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strahlte, als er davon sprach! Kin jeder seh«, wie er es treibe . . Zu derselben Zeit stand Willkowsky in dem Atelier des Bildhauers Ekbert Müller, diesem gegenüber. Der Sänger, dessen prachtvolle Ge stalt das Modell zu einem AntinouS gegeben hätte, strahlend, siegesbewußt und ein bischen von oben t-erab. Ekbert Müller, hoch und l-ager, mit scharsinodelliertem Denkerhaupt und starr über der gewölbten Stirn emporragenden Haaren, glich weit mehr einem Gelehrten, als einem Künstler. Mit unerschütterlicher Ruhe vertrat er seine Meinung: „Sie lieben Elfried« so leidenschaftlich, daß Sie über die Kluft hinwegsehen, welch« Sie und mein Mädchen trennt. Gut, Sie haben dies vor sich selbst zu verantworten. Elfriede ist früh mutterlos geworden.. Sie ist einsam ausgewachsen und neigt zur Träu>- merei. Ihrer schwachen Gesundheit wegen überließ ich sie nicht so sehr den Erziehe- rinnen; sie gestaltete sich ihr Dasein selbst. Möchte sie nicht zu rauh aus ihrer Traum» weit gerissen werden." „Wenn sie Joseph Willkowsky heiratet, mei nen Sie? Mein bester Herr, Sie wollen mich doch nicht beleidigen?" „Wie sollte ich dazu kommen? Ich weiß es sehr wohl einzuschätzen, daß Sie, der gefeierte Künstler, Elfviede begehren. Meine Worte soll ten nur ein« Warnung sein — für Sie, Herr Willkowsky." „Danke. Doch traue ich es mir zu, eine Frau glücklich zu machen. Vor Enttäuschungen bewahrt das Leben keinen. — — Aber zum Kuckuck! Das ist ja ein Heiratsantrag mit Hindernissen!" unterbrach Willkowsky sich mit komischer Verzweiflung. „Herrgott, und dabei ist man jung und verliebt! Sagen Sie Amen, bester Herr Müller, und — —. Ah — da ist sie, da ist sie! Elfriede, Herzlieb, Du ertrugst das Warten, nicht länger, galt? Ich mich nicht. Herrjeh, ist das Mädel süß!" Er fing Elfriede, die voll heißer Unruhe zwischen den Falten der Portiere gespäht hatte, in seinen Armen auf. Dann trat er mit ihr vor den Bildhauer hin: „Verehrter Papa Griesgram, wir bitten um Ihren Segen." Der scherzhaft-dominierend« Ton vertrug keinen Widerspruch. Und Ekb«vt Miiller sah die zitternde Seligkeit auf dem Antlitz seines Kindes und dachte, daß er diesem Kinde ein mal nichts hinterlassen würde. Er unterdrückte den Seufzer, der in ihm aufstieg und gab seine Einwilligung. * * * Fünf Jahre später verkündete der Theater zettel der Provinzialstadt: Einmaliges Gastspiel des königl. Hofopern sängers Joseph Willkowsky. Zar und Zimmermann. Zar - Joseph Willkowsky. Die Ankündigung wirkte auf das Publikum elektrisierend. Die große Anziehungskraft, die Willkowsky einst hier geübt, feierte ihre Auf erstehung. Dazu kam der Ruhm, den der Künstler inzwischen geerntet und — hm — das Interesse an seinem Familienleben. Daß er damals die Elfriede Müller von hier geheiratet hatte, konnten die Damen ihm schlecht verzeihen. Lieber Himmel, dies zarte verträumte Ding, ohne Esprit, ohne Weltge- wandthett! Wie mochte die Ehe dieser zwar so ungleichen Menschen ausgefallen sein? Der Bildhauer Ekbert Müller war bald nach der Vermählung seiner Tochter in ein« andere Stadt gezogen und zwei Jahre später gestorben. Im Fremdenbuch des Hotel „Germania" stand zu lesen: Joseph Willkowsky, Hofopern sänger, nebst Gemahlin und Bedienung. Kinder waren der Ehe also wohl nicht ent sprossen. — Der Künstler saß in seinem Hotelzimmer vor dem gedeckten Frühstückstisch. Die Jahre waren nicht unbemerkt an seiner Persönlichkeit vorübergegangen. Er besaß zwar noch dieselbe prachtvolle Gestalt, aber durch das volle braune Haar zogen sich Silbersäden. Ein nervöser Ausdruck lagerte um den markant geformten Mund und die einst so lebensprühenden Augen blickten müde — verschleiert. „Elfriede — willst Du nicht auch einen Bissen essen?" rief er jetzt ins Nebenzimmer, dessen Tür vorgelehnt stand. Es klang aufhorchend — nervös. Ein bösartiger Hustenanfall folgte drinnen. Einen Augenblick zögevle Willkowsky. Dann warf er die Serviette hin, sprang auf und öffnete die Tür zum Nebenzimmer. — „Du hättest nicht mitreisen sollen, Kind, ich habe es gleich gesagt! Im Kupee war es kalt, das hat Dir nun wieder geschadet." „Was liegt daran? Du weiß, ich hatte Sehnsucht, meine Vaterstadt wiederzusehen," kam es leise, von Hüsteln unterbrochen, zurück. Willkowky zuckte resigniert die Schultern. Eine Antwort schwebte ihm auf den Lippen; aber er unterdrückte sie und fragte nochmals: „Willst Du nicht frühstücken?" „Ich habe keinen Appetit. Aber, bitte, Joseph, sorge Dich nicht nm mich. Der Kell ner hat Hummersalat aufgetragen, wie ich be merkte, — den ißt Du ja so gern." Er nickte, zögerte aber noch. „Ueberlaß doch der Jungfer das Auspacken der Sachen," bemerkte er mit einem Blick auf Elfriede, die vor einem geöffneten Koffer kniete. „Was hast Du da? Das kila Chifton- kleid?! Ja, wo beabsichtigst Du denn das zu tragen?" Gewaltsam versuchte sie das Zittern, das die Frag« ihr verursachte, zu meistern. „Im Theater. Wäre es Dir angenehm, wenn ich in die Vorstellung ging«, Joseph?" „Aber Kind — welch« Frag«?" er lächelte nervös. „Wenn Du meinst, es Dir zulvauen zu können." „Ich — ich möchte — g«rn — Es klopfte an der Tür. Der Kellner über brachte eine Visitenkarte: „Der Herr bittet vorgelassen zu werven." „Aber natürlich!" Erfreut eilte Willkowsky in den Salon. „Rulofs — altes Haus — sehen wir uns mal wieder? Das nenne ich eine Ueber- raschung! Wo kommst Du her?" Der also Empfangene war zwei Jahr« mit Willkowsky an derselben Bühne gewesen und mit diesem sehr befreundet. „Ich bin auf der Durchreise begriffen. Ich hörte, daß Du hier gastierst, war entzückt, Dich hier zu finden und da bin ich." „Famos. Du frühstückst jetzt mit mir und wir tauschen Erinnerungen aus." „Bon! Aber sag' mal, Willkowsky, ich l>ört« munkeln Deiner Frau soll es schlecht gehen. Ist das wahr!?" Der Künstler fuhr sich mit dem Foulard iiber die Stirne, darauf plötzlich Wolken lagerten. „Es ist wahr. Elfriede ist krank — un- lMbar krank. Schwindsucht." „Herr des Hinnnels! Das arme, arme, junge Weib! Und Du armes Hascherln! Ein Künstler und —" „Dämpf' D«ine Stimme — sei barmherzig." Währenddes verbarg Elfriede Willkowsky hastig ein Fläschchen, das sie zwischen den Kleidungsstücken im Koffer verborgen gehabt, in ihrer Tasche. Auf dem Fläschchen befand sich ein Toten kopf. Einzelne Worte drangen zu ihr hm, — sie regten sie nicht mehr aus. Sie bildeten ja nur eine Wiederholung dessen, was sie längst ge wußt, — daß sie jung sterben würde. Die Zeit war längst vorüber, wo dieser Gedanke sie mit irrer Qual und Heitzer Furcht erfüllt hatte. Vorüber die Stunden, wo sie mit verzehrender Lebenssehnsucht gerungen, — sie waren geschwunden mit dem Schwinden der Kräfte. Wenn auch die Sinne noch ängst lich widerstrebten — der Gedanke an den Tod schreckte Elfriede nicht mehr. Das Märtyrium der Krankleit hatte seine Schrecken genommen. Aber eins schreckte sie — das Martyrium, das ihr Leiden ihrem Manne auferlegte. Was er ibr gegeben an Stunden des Glückes, da mals, in der ersten wonnigen Zeit ihrer Ehe, — das sollte und durfte ihm nicht vergolten werden durch die Gemeinschaft mit einer tot kranken Frau. Immer mehr redete sie sich in den Gedan ken hinein, immer leidenschaftlicher ward in ihr der Wunsch, Willkowsky von sich zu befreien, ihn nicht vielleicht noch Jahre des Siechtums miterdulden zu lassen. Wie sehr er darunter litt, wußte