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KUM M Hoheiißkin Eril-thaikr Anirign Nr x Freitag, den LV Januar ISIS. 4V. Jahrgang Bezüglich der in der Beilage der Nr. 194 des „Hohenstein-Ernstthalcr Anzeigers" vom 23. August 1910 enthaltenen Beschuldigungen gegen den Schriftsteller Herrn Nudolf Lebius in Berlin erkläre ich hiermit, daß ich einen Anhalt für die Wahrheit derselben nicht habe. Hohenstein-Ernstthal, 9.1.1913. EinilHvrn. Die Tragödie im ewigen Eise, in dessen Mittelpunkt die Mitglieder der Vor- expcdition der deutschen Spitzbergen-Expedition stehen, hat in vielen Kreisen lebhafte Teilnahme heroorgerufcn. Die funkentelegraphischen Berichte des Kapitäns Ritschel, der mit teilweise erfrorenen Gliedmaßen die Advent-Bay erreichte, sind ge radezu herzerschütternd. Das Schiff der Vor expedition, der „Herzog Ernst", ist in der Treuen- burg-Bay eingefroren. Große Befürchtungen hegt man über den Verbleib der Schlitten-Expedition, welcher der Leutnant Schröder-Strantz, Kapitän leutnant Sandleben, der Geologe Dr. Mayr und der Präparator Schmidt angehörcn. Seil dem 15. August hat man von ihr nichts mehr gehört. Dazu kommt, daß cs völlig unmöglich ist, augen blicklich den Mannschaften der Deutschen Arktischen Expedition von der Kulturwelt aus Hilfe zu brin ¬ gen, da im weiten Umkreise um Spitzbergen das Meer gefroren und mit Packeis verstopft ist. Leutnant Schröder-Strantz, der u. a. weite For schungsreisen in Afrika und Amerika gemacht hat, hat übrigens bereits im Winter 19 lO die Halbinsel Kola im Weißen Meer allein durchquert. Als verschollen gelten der Botaniker Dr. Mocscr und der Zoologe Dr. Detmers; während dec Ozeauograph Dr. Rüdiger eines erfrorenen Fußes halber in einer Schutzhütte an der Wijde- Bucht zurückgelasseu werden mußte. Zu seiner Pflege blieb dort auch der Marinemaler Rave zurück, der selber sehr erschöpst war. Auf seinem in der Luftlinie mehr als 210 Kilometer weiten Weg von der Treuenburg-Bay nach der Advent- Bay war Kapitän Ritschel zunächst von einem Flugtechuiker, einem Eislotsen und einem Ma trosen begleitet, die aber alsbald wegen zu gro ßer Gefährlichkeit des Weges zum Schiffe zurück- kehrteu. Um den ihn fortwährend bedrohenden Abstürze!,, Gletscherspalten usw. zu entgehen, hat Kapitän Ritschel einen gewaltigen Umweg machen müssen; und es kann als ein Wunder gelten, daß es der zähen Ausdauer des Maunes ge lungen ist, in der Dunkelheit der Polarnacht, die nur von Nordlichtern erhellt ist, sein Ziel zu erreichen. Leutnant Filchner entdeckt am Südpol neues Land! schloß wie erschauernd die noch einmal zu, dann ließ den Lippen zeigten ein sie hat glänzend bewiesen, was sie ist. Sie gibt uns preis, sie verrät in ihrem geschminkten Ge- ihren von zorniger Tücke uns Ich flüsterte weiße. die von be- dann. häßliches Ein Lauern lag sicht, ein Lauern in leuchtenden Augen. Der blasse Mann den bleichen nerpöser Er- nicht verraten; sie weiß nichts von uns. bitte Dich, Charlotta, übereile nichts." die Zähne fest aufeinander. er auf die dicke Frau in dem Die vollen Lächeln. Roman biß Unsicher sah Juwelen blitzende Hand legte sich wie schwörend auf Romans Arm. „Und uns wert uns." .Ethel Ein warnender Blick der Mutter Sohn verstummen. „Du bist entschlossen?" fragte sie lagen seine langen Wimpern auf Wangen. Die Lippen zuckten in regung. „Jetzt gilt es zu handeln," Baronin geheimn.svoll, und die Gleichzeitig wurde bekannt, daß der Kapitän des Expeditionsschiffes, Kapitänlcntnant d. R. Richard Vahsel, während dec Reise einem Herzleiden er legen ist. Vahsel gehörte zu deu erprobtesten Polarpiouieren und hatte bereits zwei frühere Polarcxpeditionen als Kapitän geleitet. Oberleutnant Dr. Filchner wird, nachdem er sich in Buenos Aires verproviantiert, von neuem die Polargcgenden aufsuchen. Wir bringen aus diesem Anlaß das Porträt des ExpeditionsleitcrS