. Behrens (Wirtsch. Vrg.) begrün det eine Resolution, die nur Erwägungen wegen Anrechnung des Dienstalters fordert. Eine Resolution Mumm wünscht Ueber- nahme der Kosten der ärztlichen Untersuchung der Telephonarbeiter für die etatsmäßige An stellung auf die Postkasse. Staatssekretär K r ä t k e: Wollten wir allen in den Resolutionen enthaltenen Wünschen ge nügen, dann würden alle Arbeiter Beamte werden. Die Löhne unserer Arbeiter stemen fortgesetzt. Dielen Satz betont der Staatssekre tär nach wüteren Ausführungen der Aboa. Ickler (natl.) und Zubeil (Sc^.) noch einmal und fügt hinzu, daß die Löhne all jährlich ausgebessert werden. Nach kurzen Ausführungen der Abgeord neten Behrens (Wirtsch. Vrg.), Noske (Soz.) und Oertel (kons.) werden die Reso lutionen angenommen, einschließlich einer sol chen über die Heranziehung der Handwerker zu den Postlieferungen. Der Postetat wird erledigt, ebenso der der Reichsdruckerei. Beim Etat der Reichseisenbahnen wünscht Abg. Hasenzahl (Soz.) größere Verein heitlichung. Freilag 1 Ubr Fortsetzung. Kleine Chronik * Opfer des Eises. Im See bei Trittau (Holstein) ertranken die Monteure Forstel und Vogellicht, die im Eis eingebrochen waren. ' Riesenbrände in Tokio sind ähnlich wie in Konstantinopel keine Seltenheit. In der Stadt des Mikado greifen sie sogar noch schneller und weiter um sich als in der Sultanstadt am gol denen Horn. In dem Tokioter Bezirk Kanda sind soeben Hunderte der kleinen japanischen Holzhäuser niedergebrannt, trotzdem wie im Vor jahr bei der großen Feuersbrunst in Osaka gleich Militär zur Bewältigung des Flammenherdes heranaezogen wurde. Unter den Häusern, die eingeäschert wurden, befindet sich auch die Nip pon-Universität. Für die Obdachlosen, deren Zahl über 12 000 beträgt, sollen Baracken er richtet werden. Da der Bezirk Kanda der Mittel punkt des studentischen Lebens ist, sind viele Schulen und Erziehungsinstilute niedergebranut. Der Riesenbrand, der in einer Halle der Heils armee ansgebrochen war, hat einen Schaden von vielen Millionen angerichiet. * Schweres Brandunglück. Aus Christiania wird gemeldet: In der Nacht zum Mittwoch entstand in Arendal in einem dicht vor der Stadt gelegenen, aus Holz gebauten Wohnhaus ein Brand, der sich mit rasender Schnelligkeit aus breitete und das Haus in kurzer Z it tn Asche legte. Die Hausbewohner konnten sich nur im Nachlgewand rm letzten Augenblick unter Zurück lassung ihrer Kleider und Habe retten. Drei Kinder, ein vierzehnjähriges und ein vierjähriges Mädchen sowie ein achtjähriger Knabe, kamen in den Flammen um. * Ein russischer Barou als Mörder. In Petersburg wurde vor zehn Tagen die Jnge- nieursgaltin Frau Thieme in ihrer Wohnung ermordet und beraubt. Jetzt verhaftete die Ge heimpolizei ihre beiden Mörder unweit von Petersburg auf der Sation Preobraschensk an der Warschauer Bahnlinie. Der eine ist der Baron Geismar, dec andere ein ehemaliger Be amter des auswärtigen Amtes, Dalmatow, der Bruder eines Gardeoffiziers. Beide haben die Tat eingestanden. Die Affäre erregt ungeheueres Aufsehen in der Petersburger Gesellschaft. * Schweres Grubenunglück. Auf der Grube „Stahlberg" bei Schmalkalden wurde der ver heiratete Bergmann Jung aus Reichenbach durch niedergehendes Gestein getötet. Ein anderer Bergmann wurde so schwer verletzt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. * Das Hotel „Seehof" in Arosa uiederge- braunt. Das Hotel „Seehof" in Arosa (Kanton Graubünden) ist völlig abgebrannt. Die Gäste des Hauses, größtenteils Engländer, konnten meistens nur das nackte Leben retten. * Die Troizky-Kathedrale in Petersburg ein- geäschert. Gestern morgen ist eines der ältesten Bauwerke Petersburgs, die aus der Zeit Peters des Großen stammende, aus Holz erbaute Troizky- Kathedrale, die eine große Sammlung von Kir chengeräten, darunter verschiedene Werke von der Hand des großen Zaren, enthielt, durch Feuer zerstört worden. Glücklicherweise