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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.01.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191301281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19130128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19130128
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-01
- Tag 1913-01-28
-
Monat
1913-01
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.01.1913
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an Stelle des jetzigen indirekten Wahlverfahrens die Einführung deS direkten Wahlrechts bezweckt. Die Dauerfahrt öe- aeaen Aeppeli«- kreuzerS „8- 4", die von Baden-Oos bis zum Bodensee und von dort zurück nach Baden-Oos führte, verlief trotz der Kälte, die in den oberen Regionen herrschte, zu bester Zufriedenheit. Das Luftschiff hielt sich mehr als acht Stunden andauernd in einer Höhe von 2000 Metern auf. Ein weiteres Militär- Zeppelinluftschiff ist bereits in Friedrichshafen auf Kiel gelegt worden. Die Reckarkanalisierung dürste vorderhand nicht ausgeführt werden, da Württemberg auch die auf badisches uud hessisches Gebiet entfallenden Kosten übernehmen soll. Die württembergische Regierung erklärte soeben, daß sie infolgedessen trotz der Wichtigkeit des Projektes zurzeit nicht in der Lage sei, der Ausführung des Unternehmens näher zu treten. Frankreich. Der Nationalist Berry brachte in der Kammer einen Antrag ein, den 18. Februar, den Tag der Uebersiedelung Poincarees ins Elisee, zu einem nationalen Feiertage zu erheben und große Fest lichkeiten zu veranstalten. Der Gedanke findet in der Oeffentlichkeit lebhaften Widerhall. Er dürste mit oder ohne gesetzliche Sanktion von der Pariser Bevölkerung und dem Gemeinderate aufgegriffen werden. — Die Verlustliste der Franzosen in Marokko ist durch ein heftiges Ge fecht mit aufrührerischen Marokkanern bei Zavnia um 8 Tote und 41 Verwundete vermehrt worden. Belgien. In 8er belgischen Kammer lehnte der Ministerpräsident es ab, den sozialistischen An trag auf Verfassungsänderung in Erwägung zu ziehen, da die Regierung die Vorbereitung zum Generalstreik als Drohung auffasse, und weil das Ergebnis der letzten Wahlen eine Billigung des Programmes der Mehrheit dar stelle. Das Krauenwahlrecht in England. Am heutigen Montag fällt im Londoner Unter hause die Entscheidung über die Wahlresormvor- lage der Regierung. Diese Vorlage, die den Kreis der Wahlberechtigten erweitert, kommt den Wünschen der Frauenrechtlerinnen auf Gewährung des politischen Wahlrechts insofern entgegen, als sie aus der Bestimmung des alten Wahlgesetzes: Alle männliche Personen usw., das Wort „männ liche" streicht. Diese Streichung allein genügt den Freunden des Frauenwahlrechts nicht, und sie wollen einen Antrag zu dem Gesetz beschließen, der den Frauen ausdrücklich das Wahlrecht ge währt. Wird dieser Antrag angenommen, so fällt daS ganze Gesetz, da der Sprecher erklärte, er sähe die durch den Antrag verursachte Ab änderung des Gesetzes für so wesentlich an, daß er entsprechend der Verfassung die Zurückziehung der ursprünglichen und die Einbringung einer neuen Regierungsvorlage fordern müßte. Die Kosten des Ballanlrieges belaufen sich der Berechnung eines Londoner Blattes zufolge für die Türkei mit ihren 500 0W Mann Truppen auf 150 Millionen M. monatlich, für Bulgarien mit 300 000 Mann auf 90, für Serbien mit 200 OM Mann auf 60, für Griechen land mit 60000 Mann auf 18 und sür Monte negro mit 40 OM Mann auf 12 Millionen Mk. Dabei sind nur die Unterhaltungskosten der Truppen durch den Staat, der entgangene Arbeitsverdienst der Eingezogenen und die Unterstützung