Dr. Filchner und eine Teilansicht seines Expcdi- Gleichzeitig mit der Hiobspost von dec deut schen Spitzbergen-Expedition kommt, wie schon gestern gemeldet, aus Buenos Aires ein Tele gramm, wonach dort das Expeditionsschiff „Deutschland" der Expedition Filchner eingctroffeu ist und gemeldet hat, das Filchner im 67. Breiten grad ein neues Land entdeckt hat, das cr „Lnit- pold-Land" nannte. Im Westen wird das neue Land von einem gewaltigen Gletscher begrenz:, den noch keines Forschers Auge sah. Den Glel- scher nannte Filchner „Kaiser Wilhelmsland". sprach im Fieber. Sie kann an. Wir sind am Ende, Roman. „Ich mag nicht," gab der Baron zurück, unsanft den Arm seiner Mutter abschüttelnd, „so nicht, wie Du es meinst, so nicht." „Sentimentaler Schwärmer," lächelte sie veu ächtlich. „Du weißt, mein lieber Junge, daß Du nichts mehr verlieren kannst. Mach's also kurz, denn unsere Stunden sind hier gezählt." „lind Ethel?" fragte er in finsterem Groll zurück. „Pah," machte die Baronin verich lich, „die wäre die letzte, um die ich mich sorgte. Was geht sie uns an?" „Ich will nicht, daß Du sie verläßt. Es ist Deine Pflicht, für das unglückliche Mäd chen zu sorgen. Sie hat nur uns." Nacht, mein Junge, ich mich doch nun kümmere." Se nickte ihm rauschenden Seidenkleid. „Gib den Plan auf, Charlotta; er gelingt nicht, ich bitte Dich." „Liebst Du sie etwa?" höhnte die Baronin, und ein Drohen blitzte in ihren Augen auf. „Hüte Dich, Roman; meine Geduld könnte eines Tages ganz urplötzlich zu Ende sein. Es wird wohl Zeit, daß um unsere Kranke be- Es ist genug, daß ich es will. Wirst Du ge- horrbcn?" Die schlame Gestalt des Barons sank wie gebrochen zusammen. „Ich will es versuchen," stöhnte er auf. „Laß mir Zeit, ich fiele Dich an." „Zeil mein Lieber, haben wir nicht mehr; aber ich wußte ja, daß Du zur Vernunft kom men würdest," lächelte sie zärtlich, mit ihrer weichen Hand sein Kinn hebend und ihm auf- munternd in die Augen 'ehend. „Du bist ja noch immer zur Einsicht gekommen. Gute rauschic sic leise lachend zur Tür hinaus. Roman stand einen Augenblick wie betäubt. Beide Hände drückte er gegen die pochenden Schläfen. Wie suchend irrten seine dunklen Augen durch den Saal. Die Kerzen waren tief herabgebrannt. Ein schwüles Düften ging von den dunkelroten Rosen aus, die auf der Tafel welkten, Rosen, die vorhin Magna in ihren weißen Händen gehalten und d e sie lächelnd an ihre Lippen gedrückt. Und Roman stürzte ans die sterbenden Rosen zu und preßte seinen Mund heiß in die schwer duftenden Kelche. Ein Stöhnen kam von seinen Lippen, ein schweres, bitteres Aufschluchzen. Dann aber warf er die Rosen zu Baden, und seine Füße zerstampften zornig die zarten Blüten, die weithin zerslatterten. Auf Romans Lippen lag ein kaltes Lächeln; und in seinen dunklen Augen glühte es seltsam. Lautlos verließ er den Saal. Tief aufatmend trat er wenige Minuten später hinaus ins Freie, hinein in die däm mernde Nacht. Mister Illings batte Raßmufsen beauftragt, noch einmal den Arzt zu beordern, dann war er ins Krankenzimmer zuriickgekehrt; und Jng>- velde stand nun wieder mit dem fremden Mann, der so plötzlich in ihr Haus gekom men, allein an Ethels Bett. (Fortsetzung folgt.) Augen. Wie breite, dunkle Sammetstreifen Deutscher Reichstag. 85. Sitzung vom 8. Januar. 