konnten alle Wertgegenstände gerettet werden. * Selbstmord oder Verbrechen? Aus Katto- witz wird gemeldet: In der Nacht vom 19. Februar wurde bei Kilometer 198 der Strecke Kunigunden- weiche—Schoppiuitz der Schlepper Schicon über fahren und gelötet, indem ihm der Kopf vom Rumpf getrennt wurde. Nach unbestätigten Meldungen soll es sich um ein Verbrechen handeln. Man nimmt an, daß die Leiche auf die Schienen gelegt worden ist. Zwei Personen sind als des Mordes verdächtig verhaftet worden. * Ei« 14jähriger Totschläger. Aus der Kohlenhalde bei Niwka in der Nähe von Gleiwitz geriet der 14jährige Schüler Kwapisch mit seinem 12 Jahre allen Bruder aus nichtiger Ursache in Streit. Der Aeltere von beiden ergriff nach kurzem Wortwechsel einen Stein und h en damit solange auf seinen Bruder ein, bis dieser kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Der jugendliche Totschläger wurde in Haft genommen. * Großer Juwelendiebstahl. Juwelen im Werte von etwa 100000 Mark wurden aus der Villa des Kämmerers des Kaisers von Oesterreich, Barons v. Ottenfels, von Einbrechern gestohlen. * Tie englischen Suffragetten haben dem Bombenanschlag auf das Landhaus des Schatz- kanzlecs Lloyd George schnell ein weiteres Atten tat folgen lassen, indem sie einen Teepavillon in Kew-Garden anzündeten. Als Täterinnen wurden zwei junge Mädchen festgenommcn. Rus dämmernden Nächten. Original-Roman von Anny Wothe. Oopxri^iU 191 > Ix V^utiis, 1>eipri^. b4. stoits. (Nachdruck verboten. Mister Illings war wie betäubt bis in die Anlagen gelangt. Hier und da redete ihn ein Bekannter an. Eine Grupp; von Herren und Damen wollte ihn mit in den Spielisaal schleppen; aber er hatte nur das Verlangen, allein zu sein. Er wandte sich der Straße nach Conda mine zu, die sich von Monte Carlo bis zu dem Fuße des Felsens von Monaco hinstreckt Er sah nicht das ihm zur Seite rauschende Meer, nicht das Feenbild der Felsen von Mc» naco, die sich mit dem stolzen Schloß auf ih rer Höhe und den flimmernden Lichtern im Meer spiegelten. Er hastete nur vorwärts. Was latte er getan? Wie war es nur möglich, daß er, ein Mann von strenger Selbstzucht, plötzlich so untergehen konnte in den Wogen einer schnell aufflackernden Lei- dcnschaft? Hatte er darum all die langen Jahre gedarbt, um nun bei einem ersten An- laß rettungslos der Verführerin in die Arnie zu sin-len, die nie sein Weib werden konnte und durfte, nie? Er riß den Hut vom Kopfe, damit der Seewind sein; heiße Stirn kühle. Eine Weile stand er dann am Meer und starrte auf das Branden der weißschäumigen Wellen. Das sang anders, als hrheim das Meer im hohen Norden. Stolz und frei klang da der Sang der Wogen; und hier lockte es wie Sirenen lieder, die mit süßen Zauberlauten in die Tiefe ziehen. Stnll wandte er sich und schritt nach Monte Carlo zurück. Was hatte ihn nur so plötzlich ernüchtert in dm Armen des schönen, glutäugigen Wei bes, das so heiß lieben konnte und das ihn einst verraten? Ein Schrei war's, ein leiser Schrei von Mädchenlippcn, und ein Paar tief erschreckte, blaue Kinderaugen. Ethel! Was ging ihn eigentlich die kleine Ethel an, und warum war Scham, glühende Schani in 'ihm aufgestiegen? Er stamp»te ungeduldig mit dem Fuße. So in Gedanken mit seinen Selbstvorwür- fen und widerstrebenden Empfindungen, war er, ohne es zu wollen, unten am Bahnhof von Monte Carlo angelangt. Er blickte einen Augenblick wie geistesabwesend in das bunte Gewühl. Ta zuckte er plötzlich zusammen. Wec war die weibliche Gestalt dort in dem einfachen, schwarzen Klckde, die soeben den Fa rstuhl verließ und, ein kleines Handköf ferchen selbst tragend, den Waggons zustrebte, d e schon zur Abfahrt bereit standen? Wie rasend klopfte sein Herz. Im Augenblick stand er dem Mädchen zur Seite, und seine Hand legte sich schwer auf den Koffer. Mit einem Schrei ließ Ethel ihr Gepäck fahren. Ihre Augen sahen Mister Illings gang verzweifelt an, als sie hervorstieß: „Was