sie ja. Und war e-denn Sünde, um eines geliebten Menschen willen ihr dem Tode verfallen«« Leben früher zu endigen, als di« höher« Hand «S bestimmt? Sie hatte ihren Mann seine eigenen Wege gehen lassen müssen, denn sehr bald war ihr Leiden zum Ausbruch gekommen. In dem zurückgezogenen Leben, das sie zu führen be zwungen war, war d«r Hang zur Träumerei ihr geblieben, und diese hatte schließlich zu jener krankhaften Idee geführt, für deren Er füllung ihr der Zeitpunkt gekommen schien. — Hier, wo sie einst so glücklich war, wollte sie ihren Mann noch einmal auf der Bühne spielen sehen, noch einmal von ihm das Zarenlied, das sie so sehr liebte, singen hören. Und dann — Er würde denken, der Besuch der BorsteL- iung habe sie überanstrengt und ihren Tod herbeigeführt . . . * * * Wie einst durchbrauste spontaner Beifall das dichtgefüllte Opernhaus, flog nach Beendi gung des Zarenliedes ein Blumenregen zu Joseph Willkowskt)s Füßen nieder. Einige Augenpaare wandten sich Elfried« Willkowsky zu, die in einer Loge saß, — wenige nur erkannten si« wieder. Und doch war sie noch immer schön, trotz der erschrecken- den Magerkeit, die das lila ChiffoMsid jedoch geschickt verbarg. Ja, je mehr ihr Leiden vor geschritten, desto schöner war Elfried« Will kowsky geworden, — eine Schönheit, di« zu Tränen rührte. Auch den unglücklichen Säng«r hatte es ge packt, als er sie vorhin so geschmückt und so rührend schön gesehen. Im wehen Rausch der Gefühle, die ihn durchbebten, hatte er sie an sich gepreßt und geflüstert: „Mein« kleine Elfried« — mein liäes, liebes Weib . . ." Ein seliges Abschiedswort . . . Immer verklärter leuchteten Elfriedens Augen, die sich nicht von dem geliebten Mann auf der Bühn« lösten. Hinter ein«m Pfeiler halb verborgen, lauschte si«, — wie einst trank ihre Seele diesen Augenblick. — O selig, o selig, ein Kind noch zu sein. . verhallte der Gesang. Nur wie fernes Meeresrauschen hallte der Beifallssturm an Elfriedens Ohr. Ihre Hand war in die Tasche ihres Kleides geglitten,. — Ihre Finger bebten, und dies machte es wohl, daß sie das Fläschchen nicht finden konnte. Immer erregter und erregter tastet« si« in der Tasche herum. Und nun endeckte sie plötzlich eine Nahtspalte, — die klein« Flasch« mutzte durch diese heraus geglitten s«in, — die Flasch« fehlt«. Ein lähmender Schrecken durchfuhr Elfried«. Sie wollte sich erheben — vielleicht lag das Fläschchen am Boden. Ihre Augen irrten dorthin, aber das Gesuchte fand sie nicht. Dagegen versagten ihre Fütz« plötzlich. Ein« würdigste Weise, ja mit Anstand sogar: „Mem Herr, was steht zu Befehl?" Der Vater warf einen Seitenblick auf den Sohn. Fritz stand wie auf Kohlen; — mit Zit tern sah er auf seines Vaters Lippen. „Mein Herr, ich wünschte Ein- trittskarten zur heutigen Vorstellung," erwi derte der Assessor mit einem Blick auf Friedrich. Dem armen Fritz, der in der bangsten Erwartung, zugleich gebeugt durch Scham, dastand, war bei dieser plötzlichen, zarten Wendung seines Vaters ein schwerer Stein vom Herzen gefallen. Er ergriff verstohlen des Vaters Hand und drückte sie. Als sie zu Hause anZmgten und der schonungsvolle Vater auch nicht eine Silbe über die grausame Enttäuschung seines „gol dene Berge träumenden" Sohnes hatte fallen lassen, lief ihnen schon dar liebe Mienchen entgegen und schien glücklich, ihren Bruder wohlbehalten wieder im väterlichen Hause zu sehen. „Mienchen!" rief Fritz bewegt, „dein Bruder wird nicht Kunstreiter, er war ein Tor. Ich hatte vergessen, daß ich gestern abend an einem Orte war, wo man gegen Bezahlung erheitert, getäuscht, geblendet wird, und schloß, des äußern, eitlen Prunkes wegen, auf das Edle des Berufs; ich habe Fürchter