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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.01.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191301087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19130108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19130108
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-01
- Tag 1913-01-08
-
Monat
1913-01
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.01.1913
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Konferenzberatungen im St. Jame-Palast zu London zweifelt man in unterrichteten Krei sen nicht an der baldigen Wiederherstellung! des Balkanfriedens sowie an der Verhütung einer Wiederaufnahme der Feindseligkeiten. Ob die Delegierten der Türkei und des Balkanbundes noch länger zu dem altersgrauen Palaste fahren und sich die Schätze der dort aufgestellten Büf fets schmecken lassen, ist nicht so wichtig, als das; das alte Europa endlich wieder seine Ruhe erhält. Der offizielle Friedensschlutz wird frei- lich noch einige Tage oder Wochen aus sich warten lassen, da auch die Großmächte, die nunmehr die Entscheidung über die Balkan- Händel aus sich genommen haben, im Augen blicke noch nicht ganz einig sind. Man glaubt jedoch, daß Advianopel den Bulgaren zufallen wird, freilich unter der Bedingung, daß seine Festungswerke geschleift werden, und daß der Sultan der religiöse Oberherr aller Muhame- daner der Provinz Adrianopel bleibt. Was über Kreta und die Aegäischen Inseln be schlossen wird, bleibt noch abzuwarten; über die Selbständigkeit Albaniens herrscht allseiti- ges Einvernehmen. Die Botschafterreunion in London ist eifrig am Werk« der Friedensstis- tung, das sie hoffentlich recht bald durch einen vollen Erfolg gekrönt sieht. Die Friedenshoffnung wird durch mancher lei Erwägungen und Tatsachen gestützt. Die vier Respektstage, die nach dem Abbruch der Friedensverhandlungen und dem Wiederaus bruch des Krieges verstreichen müssen, werden von den Mächten zur Herbeiführung eines Ein vernehmens kräftig ausgenützt werden. Das am morgigen Mittwoch beginnende griechisch-ortho doxe Weihnachtsfest hindert gleichfalls die Auf- nähme der Feindseligkeiten. Ferner ist der Fall Adrianopels infolge Lebensmittelmangels täglich zu erwarten; tritt er ein, so werden sich die Türken gegen die Uebergabe des Ortes kaum noch sträuben. Eine Zurückeroberung Adrianopels durch die Türken wird bei deren unzureichenden Mitteln an Streitkräften und Geld für gänzlich ausgeschlossen erklärt. TageSgeschichte. Der deutsche Reichstag, der seine Beratungen am morgigen Mittwoch mit der Besprechung der Interpellation wegen des Eisenbahnwagenmangels wieder aufnimmt, wird bald Gelegenheit haben, den neuen Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Jagvw näher kennen zu lernen. Der Nach folger des Herrn v. Kiderlen wird sich bei der zweiten Etatslesung, die in der kurz bemesse nen Frist bis Ostern den bre.testen Raum ein nimmt, dem Hause vorstellen und sein Pro gramm darlegen, sobald der Etat des Aus wärtigen Amtes an die Reihe kommt. Der Reichstag be indet sich noch immer in seiner ersten Session, obwohl er am morgigen Mitt woch bereits seine 85. Sitzung abhalt. Er wird dal.er sehr energisch arbeiten müssen, um zu Pfingsten herum den Sessionsschluß eintreten lassen zu können und wieder einmal reinen Tisch zu machen. Das System der Vertagun gen, das zu Bismarcks Zeiten unbekannt war, führt dazu, daß der Reichstag eine Unmenge von Gesetzentwürfen aus einem Tagungsab schnitt in den andern verschleppt, und schließ lich ein Kuddelmuddel entsteht, aus dem sich der Fernerstehende nicht mehr