Hinterbliebener von Gefallenen, nicht aber auch die Kosten für die Flotten und die durch Stockung von Handel und Verkehr verursachten Verluste in Rechnung gestellt. Die russische Herrschaft über die Mongolei ist bereits auf das dortige Militärwesen ausge dehnt. Auf Befehl des Zaren wird das mongo lische Heer mit modernen Geschützen, Maschinen gewehren, Gewehren und Munition versehen. Die mongolische Regierung, deren Gesandtschaft in Petersburg freundlich empfangen wurde, hat sich bereits über die Organisation des Heeres mit dem russischen Kricgsministcr ins Einver nehmen gesetzt. Kaisers Geburtstag in Hohenstein-Ernstthal. Die diesjährigen Kastergeburtslrgsfeiern stehen Wohl zumeist in engem Zusammenhang mit den Erinnerungen an die großen Ereig nisse des Jahres der nationalen Befreiung von 1813. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts zeigte das deutsche Reich eine bedauernswerte Zer klüftung, die es dem großen Napoleon, der wie ein Sturmwind durch Europa raste lind er barmungslos alles morsche Geäst von der deutschen Eiche brach, leicht machte, es vollends niedcrzuwersen. Dahin mußte es kom men, da wir seit den Tagen der Reformation unsere kriegerische Kraft nur gegen uns selbst gerichtet hatten. Da kamen die großen Kämpfe um die Freiheit der Nation, die große Bölksr- schlacht bei Leipzig, wo in gewaltigem Rin gen das unterjochte Volk die Freiheit fand. Doch erst das große Jahr von 1870, das erste deutsche Jahr nach langen Jahrzehnten, das brachte uns jene so ersehnte Harmonie, jene wunderbare Einheit von militärischer Kraft und politischem Willen, von genialer Feldherrn- uud großer Staatskunst. Die Frucht dieses nationalen Bundes von Kviegcrn und Politikern, es war der Tag von Versailles, an ihm erlebte das stahlgep mzerte Erwachen des verzauberten Kaisers unter einer neuen Krone uud einem neuen Reich eine freudige Auferstehung. In den Straßen winken beflaggte Häuser uud in den Schulen sanden schon frühmor gens dem Charakter des Tages angepaßtc Feiern statt, die von Gesängen und Deklama tionen umrahmt waren. In der 2. B v- zirksschule begann der Festakms, dem Vertreter der Stadt und Kirche beiwohnten, um 9 Uhr; mit Allgemeingesang, dem ein Gebet des Herrn Lehrer Arnhold folgte, wurde die Feier eingeleitet. Nach einer ansprechenden Deklamation „Heil Kaiser Dir" nahm Herr Kantor Fischer das Wort zu einer sür die Gedankenwelt der Kinder berechneten Festan sprache, wobei er u. a. hervorhob: Unsere Großeltern wußten nichts von Kaiser-Geburts tagsfeiern in der Schule, sie kannten noch kein geeintes deutsches Reich, das vor 100 Jahren r ne Zielscheibe des Spottes anderer Böller war. Heute ist das anders; das deutsche Reich nimmt, wenn auch nicht gern gesehen von anderen Völkern, eine geachtete Stellung ein. Trotzdem herrscht auch heute noch viel Unzu friedenheit im Leben, es wird oft gesagt: früher war manches besser. Das ist nicht der Fall uud die Fabel „von der guten, alten Zeit", die sich mancher zurückwünscht, ist eben nur ein Märchen. Die jetzige Zeit lenkt den Blick um 100 Jahre zurück, als das alte Deutsche Reich Römischer Nation im Kamps mit dem Korsen stand. Heute umfaßt das Reich 9000 Quadratmeilen mit ca. 65 OM OM Einwohnern; das alte Reich, dem Teile von Oesterreich, Italien, Belgien, Luxemburg usw. angehörten, zählte bei 11000 Quadratmeilen Flächeninhalt etwa die Hälfte Einwohner. Teile von Pommern wurden von Schweden, von Posen von Polen, von Schleswig-Hol stein von Dänemark uud Elsaß-Lotlringen von Frankreich zurückgegeben. Heute haben wir 26 reindeutsche Staaten, während es vor 1M Jahren 3M Staaten und kleine Ländchen, 15M