liches mit angesehen. Heute die schwarze, düstere Schatten-, gestern die rosige Seite." — „Die wahre Kunst muß sich auch im Außenleben kundgeben," fügte der Assessor als Ergänzung von Friedrichs Worten bei, „auf solcher Stufe ist Kunst nur Profession!" Bruder und Schwester lagen einander in den Armen, und der gute Vater weidete sich an diesem rührenden Anblick. Bineta auf dem Meeresgründe, von Ernst Meyer. Auf der zu Pommern gehörigen Insel Wollin befand sich im Mittelalter die Stadt Vineta. Der Sage nach soll Bineta noch im 5. Jahrhundert die größte Stadt Nordeuropas und ein berühmter wendischer Handelsplatz gewesen sein. Im Jahre 1183 kam der Dä- nenkönig Knut VI. mit seinen Kriegsscharen nach Wollin, bemächtigte sich der Insel, und daS herrliche Vineta wurde vollständig zer stört. So lesen wir es in der Geschichte; doch die Sa^e berichtet, daß die Stadt durch eine große Sturmflut ihren Untergang gefunden habe, und das Verderben kam so schnell, daß auch nicht ein einziger Bewohner so viel Zeit gewann, sein Leben zu retten. ES war an einem Oktobertage des Jahres 1183. DaS Wetter war überaus schön, und in Vineta herrschte reges Leben. Fremde Schiffe, mit Waren beladen, landeten, und die Handels herren aus der Stadt eilten nach dem Hafen und machten gute Geschäfte. Gegen Abend stieg ein dunkles Gewölk auf, welches bald den ganzen Himmel überzog. Als nun die Mitternachtsstunde heranrückte und alle Leute im Schlafe lagen, da erhob sich plötzlich ein furchtbarer Orkan aus Nordost. Die schäu menden Wellen der Ostsee rollten mit gräß lichem Getöse heran, verschlangen die im Ha- fen vor Anker liegenden Schiffe, dranaen über das Ufer und überfluteten im Nu die volk reiche Stadt. Die größten Gebäude, Kirchen und Warenhäuser stürzten zusammen, und als der Morgen anbrach und der Sturm sich legte, trieben die Wellen ihr Spiel über der vom Meere verschlungenen Stadt. Bis auf den heutigen Tag ist die Sage von der unter- aegangenen Stadt Vineta bei den Bewohnern der Insel Wollin sehr verbreitet, und viele Fischer der Insel wollen bei ruhigem Wetter die im Meere versunkene Stadt gesehen haben. Ein Fischer erzählte: „Ich fuhr an einem schönen Sommertage hinaus auf das Meer, um meine Netze auszuwerfen. Kein Lüftchen regte sich, und die Meeresfläche glich einem Spiegel. Noch war ich nicht weit vom Ufer entfernt, als ich unter mir Laute vernahm, die fich wie Glockenklang anhörten. Ich schaute in das klare Wasser und sah den etwa acht Meter unter mir liegenden Meeresboden ganz deutlich. Zu meinem Erstaunen breitete sich unter mir eine Stadt aus mit Straßen und Plätzen, doch lagen die Häuser teilweise in Trümmern, und immer deutlicher drang das Glockengeläut und das Wagengerassel zu mir empor. Nun wurde mir klar, daß die vom Meere verschlungene Stadt Bineta unter mir lag. Ein Grausen erfaßte mich, und für diesmal den Fischfang aufgebend, lenkte ich mein Fahrzeug dem Lande zu." — AehnlicheS ist vielfach auch von anderen Fischern beob achtet worden, doch die Phantasie wird diesen Leuten wohl einen Streich gespielt haben, denn Untersuchungen durch Taucher haben keinen Anhalt für die Existenz einer vom Meere verschlungenen Stadt gegeben. Die Klugheit der Krähen. Die Krähen sind bekanntlich sehr gesellige, „kollegiale", aber auch kluge Tiere. Als Be leg hierfür teilt eine Naturbeobachterin folgen des mit: In dem sehr maikäferreichen Jahre 1907 lockte mich das Geschrei der Saatkrähen zu einer Buche, an der zahlreiche Maikäfer arg hausten. Ungefähr 10—14 Krähen waren an dieser Buche beschäftigt, von denen die Hälfte durch Herumhüpfen und -flattern in den Zweigen die Maikäfer herunterschüttelten, während die andere Hälfte unten