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— 27 — Gesichtes und Gehörs, und diese scharfen, inneren Sinne sind mehr als alles, was wir unter „Geist“ verstehen, befähigt, die Schätze zu entdecken, die in den Mayschen Büchern verborgen liegen. Der seelische Blick ist schärfer als der geistige. Daher kommt es, dafs eben gerade in seelischen Dingen das Kind oft mehr als der Vater sieht, der Schüler mehr als der Lehrer, dem das Seminar oder das Gymnasium oder sonst eine Mittelschule die künst liche Brille auf die Nase gezwungen hat. Und wie die Jugend wahrer, genauer und naturgemäfser empfindet, so ist sie auch viel leichter enthusias miert und gibt sich all den Regungen, die sie als edel, grofs und schön empfindet, mit impulsiver, reiner Wärme hin. Hierdurch, eben nur hierdurch ist es möglich, dafs die Werke von Karl May, die nur für Erwachserie geschrieben sind,, bei der'Ju gend eine ebenso grofse und fast noch frohere Aufnahme finden, als bei den Alten selbst. Und hieraus erklärt sich auch der ungemeine erzieh liche Einflufs, den diese Bücher auf die Jugend äufsern. Das Geheimnis dieses Einflusses ist, wie bereits gesagt, nur dadurch zu erklären, dafs May sich ganz ausschliefslich und allein nur an die Seele wendet und diese aber gleich so fest, so innig und aufrichtig wohlwollend an sich zieht, dafs es ihr gar nicht einfallen kann, ihn wieder zu verlassen. Er belästigt sie mit nichts, was ihr widerstrebt. Er fordert von ihr vor allen Dingen weiter nichts, als nur reije, unverschrobene Menschlichkeit, und die ist sie ja selbst! Er verschont sie mit all den mannigfachen Streitigkeiten und hat dabei die grofse, seltene Gabe, trotz alledem stets nur Hochwich tiges zu behandeln und nie interesselos zu wer den. Es ist nicht wahr, dafs er religiöse Trümpfe ausspielt. Er verschweigt nicht, ein gläubiger Christ zu sein, aber er achtet auch jeden anderen