Einleitung. In meinem Shakespeare vor dem Forum der Jurisprudenz und in dem Nachworte dazu habe ich bereits eingehende Erörter ungen über die Blutrache und ihre Entwickelung bei den ver schiedensten Völkern gegeben. Dass das Institut eines dergross artigsten und fruchtbarsten, und zugleich eines der universellsten Institute ist, welche überhaupt die Rechtsgeschichte aufweist, dass es die historische Quelle des ganzen Strafrechtes bildet, wird heutzutage Niemand mehr bestreiten. Sache der Wissen schaft ist es nun, die Entwickelung der Institution in ihren ein zelnen Zügen näher zu verfolgen und eine Detailschilderung ihrer Geschichte in den verschiedensten Stadien des menschlichen Kulturlebens zu bieten — eine Detailschilderung, wie sie natür lich in meinem Shakespeare, wo der universalhistorische Zug die Hauptsache war, nur angedeutet werden konnte. Man wird vielleicht erwarten, dass ich an dieser Stelle auf die mannigfachen Einwürfe gegen meine Hamletaufassung er widere. Ich thue dies nicht. Die Einwürfe, die vom ästhetischen Standpunkte aus gemacht worden sind, beruhen zumeist auf solchen Missverständnissen der hauptsächlichsten ästhetischen Principien, dass die Erwiderung nicht hier, sondern demnächst in einer ästhetischen Schrift erfolgen soll. Auch hier gilt es: „weh dir, dass du ein Enkel bist“ — wie sehr sind wir in dramatischen Fragen von dem Zeitalter unserer grossen Dioskuren entfernt; und wie sehr würde Goethe