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VMW!i« Wdrißni-Erißlhiln Aimizn Donnerstag, den 30 Januar 1313 Nr Ä4 >ruar, Nacht aus dein Stall verschwur« in der Tiir ihr, und inr stille Stube noch gestern sah Jngvelde aus. Ich dachte es gleich. Ich hatte wiederholt die Empfindung!, als zu schlichen. wünsche, daß Sie nur erst berichten/ tonlos, mit einem förmlichen Schau ben Brief blickend, denn plötzlich kam gräßliche Gedanke: Vielleicht ist sie 40. Jahrgang tvr, »im tr. 9. Res. Gret, heute den ist." Erschreckt „Diebe! heute Nacht schmückt. Raßmussen blieb zurückhaltend stehen. Welch einen Zauber atmete die mit den we.ßlackierten Möbeln, die vielleicht die heiße Tränenflut der jungen Augen gesehen, die nun kner nicht mehr lachen, nicht mehr weinen würden. in dem frischen, gebräunten Gesicht alle Zei hen des Schreckens. Welke Rosenblätter rings umher. Auf dem kleinen Schreibtisch, mitten auf der lichrgrünen Tuchplatte, ein Brief. „An meine Schwester," stand darauf. „Lesen Sie," drängte der Inspektor, aus den Brief zeigend. Jngvelde winkte il m, näher zu treten und Als sie ihm in die Augen sah, da wußte sie plötzlich, daß etwas Furchtbares sie ge troffen. Mühselig erreichte sie die Tür zum Wohn zimmer, die Harald schnell öffnete. Verstört und flüsternd standen die Leute und blickten scheu ihrer Herrin nach. „Wie soll ich es bloß sagen," begann Raß- mnssen, beklommen in die Stube tretend und mit einem gequälten Blick auf das Mädchen, das so ernst und ruhig vor ihm stand. „Sprechen Sic ohne Scheu, aber schnell und ohne Umschweife. Was geht hier vor?" „Ich habe Ihnen zu melden, Fräulein Skaare, daß unsere Fuchsstute, die braune Md rief in den Gang: „Ich komme sofort. Laus, Mädchen, age dem Herrn Inspektor, daß ich ihn Wohnzimmer erwarte." Da aber stand Raßmussen schon vor ob jemand ums Haus schleiche." Sie brach jäh ab, denn es fiel ihr ein, daß sie es ja gewesen, die heute nach: den In spektor hart angesahren, als er wachend ums Haus ging. Ob er auch daran dachte? Keine Miene in seinem ernsten, undurch dringlichen Gesicht verriet, ob es ihm zum Be wußtsein kam. Wie peinlich, daß er wieder mal recht ge habt. „Auch ein Karriol ist verschwunden," sprach der Inspektor weiter mit schwerer Betonung. „Ein Karriol? Ja, aber bester Herr In spektor, das ist gewiß höchst unangenehm und bedauerlich; aber es ist doch wirklich kein Grund zu tun, als läge der ganze Ramfahof in Trümmern. Ich hätte von Ihnen mehr Geistesgegenwart erwartet. Gescheiter wäre es wohl gewesen, Sie hätten eine Verfolgung: der Diebe veranlaßt, anstatt hier mit mir d e kost bare Zeit zu vertrödeln." Sie sagte es in ihrer gewohnten, herrischen Art; sie wußte aber nicht, daß dennoch etwas Hilfloses, Weiches in ihrer gangen Erschei Aus dämmernden Nächten Original-Roman von Anny Wothe. 6»p^rixkt 191 - vsiprijs. NS Joris. (Nachdruck verboten.' Ein dumpfes Schlagen gegen die Tür schreckte Jngvelde Skaare aus wirrem Traum. „Was gibt es denn?" fragte sie, empört über den Lärm. „Fräulein, Fräulein, macht auß" ries drau ßen die ängstliche Stimme einer Magd. „Der -Herr Inspektor will sprechen." Jngvelde stand sofort mit beiden Füßen ans dem Baden. Flüchtig warf sie ein weites, weiches Mor- gcngewand über, flüchtig wand sic die wunder volle Haarpracht im Nacken zu einem losen Kuchen zusammen. Ihre Hände zitterten. Sie sagte sich, daß der Inspektor sic nicht ohne Ursache zu so früher Stunde wecken lassen würde, wenn sich nicht