36 „Nein, sie gedeihen, weil sie keine Alkoholiker und außer dem ein älteres Kulturvolk sind. Der verschärfte Kampf ums Dasein überanstrengt ihr um ein Jahrtausend länger kultiviertes Gehirn nicht, während uns Emporkömmlinge die Ueberarbeit entartet." Diese Antwort reizte Dr. Lassen noch mehr. Er sprach von Graf Gobinaus und Ammons Schriften, edlen und un edlen Rassen. Inzwischen hatten sich die anderen endlich so weit fertig gemacht, daß man nun wirklich aufbrechen konnte. Llara und Heimann führten die schwankende Sofia. Henkel und Anna folgten. Lanny hängte sich in Dr. Lassens HArm und suchte in ihm durch Anschmiegen den Mann zu wecken. Das gelang ihr aber nicht. Dr. Lassen war bereits zu betrunken. Als er in die frische Luft kam, stieß er von Zeit zu Zeit ein unartikuliertes Gegröhle aus, das er als überschäumende Lebenskraft germanisch bäurischer Urwüchsig keit bezeichnete. „Du wirst uns noch die Polizei auf den Hals Hetzen," schimpfte Llara. Aber Dr. Lassen war nicht zu bändigen. Mit seinem Stock fuhr er laut ratternd über die herunter gelassenen Roll läden der Schaufenster. Die Gesellschaft atmete ordentlich erleichtert auf, als man in der Tieckstraße vor der gemein samen Wohnung Heimanns, Lannys und Sofias angekommen war. Das war eine beschwerliche Wanderung, die drei Treppen hinauf. Oben im Zimmer warf Sofia in der Dunkelheit die Wasserflasche vom Tische. Heimann steckte die Lampe an, fortwährend zur Ruhe mahnend. Im aufflammenden Scheine der kleinen bronzenen Petroleumlampe erblickte Frau Kuhle mann ein einfach möbliertes SLudentenzimmer, wie es in Berlin für 30 bis HO Mark monatlicher Miete zu tausenden in gleicher Einförmigkeit zu haben ist. Zwei Betten wies der Raum auf. Das eine diente Heimann und der Polin, das andere Lanny und Henkel als Lagerstätte. Sofia torkelte in eines der Betten und ließ sich von Llara willenlos entkleiden.