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1580 land eines Wörterbuches theilhaftig würde, welches dann von gleicher Autorität für die Schriftsprache wäre, wie in Frankreich dervictionsire äe l'Lcaäemie. So lange Deutsch land eines solchen Schmuckes entbehrt, wird eine Gleichmäßigkeit in den Schreibarten nie entstehen, wird z. B. das Schwanken zwischen dem K und C und anderen Buchstaben mehr, nie aufhbren. Der Grundsatz: alle der lateinischen Sprache entlehnten Wörter sind mit einem C, alle der griechischen Sprache entnommenen dagegen mit einem K zu schreiben, klingt wohl recht gut, ist aber durchaus unpraktisch und steht, schon aus dem Grunde, weil uns beide Sprachen Wörter geliefert haben, die jetzt als deutsche zu betrachten sind, einer allgemeinen Orthographie hindernd ent gegen, weil mit der Huldigung einer solchen Ansicht die Gleichmäßig keit durchaus noch nicht bedingt ist. Mit den beiden Buchstaben K und C, und wenn man noch so konsequent mit ihrer Anwendung verführe, ist, im Ganzen genommen, noch nicht genug für die deutsche Sprache gethan, denn die griechische Sprache namentlich bietet uns noch andere, z. B. das O und dar, die wir nur entweder durch die Anwendung doppelter oder zusammengesetzter Buchstaben, als: PH und CH, entsprechend benutzen kön nen, dafern man es nicht vorzieht, die ihnen dem Laute nach passendsten, also das F und K, wie z. B in den Wörtern Filosofie und Ka- rakter dafür zu gebrauchen. Doch nach welchem Grundsätze sollte nun hier verfahren, wie hier eine Gleichmäßigkeit für die Schreibarten in der deutschen Sprache erzwungen werden, so lange Schriftsteller sich nicht ent schließen, solche Fremdwörter nach dem Laute der deutschen Sprache zu schreiben? Aber auch selbst die Benutzung des F und K anstatt des PH (<d) und CH (Ls) würde noch zu keiner Gleichmäßigkeit führen, da auch andere Sprachen der unsrigen ein Contingent von Wörtern gestellt ha ben, die als eingebürgerte deutsche geworden sind, und welche Regel sollte und könnte nun für diese maßgebend werden? Keine! Jede Aufstellung einer neuen Regel bezüglich fremder in unsere Sprache übcrgegangencr Wörter würde uns aus einem Dilemma in ein anderes treiben. Lassen wir nun nie außer Augen, daß jede Sprache bestimmt und berechtigt ist, eine andere zu bereichern — denn Niemand wird doch in Abrede stellen wollen, daßWdrtec wie Jntrigue, Avis, Porto, Publicum, Capital, Phi losophie, Officier, Concerk und andere mehr nicht eingebürgert wä ren? Würden nun aber wohl solche und ähnliche Wörter, oder würde etwa gar die deutsche Sprache darunter leiden, wenn man nach dem gewiß lobcns- werthen Grundsätze: Sprich, wie Du schreibst! z. B. die Wörter Publikum, Kapital, Filosofie, Offizier, Konzert und nicht wie oben angegeben schriebe? Nimmermehr, nur gewinnen könnte die deutsche Sprache durch eine solche Schreibart. Man lege einmal einem Sprachen unkundigen Manne, der niemals das Wort „Concert" aus sprechen hörte, dasselbe so geschrieben vor, damit er es aussprechc und zu versichtlich wird er cs „Konkcrt" oder „Zonzert" aussprechen, dagegen Konzert geschrieben wird er es lesen und aussprcchen wie es sich ge hört. Folgerichtig kann «man von diesem einen Falle auf hundert andere schließen. Würde es nun den Herren Verlagsbuchhändlern und Buchdruckerei besitzern mit Hülfe tüchtiger Fachgelehrten gelingen, ein ausschliesslich maßgebendes