begreiflichen, aber darum niemals vor der Logik gerechtfertigten Mißverständnis müssen wir endlich einmal aufräumen. Das Mene Tekel flammt wahrlich hell genug, wenn dieses Mißverstehen uns den Anblick unseres eigenen herrlichen Körpers verkürzen, die Kerkerwand gleichsam schon über ihn hinweg ziehen will; und wenn vollends gar die ideale Auferstehung dieses Körpers in der Kunst Ketten und Narrenmützen er halten soll, Fluchmale des Hexenspuks und der Unanständig keit. Wenn das marmorne Mannesglied einer ewigen Schöpfung Michelangelos nicht mehr mit reinem Auge gesehen werden darf, so frage ich mich, ob man nicht auch das liebliche Kind lein auf dem Arm der Mutter als unsittlich verbergen und auf tausend unsterblichen Werken übermalen müßte. Denn das Symbol des Liebesaktes steckt in ihm genau so gut wie in dem Mannesgliede. Wenn du aber das Kind bedeckt und die Mutter bis über die Brüste in formlose Gewandung ver hüllt hast, so mußt du endlich auch über ihr Antlitz, ihr Haupt einen letzten Schleier ziehen. Denn auch das Auge ist, wie wir früher besprochen, in seiner Art ein Geschlechtsglied. Das Frauenhaar hat tiefe Gcschlechtszusammenhänge, von denen wir noch reden werden. Verhüllen mußt du die Blumen, die auf Botticellis liebliche Göttin niederregnen, weil sie Zeugungs- glicder sind. Auslöschen mußt du die goldene Sonne, denn sie ist ohne jede Frage das allgewaltige Manncsglied unseres Planetensystems, das mit der Feuchte des Erdcnballes dich und alles Leben seit Urbeginn der Tage gezeugt hat. Sollen die Symbole fallen, so fällt zuletzt die Welt. Aber das wird selber einstürzen wie der Koloß auf thönerncn Füßen, und wenn nicht alle Zeichen trügen, so leben wir schon mitten im Anfang des Endes. Ich glaube an eine Zukunftsepoche einer idealen Reha bilitierung des heute sogenannten geschlechtlich Unanständigen überhaupt. Ja ich erwarte diese Epoche inmitten aller Krisen eines Feigenblatts-Fanatismus mit immer stärkerer Zuversicht