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Aber du redest laut im Eifer deines Philosophierens, dein Unterkiefer bewegt sich wie im Takt zu jedem Worte an deinem Schädel und im Sturm der Debatte haut deine Faust auf den Tisch. Von alle dem hat das Neunauge trotz seines Gehirns und Schädels wieder noch nichts. Es hat keine Kiefer im Maul, es hat nicht den leisesten Ansatz am Leibe zu irgend welchen Gliedmaßen. Der Haifisch ist das erste Wirbeltier, mit dem du jetzt wieder diese Dinge teilst. Ein uraltes wildes Räubervolk beleben die Haifische noch heute alle unsere Meere. Als der Mensch Seefahrer wurde, lernte er den Hai zuerst mit Grausen kennen. Wo ein Schiffer über Bord fiel, da schoß ein Ungetüm in Fischesgestalt auf ihn los und riß ihm mit dem Biß furchtbarer Zähne die Glieder vom Leibe. Das Wort „Menschenhai" wurde gebildet, ein Schreckwort aller, die an die See dachten. Und doch liegt in dem Worte noch ein geheimerer Sinn als Schrecken und Gefahr für das Menschenkind, das in des großen Fisches Element gerät. Ein viel tieferes, bedeutsameres Band verknüpft Mensch und Hai und läßt uns vom Menschenhai reden. Deine schwellenden roten Lippen, hinter denen die weiße Zahnkette wie ein kleines Schneegebirge blinkt — und weise Philosophenworte hervorqnellend aus diesem Mcnschenmunde: und dann ein Haifisch-Rachen! Es scheint der äußerste Gegensatz. Und doch ist es eigentlich gerade ein Haifisch-Nachen, was du besitzt. Von allen Tieren der Haifisch zuerst zeigt dieses Gebilde eines Ober- und Unterkiefers. Von ihm an war das in der Welt. Bis zu ihm war der Mund ein Loch einfach am vorderen Ende des Darmes. Von ihm ab geht dieses Loch durch ein kompliziertes, schließlich knochenhartes und bewegliches Werkzeug. Der Haifisch ist der eigentliche Erfinder der Schnauze, des Schnabels, des Maules — des Mundes, wie grob oder liebenswürdig du die Sache nun nennen willst. Und er ist noch mehr, was dich angeht, ist noch in mehr Punkten ein wahrer Menschenhai.