wollen Sie von mir? Bitte, lassen Sic mich fort; der Zug geht gleich ab, und ich darf nicht hier bleiben." „Haben Sie mir nicht versprochen, Monte Carlo nicht zu verlassen?" fragte er eindring lich. „Ja," gab Ethel trotzig zurück. „Aber die Verhältnisse haben sich geändert. Ich will und kann nicht bleiben; ich muß fort. Sie können das ja, bitte, — Ihrer — Ihrer Braut sagen." „Meiner Braut?" Nun stahl sich doch ein leises Lächeln über Illings Gesicht mit dem energischen Mund; und die harten Augen glühten seltsam auf. Wie ein Glücksschauer zog es plötzlich durch sein Herz. „L ebes, kleines, törichtes Mädchen," flü sterte er ihr zu. „Ich habe keine Braut. Aber kommen Sie; hier können wir nicht stehen bleiben." Und ohne Umstände ihr Köfferchen einem Bahnbeamten zur Aufbewahrung übergebend, ergriff er ihren Arm und führte sie die breite Treppe hinan, die zu den Anlagen führte. „Was tun Sie?" wehrte Ethel heftig. „Me n Zug geht ab; und ich muß fort." „Es gehen noch mehr Züge, liebes Kind," gab Jll ngs gelassen zurück. „Aber ich lasse Sie nicht eher fort, als bis Sie mich gehört haben." Ethel ging mit blassem Gesicht und halb geschlossenen Augen trotzig neben ihm her. Was behauptete er? Er hätte keine Braut. Und sie hatte doch mit eigenen Augen ge sehen, wie er Dagmar Sundvall küßte, Dag mar Sundvall! Ach, sie hätte weinen können, nein schreien und schluchzen. Aber er brauchte ihre Tränen nicht zu sehen, nein — er nicht. Aus dem Lichtkreis des Kasinos hinaus iühvte Illings das zitternde Mädchen tiefer in die Anlagen hinein, wo nur das Monden licht mit flüssigem Silber webte und wo das Rauschen des Meeres zu der Bank aufstieg, auf der Illings Ethel bedeutete, Platz zu neh men. „So," sagte er, tief aufatmend. „Hier stört uns niemand. Her, hier sollen Sie hören, warum Sie Dagmar Sundvall heute in mei nen Armen gesehen." Er stockte, und dunkel schoß das Blut in sein gebräuntes Gesicht. Konnte er das alles wirklich dem Kinde erklären? Ethel saß, die Hände ineinander ver schränkt, ganz in sich zusammengesunken, auf der Bank. Ihr Antlitz war to enblaß. und der Engländer sah, wie ihre Lippen zitterten-. „Ich will nichts hören," wehrte sie ab. „Bitte, lassen Sie mich gehen." „Nein, mein liebes Kind, jetzt hören Sie mich einmal an. Es ist das erste Mal, daß ich nach langen Jahren über meine Vergan genheit rede. Es soll eine Beichte für Sie und eine Sülne für mich sein, kleine Etbel." Und vor ihr stehen bleibend, die Augen hinausgerichtet auf das Meer, begann er zu erzählen von dem Vaterhaus daheim im hohen Norden, von der sanften Mutter, dem harten Vater und der stillen Schwester Jngvelde, die er so sehr galiebt. Von seinen Kämpfen nach der Mutter Tod und von seinem Entsetzen, als er vernommen, daß eine andere die ge heiligte Stelle einn^hmen sollte, ein lachendes, girrendes, junges Ding, vor dem i m graute. Er sprach von dem stillen, grausamen Kampf, den er tagtäglich durchgerungen, zwischen Liebe und Pflicht, und er schilderte ihr den Schmerz, der ihn gepackt, als er erlebte, daß auch die heißgeliebte Schwester, die einzige, auf die er gehofft, sich von ihm wandte. Und dann sprach er leibe von seiner Liebe, von den stillen Dämmernächten, die ein on- ziger, sonneugoldiger Tag für ihn wurden in den schwarzen Klippen, — denselben, in denen er sie, Ethel, den Wellen entrissen, — mit Dagny Ohlsen, dem Fischerkind. Er schil derte den Reiz und den Dutt dieser Zauber nächte, wo er noch an Liebe und Treue ge glaubt und wo er sich doch blutenden Her zens losreißen mußte, um fernab sich aus eigener Kraft ein neues Leben aulzubauen. Er entrollte vor Ethels staunenden Augen ein Bild seines reichen Lebens und Ringens im fernen Indien, er schilderte ihr die tausend Mißerfolge, die seinen Trotz gegen die Hei mat noch verschärften, und er sprach dann von seiner Sehnsucht nach dem Fischerkind mit den Goldaugen und der süßen, betörenden Stimme. (Fortsetzung folgt.)