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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.02.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191302181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19130218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19130218
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-02
- Tag 1913-02-18
-
Monat
1913-02
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.02.1913
- Autor
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KöuitzStreuer Knappen und ein Musikstück der Küchlerschen Kapelle. Den Höhepunkt erreichte die festliche Veran staltung hierauf mit der glänzendes Lokalkolorit enthaltenden Fesrrede deS Herm Schuldirektor- Pfeifer, der u. a. etwa folgendes ausführte: Hochgeehrte Festversammlung! Wenn unsere lieben Kinder daheim an einem Schulaufsatz schwitzen, so mag es wohl geschehen, daß sie, die Feder kauend, die Mutter fragen: „Mutter, wie fang ich da an?" Als ich ersucht wurde, zur Eröffnung der elektrischen Straßen bahn einige Worte zu sprechen, da ist es mir nicht so ergangen, denn da gibt es nur einen Anfang und der lautet: „Na endlich!" Es ist erreicht nach einem vierzehnjährigen Watten. Ich flechte hier die geflügelten Worte ein: „Was lange währt, wird endlich gut!" Diesen Eindruck haben wir alle empfangen, wenn wir diese strah lenden Feenschlösser des Abends durch unseren Ort schweben sahen. Wie ein banger, schwerer Traum dünkt es uns, wenn wir der vergangenen bahnlosen Zeit gedenken. Wenn wir einen gan zen Tag m Chemnitz herumgewandett waren und dann das Vergnügen hatten, noch eine Stunde nach Gersdorf zu tippeln, so hörten wir gar ost die Watte irgend eines Hohenstein« Bekannten: „Na, um diese Nachtpartie beneiden wir Sie wirklich nicht!" Das elektrische Licht und auch die Wasserleitung haben wir mit Freuden als Ortsfortschritte dankbar begrüßt. Aber diese Freude, dieser Jubel vermochte bei weitem nicht das auszulösen, wie die Probe fahrten am l8. Januar 1913. Da standen die Leute Kopf an Kopf — ein kleines Mädchen rief freudestrahlend: „Jtze kimmt sei" und da kam sie, jubelnd begrüßt von Groß und Klein- Der heutige Tag ist ganz entschieden ein Höhe punkt in unserem Gemeindeleben. Höhepunkte gestattenAusblicke einerseits und Rückblicke anderer seits. Gestatten Sie mir daher, einen kurzen Rückblick auf die Wege- und Verkehrsverhältnisse im vorigen Jahrhundert zu werfen: Im Jahre 1811 ist die untere Schule gebaut worden, da neben stand die alte Kirche, von der nur noch der Kikerikihahn übrig geblieben ist, gegenüber lag dec Gottesacker, der demnächst als Lager raum der Vahngesellschaft dienen soll. Mitten im Waldtale waren Hirsche und Rehe nicht seltene Gäste. Die Hessenmühle klapperte, eS stampfte dec Hammer, raffelten die Räder. Weiter oben aber stand die im Jahre 1556 erbaute Erbschänke, die leider heute den nichtssagenden Namen „Blauer Steril" führt. Von Oelsnitz bis nach Hohenstein führte die sogenannte Schaf- lreibe; der vvr einigen Jahren eingezogene Kirch, weg war der letzte Rest dieser Schaftreibe. Einen eigentlichen Dorfweg kannte man nicht, das Vach bett galt als solcher, und dann fuhren auch die Wagen; da mochte es wohl auch oftmals ge schehen, daß der Wagen mit umkippte. Noch in den 20er Jahren zu Anfang des vorigen Jahr hunderts waren die Wegeverhältnisse, wie auch der Chronist berichtet, sehr schlecht. Im Jahre 1829 machte der Fürst von Waldenburg der Gemeinde Gersdorf das Anerbieten, eine Kunststraße für 1200 Taler herzustellcn. Der Gemeinderat aber nahm das Anerbieten nicht an, er blieb bei sei ner idyllischen Bachstraßc. Wegebauten sind be kanntlich die schwierigsten und veraniwortungs- vollsten Aufgaben für eine Gemeinde; sic geben ihr Gelegenheit, sich unsterblich verdient zu ma chen, aber auch unsterbliche Böcke zu schießen. Schlecht und umständlich war die Verbindung mil Hohenstein, unsere Beziehungen waren nur sehr lockerer Art, denn wir gehörten damals noch zum Amlsgerichtsbezirk Lichtenstein. 