191 Auer lächelte, und in seiner ruhigen, überlegenen Art erwiderte er: „Die Leute wissen selbst nicht, was sie sagen. In ihren armen, ebenem nach durch Alkoholdunst verwirrten Gehirnen wälzen sich die Gedanken schwerfällig hin und her und da sind sie aus jeden böse, Her sie ein klein wenig anders zu denken zwingen will. Aber die Vernunft siegt schließlich auch in so einem Dickschädel." Die Parteiversammlung fand in der Arimm statt, einer in einer ganz abgelegenen Seitenstraße befindlichen Arbeiter- kneipe. Der Saal war mit rötlich schimmernden Petroleum- Hängelampen nur notdürftig erhellt. Er zeigte sich ziemlich gefüllt und unter den Anwesenden sah Henkel viele bekannte Gesichter. Die Teilnehmer bei der Besprechung im Lasparischen Lokale hatten sich fast vollzählig eingefunden. Auch hier wurde Henkel wieder von vielen Parteifreunden angesprochen, die irgend ein Anliegen hatten. Der zweite Vertrauensmann der Maurer ersuchte ihn um die Uebernahme eines Vortrages in einer in zehn Tagen abzuhaltenden Gewerkschaftsversammlung. Henkel sagte zu. Dann näherte sich ihm der Genosse Grünwald, ein bleicher, bebrillter, ärmlich gekleideter Arbeiter, Ende der dreißiger Jahre. Er überreichte Henkel ein schön eingebundenes dickes Buch, auf dessen weißem Papier er in zeitlicher Reihenfolge alle Zeitungsausschnitte aus den Dortmunder Blättern über den Parteiskandal aufgeklebt hatte. Da Henkel alle Einzelheiten der unschönen Vorfälle nicht kannte, so war er über die leih weise Ueberlassung des Buches recht erfreut. Nicht wenig wunderte er sich freilich, daß Grünwald solche Mühe und soviel Zeit einem so minderwertigen Gegenstände geopfert hatte. Er reichte ihm dankend die Hand und brach das Gespräch ab, weil Grünwald kein großes Ansehen genoß und eine