reichslm^ifche Güter, freie Städte und Dörfer gab, die alle in der Lage waren, Ab gaben sc. zu erheben. Für Handel uud Ver kehr ergaben sich hieraus sehr schwierige Auf stände, die Zollabgaben stiegen fast ins Un ermeßliche, Maße und Gewichte waren überall anders, während die Münzen infolge der fchechten Prägung schon in den Nachbarlän dern nichts galten. In Augsburq gab es z. B. siinferlei Ellen. Alle diese Nachteile wären zu beseitigen gewesen, wenu das Reich ein mächtiges Oberhaupt gehabt hätte, wie es heute der Fall ist. Wohl zeigte sich damals die glänzende äußere Seite mit ihrem Pomp und Prunk der alten deutschen Kaiser, doch war von innerer Geschlossenheit nichts zu sehen. Sein Einkommen betrug ganze 24 OM Mark, während schon 60 Jahre vor ihm Barbarossa ein solches von 30 Millionen Mark besaß. Redner gedach:e sodann der glorreichen Regie- rnngszeit Kaiser Wilhelms I. und der kurzen Regierung Kaiser Friedrichs, um hierauf di: Obliegenheiten Kaiser Wilhelms II. aufzu zählen uud des Bundesrats, Reichstags usw. zu gedenken. Zwei Aufgaben habe das Reich: Das Volk und Land zu schützen vor äußeren Eingriffen und die Sorge für kräftigen Rechts schutz der Bewohner. Redner zergliederte die Lösung dieser Aufgaben und zeigte, in welch leichtsinniger undeutschcr Art man früher diese wichtigen Fragen behandelte nnd wolches In teresse man ihnen heute entgegenbringt. Da mals konnte mau in der Schlacht bei Roß bach singen „Und wenn der Großr Friedrich kommt uud klopft nur aus die Hosen, dann läuft die ganze Rcichsarmce, Panduren und Franzosen". Heute haben wir eine starke Armee, eine wohlgerüstete Marine lind auf den Gebieten des Handels-, Straf- und Zivil rechts eine Einheit erzielt. Reichs-, Oberlan des-, Landes- und Amtsgerichte sorgen für eine wahre Rechtsprechung; zwar hatte man auch früher schon ein Reichsgericht, das 1772 in Wetzlar „nur" 60 OM unerledigte Prozesse vor liegen hatte, darunter einen 188jährigen. An dem Niedergang und Versal! des Reiches wirk- ten mancherlei Ursachen mit; das 1806 zu Grabe getragene Reich stand 1870 erneut und verjüngt wieder auf. In blutigen Kämpfen brachten unsere Vorfahren dies zuwege und un gestört in jahrzehntelangem Frieden kann das Volk die Früchte her im Schlosse zu Ver sailles geschmiedeten Einheit genießen. An uns ist es, das angefangene Werk sortzusetzen. alle zeit treu zu Kaiser und Reich zu stehen. Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es um es zu besitzen! Enkel mögm kraftvoll wal ten, schwer Errungenes zu erhalten! Weitere Deklamationen und ein Gesangs vortrag des Lehrerchores, umrahm.en neben Liedsrn des Schulchores die würdia verlaufene Feier, die in „Deutschland, Deutschland, über alles" ausklang. In den A l t st ä d t e r Schulen fand in der Turnhalle eine ähnliche Feier statt, bei der Herr Lehrer Fankhänel die Festrede hielt und in begeisternder Schilderung eines Geschichtsabschnittes jener Zeit über das Thema „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los" die Zuhörer fesselte. Auch hier wechselten Deklamationen und Gesänge harmonisch mit einander ab. 50-Iihrseier -eS Privat-Kranken- und Begräbnis- Unterftütznngs-BereinS I zuHohcnstein-Ernstthal. Im festlich geschmückten Saale des Neu städter Schützenhaufes fanden sich gestern abend zahlreiche Mitglieder des Vereins ein, um in Gemeinschaft vieler Gäste die Feier des 50- jährigen Bestcl-ens durch eine Festfeier würdig zu begehen. Der Festvorsitzende Herr Clemens Rein hold hieß die Teilnehmer namens des Fest ausschusses willkommen, bewillkommnete die Gäste und besonders den Festredner, Herrn Schuldirektor Patzig. Redner wünschte einen