heraussindet. Die Finauzmiuifter über die Befitzsteuer. Die Beratungen der bundesstaatlichen Mini ster und Bundesratsbevollmächtigten über die Besitzsteuerfrage, die am Sonnabend vor mittags 10 Uhr im Reichsamt des Innern begannen, dehnten sich bis in die Abendstun den aus. Sie wurden sodann zu Sinem vor läufigen Abschluß gebracht, so daß die Mehr zahl der einzelstaatlichen Bevollmächtigten noch an demselben Tage abends Berlin wieder ver lassen konnten. Am Tage vorher hatten die einzelstaatlichen Bevollmächtigten in der baye rischen Gesandtschaft unter Vorsitz des Finanz ministers v. Breuning ein« mehrstündige Be sprechung abgehalten, welche die Besitzsteuer frage zum Gegenstand hatte. Die Meinungen über die künftige Besitzsteuer gingen natürlich auseinander; hervocgehoben muß aber werden, daß die Erbanfallsteuer viele Befürworter ge funden hat, zu denen insbesondere die Vertreter Sachsens zählten. Die Konferenz zvr Untersuchung der Aleischteuerung hat, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, ihre Verhandlungen bis Ende Januar vertagt, um einer Sonderkommission Gelegenheit zu geben, verschiedene Feststellungen über die Preis bildung des Viehs auf dem Wege vom Pro duzenten zum Konsumenten möglichst an den maßgebenden Viehmärkten zu treffen. Die Beisetzung des Generalfeldmarschalls Grus v. Schlieffen, der im 80. Lebensjahre nach sechstägigem Krankenlager einer Blutvergiftung erlag, fin det am morgigen Mittwoch auf dem Berliner Jnvalidenfriedhof statt, wozu auch der Kaiser erscheinen wird. Die Bergarbeiterbeweguug im Sanrrevier hat nun doch einen Teilstreik auf den Gruben Velsen und Rockersl>ausen im Gefolge gehabt. Hierbei handelte es sich aber nicht mehr um Lohnforderungen, sondern um die Weigerung der Sicherheitsmänner, ihre Kündigung zurück zuziehen. Die Sicherheitsmänner waren der Ansicht, sie hätten nicht nötig, die Zurücknahme ihrer Kündigung auszusprechen, es genüge, wenn sie wieder cm die Arbeit gingen. Die Bergwerksverwaltung verlangte aber eine aus drückliche Zurücknahme der Kündigung. In zwischen l;aben d-ie Sicherheitsmänner ihre Kün digung zurückgenommen, so daß am gestrigen Montrg die Belegschaften wieder vollzählig einfuhren. Der Parteitag der preußischen Sozialdemokratie, der am Montag im Gewerkschaftshause zu Ber lin abgehalten wurde, besprach vornehmlich die Taktik bei den im Lause des Jahres statt- findendcn Landtagswahlen. Die sechs sozial demokratischen Landtagsabgeordneten sowie zalxlreiche andere Parteigrößen waren zu der Versammlung erschienen, welcher der alte Bebel, wohl aus GesundlxeitSrücksichten, fern- gebkeben war. Außerdem Antrag« des Partei vorstandes, der ausschließlich auf ein« mög lichst hohe Zahl sozialdemokratischer Stimmen abzielt, lagen noch zwei weitere Anträge vor. Von diesen wollte derjenige der Landeskom mission die Abstimmung zugunsten eines fort schrittlichen Kandidaten auch in der Stichwahl von bestimmten Bedingungen abhängig machen. Der andere, den die sozialdemokratischen Ver eine Breslaus und Magdeburgs gestellt hatten, verlangte dagegen eine energische Unterstützung des Förtschvitts. Der Vorsitzende Ernst er öffnete die Versammlung mit einer Ansprache, -in der er sagte, die Sozialdemokraten Preußens würden den bevorstehenden Land- tagswahtkampf mit Erbitterung über die ihnen angetanen Demütigungen und mit Haß gegen deren Urheber führen. Der englische Arbeiter führer Sanders beglückwünschte die preußische Sozialdemokratie zu ihrem Wachstum und mustergültigen Aufbau und bemerkte, daß auch die englischen Genossen bemüht seien, das Wahlrecht ihres Landes zu erweitern. Sie woll ten es