Vorbemerkung. Wenn ich. von Psychologie rede, so gebrauche ich das Wort in dem jetzt allgemein üblichen Sinne, in dem es eine sich nur auf Erfahrung gründende Wissenschaft bedeutet, und diese empirische Psychologie nenne ich hoffnungslos. Ich will damit natürlich nicht sagen, dass sie werthlos sei. Vielmehr soll der grosse Werth ihrer Leistungen durchaus nicht an getastet werden, nur ihrer Selbstgenügsamkeit trete ich entgegen. Wenn sie von der Philosophie nichts mehr wissen will, sich als selbständige Naturwissenschaft ansieht und ungefähr das zu leisten beansprucht, was die Physik auf ihrem Felde leistet, so vergisst sie, dass wir der äusseren Erfahrung ganz anders gegenüberstehen als der inneren, dass die Ergebnisse dieser immer dürftig und lückenhaft bleiben. Wenn ein junger Mensch sich der Psychologie nähert, so hofft er befriedigenden Auf schluss über das Seelenleben zu erhalten, diese Hoffnung aber kann die empirische Psychologie nimmermehr erfüllen. Sie lehrt dieses, sie lehrt jenes, ihre Lehren sind zum Theile auch practisch werthvoll, aber man wird nicht satt dabei. Scheinbar steht alles herrlich, überall wird mit dem grössten Eifer ge arbeitet, auf der ganzen Erde entstehen psychologische Labora torien, und die Literatur ist zu einem kaum mehr übersehbaren Strome angeschwollen. Aber alles, was herauskommt, ist, derb gesagt, Kleinkram. Wäre es so, dass die Häufung der Er örterungen und Versuche nur die nothwendige Vorarbeit wäre, dass man es mit der Masse zwingen könnte, so wäre ja alles gut, aber in Wirklichkeit gelangt man auf dem jetzt ein geschlagenen Wege nie zum Ziele, weil die Lücken unserer Einsicht auch durch eine bis ins Unendliche vermehrte Klein-