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.ß 33, 10. Februar 1910. Nichtamtlicher Teil. wesens ist die geringe Benutzung der sozialistischen Literatur. Auch in der Lindenauer Bibliothek tritt diese Erscheinung zutage. Es ist beschämend, daß die reich ausgestattete Abteilung 0 mit 556 Bänden nur 907 Entleihungen erzielte. Die meistgelesenen Bücher waren die Schilderungen von Leo Deutsch über Sibirien: Sechzehn Jahre in Sibirien und Viermal entflohen. Nächstdem erzielte Bebels Frau in 10 Exemplaren 56 Entleihungen. Be zeichnenderweise ist das meistgelesene Buch der Abteilung Soziale Literatur eine Darstellung des Kulturhistorikers Henne am Rhyn mit dem Titel: Aus dunkeln Häusern Belgiens. Alle Bücher, in denen über sexuelle Scheußlichkeiten zu lesen ist, ziehen die Leser an wie das grelle Licht die Nachtfalter. Das ist ebenfalls keine örtliche Erscheinung, sondern alle Bibliothekstatistiken in Deutsch land zeigen dasselbe Bild. Auf dem Gebiet der naturwissenschaftlichen Bücher und Reisebeschreibungen stehen Nansens klassische Bücher: Auf Schnee schuhen durch Grönland, Eskimoleben und In Nacht und Eis noch im Mittelpunkt des Interesses. Die zusammen 17 Exem plare der genannten Bücher wurden insgesamt 318mal gelesen. Dann folgen Sven Hedin, Otto Ehlers, Wilhelm Bölsche, Charles Darwin und R. Bommeli. In der humoristischen Literatur steht Wilhelm Busch oben an. 25 Bände von ihm wurden 360mal gelesen. Es folgen Mark Twain mit 13 Büchern und 164 Entleihungen und Ludwig Thoma mit 13 Büchern und 140 Entleihungen. Die Jugendbücherei ist auch im vergangenen Jahre sehr lebhaft benutzt worden. Der Zahl der Bücher und dem Inhalt nach ist die Jugendbücherei des Sozialdemokratischen Vereins in Lindenau gegenwärtig die größte und beste Jugendbücherei Leipzigs; denn keine Schulbibliothek kommt ihr auch nur an nähernd gleich. Während die Schulbibliotheken von Minder- wertigem durchaus nicht frei sind, besteht die Lindenauer Arbeiter jugendbibliothek fast nur aus erstklassigen Jugendbüchern. Die Statistik ergibt folgende zwölf meistgelesene Autoren: Wilhelm Busch . . 26 Bände 465 mal Grimm . . . 33 „ 368 „ Cooper . . . . 38 344 „ Kreidolf . . . 32 227 „ Pletsch .... 16 „ 198 „ Hauff .... . 18 178 „ Gerstäcker . . . 21 „ 166 „ Andersen . . . . 15 „ 164 „ Bechstein . . . . 16 „ 161 „ Hofmann . . . 12 „ 157 „ Dähnhardt . . .11 „ 110 „ Rosegger . . . . 9 „ 87 „ Der Bibliotheksbericht gibt zu mancherlei Ausblicken Anlaß. Gustav Hennig. Kleine Mitteilungen. * Neue Beilage zum Börsenblatt. — Der heutigen Nummer 33 des Börsenblatts liegt zum ersten Male eine Beilage bei, die in erster Linie die im Einklang mit der am 1. Juli 1909 in Kraft getretenen Verkaufsordnung angekündigten Abweichungen vom festgesetzten Ladenpreis in übersichtlicher monatlicher Zusammenstellung vereinigen soll. Es werden also darin ausgenommen: 1. Vorzugspreise für Werke, an denen Behörden oder Vereine mitwirkten (Verkaufsordnung § 11, 2); 2. Subskriptionspreise (Verkaufsordnung § 13, 1); 3. Serien- und Partiepreise (Verkaufsordnung tz 13,2); 4. Aufhebungen des Lad enpreises (Restbuchhandelsordnung 8 2, u); 6. Verlagsveränderungen (vergl. Restbuchhandelsordnung 8 2, d) und schließlich auch die im Börsenblatt angezeigten 6. Preisänderungen, und 7. Bücherverbote. Der Vorstand des Börsenvereins hofft, mit dieser monatlichen Beilage dem Deutschen Buchhandel, besonders dem Sortiments buchhandel, ein wertvolles Hilfsmittel an die Hand zu geben, das ermöglicht, alle im Börsenblatt angezeigt gewesenen Ausnahme- preise und sonstigen Veränderungen schnell festzustellen. Für die Verleger dürfte diese Liste einen Ansporn bilden, alle den Laden- preis ihrer Verlagswerke betreffenden Maßnahmen rechtzeitig im Börsenblatt bekanntzugeben und dadurch den Forderungen der Verkaufsordnung nachzukommen. Die