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und Liebe für Schönheit, für bunte Federpracht Also dieses Weibchen etwa des kleinen Königsparadiesvogels, dieses lebenslängliche und ewig neu geborene Aschenbrödel in Kaffee braun und Unscheinbarkeil: wir müssen gewärtigen, daß es auch noch weiß, daß es häßlich nnd der Herr Gemahl ein Juwel an Farbenschöne sei. Oder sollen wir etwas anderes annehmen, im Grunde noch bitterer? Soll das Weib des Paradiesvogels keinen Schönheitssinn besitzen, während der Mann ihn hat? Es wäre die alte Schicksalsfrage: was besser sei, ewig blind und dumm sein — oder sehen und sich sehnen, aber ohne Erfüllung. Schließlich doch eine Wahl, bei der man sich entscheiden kann, ob man vom Tiger gefressen werden oder in den Abgrund springen will. Übrigens zeigen die Thatsachen bei dem Laubenvogel gar nichts von solcher Trennung des Schönheitssinns von Mann und Weib. Beide Gatten vergnügen sich an der Hochzeitslaube wie spielende Kinder. Man sieht von da aus nicht ein, daß es beim Königsparadiesvogel etwa anders sein sollte. Und dann verwirrt sich doppelt nicht nur unsere „Ungerechtigkeit der Natur", sondern es schürzt sich auch ein neues Hemmnis tn der ganzen Schönheitsfrage. Erinnere dich doch: wir waren darauf und daran, uns zu fragen, ob der Paradiesvogel, dessen Gehirn Schönheits empfindungen hegt, nicht sein schönes Federkleid sich etwa gar selbst „gemacht" haben könnte, ähnlich wie Rafael seine schönen Bilder geschaffen hat. Nun sehen wir plötzlich einen Doppel fall innerhalb unseres Paradiesvogel-Beispiels. Angenommen, es haben wirklich beide Paradies-Gatten, das Männlein wie das Weiblein, in ihrem Gehirn Schönheitsgefühle. Beim Manne gelingt es, einerlei zunächst einmal wie, diese Schön heitsgefühle äußerlich in einen herrlichen Federschmuck des eigenen Leibes zu projizieren: der Paradies-Mann wird als solcher ein Juwel an Schönheit. Umgekehrt aber: die Frau