1865, als die Klrche gebaut wurde, kamen wir zum Amts- gerichtsvezirk Hohenstein; dann wurde in den 70er Jahren auch die Goldbachstraße gebaut. Der Lohn hierfür blieb nicht aus: Im Jahre 1873 erhielt Gersdorf eine Postagentur, die eine Filiale von Hohenstein bildete. Der Poststempel lautete: Gersdorf bei Hohenstein, später bei Ober lungwitz, dann Bez. Zwickau und jetzt Bez. Chemnitz. Wenn wir nach einer Dampfbahn fragten, wurde uns die Antwort: „Zu was braucht Ihr eine Dampfbahn? Ihr liegt doch bei Hohen stein und bei Lugau!" Dasselbe wurde uns gesagt, wenn die Frage nach einem Arzt laut wurde. Wegen einer Apotheke mußten wir bis an den Landtag gehen; denn wir lagen ja bei Lungwitz, bei Lugau und bei Hohenstein! Heute hat unser großer Ort noch kein Krankenhaus, denn wir haben doch das Emmahospital in Ober lungwitz. Seit den 70er Jahren ist ungemein viel für die Wegebeschaffenheit getan worden, doch noch Ausgangs des vorigen Jahrhunderts bezeichnete man von auswärts die Gersdorfer Straße als ungeeiguet für die elektrische Bahn, was schon damals zurückgewiesen und heute durch die Tatsache widerlegt ist. Redner streifte sodann die Gersdorfer Verkehrsmittel vergangener Zeiten. Da gedenken wir zunächst eines in den 40er Jahren dem Allgemeinwohl dienenden Verkehrs mittels. Das war die vorsintflutliche Postkutsche von: Herold-Christel; dieser folgte der sogenannte Gcvatterswagen. In den 60er Jahren tat sich alsdann rühmend hewor Walther Hermanns Glaskutschc, die auch dem allgemeinen Verkehr diente. Im Jahre 1865, als unsere Kirche ge baut wurde, bettachtete der damalige Pastor Zöphel mit Mißtrauen oft die kleinen in die Erde gesteckten Stäbe; das war nämlich die abgesteckte Streckenführung für die projektierte Dampfbahn; er brauchte keine Angst vor Störungen bei der Predigt zu haben, sie kam nie! Von dem Pro jekt der Dampfbahn an bis zur Wegnahme der Schaftteibe haben wir immer Pech gehabt. Ein willkommenes Verkehrsmittel, ein Retter in man cher Not, war auch die Stollberger Postkutsche, die täglich nachmittags 4 Uhr nach Stollberg fuhr und für 40 Pfg. gern Passagiere mitnahm. Aber auch diese Fahrgelegenheit ging infolge des Eisenbahnbaues Chemnitz-Stollberg wieder ein. Für den Postverkehr benutzte der damalige Postagent Bergelt «inzweispänniges Hundegeschtrr. Dann entstand Roßners Markt-Omnibus, der aber auch schon bald zur Ruhe kam. Hierauf folgte die von Uhlig Benjamin nach einem ökonomischen Ball ins Leben gerufene Verbin dung; das war aber immer nur ein Verkehrs mittel für die oberen Zehntausend, die gewöhn liche Menschheit fuhr noch in den 80er Jahren mit dem Kälberwagen. Dieser Wagen war nach dem Grundsatz gebaut: „Schlechter gefahren ist immer noch besser, als gut gelaufen." Immer lauter wurde nun der Ruf nach einem Bahnan schluß. Unser Hoffen wurde belebt durch Unter- Handlungen in Sachen der elektrischen Bahn. Am 25. Januar 1898 wurde hier im „Grünen Tal" eine Versammlung durch Herrn Bürger meister Dr. Polster-Hoycnstein-Ernstthal einbe rufen, die von 800 Personen besucht war. Da mals wurde der Grundsatz ausgestellt: „Wir wollen nicht Licht und Kraft trennen; wer uns Gersdorfer Helle macht, der soll uns auch fah ren!" Es ist aber anders gekommen: Die OelS- nitzer machen uns Helle und die Lungwitzer fah ren uns. Dies lag aber daran, daß die Oels- nitzer uns für 18 Pfg. die Kilowattstunde fahren wollten und die Lungwitzer nur 8 Pfg. verlang