durchsetzen, daß nicht nur alle jungen Männer vom 21. Lebensjahre, sondern auch alle gleichalterigen Frauen Wahlberechtigung erhiel ten. Zum Schluß feierte Redner das fried liche Eiiwernehmen der englischen und der deut schen Arbeiter, von denen niemand einen Krieg wollte oder auch nur für nötig hielte. Die Verhandlungen endigten spät abends mit der Annahme des Vorstandsantrages. PrSfideuteawahl i« Frankreich. Der Kampf um die Präsidentschaft, der be reits zur Aufstellung einer Kandidatin, des Fräulein Denizart in Amiens, neben acht männlichen Kandidaten geführt hat, wird inimer wilder und heißer. Neuerdings wird vergegen wärtige Ministerpräsident und bisher aussichts reichste Präsidentschaftskandidat Poincaree von den Radikalen in beispielloser Weise angegrif fen. Sie behaupten, daß die gesamte kleri kale, monarchistische und nationalistische Presse Poincaree als Befreier Frankreichs begrüßt. Poincaree sei der unrepublikanischste aller Kan didaten. Seine Präsidentschaft wäre der Be ginn einer Reaktionsära, welche durch Wieder- Herstellung der Beziehungen zum Vatikan ge krönt werden würde. Sie behaupten, diejeni- gen Blätter, die für Poincaree einträten, seien von diesem gekauft worden und hätten auch nicht den Schatten eines Grundes, ihren Gold acker als Hüter des Weltfriedens zu feiern. Es fehlt auch nicht an persönlichen Ausfällen gegen den Ministerpräsidenten. Bezüglich der in der Beilage der Nr. 194 des „Hohenstein-Ernstthaler Anzeigers" vom 23. August 1910 enthaltenen Beschuldigungen gegen den Schriftsteller Herrn Rudolf Lebius in Berlin erkläre ich hiermit, daß ich einen Anhalt für die Wahrheit derselben nicht habe. Hohenstein-Ernstthal, 7. 1. 1913. Emil Horn. 25 Zahlt MglingMNiv. Aus Anlaß seines 25jährigen Bestehens ver anstaltete am gestrigen Hohneujahrstage im Hotel „Drei Schwanen" der ev.-luth. Jüng lingsverein St. Christophorus zu Hohenstein- Ernstthal einen öffentlichen Familienabend, der sich eines außerordentlich guten Besuches zu er freuen l;atte und zu dem sich auch außor dem Neustädter Bruderverein diejenigen aus Ober- lungwitz und Gersdorf eingefunden hatten. Zur Einleitung der würdigen Feier stimmte der Posaunenchor das Lied „Bis hierher hat mich Gott gebracht" an, in das die Anwesenden kräftig mit einstimmten und dem ein von Herrn Gaudl gesprochener Prolog „Gvtt grüße Euch" folgte. Herr Vorsitzender Pastor Dybeck ergriff hierauf das Wort zu einer Begrüßungsan sprache, die gleichzeitig einen Rückblick auf die verflossenen 25 Jahre bildet«, wobei er etwa Folgendes ausführte: „Im Namen unseres Jllnglingsvereins entbiete ich Ihnen allen herz lichsten Willkommengruß und danke Ihnen, daß Sie unserer Einladung so zahlreich Folge geleistet haben. Mein Gruß und Dank gilt an erster Stelle den Vertretern der politischen und Kirchengemeinde, sowie unseren hochgeschätzten Gästen und Brudervereinen aus der Nachbar schaft und unserm Festredner, der so bereit willig die Festansprache übernahm. Sie alle sind gewissermaßen der Einladung zu einer Geburtstagsfeier gefolgt, dessen Geburtstagskind unser Verein ist. Ich darf daher wohl auch einiges aus der Lebensgeschichte unseres Ver eins erzählen. Ostern 1887 versammelten sich im Lutherstifte einige junge Leute, um dann im Mai desselben Jahres sich zu einem Jüng lingsvereinsbund zusammenzuschließen. Schon bevor der Verein das Licht der Welt er- blickte, hatte ein Fremid der Sache dafür ge sorgt, daß der Verein Lebensfähigkeit erhielt; dieser Freund stellte dem damaligen Pfarrer die nötigen Mittel zur Verfügung. Der Verein zählte zunächst nur 15 Mitglieder, natürlich batte der junge Verein auch