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8603 Börsenblatt s. d. Dtsch». Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 205, 3. September 1907. Ansichtspostkarten «Industrie. — Der Schutzverband für die Postkarten-Jndustrie hielt wie alljährlich auch dies mal während der Leipziger Herbstmesse eine Versammlung ab. Der Punkt der Tagesordnung: »Schaffung einer Zentralstelle zur Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder bei Zahlungsein stellungen oder Vergleichsverhandlungen» führte zu einer längeren Debatte. Schließlich gelangte ein Antrag zur Annahme, nach dem zum Zwecke der wirksamen Vertretung der Interessen der Mitglieder eine diesbezügliche Zentralstelle in Berlin errichtet werden soll. Zum Schluß sprach sich die Versammlung in einer Resolution für Einschränkung der übermäßig häufigen Ausgaben von Neuheiten in Postkartenserien aus. Der Verbandsvorstand wurde beauftragt, die als notwendig erscheinenden Maßnahmen auszuarbeiten und in der nächsten Meßversammlung (im Frühjahr) in Leipzig ein einheitliches Programm vorzulegen. Als Mahnruf an alle Postkartenverleger versendet der »Verband der Postkarten-Jnteressenten in Österreich», Sitz Wien I, Teinfaltstraße 3, folgendes Druckschreiben: Eingehende Besprechung der gegenwärtigen Verhältnisse auf dem Postkartenmarkt hat ergeben, daß die sich überstürzende Flut von Neuheiten das Hauptübel des Fachs ist und zu einer Katastrophe führen muß, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird. Die ins Uferlose angewachsene Menge der täglich auf den Markt geworfenen Neuheiten setzen den Verleger und Fabrikanten außerstande, seine teuer erworbenen Originale sowie seine Klischees und Lithographien genügend auszunutzen; denn kaum ist eine Neuheit erschienen, wird sie auch schon von einer andern zurückgedrängt. Was find dis Folgen? Der Groß händler überkauft sich und wird zahlungsschwach. Er kann selten alle seine Muster mit auf die Reise nehmen, da sie bis ins Un gemessene anwachsen, verkauft von einzelnen Mustern immer nur ganz geringe Mengen, wodurch wieder für die Verleger Nachbestellungen ausbleiben. Der Kleinhändler wird kopfscheu durch das Massenangebot, da er mit Recht befürchtet, daß jede neue Karte in Kürze als veraltet gelten werde. Damit ist auch der Widerwille zu erklären, der bei zahlreichen bessern Papier händlern schon heute gegen die Postkarte herrscht. Es würde daher zum Nutzen aller Postkarteninteressenten, ob Händler oder Verleger, sein, wenn nur dreimal des Jahres Neuheiten auf den Markt gebracht würden, und zwar eine Weihnachts- und Neujahrs-Sammlung, eine Sommer-Sammlung und eine Oster und Pfingst - Sammlung. Es sollte der Grundsatz beobachtet werden: weniger aber besser. Wer es mit sich und dem Fach gut meint, wird unfern Rat beherzigen, und die Postkarte wird wieder eine gewinnbringende Ware werden. Sie wird aber auch wieder das Ansehen gewinnen, das ihr als Kulturmittel, das den Schönheits- und Kunstsinn in die breitesten Schichten des Volkes zu tragen bestimmt ist, gebührt. Darum Einhalt der Neuheitenflut! Rrtigions-Ttatistik. Das unlängst erschienene amerikanische Missions-Blaubuch enthält laut einer Mitteilung der Münchener »Allg. Ztg.» folgende Übersicht über den gegenwärtigen Stand der religiösen Bekenntnisse auf der ganzen Erde. Man zählt 588 862 000 Christen, die sich scheiden in 166 066 500 Protestanten, 272 638 500 Römisch-Katholische, 120157 000 Griechisch-Katho lische (mit Einschluß der alten orientalischen Kirchen), ferner 11222 000 Juden, 216 630 000 Mohammedaner, 137 935 000 Bud dhisten, 209 659 000 Hindus, 231 816 000 Konfuzianer und Taoisten, 24 900 000 Schintoisten, 157 069 500 Animisten, Fetisch-Anbeter u. dgl. und 15 352 500 sonstige. H. A. Krose 8. 