ten. Die Frucht dieser Versammlung war, daß schon am 1. Februar 1898 sich ein aus 12 Herren bestehendes Komitee bildete, das eine elektrische Bahn anstreben sollte. Noch iw Mai machte Herr Kunath aus Oberlungwitz ein Anerbieten, wonach die Dampfbahn, durch Oberlungwitz fahrend, auch Ntedergersdorf mit berühren sollte; doch davon wurde abgesehen. Im Jahre 1901 vereinigte sich Gersdorf mit Hohenstein-Ernst thal und trat mit dem Kommerzienrat Kummer- Niedersedlitz in Verbindung, der eine elektrische Bahn bauen wollte, inzwischen aber in Zah lungsschwierigkeiten geriet. Siemens L Halske wollten uns eine gleislose Elektrische bauen und mit der Firma Schiemann L Co. stand Gersdorf bis zum Jahre 1904wegeneinesProjektesinUnterhandlung. Da es nun aber gar nicht vorwärts gehen wollte, schritt Gersdors zur Gründung einer Omnibusgesellschaft und gab Aktien zu je 10 Mark aus. In kürzester Zeit waren 3400 Matt zusammen. Wir kauften in Dresden einen Omnibus für 180 Matt. 1903 zur K r- mes gewannen wir unseren lieben Herziger zum Fahren und die Fahrt ging los für 8 Matt, dann kam Tauscher, verlangte 16 und nahm später 17, Schilling und Sonntag, bis schließlich 21 Mark gezahlt werden muhten. Aber unser Geschä't ist gut gegangen. Im letzten Viertel von 1903 und 1904 wurden mit 2 Omnibussen 37 916 Passagiere und 3090 Pakete befördert. 1907 wuroe der dritte Wagen, ein alter Dortmunder P'erdcomnibus, gekauft. Nattirlich haben wir unser L4cht in keiner Weise unter den Scheffel gestellt, wir Habens in die Welt geblasen. 1904 begann ein Wett lauf um die elektrische Bahn seitens der Elek- trizitätsgesellfchaften. Wir traten nun mit Herrn Eisenbahndirettor Bak.horn in Derhnnd- lungen, doch ist durch ihn das Unternehmen in keiner Weise gefördert worden. Im Jahre 1909 war ich einmal in Dresden im Mini sterium. Dort fragte ich, ob denn unsere elek trische Bahnfrage nicht endlich einmal Erledi gung finden werde. Da erhielt ich den Be scheid: „Wir bedauern sehr, Ihnen hier leine Hoffnung aus eine elektrische Bahn machen zu können. Es müßte bei Ihnen alle Stun den ein besetzter Wagen fahren und das ist gar nicht denkbar." Das war kein schönes Resultat. 1909 bildete sich ein Bahnverband Hohenstein-Ernstthal—Gersdorf—Oelsnitz. Die ersten beiden verpflichteten sich, je 5000 Mark und Oelsnitz 4000 Marl Zinsgarantie zu leisten. Da tauchte in Oberlungwitz wiooer das Dampfbahnprojett aus, das nicht in: Interesse der Betriebsleitung lag, wenn auch in Gers dorf verschiedene Stimmen dafür zu haben waren; doch war der umständliche Apparat zu kostspielig. Jetzt wehte im Ministerium ein ganz anderer Wind, un^ inan war von diesem Zeitpunkt an unsere, elektrischen Bahn wohl gesinnt. 1910 wuroen die Satzungen des Bahnverbandes genehmigt. Eine überaus kräf tige Förderung erhiielt die Frage durch die energische Arbeit des Herrn Bürgermeisters Dr. Patz, der Beziehungen zu Frankfurter Gesell schaften anknüpfte, nachdem die Vorarbeiten von den Siemens-Schuckert-Wetten ausgeführt worden waren. Am 18. Februar 1911 erhiel ten wir die ministerielle Erlaubnis zu diesen Vorarbeiten, und am 15. März 1912 kam auch die Baugenehmigung. Am 23. März 1912 wurde der erste Spatenstich getan und heute ist der Jubel bei Jung und Alt groß. Dank- bar aber müssen wir auch unseres alten guten Omnibusses gedenken. Wie es alten Leuten geht, so ist es auch unserm alten Omnibus er gangen! Wie ost ist er verlacht worden; er hat manchen Sturm erlebt und ist von Rad- und Achfenbrüchen nicht verschont geblieben. Mir selbst passierte es einmal, als ich auf dem Kutscherbock sas, daß mir der Kutscher zurief: „Herr Direkter, steigen Sie runter, 's Rad geht los!" und es war auch höchste Zeit; Frau Kenrpts