wohnlich soll der Ausdruck soviel bedeuten wie Thierpsycho logie. Die grosse Schwierigkeit, die dem Eindringen in die Thierseele entgegensteht, ist nicht das Fehlen der sprachlichen Verständigung, sondern die Verschiedenheit der Organisation. Der naive Mensch denkt freilich anders. Soweit wie er das Thier ihm selbst einigermaassen ähnlich findet, denkt er sich in das Thier hinein und nimmt etwa nur den Unterschied an, dass das Thier noch etwas dümmer sei als er. Sobald wie ihm aber die Unähnlichkeit zu gross wird, so verfährt er wie mancher moderne Gelehrte, d. h. er will dann überhaupt nichts mehr von Seele wissen, er ignorirt sie wenigstens gänzlich im Gewürm und Ungeziefer. Diese Anschauung ist in manchen Sagen anmuthig ausgedrückt, wie in der vom Ringe des Königs Salomo, dessen Träger die Sprache der Thiere (d. h. der Wirbel- thiere) versteht und mit ihnen verkehren kann wie mit Seines gleichen. Der wissenschaftliche Fortschritt besteht darin, dass an die Stelle des naiven der besonnene oder kritische Anthropomor phismus gesetzt wird. Grundsätzlich jedoch können wir den Thieren nicht anders gegenübertreten als Menschen fremder Zunge. Immer handelt es sich um Analogieschlüsse aus der Körperform, dem Gesichtsausdrucke, den Ausdrucksbewegungen überhaupt und den Handlungen. Die Kritik lehrt die Ver meidung voreiliger Schlüsse, die peinlich genaue Vergleichung durch genügend lange Zeit und die Anwendung des Versuches, der zweckmässigen Fragestellung. Eine zwar secundäre, aber doch wichtige Hilfe gewährt die Gehirnanatomie. Bei der menschlichen Psychologie hat die Anatomie bisher noch nicht viel geholfen, weil man noch nicht gelernt hatte, feinere Unter schiede zu verwerthen. Beim Vergleiche aber zwischen Menschen- und Thiergehirn sind die Unterschiede so gross, dass, wenn man nur einigermaassen über den Bau und die Be deutung der einzelnen Theile orientirt ist, das Fehlen oder die starke Entwickelung bestimmter Theile der psychologischen Prüfung gewisse Fingerzeige geben kann, oder vor bestimmten psychologischen Annahmen warnen kann. Die Thierpsychologie ist wegen ihrer Schwierigkeit, die oft zu Irrthümern, selten zu Gewissheit führt, oft scheel an gesehen worden. Jedoch wäre ohne sie nicht nur unsere Kennt- Thier- Psychologie.