0. hat vor einigen Jahren Untersuchungen über die Verbreitung der wich tigsten Religions-Bekenntnisse zur Zeit der letzten Jahrhundert wende angestellt (»Stimmen aus Maria-Laach», Jahrgang 1903) und hat als Gesamtresultat folgende Zahlen erhalten: 264 506 000 Katholiken, 166 627 000 Protestanten, 109 147 000 Griechisch-Ortho doxe, 2173 000 Raskolniken, 6 555 000 schismatische Orientalen, 11 027 000 Juden, 202 048 000 Mohammedaner, 210 100 000 Hindus, 12 114 000 alte indische Kulte, 120 250 000 Buddhisten, 235 000 000 Konfuzianer und Anhänger des Ahnenkultus, 32 000 000 Taoisten, 17 000 000 Schintoisten, 144 700 000 Fetisch-Anbeter und sonstige Heiden, 2 844 000 andre und ohne Angabe. Wie man sieht, stimmen die beiden Zusammenstellungen, abgesehen von den heid nischen Religionen Asiens und Afrikas, bei denen immer nur an nähernde Schätzungen möglich sind, so ziemlich miteinander überein. Personalnachrichten. siebzigster Geburtstag. — William Unger, der in weiten Kreisen bekannte Radierer und Kupferstecher, Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien, feiert am 11. September seinen siebzigsten Geburtstag. Prof. Unger ist eines der ältesten Mitglieder der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, der er seit 35 Jahren angehört. * Jubiläum. — Herr Max Faßheber, Angestellter der Firma K. F. Koehler in Leipzig, konnte gestern den Gedenktag seiner fünsundzwanzigjährigen Tätigkeit im genannten Hause begehen. Der Jubilar, der seine Stellung am 1. September 1882 angetreten hatte, wurde in bei der Firma üblicher Weise durch warme Anerken nung von seiten der Geschäftsleitung und Beglückwünschung der Kollegenschaft, sowie durch Überreichung von Ehrengaben von bei den Seiten gefeiert und sprach dafür seinen herzlichen Dank aus. Sprechsaal. (Ohne Verantwortung der Redaktion; jedoch unterliegen alle Einsendungen den Bestimmungen über die Verwaltung des Börsenblatts.) Der Sortimenter als Verbreiter von Anzeigen, die ihm selbst Konkurrenz bereiten. Im Inseratenteil einer humoristischen Zeitschrift, die in meinem »Lesekreis» enthalten ist, bemerkte ich kürzlich eine Anzeige, durch die sich eine Firma, die dem Publikum Waren oerschiedner Art gegen Ratenzahlungen anzubieten pflegt, auch Konver sations-Lexika, ebenso alle andern Bücher zu Original preisen, ohne Preiserhöhung gegen monatliche Teil zahlungen zu liefern erbot. Ich nahm an, daß die Verlagsftrma den Inseratenteil ihrer Zeitschrift etwa verpachtet habe, und bat sie, doch dahin zu wirken, daß Anzeigen künftig nicht mehr ausgenommen werden möchten, durch die der Sortimentsbuchhandel gezwungen würde, seinen Kunden Empfehlungen andrer Bezugsquellen für Bücher ins Haus zu schicken. -Wenn Sie-, so schrieb ich der Firma, -den Inseratenteil Ihrer verpachtet haben, so werden Sie doch sicher die Aufnahme von Inseraten ausgeschlossen haben, die Ihnen Konkurrenz bereiten könnten. Warum nehmen Sic keine Rück sicht auf die Sortimenter, die Sie doch sonst als Geschäfts freunde zu begrüßen pflegen?» Ich führte an, daß auf Intervention aus Sortimenterkreisen die ganzseitigen Inserate, durch die sich eine Firma in B zur Lieferung eines Konversations-Lexikons gegen Ratenzahlungen empfahl, aus einer bekannten Wochenschrift in dankenswerter Rücksichtnahme ihres Verlegers sehr schnell verschwunden seien, und hoffte, nun auch von dem Verleger der humoristischen Zeitschrift eine entgegenkommende Antwort zu erhalten. Aber das war nicht der Fall; er übersandte mir vielmehr Ausschnitte aus andern Wochenschriften, von denen einige ein ähnliches Inserat wie das von mir angeführte enthielten. Was ich bisher nicht für möglich gehalten hatte, daß ein Ver leger, der den Sortimentsbuchhandel zum Vertrieb seiner Zeitschrift — und wie im gegebenen Fall auch seines sonstigen umfangreichen Verlags gern in Anspruch nimmt, die Aufnahme von Anzeigen erwähnter Art wissentlich dulde, wurde also hier als etwas ganz Absichtliches hingestellt, weil — es andre auch täten. Ich hätte die Veröffentlichung dieser meiner Erfahrung gern hinausgeschoben, bis ich in der nächsten Vereinssitzung auch die Antwort des Verlegers hiesigen Berufsgenossen vorgelegt und ihre Meinung kennen gelernt hätte. Nachdem ich aber in einem eben eingetroffenen Kalender, zu dessen kommissionsweisem Bezug der Sortimentsbuchhandel unlängst aufgefordert worden war, ebenfalls ein ganzseitiges Inserat einer Versandbuchhandlung gesunden habe, die sich zur Lieferung eines Konversationslexikons gegen Ratenzahlungen empfiehlt, erscheint es mir geboten, die Be rufsgenossen vom Sortiment schon jetzt auf dergleichen Anzeigen htnzuweisen. Vielleicht bringen auch einige andre von ihnen der Allgemeinheit ihres Stands ein kleines Opfer an Mühe und Zeit, wenn sie an dieser Stelle einige Worte zu der, wie mir scheint, für das Sortiment sehr ernsten Angelegenheit sagen. Leipzig, den 28. August 1907. Paul Beyer.