Sommerwagen brachte uns damals zum Ziel. Ich habe gesagt: wie leuchtende Feenschlösser sind diese elektrischen Wagen! Wir haben aber auch Licht gehabt in unserem Omnibus. Erst war es eine Petroleumlampe; diese beglückte aber manches Damenkleid mit ihrem fettigen Inhalt. Dann hotten wir es sogar bis zu einer Nerzigen elektrischen Lampe gebracht, die freilich manchmal nicht brannte, weil „frisch ausgefüllt" wurde. Da sind wir denn einmal 3 bis 4 Tage im Finstern ge fahren. Die Omnibusse brachten daneben noch andere Unannehmlichkeiten. Der neue ratterte zu sehr; der kleine war ganz hübsch, zumal wenn er voll war, da übte er sogar erziehe rischen Wett auf manche Passagiere aus. Mancher, der in seinem ganzen Leben noch nicht demütig sein Haupt gebeugt hatte, im Omnibus mußte er es tun. Unser alter Omnibus hat seine Sache gut gt« macht, er ist eigentlich der Vater unserer elek trischen Bahn. Wenn wir nicht den ziffern mäßigen Nachweis des Verkehrs erbracht hüt ten, ich glaube, w'r würden die Bahn heute noch wicht haben. Er hat während seiner Lebensdauer mit 3 Wagen in 10 Jahren 277 511 Personen befördert. Geh« hin, du liebe elektrische Bahn und tue desgleichen mit deinen 14 Wagen. 3400 Mark haben wir da mals zusammengebracht und diese sind nicht angerührt worden, sondern haben noch 3489 Matt dazugebracht, ein Verdienst von über 100 Prozen:, der auch der elektrischen Bahn als Vorbild dienen nrag. Darum, wenn mo» gen unser alter Omnibus die letzte Fahrt macht, dann wollen wir ihn grüßen. Wir danken aber auch den Herren, die an der Spitze der Omnibusgesellschaft gestanden haben, be sonders Herrn Gemeindevorstand Göhler; der Seele des Unternehmens, seinem treuen Adju tanten, unserm lieben Gemeindekassierer Meh ner, sei auch bei dieser Gelegenheit herzlich gedankt; er hat sich sehr um die Sache ver dient gemacht. Unser größter Dank gebührt natürlich den Herren, die uns die Bahn gs bracht haben. Da haben wir nun die elek trische Bahn und doch haben viele wieder etwas daran auszusetzen. Dem einen Vassen die Fahrpreise, dem andern die Fahrzeiten, den: dritten die Haltestellen nicht und dem verteil, daß der Sitz des Bahnverbandes nicht in Gersdors ist. Wir danken von ganzem Har zen an dieser Stelle dem Stadtrate von Hohen»- stcin-Ernstthal und Herrn Bürgermeister Dr. Patz, unserm hochverehrten Gemeiniderat und demjenigen von Oelsnitz, sowie der Ueber- landbal n-Gesellschaft, die das Risiko der Bahn übernommen hat. Allen diesen sei ein Hoch gebrach:, aus freudigem Herzen hoch, hoch, hoch! Zum dankbaren Rückblick gehört aber auch unbedingt ein zielbewußter Ansblick. Der heu tige Tag ist wohl der wichtigste in unserm Gersdorfer Gemeindeleben, denn mit denn heuti gen Tag haben tvir Anschluß erhalten an den Weltverkehr. Vor diesen Tatsachen müßten nun eigentlich die ängstlichen Frager schwei gen: „Wird denn nun die elektrische Bahn auch gehen oder den ganzen Verkehr aus Gersdorf hinausziehen?" Was unser Kleingewerbe an belangt, so kann es schon nicht schlechter wer den als es bareits ist. Zum ersten: „Wird sie nun auch gehen?" Sie hat das selbst in der Hand. Sie muß uns alle erst recht gründlich faul machen. In dieser Beziehung kann die elektrische Bahn durch angenehme Haltestellen und Preise außerordentlich viel tun. Zum zweiten: „Wird sie den Verkehr nicht hin- ausführeu?" Die idyllischen ländlichen Zeiten sind ja nun vorüber. Wir sind angeschlossen an den Weltverkehr und von nun an ist es ihre Pflicht, uns Gewerbebetriebe heranzuziehen; unser Gersdorf muß unbedingt mit in Wett bewerb treten. Jetzt gilt es, sich an große Einkaufsgenossenschaften anzuschließen und solche zu bilde::. Wenn wir dann die Waren ebenso gut und preiswert bekommen, dann