2 Uhr 15 Min. Präsident Kämpf wünscht den Abgeordneten ein gesegnetes neues Jahr und einen ersprießlichen Fortgang ihrer Arbeiten, teilt mit, daß vom Prinzregenten und den beiden bayerischen Kammern Dank telegramme für die Beileidskundgebung des Haufes anläßlich des Todes des Prinzregen, ten Luitpold eingegangen sind, und widmet dem verstorbenen Staatssekretär von Kiderlen- Wächter, der unter schwierigen Verhältnissen das Auswärtige Amt leitete und dem Vater lande große Dienste leistete, einen herzlichen Nachruf. Es folgt der erste Gegenstand der Tages ordnung, die sozialdemokratische Interpellation wegen des Eisenbahnwagenmangels: Was ge denkt der Reichskanzler als verantwortlicher Leiter des Reichseisenbahnamtes zu tun, um gemäß Artikel 43 der Reichsverfassung dafür Sorge zu tragen, daß die preußischen Staats eisenbahnen so mit Betriebsmaterial ausge rüstet werden, wie das Verkehrsbedürfnis es erheischt? Abg. König (Soz.) begründet die Inter pellation. Es fehlen noch immer 5000 Wagen, obwohl der preußische Minister schon längst die Abstellung dieses Uebelstandes zufagte. Die Industrie wird durch den Wagenmangel und die dadurch veranlaßte Verminderung der Koh lenzufuhr schwer geschädigt. Der preußische Eisenbahnminister scheint über den Umfang der Kalamität getäuscht worden zu sein. Die Aus fälle der Arbeiterlöhne gehen in die Hundert- tausende. Die Bergarbeiter hungern. Die Zechenbesitzer machen aus dem Wageumangel ein Geschäft und erhöhen die Preise. Auch die Eisenbahnbediensteten werden durch den Wagen mangel schwer belastet. Die Hauptschuld an dem Unheil trägt die Profitwut des preußi schen Eisenbahnfiskus. Mitschuldig sind die Mehrheitsparteien des preußischen Abgeordneten hauses. Präsident des Reichseisenbahnamts W a ck e v- z a p p: Die Wagennot im Ruhrgebiet ist eine preußische Angelegenheit, über die sich der Minister schon im Landtage äußerte. Man sagt, die Vermehrung des Eisenbahnmaterials halte in Preußen nicht gleichen Schritt mit der Zunahme des Verkehrs, und auch das Per sonal sei dem Verkehr nicht gewachsen. Wir können einer Verkehrszunahme nicht sofort und stets eine Vermehrung des Personals folgen lassen. Durch die Vervollkommnung der Be triebseinrichtungen entlasten wir das Personal. Aus anormalen Erscheinungen, wie sie im Ruhrgebiet eintraten, kann die Besetzung des Personals nicht aufgebaut werden. Der Wagen mangel ist überhaucht nicht die Ursache der Schwierigkeiten. Diese besteht vielmehr in der Aus dämmernden Nächten. Original-Roman von Anny Wothe. vopMzcht 1910 bx tVotke, tUprizx. rö. Forts. (Nachdruck verboten.) „Nun können sie mir nichts mehr tun," flüsterte sie geheimnisvoll. „Nun fürchten sie sich selber. Sehen Sie nur der falschen Frau ins Gesicht. Böses hat sie im Schilde, be trügen will sie Euch, die Ihr sie gastfreund lich ausgenommen, sie und ihr Sohn. Mir können sie nichts mehr anhaben," fuhr sie fort, „denn ich will keine Gemeinschaft mehr mit ihnen. Ich will gut sein; ich will nichts Schlechtes tun." „Nun ist es aber genug," begütigte Jng- velde. „Jetzt wollen wir schlafen." „Schlafen?" fragte die Kranke, sich das lange, wirre Haar aus dem Gesicht, mit den Fieberrosen streichend. „Nein, ich will nicht schlafen. Rühr' mich nicht an," schrie sie dann plötzlich auf, sich schaudernd, wie von irgend einer Erscheinung wendend. „Ihr habt keinen Teil mehr an mir. In den Tod habt Ihr mich gehetzt," schluchzte sie auf. „Denn Ihr seid beide schlecht, Du und die Frau, die Du Mutter nennst. Ihr betrügt Euch und andere, und ich will es nicht leiden. Ich schreie es hinaus iu die Welt, daß Ihr nicht ehrlich seid, daß Ihr darauf ausgeht, das blonde Mädchen hier an Euch zu reißen, damit sie auch so elend wird wie ich, so grenzenlos elend!" Ihre Stimme brach. Fieberschauer schiit- teilen ihren zarten Körper, und die Augen wurden starr wie bei einer Sterbenden. In diesem Augenblick klopfte es an die Tür, und aus Jngveldes angstvolles „Herein" kam Mister Illings ins Zimmer. Er trat mit ein paar schnellen Schritten an Jngveldes Seite und nahm Ethel bei beiden Händen. „Nicht so, liebes Kind, Sie müssen jetzt schlafen. Niemand wird Ihnen etwas tun, verlassen Sie sich darauf." Ethel sivich sich mit der Hand das wirre Haar aus der Stirn. Dann lächelte sie mit zuckendem, schmerzlich verzogenem Mund« und sagte träumerisch: „Die Stimme habe ich schon einmal gehört, l : i-.i ! t.. ... j , .