Wörterbuch für die Schriftsprache in das Leben zu ru fen , so müßte ein solches Werk gewiß bald seinen wohlthätigen Einfluß bezüglich einer allgemein gleichmäßigen Orthographie in allen deut schen Ländern geltend machen. Hieraus folgte dann aber selbstverständ lich, daß sofort auch die verschiedenen Schreibarten der Schriftsteller nicht mehr für Schriftsetzer und Korrekto ren maßgebend sein könnten. Die inkonsequente Schreibart in fast allen Manuskripten, seien sie nun von den Herren Verfassern selbst ge schrieben oder von ihnen dictirt, rechtfertigt eine solche Anforderung mehr als hinlänglich. Das hartnäckige Verlangen einiger Auroren, ihre Orthographie als ausschließlich geltend beim Verkauf des Manuskriptes mit in den Kauf zu geben, kann einerseits nur als eine Grille, anderer seits als eine Ungerechtigkeit betrachtet werden; — als Grille verdient ein solches Verlangen keine Berücksichtigung, ungerecht ist es aber, weil es beleidigend ist für einen tüchtigen Korrektor. Es versteht sich von selbst, daß hier nur die Rede von Korrektoren sein kann, die gleichzeitig auch wirkliche Gelehrte sind, nicht aber von sogenannten Korrektoren, sol chen, denen Grammatik, Logik, Stplistik und Sprachkcnntniffe böhmische Dörfer sind, und die auch von dem Technischen des Faches, als der Kennt- niß der Schriftarten, oder der typographischen Erfordernisse überhaupt, nicht einen Begriff haben. Jeder Schriftsetzer hat zuversichtlich die Er fahrung gemacht, daß viele, ja sehr viele mangelhafte, mit einem Worte undruckfertige Manuskripte in die Ofsicincn kommen, die erst der Korrektor stulisiren, also auch erst druckfertig machen muß, und dies gilt nicht etwa blos von populären Schriften, deren Verfasser keine Ge gehrten waren, sondern auch von Werken, deren Verfasser Titel führen und 109 die nicht nur Gelehrte heißen, sondern auch sein wollen und als Ver fasser sich cinbilden, weit über den Korrektoren zu stehen, während letztere doch in der Thal erst das Erscheinen ihrer Werke durch das An legen ihrer Feile möglich machen; es ist daher die Redensart: Ein guter Korrektor wiegt zehn mittelmäßige Schriftsteller auf, wohl mehr als ge rechtfertigt. Weil es nun aber einmal in Deutschland noch keine Offici- na l - Or th ograp hi e — man gestatte mir diesen Ausdruck — giebt, so ist dem Korrektor gerade erst recht freie Hand zu lassen, denn nur da durch kann wenigstens das zu erscheinende Werk die größtmöglichste Kor rektheit, eines jeden Buches schönste Zierde, erhalten. Um die größtmöglichste Korrektheit zu erzielen, dürfte Fol. gendes zu beherzigen sein. Besteht ein Herr Verfasser auf Lesung einer Korrektur — was in der Regel nur deshalb geschieht, um etwaige» Ver nachlässigungen nachzukommen; denn bei einem strcng-druckfcrtig geliefer ten Manuskripte ist ein solches Begehren nicht nur unnöthig, sondern auch, weil zeitraubend, störend — so ist ihm nur die erste Korrektur zu ge statten, damit ec, abgesehen von seinen etwaigen Abänderungen, hinsicht lich der Orthographie nöthigenfalls maßgebend für den Korrektor werde. Daß das Manuskript durchgehend deutlich, vorzüglich in Bezug auf Fremd wörter und Eigennamen, geschrieben sei, sollte eine unerläßliche Bedin gung jeglichen Verlegers sein. Daß. vermöge der Lesung einer solchen er sten Korrektur für den Verfasser keine Verbindlichkeit für die Korrektheit des Werkes entspringt, versteht