die üblichen Kinderkrankheiten zu bestehen, so zehrte z. B. an seinem zähen Leben der Haß und Spott svmer Gegner wie ein tötendes Gift mrd man cher junge Mann hat sich dadurch vom Be suche der VoreinSabende abhalten lassen. Wer dem Verein angehörte, mußte Spötteleien in Füll« ertragen. Im dritten Jahre seines Be- stehens war der Verein dem Einschlafen nahe, so daß sich Herr Pfarrer Albrecht in liebe- voller Weise des Sterbenden annahm und ihn am Leben erhielt. Die Folg« des tatkräftigen Eingreifens war, daß im folgenden Jahre der Verein 35 Mitglieder zählte. Auch andere Schwierigkeiten stellten sich in der EntstehungS- zeit ein: Die Kasse litt an Auszehrung. 1890 wurde beschlossen, einen Vertreter zu dem Bundesfest zu entsenden. Dieser Beschluß aber blieb unausgeführt, da kein Geld vorhanden war. Alle Vorstandsmitglieder legten ihr Amt nieder, nur ein einziger, der damalig« Biblio thekar, das jetzige Ehrenmitglied, Herr Paul Uhlig, ist dem Vorstände treu geblieben und so kam es, daß Herr Uhlig alle Aemter, das des Vorstandes, Kassierers, Schriftführers und Bibliothekars zugleich verwaltete. Wenn nun der Verein in diesen Jahren einem Lazarus glich, gestorben ist er dennoch nicht. Im Gegenteil: er überwand die Krankheiten und erstarkte nach außen und innen. Er stieg auf 90 Mitglieder und schwankte seither immer in dieser Höh«. Nach Ostern erreicht er stets sine über 100 zählende Schar. Da Sangeslustig« dem Verein angehören, wurde ein gebrauchtes Klavier gekauft und kräftig Schüfe damit ge trieben. Sogar ein Posaunenfonds bestand da mals, doch ist dieser Fonds den Weg alles Irdischen gegangen. Daneben wurde geturnt und auch Wanderungen unternommen, damit dem Körper die nötigen Leibesübungen nicht feblten. So kam es, daß nach mancherlei Umzügen die Stadt die Erlaubnis erteilte, zur Turnstunde die Schulturnhalle zu benutzen, was natürlich mit großer Freude begrüßt wurde. Allmählich steigerten sich aber auch die Be dürfnisse und Unkosten in sehr erheblichem Maße und mit Deckung war es schlecht bestellt. Da kam dem damaligen Vorsitzenden ein ret tender Gedanke. Er wandte sich an verschie dene Herren unserer Stadt mit der Bitte um Unterstützung und das hat Wunder getan. Im Jahre 1903 forderte der derzeitige Posau nengeneral Herr Kastel zur Gründung eines Posaunenchores auf und bereits 1904 trat die ser zum ersten Male an die Öffentlichkeit. Es kann also heute der Posaunenchor gleichzeitig sein 10jähriges Jubiläum feiern. Inzwischen hatte der Verein das Lutherstift verlassen und zwei vom Stadtrat zur Verfügung gestellte Zimmer im Waisenhaus bezogen. Die nächste Verbesserung erfuhr der Verein durch den An kauf eines Gartens, in welchem sich die Mit glieder nach Herzenslust erholen und tummeln konnten. So ist es denn immer vorwärts ge gangen; der Verein Hal gelernt aus eigenen Füßen zu stehen. Als neueste Erweiterung wurde beschlossen, das Vereinslokal jeden Abend offen zu halten, damit allen jungen Männern eine Unterkunft bietend. Es liegen Zeitungen und Zeitschriften zur Genüge aus. Redner schloß: So wollen wir denn weiter in diesem Sinne arbeiten, die Geselligkeit Pflegen und Einfluß aus die Gesinnung jedes jungen Man nes auszuüben suchen. Wir alle wissen, wo her die Kraft kommt, wahrhaft sittliche Men schen zu sein. Christus soll die höchste Stelle baben in unserem Verein. Alles andere garan tiert nicht, nur das Christentum bürgt für alles. Mög« denn unser Verein auch im neuen Vierteljahrhundert weiter blühen und gedeihen. Nach dem Verklingen von zwei Posaunen- vonrägen ergriff Herr Bürgermeister Dr. Patz das Wort, um dem Jubelverein auch die Wück- wünsche des ev.