> ; außergewöhnlichen Steigerung des Verkehrs und darin, daß dieser Steigerung die Ein richtungen des Betriebes, namentlich die der Eisenbahnen nicht gewachsen waren. Voraus sehen kann die Verwaltung solche außerge wöhnliche Verkehrsstörungen nicht, sie kann nur die Verkehrsentwickelung sorgfältig beob achten und prüfen, ob mit ihr die Betriebs- entwickelung gleichen Schritt hält. Das ist ge schehen. Bei normaler Zunahme des Ver kehrs hätten die getroffenen Maßnahmen aus- gereicht. Eine Vennehrung und Verbesserung der Betriebsmittel erfolgt alljährlich. Für die Erleichterung des Jnlandverkshrs sind viele Millionen ausgegeben, die Bahnhöfe sind lei stungsfähiger, neue Linien nach Holland und England gelegt werden. Wir haben unsere Schuldigkeit getan und auch für die Zukunft Sorge getragen. Abg. Bell (Ztr.) wies die Vorwür'e des sozialdemokratischen Redners gegen den Land tag zurück und empfahl, zu den Aussprachen mit dem Eisenbahnminister an Ort und Stolle auch Beamte und Arbeiter hinzuzuziehen. Die Betriebsmaßnal men im Industriegebiet ent sprächen nicht annähernd dem Verkehr. Not wendig sei die Ausgestaltung der Güterwagen- gemeinfchaft im Reich. Abg. Schwabach (natl.) erkannte die schweren Schäden des Wagenmangels an und bedauerte das langsame Tempo in der Be triebsmittel - Erneuerung. Die Bahnhofsetin- rchtungen genügten nicht. Abg. Gras Kanitz (kons.) bedauerte die Kalamität, unter der auch die Arbeiter litten, nahm jedoch die Eisenbahnverwaltung in Schutz. Abg. Dove (fortschr. Vp.) forderte ein Reichseisenbahnamt, Abg. Sosinski (Pole) schilderte die obevschlesischen Verhältnisse. Donnerstag: Fortsetzung. Alle Inserate für unser Blatt sind, wenn irgend möglich, schon am Tage vor der Ausgabe der betr. Nummer aufzugeben, spätestens aber müssen kleine Inserate am Tage des Erscheinens I bis vormittags ^0 Uhr in unserem Besitz sein. Für einwandfreie Aufnahme können wir sonst nicht garantieren. Die Geschäftsstelle. damals, als die Wasser rauschten. Nie ver- gesse ich den Klang. Und Illings umklammernd, schluchzte sie auf: „Retten Sie mich vor denen da! Retten Sie das blonde Mädchen vor dem Verderben, das von den beiden ausgeht. Betrüger sind es, Betrügers" Mit einem unart.kulierten Schrei wurde da die Tür aufgestoßsn, und die Baronin, gefolgt von ihrem Sohne, stürzte hinein. Offenbar hatten sie beide gelauscht. Aber Jngvelde trat mit Entschiedenheit zwischen sie und Ethels Lager. „Rühren Sie das Kind nicht an," gebot sie ruhig. „Sie weiß nicht, was sie spricht." „Sie weiß nicht, was sie spricht," bekräf tigte die Baronin eifrigst Jngveldes Worte, indem sie sich von ihr widerspruchslos aus dein Zimmer schieben ließ. Roman folgte wie ihr Schatten und machte Jngvelde nicht einmal eine seiner gewandten Verbeugungen mit dcnm er sonst immer die Situation ins Gleichgewicht brachte. In dem leeren Saal, den inzwischen auch der Inspektor verlassen hatte, standen sich der Baron und seine Mutter einen Augenblick starr gegenüber. „Das hast Du von Deinem Leichtsinn," zischte die Baronin, vor Wut bebend. „Nun ist alles aus! Das verrückte Geschöpf macht uns ja einfach unmöglich." „Rege Dich doch nicht unnütz auf und übertreibe nicht so," gab Roman zurück. „Das sieht doch ein jeder, daß das Mädel im Fieber redet. Aber anstatt Dich liebevoll um die Kranke zu bekümmern, wie cs Deine Pflicht ist, tust Du, als ginge Dich Ethel gar nichts an. Das muß ja den Leuten hier auffallen." „Meinst Du, ich werde mich von dieser hochmütigen Person zurückweisen lassen, die tut, als wäre Ethel ihr Eigentum?" entgegnete die Baronin. „Zudem müßte ich doch riskieren, daß das verrückte Geschöpf, diese Ethel, noch mehr gereizt durch meine Gegenwart, Dinge auskramte, die zu hören wirklich nicht ange nehm wären. Aber lassen wir fetzt das dumme, alberne Ding; darauf kommt es ja gar nicht