sich von selbst, doch ist nach der Lesung des Verfassers seine Korrektur nicht sogleich der Druckerei, sondern erst dem für das Werk bestimmten Korrektor zu übergeben- Die zweite, so wie die dritte Korrektur oder die Revision, find dagegen nur dem Kor rektor auszuantworten und letztere sogar in doppelte» Abzügen, von de nen der eine dem Korrektor zu überlassen ist, damit er sowohl wegen etwaiger Verweisungen oder wegen nöthig werdender Nachschlagungen so fort im Stande ist, seine etwaigen Zweifel, mögen sich diese nun auf eine früher angcwendetc Schreibart oder auf Namen beziehen, sofort beseitigen könne, und endlich auch deshalb, um sich überzeugen zu können, daß auch von Seiten des Setzers die strengste Beobachtung seiner Signaturen stattfinde. Dem Verfasser die Revision zu überlassen, heißt dem Korrektor muthwilliger Weise Ungewißheit und dem Setzer oft unnbthige Arbeit be reiten, denn Letzterer wird dadurch leicht in den Fall versetzt, Das in der Revision wieder ändern zu müssen, was er in der entsprechenden Korrektur erst nach der Signatur des Korrektors geändert hatte. Je öfter eine Korrektur durch die Hände eines einzigen Correctors geht, desto korrekter wird das Werk in seiner Gesammtheit wer den. Wie leicht entgeht nicht dem Auge des Verfassers Das, was dem geüb ten Auge eines strengen Korrektors niemals, oder doch nur äußerst selten entgeht. Daher kommt es, daß man in einem und demselben Werke bald dies dieß, deswegen deßwegen, weshalb wcßhalb, seyn sein, blos bloß, Misbrauch Mißbrauch, Schoß Schooß Schoos, Maß Maaß Maas, Be- wundrung Bewunderung, Umneblung Umnebelung und Anderes mehr fin det, was, wenn es auch nicht geradezu falsch — da alle diese Schreibarten Vorkommen — doch unangenehm für das Auge des Lesers ist. Was hier von der verschiedenen Schreibart einzelner Wörter gesagt wurde, gilt auch von der Abthcilung vieler Wörter, wo man z. B. bald Aufcrstch— ung oder Aufcrste —hung, bald Entwickel—ung oder Entwiche—lung u. a. m. abgctheilt findet; — von falsch geformten Wörtern, die die Alltags- fprache gewissermaßen sanctionirt hat, als: Gesckicht(s)forscher, Aufcrstc- hunq(s)tag, so wie von den Rücksichten für typographische Schönheit, z. B. eine einzige Sylbe eines längeren Wortes am Ende einer Zeile stehen oder auf der letzten Zeile einer Kolumne einen neuen Paragraphen beginnen zu lassen, sei hier nur vorüber gehend und andeutungsweise gesprochen. So schließe ich denn diese flüchtige skizzenhafte Abhandlung über ein so wichtiges Thema — weit entfernt zu meinen, hier ausschließlich etwas Neues gesagt zu haben — mir dem Wunsche, daß bald ein Man» auf- treten möge, der den ersten Schritt thue, um, vereint mit Vielen, dahin zu wirken, daß dem Bedürfnisse nach einem für die deutsche Schriftsprache allein gültigen Wörterbuch? baldigst Genüge geschehe. — Sein Verdienst würde kein kleines und sein Name unvergeß lich sein. Leipzig, d. 12. Deccmber 1850. Ferdinand Backhaus. Erwiderung. Nr. 107, S. 1540 des Börsenblattes berichtet angeblich aus einem (?) Frankfurter Blatte/' daß zwischen Herrn Hendschel, dem Vers, des Tele graphen und dem „Herausgeber" des bei Unterzeichnetem erschienenen Koursbuches „eine Kontroverse über beide Unternehmen sich erhoben hat," daß Herr Hendschel „darin nachweist, daß die Idee und Ausführung seine Idee und sein Geistes-Eigenthum sind, während die Berliner Ausgabe