Beißen bis hoch in die Welt der Wirbeltiere immer noch gelegentlich wiederkehrt. Der allbekannteste Fall ist bei den Vögeln. Hier ist das eigentliche Begattungsglied durchweg unvollkommen geblieben oder fehlt vielfach ganz. Dafür aber packt der Hahn die Henne im kritischen Moment wie ein Rasender mit dem Schnabel über den Hals, daß man meint, er wolle sie ver schlingen, und wirklich wenigstens mit einer Wucht, daß fast allemal ein paar Federn fliegen. Und bei uns Menschen sogar kann es keinem Zweifel unterliegen, daß gewisse Reminiszenzen an jenes Liebessaugen und Liebesverbeißen noch klar vorhanden sind. Du kennst das wundervolle Gedicht Heines: „Schlachtfeld bei Hastings". Die nackte Leiche des gefallenen Königs Harald kann zwischen Blut und Toten nicht mehr herausgefunden werden. Da ruft man die schöne Edith Schwanenhals, die seine Geliebte ge wesen. Und sie erkennt den König „Auf seiner Schulter erblickt sie auch Und sie bedeckt sie mit Küssen — Drei kleine Narben, Denkmäler der Lust, Die sie einst hineingebissen." Und du brauchst dich nur an jene kleinen violetten Liebes abzeichen eines weißen Hälschens zu erinnern, die der Volks mund als Lutschflecke bezeichnet, um das Neunauge im Menschen wiederzufinden. Eine der einfachen geschichtlichen Wurzeln des Kusses überhaupt wird hierher zurückreichen, ob wohl gerade der Mundkuß in dem früher erwähnten Sinne sich bei uns mit zu vielem verknüpft hat, um noch irgend eine bestimmte Altertümlichkeit rein zu spiegeln. Einerlei indessen, wie hoch diese Rückklänge an die Mundklammerei reichen mögen, — jedenfalls bekam der Körper des Wirbeltiers schon auf der Fischstufe zu dem einen und ersten Klammerorgan, dem Munde, sehr bald energische weitere Klammermöglichkeiten durch die erste Anlage der eigent-