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VMÄMMmRlltsckmVMmM Nr. 45 (R. 22). Leipzig, Sonnabend den 22. Februar 1930. 87. Jahrgang. ReÄMrorreller TU Bekanntmachung. Dem Werbeausschuß des Börsenvereins Hai in seiner Sitzung vom 4. Februar der Programmentwurf zu einer vom Bayerischen Fachschulverein mit finanzieller Unterstützung des Börsenvereins für die Zeit vom 2.—6. Juni in München geplanten Kursus woche über „Deutsche und ausländische Buchwerbung" Vorgelegen. Sobald das Programm in allen Teilen feststeht, wird es im Börsenblatt veröffentlicht werden. Wir stellen den Kreisvereinen, insbesondere den benachbarten, anheim, den in diesem Jahre nach Süddeutschland verlegten Kursus durch Empfehlung an ihre Mitglieder und Bereitstellung von Zuschüssen zu fördern (s. auch die Notiz unter den „Kleinen Mitteilungen", S. 189 der vorliegenden Nummer). Leipzig, den 21. Februar 1930. Der Gesamtvorstand des DörsenvereinS der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Der deutsche Buchhandel in Brasilien. Es erscheint kaum möglich, für Brasilien alle die Wege zu beschreiben, auf denen das deutsche Buch in deutsche Hände ge langt. In vielen Städten und Orten, auch im Innern des Lan des, werden gewiß deutsche Bücher verkauft, ab und zu in deut schen, seltener in brasilianischen Buchhandlungen, oft aber auch in Läden, die ganz andere Sachen als Bücher führen. Im Süden Brasiliens sind Wohl die Firmen Rotermund L Co. in Säo Leo- poldo und Krähe L Co. in Porto Alegre, die bedeutendsten Ver treter des deutschen Buchhandels. Die erstgenannte Firina hat auch Schulbücherverlag und Druckerei. Nun besteht hier nicht die Absicht, die verschiedenen Buch handlungen aufzuzählen und jeder gerecht zu werden, vielmehr soll versucht werden, die Eigentümlichkeiten und Schwierigkeiten im hiesigen Geschäft und im Verkehr mit dem Heimatland, die durch Entfernung und andere Ursachen bedingt sind, zu schildern. Der Betrieb kann in verschiedenen Städten Verschiedenheiten aus- weisen, doch bleiben die Hauptzüge dieselben. Rio de Janeiro hat ungefähr l 999 099 Einwohner, dar unter nur 5 bis 10 099 Deutsche. Säo Paulo, Hauptstadt des gleichnamigen Kaffee-Staates liegt etwa 790 Meter über dem Meeresspiegel, hat ein weniger heißes Klima als Rio und andere Küstenstädte und ist deshalb das Ziel vieler germanischer Aus wanderer. Einwohner hat es 8 bis 900 090, darunter 30 bis 40 000 Deutsche. In diesen zwei Städten finden wir die beiden deutschen Buch-, Musilalien- und Kunsthandlungen, die mit ziemlicher Sicherheit seit mehreren Jahren als die bedeutendsten in ganz Brasilien bezeichnet werden können und durch die ein Aufschwung des deutschen Buchhandels dort erkennbar ist. Das Rio. Elftere führt ja hauptsächlich deutsche Bücher, aber auch portugiesische, spanische, amerikanische und englische und dazu Schreibwaren, die lavraria Lllsinä in Rio fast ausschließlich deutsche Bücher, beide auch Zeitungen und Zeitschriften. Laut Angaben, die ich von den beiden Häusern im Herbst 1929 bekam, wurde das Lager der Buchhandlung in Säo Paulo auf etwa 200 090 RM. geschätzt mit einem Jahresumsatz von 3S0 000 RM., das Lager der Buchhandlung in Rio auf ungefähr 130 000 RM. mit einem Jahresumsatz von 180 bis 200 Tausend RM. Es sei mir gestattet, die Entstehung und Entwicklung dieser beiden Häuser kurz zu beschreiben. Im Jahre 1913 wurden von zwei jungen Deutschen in Säo Paulo eine deutsche Buchhandlung mit dem Namen luvrariu Idausallaotica und eine Annoncen expedition genannt Edanee (das Wort ist gebildet aus den An- Max Röder, Erster Borsteher. fangsbuchstaben von: liixpockieZo cko Lnuuncios noctovaos o esirun- gsiros), Leide unter der Firma Frischkorn, Will L Co., gegründet. Die Anfänge waren bescheiden, die Zukunftspläne groß. Kleine Bücherbestcllungen gingen nach Deutschland, an Walter Bangert, Hamburg, später auch an Halem, Bremen, und Koehler L Volck- mar, Leipzig. Bücher und Zeitschriften kamen an, wurden ver trieben oder unter der Hand verkauft. Ein Laden bestand noch nicht. Der Name »Edanee» wurde sehr freundlich ausgenommen, er war für alle leicht auszusprechen und doch mit einem fremden Klang und es ergab sich später als selbstverständlich, daß auch umgetauft wurde. 1914 kam der Krieg und die beiden Unternehmer wollten nach Deutschland zu den Fahnen eilen. In Santos gingen sie an Bord eines holländischen Dampfers, der aber schon in Rio de Janeiro Order bekam, keine deutschen Reservisten mitzunehmen. Es hieß also bleiben wo man war. Dies mar Anfang August 1914. Die Schwierigkeiten für die Deutschen setzten jetzt ein und wurden noch größer, als auch Brasilien später in den Krieg hin- eingczogen wurde. Von den Inhabern der Firma zog sich einer zeit weilig aufs Land zurück, der andere tat sein Bestes, um das junge Geschäft am Leben zu erhalten. Sowie der Krieg zu Ende war, gingen die beiden Inhaber mit Begeisterung wieder zusamnien ans Werk, und nun ent wickelten sich die beiden Geschäfte überraschend schnell. Dabei wurde in erster Linie an die Buchhandlung gedacht. Un ermüdlich wurde gearbeitet, und zwar mit Erfolg. Personal wurde eingestellt und die Geschäftsräume vergrößerten sich all mählich. Als man in Säo Paulo sich bald fest im Sattel fühlte, wurde»eine Filiale in Santos eröffnet. Das Jahr 1919 ist offi ziell als Gründungsjahr angegeben, weil die Firma wohl erst in jenem Jahr ins Handelsregister eingetragen wurde. Ende 1920 beschloß man, auch in Rio de Janeiro eine Filiale zu eröffnen. Herr Frischkorn blieb in Säo Paulo. Herr Will ging nach Rio. Dort war seit vielen Jahren keine deutsche Buch handlung, und die Gründung wurde deshalb von den Deutschen und teils auch von den Brasilianern sehr begrüßt. Auch hier wurde klein angefangen. Ein paar sehr bescheidene Bücherregale standen an der Wand in dcni kleinen Zimmer im zweiten Stock, das für die ersten Monate als Geschäftslokal diente. Bald ivaren zwei Zimmer nötig und nicht lange danach wurde ein ziemlich großer Laden im Parterre gemietet und ein Beamter nach dem andern wurde angestellt. In diesen ersten Jahren nach dem Krieg, wo Angestellte öfter als sonst dahin kamen, wohin sie eigentlich nicht gehörten, ist es erklärlich, daß nicht alle, die im Buchhandel Arbeit suchten, auch Buchhändler waren oder es 185