brauchen wir nicht mehr nach auswärts zu gebe::. Zum zweiten aber auch muß es leisten: „Kauft im Otte!" Wir müssen uns daran gewöhnen, im Orte unsern Bedarf zu decken. Die Gemeinde selbst kann hier Be deutendes tun. Es ist Pflicht der Gemeinde verwaltung, den Ort aus dem Dunkeln ans hellere Licht zu ziehen. Hier könnten auch die Hämmer rasseln, die Räder sausen, die Ge schäfte aufblühcn rc. Nur aus der Kräfte schön vereinten: Streben erblüht auch uns das wahre Leben! Mit heute ist die elektrische Bahn ge schaffen und vollendet. Nicht für uns Alten! Für die Jugend, die folgenden Generationen, für die Zukunft unserer Gemeinde. Schillers Wort wollen wir beherzigen: Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selbst kein Ganzes fein, dann schließ' als ein dienend Glied dem Ganzen dich an!" Das Jahr 1913 ist ein Jubiläumsjahr. Wir gedenken des Jahres 1813. Warum haben unsere Vorfahren da- mals diese Riesenerfolge gehabt? Weil unsere Väter stets zum Ganzen strebten. Wir haben heute die Eröffnungsfeier der elektrischen Bahn. Sie wäre nimmer erfolgt, wenn nicht ein Zu sammenschluß erfolgt wäre und sich Gersdorf nicht als ein dienend Glied untergeordnet hätte. Wir setzen heute einen Mattstein, auf dem mit goldenen Lettern steht: „Vorwärts im neuen Jahrhundert!" Gott gebe der Bahn glückliche Fahrt! Das walte Gott! Jubelnde Begeisterung löste die treffliche Festrede aus, die in vielen Herzen ein dank bares Echo gefunden haben dürfte. Herr Berg- direktor H u r tz i g dankte noch besonders für die Mühewaltung und brachte sodann aus die als Gäste anwesenden Herren der Straßenbahn- gefellschaft und der am Bau beteiligt gewese nen Firmen und die Bahn selbst ein Hoch aus. Musikstücke, Männerchöre der Sängervereini gung Lugau-Gersdorf, Freiübungen von Mit gliedern des Turnvereins I, ein Männerchor der Gruppe IV des Vereins Königstreuer Knappen, Pyramiden am Schwebereck und an den Ringen, geboten von Mitgliedern des Turnvereins „Germania", sowie zwei Männer chöre der vereinigten Gesangvereine „Anon" und „Liederquell" und Vorträge der Küchler schen Kapelle beschlossen den in allen seinen Teilen äußerst harmonisch verlaufenen Kom- mers. Durch die freundliche Mitwirkung der Vereine erfuhr der seltene Abend eine sehr an nehmbare Bereicherung, doch würde es zu weit führen, der eu^elnen Leistungen besonders zu gedenken. Erft in später Stunde trennten sich-' di« Teilnehmer und nur langsam leerte sich der große Saal. Im „blauen Stern" fand zur gleichen Zeit ein öffentlich« Freitag statt, zu dem das junge Volk in Massen ge strömt war. Die Tanzfläche reichte natürlich auch hier b«i weitem nicht aus. Es war ein Schieben, Aus- und Abwogen der tanzenden Paare und immer aufs neue erklangen di« lockenden Weisen: „Ja, das haben die Mäd chen so gerne", „Mariechen, du süßes Vieh- chen", „Fräulein, könn' Sie linksrum tanzen* rc. Erst in sehr vorgerückter Stund« ging die Hul digung der Göttin Terpsichore zu End«, der Sonntag war schon bedenklich vorgeschritten. Alles in allem kann man wohl mit beson derer Gc:mgtuung feststollen, daß die Festlich keiten aus Anlaß der Bahneröffnung einen sehr schönen und würdigen Verlauf genommen haben; ohne Mißklanq ging das Fest zu Ende. Ain heutigen Montag ist der fahrplan mäßige Betrieb in vollem Umfange awfaenom- men worden; der Ansturm auf die Wagen war besonders in Gersdors sehr groß, wie ja auch nicht anders zu erwarten war. Daß es immer so bleiben möge, darauf nochmals ein Glück auf! OertlicheS n«d GächflfcheS. * Witterungsaussicht für DienStag, den 18. Februar: Bedeckt, Mederschläge. * Hohensteia-Eruftthol, 17. Febr. Die heu tige Inbetriebnahme der elektrischen Straßenbahn brachte unserer Stadt einen «höhten