Beilage soll regelmäßig am 10. jeden Monats erscheinen und wird alles zusammenfassen, was im vorangegangenen Monat im Börsenblatt hinsichtlich obiger 7 Punkte veröffentlicht worden ist. Den in Jahresfrist erscheinenden 12 Nummern soll ein Register über alle veröffentlichten Titel folgen. Zollbeschwerden in Nntzland. — Gegen die Entscheidungen der russischen Zollämter bei der Verzollung von Waren kann vom Absender oder vom Deklaranten binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung an den Deklaranten Beschwerde beim Zolldepartement in St. Petersburg erhoben werden. Die betreffenden Beschwerden sind jedoch nicht, wie dies vielfach zu geschehen Pflegt, unmittelbar beim Zolldepartement einzureichen, sie müssen vielmehr durch das Zollamt geleitet werden, über dessen Entscheidung Beschwerde geführt wird. Dieses Verfahren folgung wird von den russischen Zollbehörden allgemein verlangt; es ist aber auch insofern praktisch, als es zu einer schnelleren Er ledigung der Beschwerden beiträgt. Das Zollamt hat nämlich die Beschwerde binnen 7 Tagen zugleich mit seinem Bericht und eventuell den zugehörigen Warenproben an die höhere Instanz weiterzureichen, die darauf ohne Verzug entscheiden kann. Geht da gegen die Beschwerde beim Zolldepartement ein, so muß dieses erst das Zollamt unter Übersendung der Beschwerde zum Bericht auffordern. Es empfiehlt sich daher, wie die »Norddeutsche All gemeine Zeitung« hervorhebt, für die Interessenten, den vor geschriebenen Weg einzuhalten, zumal sie andernfalls gewärtigen können, daß die Beschwerde vom Zolldepartement wegen Nicht erfüllung der gesetzlichen Form zurückgewiesen wird. Wenn zur Vertretung einer Zollbeschwerde beim Zolldepartement die Unter- stützung des kaiserlichen Generalkonsulats in Petersburg in An- spruch genommen wird, ist zweckmäßigerweise die Beschwerde ebenfalls beim Zollamt einzureichen und gleichzeitig ein ent sprechender Antrag an das Generalkonsulat zu richten. Werden dabei dem Generalkonsulat Schriftstücke eingereicht, die an die russische Zollbehörde weitergegeben werden sollen, so empfiehlt es sich, stets zugleich eine Abschrift der betreffenden Schriftstücke bei zufügen. Bei allen Reklamationen ist ferner die Nummer der Zolldeklaration anzugeben. (Vossische Zeitung.) * Verband der Fachpresse Deutschlands E. V. (Vgl. Nr. 31 d. Bl.) — Der ersten Sitzung des Verbands der Fach presse Deutschlands E. V. im Jahre 1910, in der Handels kammer zu Berlin, lagen für eine Reihe von Paragraphen der Satzungen Änderungsanträge vor. Diese Anträge wurden genehmigt. Dem Jahresbericht des Vorsitzenden, Herrn Georg Elsner (Berlin), seien hier folgende Stellen entnommen: »Das Geschäftsjahr 1909 zählte für die Fachzeitschriften verleger durchaus nicht zu den erfreulichen. Der schwere wirtschaftliche Niedergang, unter dem Handel und Industrie in den letzten Jahren zu leiden hatten, machte sich im Jahre 190S im Fachzeitschriftenverlage besonders bemerkbar. Die ungünstige Finanzlage der wirtschaftlichen Unternehmungen sowohl, als auch des Reiches mahnte zu größter Sparsamkeit, und es wurde vielfach beobachtet, daß gerade solche Inserenten, die durch die Aufgabe ständig laufender Reklamen im wesentlichen beab sichtigen, ihre Firma bei dem Leserkreise der betreffenden Fach zeitschriften bekannt zu halten, ihre Aufträge sehr erheblich einschränkten oder zeitweilig gänzlich sistierten. »Eine weitere schwere Beunruhigung erfuhr der Fachzeit schriftenverlag im Frühjahr durch die Reichsfinanzreform, deren Entwurf erschreckend auf viele Berufsgruppen, nicht zuletzt auf den Fachzeitschriftenverlag wirkte. Schon nach Veröffentlichung der Anzeigensteuervorlage ergaben sich für die Verlegerwelt schwere direkte Schädigungen dadurch, daß viele Inserenten, und gerade solche, die große Aufträge zu erteilen pflegten, 232*