frohen Verlauf des Festes, das sich recht wür dig der 25-Jahrfeier anschkießen möge. Dis Hohenstein-Ernstthaler Stadtkapelle leitete so dann den Abend mit dem Rauwaldschen Jubi läumsmarsch ein, dem die Ouvertüre zu „Ber lin, wie es weint und lacht" von Conradi folgte. Herr Vereinsvorsteher G. Gränitz hielt sodann eine Ansprache, wobei er etwa folgen des ausführte: Am 29. Januar 1888 beging der Privat-Kranken- und Begräbnis-Unter stützungsverein I sein SÜberjubiläum und heute sino wir dabei, das goldene zu feiern. Da mals standen viele ältere Mitglieder an der Spitze des Vereins, die jetzt längst im kühlen Schoße der Erde ruhen. Es waren schönveo- laufene Stunden, dis wir damals begehen konnten und habe ich nur den einen Wunsch, baß auch die 50-Jahrfeier in gleich schöner Harmonie verlaufen möchte. Ich begrüße die in so reicher Zahl erschienenen Gäste und be sonders die Vertreter der Stadt, die in unse rer Mitte weilen. Zur hohen Freude gereicht es uns, daß sich unser allverehrter Herr Schul direktor Patzig hat bereitsinden lassen, die Fest rede zu halten. Mit dem Wunsche, daß die Stunden des Festes eine Erinnerung für Lebenszeit bilden möchten, schloß der Redner. Der Ansprache folgte das Silwedelsche Noc turno „Wellengeflüster". Nach einem gutgespielten Konzertwalzer „Im Mondenschein" ergriff der Festredner, Herr Schuldirektor Patzi g, das Wort zur Fest- reds, wobei er u. a. folgendes ausführte: Ein Fest gar eigener und seltener Art begehen wir heute: Der Privat-Kranken- und Begräbnis- Unterstützungs-Verein I feiert sein goldenes Jubiläum. 50 Jahre hat er in aller Sibille gewirkt, ja viele mögen von seinem Dasein nichts wissen oder ihn nur dem Namen nach gekannt haben. Wenn sonst bei Jubiläums festlichkeiten flatternde Fahnen, Girlanden und Festestrubel auch äußerlich auf die Feier Hin- Weilen, so merken wir bei unserm Jubolverein hiervon nichts; es würde auch zu unserm Fest und den Aufgaben, die sich der Verein gestellt hat, schlecht passen. Die Geburtstagsfeier ist darum nicht weniger freudig, denn innig und froh können wir sie begehen, da das Geburts- tagsk nd noch frisch und gesund ist, was er hoffen läßt, dzß es noch recht lange am Leben bleiben wird. Wir wollen nun unsern Blick zurückschweisen lassen in die Vergangenheit des Vereins, der trübe und heitere Zeiten durch- machte. Am 15. Februar 1863 nachmittags 3 Uhr versammelten sich auf besonders Ein ladung des provisorischen Vcrwaltungsaus- schusses hin folgende Herren im Gasthaus „Stadt Glauchau": Gottlob Friedrich, August Bohne, Gotthilf Langer, Wilhelm Wolf. Wil helm Lorenz, Karl Beier, Heinrich Scheibe, Hermann Planitzer, Gottlieb Illgen, Fried rich Glänze, Hermann Hoppe, Friedr. Herm. Bohne, Karl Mothes, Wilhelm Währenpfennig und Hermmn Andrä zu einer außerordcnt (ichen Sitzung zwecks Errichtung eines „Allge meinen Krankenunterstützungsvereins zu Ernst thal." Dis Herren Karl Ebersbach, August Bohne und Gottlob Friedrich wurden als 1. und 2. Vorsteher bezw. Kassierer gewählt, da zu kamen 12 Ausschußmitglieder. Ab 1. Januar 1863 wurden 5 Pfg. Steuern vro Woche erhoben und nahm man die Statuten des Krankenuntcrstützungsvereins Wüslcnbrand einstweilen als Grundlage für den Verein. Am 6. April 1863 folgte die Beratung der ersten Satzungen und zählt: der Verein Ende des Jahres bereits 99 Mitgl eder. Als Unter- stützung wurden im 1. Pereinsjahr 25 Nen groschen, im 2. 1 Taler pro Woche gezahlt. Gegen Steuerrestmten ging man sehr energisch vor, indem man sic verwarnte oder kurzer Hand strich. Zu Anfang des 3. Vereins,jahres betrug dar Kassenbestand 74 Taler, 5 Neu groschen und 1 Pfg. und wählte man einen Pere.nskalsierer mit 8 Taler Jahresgehalt. Das Eintrittsgeld wurde von 2 aus 2j^ Groschen und 1865 auf 30, 1866 auf 50 Pfg. und 1869 auf 1 MaN erhöht. 