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nisse sind erlangt worden, wo man früher nur das Dass wusste, weiss man jetzt vielfach das Wieviel und das Wielange, aber alle Fortschritte liegen auf dem kleinen Gebiete, das uns bei innerer Betrachtung als hell erscheint. Dieses ist nicht grösser geworden, und das dunkle Reich ist nicht kleiner geworden. Der grösste Fortschritt ist offenbar der, dass die Erkenntniss unseres Nichtwissens gesteigert worden ist. Ich bin kein Anhänger E. v. Hartmanns, und kann die Art, wie er den Begriff des Unbewussten verwandt hat, nicht billigen, aber der Nachweis, den er als ganz junger Mann geführt hat, dass und wie wir überall auf Vorgänge stossen, die mit den seelischen Zusammenhängen und doch für uns unbewusst sind, dieser Nachweis wird für alle Zeiten ihm ein Denkmal sein*). Es wäre gut, wenn sich die Naturkundigen, an die ich mich vornehmlich wende, mehr als bisher darum kümmerten, und die absprechende Weise, mit der in ihren Schriften Hartmann nicht selten behandelt wird, scheint mir ein Zeichen der Unkenntniss zu sein Soviel ist sicher, die empirische Psychologie scheitert am Begriffe des „Unbewussten“. Sie muss entweder darauf verzichten, Wissenschaft vom seelischen Leben zu sein, oder sie muss über die Empirie hinausgehen und der Metaphysik die Hand reichen. In jenem Falle ver zichtet sie auf die Erörterung der Fragen, die den Menschen eigentlich interessiren und geht in der Kleinarbeit auf, zu der ihre Kraft reicht- Vielfach ist es thatsächlich so gekommen. Viele Psychologen setzen ihren Stolz darein, auf alle philoso phischen Fragen zu schweigen und sie als nicht wissenschaft lich abzulehnen; sie wollen lieber im Kleinen treu und genau sein, als sich mit Vermuthungen ein lassen. Jedoch der Skep- ticismus ist eine schwere Sache. Am Ende können die stolzen Empiriker doch nicht ohne Hypothesen leben, sie machen welche, ohne viel zu fragen, und nicht selten behandeln gerade Die, die die Metaphysik am meisten verachten, in naiver Weise ihre eigene Metaphysik als selbstverständliche Voraussetzung. Die Anderen, die die heutige Thätigkeit der Psychologen zwar *) Inzwischen ist der grosse Mann gestorben. In ihm war mehr Philosophie als in einer Anzahl von Fakultäten.