-luth. Landeskonsistoriums, der Kircheninspektion und der Stadtbehörde darzu- bringen. Er wies darauf hin, daß die ev.-luth. Jüng'ingsvereine Kinder der Kirche sind und deshalb der Kirch« nahen stehen und treten; unserer Zeit tue es ganz besonders not, daß die schulentlassen« Jugend sittlich und geistig gekräftigt werde. Nicht nur die Glückwünsche des Landeskonsistoriums habe er zu überbrin gen, auch eine Nein« Gabe dürfe er über reichen. Sein Wunsch sei es, daß diese Gabe dem Verein das bringen möge, was er schon längst erstrebt habe. Der Vorsitzende dankte hierauf mit bewegten Worten. Anschließend hieran behandelte der Bundes vertreter, Herr Pfarrer Dr. Hilbert- Dres den, in seiner Festrede das Thema „Christus das Ideal echter Männlichkeit." Redner über brachte den Gruß des Bundes, dem der Jubel- versin angehört. Es sei etwas Großes, einem Bund« anzugehören, der auf der ganzen Erde vertreten sei und dem Millionen junger Män ner angehören. Ein Ideal bringe dem Men schen die Jugend und der sei nicht mehr jung, der kein Ideal besitze. Blasierten Leuten fehle der Zauber der Jugend. Was für den Wan derer das Ziel, sei im Leben dem Menschen das Ideal. Und der Mensch brauche ein Ideal, sonst könne er nicht ein zielbewußter Charockter werden. Die Jünglingsvereine haben ihr Ideal und dies sei Jesus Christus; denn er zeige jedem Menschenkinde wie es sein solle. Auch diejenigen, die nichts von. ihm wissen wollen, müssen sich ihm beugen und wer es dennoch nicht tu«, müsse erst sein Ideal tot- schlagen. Jesus Christus stehe überall, ganz Wille, ganz Kraft! Er macht Schwache zu Helden, wobei man nur anDr. Martin Luther zu denken brauch«. In dem Gehorsam zu Jesus Christus werden wir echte Männer. Darum wohl dem, der vor Jesu seine Knie« beuge und sag«: „Herr, ich bin dein, tot und lebendig!" Dem fesselnden Vortrage folgte man mit großem Interesse und lebhafter Beifall bildete die Anerkennung. Allgemein« Gesänge, Posaunen- und Klavier vorträg«, sowie erzgebivgische Lieder zuk Gitarre und ein Deklarnatorium „Der Freiheit Morgenrot" wechselten mit einander ab und zeugten von den guten Bestrebungen der jun- gen Männer auch auf dem Gebiete der geselli gen Unterhaltung. Der Schlußgesang „Zieht in Frieden" und das Schlußwort des Herrn Pastor Dybeck, der allen nochmals auf das wärmste dankte, beendeten die erhebende Feier, die den Teilnehmern gewiß noch lange in der Erinnerung nachleben wird. Konzert des Thoraesangvereins „Mendelssohn" ans Chem nitz im Schützenhaus Altstadt: „Kaiser Max und seine Jäger", Konzertdrama von Albert Thierfelder. Liebeslust und Liebesleid ist auch der Grundton, das A und das O der Dichtung Rudolf Baumbachs, die wir gestern in der geistreichen Vertonung des Rostocker Musik direktors Pros. Dr. Thierfelder, von dem Chemnitzer Gastchor wirkungsvoll dargeboten, kennen lernten. Ein Jäger Kaiser Maximi lians, ThurnwalterSixt, liebt die blondlockige, voilchenäugige Marstenc mit der ganzen Glut seines allzu wilden Jugendmutes, und seine Liebe ist so groß, so himmelstürmend, daß sich auch alsobald das böse Feuer der Eifer sucht eiustellt. Den Waidgesellen, den liedes- frolj«n Hans Sachs, der seine Wanderfahrt als Schuhmacherge^ellc unterbrochen hat, nm dem geliebten Kaiser Max; einige Zeit als Jäger zu d enen, hat Sixt in Verdacht, ihm sein Herzlieb gestohlen zu haben, der indessen mit Sehnsucht seiner Nürnberger Geliebten gedenkt. Vielmehr hält der jugendliche Meistersinger den Kaiser selbst für den Nebenbühler seines Freun des. Sixt will, als er davon erfährt, seinen Herrn töten und schlägt Hans, der ihn daran hindern will, im Streite