1873 wurde eine Allersklassenabstusung eingeführt. Das Ein trittsgeld betrug vom 20. bis 30. Lebensjahre 1 Mark, vom 30. bis 40. 2 Mark und vom 40. bis 50. 3 Mark; Personen, die über 50 Jahre zählten, wurden nicht ausgenommen, später kam auch die Altersklasse von 40—50 Jabre wieder in Wegfall. Dem Kassierer wurde infolge Mehrarbeit 1865 1 Taler zuge legt. Da der Besuch der Vorstandssitzungen nachließ, führte man die heute noch üblichen Disziplinarstrafen ein. Am 25. September 1865 betrug die Mitgliederzahl bereits 267; dem Kassierer wurde in Zukunft eine Ent schädigung von 10 Neugroschen pro Woche ge zahlt. Der Vorsteher erhielt von jedem Neu eintretenden 1 Groschen des Eintrittsgeldes. Vom Jahre 1866 an ist die Aktenführung lei der sine mangelhafte, erst 1887 setzte eine regelmäßige Aufzeichnung der Vereinserlebnisse wieder ein. In der Generalversammlung vom 23. 1. 1887 wurden zwei wichtige Beschlüsse gefaßt: Die Unterstützung hört sofort auf, wenn Unterstützte bei der Arbeit betroffen wer den; scheidet der Mann außer beim Tode aus der Kasse aus, so ist die Frau nicht mehr be^ rechtigt, Mitglied zu sein. Der Verein zählt 692 Mitglieder und führt seitdem den heuti gen Namen, da er inzwischen auch Beqräbms- geld gewährt. Jedes Mitglied zahlte bei einem Sterbefalle 5 Pfg. Am 16. Oktober 1887 be schließt man, das 25. Stiftungsfest mU Kon zert und Ball festlich zu begehen und bewil ligt dazu 200 Mark aus der Kasse. Am 20. 11. 1887 wurden dem Vorsteher 36, dem Kassenverwalter 30, dem Schriftführer 12, den Kontrolleuren je 6 und den Krankenbesuchern j« 3 Mark jährlich bewilligt; der Einnehmer orlZelt 10 Prozent der Steuern und 60 Mark jährliche Vergütung. Freiwillige Gaben er möglichten den Besitz von 4 Mavschallstäben mit Sch eisen und 4 Schärpen; später wur- den 4 Ornate angeschafft. Am 29. Januar 1888 fand im festlich dekorierten Sache der Schießhaus-Restauration das 25jährige Jubi läum statt und wird dis Feier als wohlge lungen bezeichnet. In den ersten 25 Jahren wurden 21 3M,50 Mk. an Krankenunterstützung und 1691,75 Mark Begräbnisgelder ausgezahlt, während insgesamt in 3080 Fällen der Ver^ ein helfend und lindernd eingreffen konnte. Ab 1. 1. 1888 wurde die Wochensteuer von 5 auf 6 Pfg. erhöht und vom Jahre 1891 ab zollte der Verein statt 25 30 Mark Begräbnis geld. Die im Jahre 1883 getroffene Bestim mung, wonach der Verein nicht mehr wie 7M Mitglieder zählen durfte, wurde wieder auf- gehoben; inzwischen hatte sich hierdurch der Privat-Kranken- und Begräbnis-Verein II ge bildet. Die folgenden Jahre waren Jahre ruhiger Weiterentwicklung. In zwei Haupt versammlungen vom 28. 1. und 14. 3. 1900 wurde zwischen der Weberinnung und dem Verein ein Kontratt geschlossen, wonach der ''erein bsi Beerdigungen durch d e Innung ein Drittel Ermäßigung der Gebühren erhielt. l?tn der Hauptversammlung vom 1. 2. 1902 er ließ man, gezwungen durch die Verhältnisse, verschiedene einschränkende Bestimmungen. Hiernach konnten Mitglieder nur solche Per sonen, die im Weichbilde der Sta)t bezw. solche, die in den südlich derselben auf Ober lungwitzer Anteil liegenden Häusern wohnten, werden. Die Wartezeit für Krankenunterstützung wurde von 26 Wochen auf ein Jahr ver längert. Im Jahre 1M3 wurde beschlossen, daß jedes kranke Mitglied beim Anmelden ein ärztliches (1906 erweitert auf ein solches eines Nalurheilkundigen) Zeugnis über die Art der Krankheit und Aroeitsunfähigkeil vorzulegen hat. Im Jahre 1905 wurde über die Mlich- ten