am Boden saß und sich satt fraß. Nach einiger Zeit lösten die Krähen sich ab, so daß die „Schütt- ler" zum Fräße herunterkamen und die „Fres ser" zum Schütteln nach oben flogen. Ein Herr E. H. teilt folgende Beobachtung mit: Als ich vor mehreren Jahren mit einigen Herren von Sonderburg auf Alfen nach der Halbinsel Sundewitt fuhr, bemerkten wir auf einer Wiese etwas Rotes, das sich lebhaft hin und her bewegte, und das wir schließlich als einen Fuchs erkannten, der sich dort offenbar einen guten Biffen schmecken ließ. Um ihn herum standen aber in einer Entfernung von 10—15 Schritt 4 oder 5 Krähen, die zweifel- los ein ebenso lebhaftes Begehren nach dem köstlichen Braten trugen. Kaum wandte sich nun der Fuchs seinem Fraß« zu, so erhob sich eine der Krähen, flog mit kurzem Flügel- schlage auf Reinecke zu und hackte auf ihn los, während er im eifrigsten Fräße war. Wütend fuhr Reinecke herum und lief hinter der unverschämten Krähe her. Dieser Augen blick war aber für die anderen Krähen daß Signal zum Eingreifen. Während eine von ihnen dem Fuchs folgte, um ihre Gefährtin von dem Verfolger zu befreien, flogen die übrigen schleunigst auf das Aas zu, um nun mehr ihren Hunger zu befriedigen. Der An blick dieser Szene war so köstlich und Humor- voll, namentlich durch die halb neugierige, halb erwartungsvolle Haltung der Krähen, daß sie würdig gewesen wäre, durch den Zei- chenstist festgehalten zu werden. Wie das Drama endigte, konnten wir aus Mangel an Zeit nicht abwarten, aller Wahrscheinlichkeit nach wird Reinecke wohl schließlich gezwungen gewesen sein, den Krähen seine Beute zu überlasten. DaS Leid. Als Gottvater die Welt geschaffen hatte, sandte er seinen Boten hinab zu oen Men schenkindern. Auch Freud' und Leid, das ungleiche Schwesternpaar, stiegen zur Erde nieder. Die strahlende Freude wurde überall jauchzend, mit offenen Armen, empfangen. Das stille Leid fand nur trübe Mienen und wunde Herzen. Nichts hatte es vom Schöpfer er hallen, um das Weh zu mildern, das es be reiten mußte. Da kehrte es traurig in den goldenen Himmelssaal zurück und beugte bittend das Knie vor Gott, dem Herrn. Flehend schauten die ernsten Augen zu ihm auf, als dem bleichen Munde zitternde Worte entflohen. „O Vater," flüsterte die bebende Stimme, „dein Wille ist es, daß ich den Erdenkindern Gram und Kummer bringen muß. Nie sah ich ein Antlitz lächeln, daS ich geküßt, kalt und finster waren ost die Blick«, die mich trafen. O gib mir, Herr, eine Gabe, welche den bangen Schmerz lindert! Er läßt so manches warme Herz erstarren, dar unter meiner Hand an dem Sonnenglanz deiner Vaterliebe verzweifelt. Nicht Glück noch Freude, nicht die lichten Schwestern alle vermögen dann daS Eis zu schmelzen, welches sich kalt und grausam um das Herz geleget. O Herr!" Das Leid aber war des VaterS Lieblings tochter. Durch sie wollte er die Grdenkinder emporziehen zur reinen Höhe. Segnend legte er seine Hand auf den lockigen Scheitel der Bittenden, und in seiner unendlichen Güte schenkte er dem Leid die lindernde Träne. Sonderbare Fischränber aller Art gibt es im Meere. Die sonderbar sten sind aber jedenfalls die Mcerspinnen. Tine derselben, die fleischfressende Wolfsspinne, verzehrt Mäuse, junge Vögel und verschmäht selb't kleine Schlangen nicht, zieht aber Fisch kost bor. Die furchtbarste Gpinnenart ist die der Lollosendeis, die im LribeSnmfang 15 Zen timeter mißt und zwölf lange, behaarte Glie- der hat, womit sie ihre befloßte Beute ergreift. Di« Collosendeis greift sogar Fische an, die weit größer sind als sie selbst. Diese beißt si« in den Nacken, tütet sie vollend« durch Stiche und sättigt sich dann, indem sie die Körpersäst« ihrer Opfer auSsaugt.