nieder. Als Mari- lene ihm sagt, daß der Kaiser ihr Vater sei, glaubt er seine Sündcnschuld größer, als daß er das ihm aufs neue winkende Glück an nehmen darf, aber die lxeldenmütige Befreiung des Kaisers von der Martinswand, auf die er sich verstiegen hatte, löst ihn von Schuld und Fehle und läßt ihm den Frieden ungestörten Liebesglückes zuteil werden. . . Diese stimmungsvolle, vom duf:ig«u Hauche romantischen Gefühls verklärte Dichtung hat der Komponist mit Tönen zu durchweben ge wußt, die sich mit den Worten zu einem über aus wohlgefälligen, anmutigen Ganzen ver binden. Wer in die einzelnen Feinheiten der Musik näher eingeht, findet eine bis in die kleinsten Details peinliche und fleißige Arbeit, die mit Geschick und genialer Erfindungskraft die neun Szenen des dreiteiligen Werkes mit überaus gesäll.gen, gemütvollen Melodien um rankt und die Chor- und Sologesänge mit teil weise meisterlich instrumentierten Orchesterpar tien unterstützt bezw. verbindet. Besonders glücken dem Tonmaler die Naturschilderungen, die fast jede Szene e.nleiten: so das Nahen des Frühlings im flutreichen Jnntale, die lieb liche Sonnwendnacht und, in geradezu unnach ahmlicher Weise, dis Herannahen des Unwet ters, mit dem Heulen des Sturmes, dem Rau schen des Regens, dem Niederprasseln der Schloßen, das in großartiger Steigerung sich zu einem gewaltigen, packenden Höhepunkte emporschwingt, der an Wucht und Macht seinesgleichen in den Tonschöpfungen der modernen Komponisten sucht. Die Aufführung, im Ganzen betrachtet, war wohl geeignet, in das Werk einzufllhren, es verständlich zu machen und vielleicht auch lieb zu gewinnen. Der Leiter des „Mendelssohn", Herr Oberlehrer Zee h, der schon durch die Wahl ein kluges Verständnis auch für moderne Schöpfungen zeigte, hat mit vieler Müh« ge wiß die Chorgesänge eingeübt, die denn auch fast allenthalben gut gelangen. Ein sorgfältig ausgewähltes Material unterstützt ihn in sei nen Bestrebungen, das er ausgezeichnet geschult hat, so daß ein Chorklang zustande kommt, der auch höheren Anforderungen genügt. Im Tutti wird teilweise der Alt vom Sopran er drückt, während sich im übrigen Männer- und Frauenstimmen angenehm knüpfen. Besonders gefiel die warme Hingabe, die tiefe Empfin dung d«r jeweiligen Stimmung, jene innere Anteilnahme und Frische, die immer etwaig« Mängel vergessen macht. Fleißiges Studium ließen auch dis Sologesänge erkennen. Herr Clare, der den .Hans Sachs förmlich „spielte", sang mit dramatischem Feuer und ließ seinen glanzvollen Tenor in seiner Fülle strah len. Trefflich dagegen stand der ruhige, abge klärte Kaiser Max des Herrn Mühl e, dessen Baß der nötigen Tiefe entbehrt. Die beiden andern Partien (Marilene und Sixt) wurden von den „Vereinseltern", Herrn und Frau K o ch, gesungen, die sich nach Kräften be mühten, mit ihren annehmbaren Stimmen die künstlerische Höbe des genialen Werkes zu er reichen. Obwohl das Klavier immer ein Not behelf ist, wenn der Komponist das Werk für Orchester geschrieben hat, war auch die Be gleitung erfolgreich dank des einwandfreien Klavierspiels des Herrn Lehrer Müller, eines gewandten, der Eigenart des Komponi sten sowohl wie der Sänger Rechnung tragen den Pianisten. Ein kleines Publikum spendete dankbaren B«ifall, und nach Schluß des Kon zertes füllte sich der Saal zusehends zu dem nachfolgenden Ball. mt. Deutliches und Sächsische-. * — Witterungsaussicht für Mittwoch, den 8. Januar: Wenig Aenderung det gegenwärtig herrschenden Wetters. * H-tzeasteia-Lraftthal, 7. Jan. Die Probe fahrten der elektrischen Straßenbahn wurden auch
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