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Die Hoffnungslosigkeit aller Psychologie. 27 eines vernünftigen Wesens gleicht. Begreiflicherweise verfällt man auf Gefühle (ahnende, warnende, treibende), obwohl damit allein nicht viel erklärt ist. Denn eine Aneinanderreihung von Gefühlen würde nichts Brauchbares liefern, es muss ein Band sie verknüpfen und zu dem Analogon einer logischen Folge machen. Wenn die Association die Hauptsache wäre, wie die materialistischen Psychologen gelehrt haben, sodass eine Vor stellung nach bekannten Regeln die andere hervorriefe, so käme wohl eine Reihe von Bildern, ein waches Träumen zu Stande, aber nicht eine nützliche Thätigkeit. Dazu gehört ein auf das Ziel gerichteter Wille, der vergleicht und das Geeignete aus wählt. Es ist gar nicht nöthig, weiter auf Einzelheiten und Anekdoten einzugehen. Das Thier muss sich überall den Um ständen des einzelnen Falles anpassen und danach sein Benehmen ändern. Es muss daher, obwohl es im Allgemeinen vom Triebe geleitet wird, eine persönliche Thätigkeit entfalten. Schneidet man z. B. einem Thiere seinen Weg zum Futter ab, so wird es einen anderen Weg suchen. Wir haben also einen auf das Futter als Ziel gerichteten Willen und ein Streben nach dem Wege als Mittel. Wie gross die Anpassungsfähigkeit ist, hier also die Zahl der möglichen Wege, das ist bei den ver schiedenen Thieren verschieden, und wir unterscheiden danach kluge und dumme Thiere, aber ein gewisser Grad von An passungsfähigkeit ist immer da und damit ein zweckmässiges persönliches Handeln. Es muss daher ein Analogon mensch lichen Denkens, eine die ratio ersetzende Thätigkeit im Thiere geben. Wie sie sich darstellt, das wissen wir nicht, und das werden wir nie wissen, aber das für uns nicht Erfassbare ist trotzdem da. So erscheint uns die Vernunft des Menschen nicht als ein ganz Neues, als ein auf räthselhafte Weise aus nichts Entstandenes, sondern als eine neue Form, als eine Um formung von Etwas, das schon vorher da war und im eigent lichen Wesen der Vernunft glich. Der vernünftige Geist ist nicht in den Menschen hineingefahren, sondern er hat sich in ihm entfaltet. Irrt der Rationalist nach der einen Richtung hin dadurch, dass er das Thier herabdrückt, in dem er ihm das Analogon der Vernunft abspricht, so irrt er auch nach der anderen Richtung, indem er den Menschen als durchaus ver-