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Das Dresdener Museum besitzt einen Schatz, für den Naturfreund an Rang sehr wohl vergleichbar jener nahen welt berühmten Schatzkammer des „Grünen Gewölbes" mit ihren gleißenden Edelsteinen, die jedermann kennt. Kaum daß du dich in das Labyrinth der Glasschränke voll zoologischer Selt samkeiten etwas vertieft hast, zwischen schwarzhaarigen Gorilla- Leibern und zu Häupten ein ungeheueres, die Decke entlang gezogenes Skelett des Finn-Walfisches, — so liest du auf einer Tafel mit einem Richtungspfeil: „Zu den Paradiesvögeln." Das ist der Schatz. Gewaltige Spiegelscheiben, — und dahinter ein Schimmern und Gleißen der wunderbarsten Farben und Formen, ein leuch tender Regenbogen, in wechselnden Lichtern gebrochen auf dem Federkleid tierischer Gestalten. Und das also jetzt eine der reichsten Sammlungen der Welt von jener Gruppe rabenähn licher Vögel, die der gläubige Sinn einst in romantisch spielen der Zeit einer kindlichen Naturforschung „Paradiesvögel" getauft hat, mit einem jener glücklichen Griffe naiver Phantasie, denen die fortschreitende Erkenntnis doch immer wieder einen Sinn giebt. Es blüht kein Paradies heute auf Erden, auch in keinem entlegensten Tropenwinkel. Und doch ergreift auch den Sinn des schlichtesten Beschauers noch jetzt vor diesen seltsamen Wesen ein dunkles Ahnen, daß es etwas Besonderes um sie sei. Sie sind so schön! Es ist wie ein Aufatmen, wenn du aus all den Fratzen und gaffenden Mäulern der Museumsgründe hier her auftauchst. Das ist ja nicht mehr Wissenschaft hier, — das ist Kunst! Wie vielen mag das auf der Lippe gelegen haben. Dort schwebt, zierlich ausgestopft, einer der kleinsten in der Reihe, der sogenannten Königsparadiesvogel. Ein zartes Tierchen, nicht so groß wie eine Drossel. Aber welches Juwel. Nimm einen Krammetsvogel und tauche ihn an Kopf, Rücken, Schwingen und Schwanz in ein förmlich aufflammendes Zinnober-