des Gesamtvorstandes u. a. folgendes be schlossen: Jedes Vorstandsmitglied hat in den Sitzungen frei und offen seine Meinung aus- zufprechen und stets nur zum Besten des Ver eins zu l-andeln. Varschw-iegenheit gilt als vor nehmste Pflicht. Bei Verletzung dieser beiden Vorschriften kann aus Rüge oder Ausschluß aus dein Verein erkannt werden; letztere Strafe kann auch bei dreimaligem unentschuldigten Fehlen in Anwendung kommen. Die Wochen steuer wurde 1906 voll 6 auf 8 Pfg. orhöht und nach auswärts Verziehenden der Wieden »intritr in die alten Rechte erleichtert. Letz tere erhalten jedoch nur Begräbnisgeld, Kran kenunterstützung aber nicht. Nach diesen chro nologischen Aufzählungen fuhr der Herr Red ner fort: Sie haben aus den kurzen Mittel- lungen der Vereinsgeschichte ersehen, wie un eigennützige Männer, erfüllt von christlicher Nächsten: iebe, das Schis,lein des Vereins durch alle Fährnisse hindurchgeführt haben, so daß es heute noch auf ruhiger See stolz dahin- sährt. Die Vorsteher haben bis heute 8 mal, die Schriftführer 7 mal und die Kafsenver- walter 5 mal gewechselt. Die Jahre 1879, 1892, 1902, 1903 und 1909 erforderten den ev heblichsten Aufwand für Krankenunterstützung und Sterbegeld. Hinzugetreten sind zu dem Verein während der 50 Jahrs 1481 Mitglie der, durch den Tod wurden 474 abgeruscu. Die Mitglicderzahl beträgt zurzeit 379; an Krantenuntcrstützung wurden insgesamt ge leistet: 55 266,75 Mark, an Begräbnisgeldern 11 541,75 Mark, so daß durchschnittlich im Jahre 1336,17 Mark an Unterstützung! gewährt wurden. Rund 150 Mark kann das Mitglied an Unterstützung beziehen. Diese Summe mag gering erscheinen, gegenüber den Leistungen anderer Vereine; aber jedenfalls ist die Unter stützung überall als Wohltat empstmden worden. Wenn wir das Ergebnis überschauen, so finden wir vor allem das Wort bestätig:: „Aus Kleinem wird Großes und alles Große be steht aus Kleinem." Wer den Pfennig nicht ehrt oder spart, der kommt zum Taler nimmer mehr. Auf einen Not- und Ehwnpfennig soll jedermann halten. Niemand weiß, wie sich seine Gesundheitsverhältnisse gestalten können und ob er in der Lage ist, seinen Lebens unterhalt bis ans Ende verdienen zu können und „Armut im Alter wehe tut". Der Ver ein ist gleichsam eine Lebensversicherung im kleinen; vor 50 Jahren war seine Gründung geradezu eine Notwendigkeit, ein Akr der Selbst hilfe. Heute liegen die Verhältnisse wesentlich anders. Die soziale Gesetzgebung hat dafür gesorgt, daß die Not gelindert wird. Kein Land der Erde kann sich ähnlicher sozialer Fürsorge w e unser Deutschland rühmen, das jährlich rund 1 Milliarde opfert, täglich mehr als 2 Millionen Mark als Entschädigungen zur Auszahlung bringen läßt. Die staatliche Fürsorge besteht im gesetzlichen Zwang zur Versicherung in der 1883 in Kraft getretenen Krankenkassenverficherung, dem 1884 das Un fall- und 1889 das Alters- und Jnvaliditäts- versicherungsgesetz folgten. Die Grundzügp zu diesen auf sozialem Gebiet bis dahin völlig unbekannten Maßnahmen waren brreits in der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 gegeben worden. Im Laufe der Jahre haben diese Gesetze mancherlei Abänderungen und Er weiterungen erfahren, die sich den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen anpassen. Den Schlußstein bildet gewissermaßen die Hinter- bliobenenversicherung. All dies mag dazu bei getragen haben, daß die Beitrittserklärungen zum Jubelverein immer geringer werden. Da man aber sür die Tage der Krankheit me ge nug tun kann, wäre es wünschenswert, daß möglichst viele das kleine Opfer bringen und
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