73 Mit dröhnender Stimme bestellte er beim Kellner zwei Soupers. „Erlauben Sie mal eine Frage, Genosse. Sie sind wohl auch bei der Zeitung angestellt?" „Nein, ich bin Bergmann." „Na, so was. Die Bergleute habe ich mir eigentlich Hanz anders vorgcstellt." „Ich arbeite schon s? Jahre unter Tag." „Mit Ihrer Brille?" „Bei der Arbeit lege ich sie ab, obgleich ich stark kurz sichtig bin. Aber vor Ort in der Dunkelheit ist ja auch nichts zu sehen. Die Hauptsache ist, das man tastet." „Nun, da will ich mir bei Ihnen immer Auskunft holen, wenn die Zeitung zu einer Bergarbeiterfrage Stellung nehmen muß." „Gewiß, das tun Sie nur." „Von Gewerkschaftsfachfragen verstehe ich nämlich nichts und von Bergarbeiterfragen im Speziellen noch viel weniger." Henkel lachte, plötzlich, als er das betretene Gesicht Brömels sah, kam ihm zum Bewußtsein, daß ihm seine Offenheit schaden könnte, und er suchte sich herauszureden: „Das heißt, in den theoretischen Gewerkschastsfragen bin ich natürlich auf dem laufenden. Aber ich bin doch schließ lich politischer Redakteur und kein Gewerkschaftsredakteur." Brömel schwieg noch immer. So fing Henkel schleunigst von etwas anderm an zu sprechen und war froh, daß der Kellner die bestellten Speisen auftrug. Er beobachtete Brömel beim Essen und stellte mit Verwunderung fest, daß dieser sich ziemlich zivilisiert benahm. Das Messer steckte Brömel wohl oft in den Mund. Man konnte aber nicht sagen, daß seine Tischgesellschaft einem den Appetit verdarb. Ihm begann dieser Brömel zu gefallen. „Sagen Sie mal, Genosse Brömel, wie steht es jetzt eigentlich hier mit dem Parteiskandal?" „Alles noch in der Schwebe."