Außerordentliches ereignet hätte. Einen Augenblick dachte Jngvelde an Magna, und das Herz blieb ihr fast stehen vor Angst und Oual, aber dann lächelte sie schon wie der über sich selbst. Nein, sie sah überall Gespenster. Vielleicht war ein Dieb ins Haus oe- chlichcn, oder eine Seuche war über das Vieh gekommen. Vielleicht brannte es auch. Feuer, oas würde es sein. Blitzschnell wirbelten so ihre Gedanken durcheinander. Aus dem Gange draußen war nn Lausen und Hasten. „Fräulein, Fräulein, sputet Euch," mahnte -das Mädchen noch einmal. „Der Herr Jnfpek- or sagt, es wäre eilig." Im Augenblick riß Jngvelde die Tür aus nung zum Ausdruck kam und ihr das lose, weiße Morgengewand etwas jugendlich Lieb liches verlieh. Raßmussen kam es plötzlich überwältigend znm Bewußtsein, wie schön die Hirte Jngvelde Skaare mit dem strengen, ernsten Gesicht sein konnte; und er sühtte, wie ihm das Mut un gestüm zum Herzen drang. „Ob eine Verfolgung stattfinden soll, Fräu lein Skaare," sagte er dann ernst, „das zu ent scheiden, wolllte ich Ihnen eben überlassen. Es gel t oft ein Haus in Trümmer, wenn auch seine Mauern äußerlich noch fest stehen." Mit irren Augen sah ihn Jngvelde an. „Magna!" schrie sie dann Plötzlich aus, „Magna!" Was ist mit ihr? Aber so reden Sie doch," rief sie heftig, den Inspektor bei den Schultern packend und ihn heftig schüt telnd. „Sehen Sie denn nicht, daß Sie mich foltern?" Harald Raßmussens Gesicht war einen Schein blasser, als er sagte: „Fräulein Magna hat diese Nacht heimlich das Haus verlassen." „Das ist nicht wahr," schrie Jngvelde auf. „Sie lügen, Sie müssen lügen; das würde Magna niemals tun." Und wie gehetzt floh Jngvelde den Gang entlang, hin nach dem Zimmer der Schwester. Zögernd nur folgte der Inspektor. Sie schrie laut auf, als sie den leeren Raum, das unberührte Bett und die unordent lich umherliegenden Kleidungsstücke entdeckte. Da vor dem blinkenden Spiegel lag noch die Perlenkappe mit den jetzt welken Rosen, die so betäubend süß dufteten, die Rosen, die noch gestern die Locken der Schwester ge dic Tür »Ich sagte sic der aus ihr der freiwillig aus dem Leben geschieden, und Du trägst die Schuld! Doch nein! Leben wollte ja die Schwester, leben und lieben! Fast hätte Jngvelde bitter aufgelacht. Erschöpft sank sie in einen Sessel. Ueber der Lehne hing das zarte, durchsichtige Ge wand, das gestern nochMrgna geschmückt, und ein seiner, süßer Dust ging von diesem Kleide aus. „Erzählen Sie," befahl dann Jngvelde; und Ihre Augen sahen starr an Raßmussen vorüber. „Als >ch heute morgen die Ställe revidierte," begann der Inspektor zögernd, „entdeckte ich, „daß die braune Gret fehlte und auch ein Kar riol. Natürlich nahm ich schort die Leu.e ms Gebet. Niemand wollte etwas wissen, keiner wollte auch nur das kleinste Geräusch die Nacht gehört hoben, was ja Wohl möglich ist, da die Stä le abseits vom Haute liegen. End lich erwischte ich aber den Gaardskerl, den Peer, der mir nicht geheuer schien; und schließ lich berichtete er, daß Wagen und Pterd gar nicht gestohlen seien, sondern daß Fräulein Magna selbst damit heute nacht zur Station ge fahren sei. Rinken hat e ibm 20 Kronen ge bracht, damit er die Gret rechtzeitig einspanne, und da hätte er es getan, weil er das junge Fräulein gern habe und sie so tchön bitten könne. Und wenn er an ihrer Stelle wäre, dann bräche er auch aus dem Ramsahof. Die Herrin könne ihn ja strafen oder das Haus vor ihm zuschlietzen. (Fortsetzung folgt.)