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Die Hoffnungslosigkeit aller Psychologie. 29 uns kalt, die anderen aber erregen lebhaftes Verlangen oder lebhafte Abneigung. Bei näherer Betrachtung sieht man, dass sich die Umstände, die unser Interesse erregen, in Gruppen sondern lassen, dass wir nach bestimmten, aber verschiedenen Richtungen getrieben werden. So viel wir Ziele des Treibens unterscheiden können, so viel Triebe zählen wir auf. Dass wir von verschiedenen, mehr oder weniger selbständigen Trieben mit Recht reden, ergiebt sich nicht nur daraus, dass die Triebe nach Gattung, Art, Geschlecht, Individuum, Lebens alter verschieden entwickelt sind, und zwar in ganz ver schiedenen Verhältnissen, sondern auch daraus, dass die eine Triebrichtung mit der anderen in Widerstreit kommen kann, und je nach den Umständen der Sieg sich bald dahin, bald dorthin neigt. Zuletzt bemerkt man, dass die Triebe sich mit der Zeit verändern, aber von der Erfahrung mehr oder weniger unabhängig sind, und dass ihre Ziele vernünftig sind, das Trieb handeln zweckmässig ist, wir mögen es wissen oder nicht. Bei alledem ist uns die Thierbeobachtung vom allergrössten Nutzen. Weil der Mensch sich für ein ens rationale hält, bildet er sich gern ein, seine Handlungen seien seiner Einsicht und Erfahrung zu verdanken, und seine Zwecke seien Ergebniss seiner Ueberlegung. Hätte nicht die Beobachtung gerade der niederen Thiere, besonders der Insecten gezeigt, es gebe ein zweckmässiges Handeln ohne Kenntniss des Zweckes, wir würden es nie glauben. Aber gerade bei den Insecten muss der Beobachter einsehen, dass die individuelle Intelligenz un möglich das Handeln erklären kann, denn auch eine mensch liche Intelligenz würde hier nicht ausreichen. Ebenso erkennt man bei den Thieren mit der grössten Sicherheit, dass die Thätigkeit des Triebes und der Erfolg nicht von der Erfahrung abhängen. Erst dann, wenn der Blick durch die Thier beobachtung geschärft ist, vermag der Beobachter die mensch lichen Selbsttäuschungen zu durchdringen und zu erkennen, dass es sich auch beim Menschen in der Hauptsache so verhält wie bei den Thieren. Ich will das Gesagte nur an einigen Beispielen deutlich zu machen suchen. Einer der Haupttriebe Der Lebens- t i • • tt* • p • . trieb oder dia ist der Lebenstrieb oder, wie man in Hinsicht auf seine wich- Furcht, tigste Kundgebung sagen kann, die Furcht. Die Psychologen