Mattiver- kehr. In den Gasthäusern am Altmarkt hatten sich viele OelSnitzer und Gersdorfer Gäste ein gefunden, die die ersten Fahrten deS neuen Ver kehrsmittels wahrgenommen hatten. — Die gestern abend 8.15 Uhr erfolgte letzte Abfahrt der beiden Omnibusse vom hiesigen Bahnhof gab dem sich daselbst angesammelten zahlreichen Publikum Anlaß zu lebhaften Ovationen. Die Kutscher stimmten Abschiedslieder an und weh mutsvoll winkten die Zurückbleibenden den lang sam Dahinfahrenden unter Hochrufen Abschteds- grüße nach. *— Der nächste Diehmarkt findet in Hohenstein-Ernstthal am 3. März d. I. statt. *— Eine Berichtigung geht unS von Frau Frieda Glänzel, Bürütz, Leipziger Str 301, zu. Frau Gl. bittet unS mitzuteilen, daß sie keineswegs mit einem Gerichtsbeamten nach Amerika gereist, vielmehr nur nach Görlitz ver zogen sei. m. Oberlungwitz, 17. Febr. In Vervollständi gung unserer Nachricht bett, elektrische Bahn durch Oberlungwitz nach Wüstenbrand, ausgehend von der Golvbachstratze, wird unS noch mttge- teilt, daß die dem Bahnverband angehörenden Gemeinden der Weiterführung der Linie sehr sympathisch gegenüberstehen, sodaß bestimmt mit der Durchführung des Projektes zu rechnen sein dürste. K. GerSdorf, 17. Febr. Einen außerordent lichen Ansturm mußten heute früh die Wagen der elektrischen Straßenbahn hier über sich er gehen lesen. Trotzdem die Motorwagen zum Teil mit mehreren Anhängewagen fuhren, war es nicht möglich, alle Fahrlustigen unterzubringen. Die ersten Wagen waren schon von OelSnitz aus besetzt und konnten Fahrgäste überhaupt nicht mehr aufnehmen, da die Wagen, wie man sagt, „gerammelt" voll waren. X Laogeuberg, 17. Febr. Der Landwirt schaftliche Verein hielt gestern abend eine Ver sammlung ab, in der zunächst die Eingänge, Samenoffetten rc. bekanntgegeben und sodann einige Herren neuaufgenommen wurden. In den Vorstand wurden die Herren Gutsbesitzer Grimm- Meinsdorf als erster und Pohlers-Langenberg als zweiter Vorsteher, Max Hartig als Schrift führer und Robert Hartig als Stellvertreter und Willy PohlcrS als Kassierer wiedergewählt; auch die Wahl der Ausschußmitglieder ergab keine Aenderung. Von einer Einladung zum Stiftungsfest des Landwirtschaftlichen Vereins Falken am 20. dss. Mts. wurde Kenntnis ge nommen. Der Bericht über den Vortrag mußte infolge Raummangels für die morgige Nummer zurückgestellt werden X Folkeu, 17. Febr. Der Gemeindeverwaltung ist vom Kgl. Ministerium des Innern die Mit teilung zugegangen, daß die vom Staate in Aussicht genommene Automobilverbindung Limbach—Falken—Waldenburg möglichst bald in Angriff genommen werden soll. Es sollen niedrigere Fahrpreise zur Einführung komme::, als von der Crimmitschauer Automobil-Gesellschast beabsichtigt war. — Der einfache Steuersatz der zur Deckung des Fehlbetrages für den Gemeinde haushalt zur Erhebung gelangt, wird für 1913 achtfach erhoben, gegenüber siebenfach im Jahre 1912. Depeschen Mexiko. (Priv.-Tel.) Die Kämpfe in der Stadt haben nach kurzer Pause wieder be gonnen. Um 12 Uhr gestern mittag brach Diaz den Waffenstillstand, der eigentlich 24 Stunden dauern sollte, indem er plötzlich das Bombarde ment wieder aufnahm. Diaz fühlte sich nicht verpflichtet, die Abmachungen cinzuhalten, da er festgestellt hatte, daß die Truppen Maderos ent gegen den Bedingungen des Waffenstillstandes Schutzgräben herstellten und ihre Artillerie verstärkten. Am späten Abend ließ Madero einen starken Angriff gegen das Arsenal vorbe reiten. Ueber den Erfolg telegraphierte er an den Newyorker „Sun", daß er die Situation be herrschte und somit ein baldiges Ende des Kampfes zu erwarten sei. Die meisten Fremder; haben die Stadt verlassen.
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