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Naturschöpfung nicht um des Menschen willen allein entstanden sein könne, sondern einen eigenen Selbstzweck der Existenz besitzen müsse. Ich bin auf diese Entdeckungsgeschichte hier so genau ein gegangen, weil sie einen Maßstab dafür giebt, wie dieser Vogel immer wieder gewirkt hat. Der rohe Eingeborene, der geschäfts kühle überseeische Händler, der hausbackene Gelehrte des sech zehnten Jahrhunderts in seiner Apothekerstube daheim, und dann wieder der feinsinnige Philosoph und Naturforscher des neunzehnten Jahrhunderts, sie alle lassen im Anblick dieses Vogels die Tagesarbeit einen Augenblick sinken, sinnen, dichten Märchen; selbst der strenge Forscher sucht eine poetische Ader und philosophiert über Gott und Welt. Worte wie Gott, König, Paradies, Inbegriff der Schönheit werden beschworen, um ihm einen Namen zu geben. Und dabei ist dieser Königs-Paradiesvogel nur einer unter vielen in langer Reihe. Der zierlichste, aber nicht einmal auf fälligste seiner Familie. Da ist in dem bunten Museumsbilde der sogenannte „große Paradiesvogel", eigentlich der bekannteste Typus der Gruppe. Auch er im Grunde noch kein großer Vogel, einer Dohle etwa gleich. Aber die Empfindung der Größe entsteht durch die ungeheuerliche Verschwendung gewisser Federn. Der echte Vogel leib ist beinah schlicht gefärbt, braunrot, nur im Nacken mit einem Goldband und von der Kehle bis über die Augen sammet grün. Aber an den Seiten dieses Leibes, unter den Flügeln, an einer Stelle, wo man auffallende Federn sonst gar nicht erwartet, ergießt es sich wie eine riesige Welle wogenden Goldes, der eigentliche „Paradiesschweif", dessen köstliche Federn überall geschätzt sind, der thatsächlich an dem Vogel bloß lose daran