156 und deshalb wollte er lieber noch die liegen gebliebenen Korrekturen lesen. Dhne Hut und Mantel abzulegen, vertiefte er sich am offenen Lenster in die Arbeit. Dieses verdammte Korrektur lesen ! war er nun eigentlich Korrektor oder Redakteur? Nach dem Korrekturlesen waren seine Augen immer ganz matt. Gft bekam er davon Kopfschmerzen. Gr hatte auch die Gewiß heit, durch das Korrekturlesen noch kurzsichtiger zu werden, als er schon war. Gab es denn kein Mittel, sich von dem Korrekturlesen W befreien? Henkel hatte einmal schüchterne Andeutungen in der Preßkommission gemacht, daß ein Korrektor angestellt werden müßte. Man hatte ihn aber kurzerhand ausgelacht und ihn obenein geuzt. Henkel seufzte. Ach, wie ungleich entwickelt ist doch die Macht und die Kunst bei den einzelnen Menschen, den willen der Mitmenschen zu beeinflussen und zu lenken. Die Suggestionskraft sogar des einzelnen Men schen schwankt nach seiner Stimmung. Henkel fühlte das dunkel. Sein Freund Nordeck hätte die Sache anders gehandhabt. Der hätte sich in der Preßkommission mit seinem dicken, roten, zufriedenen Gesicht behaglich in Positur gesetzt und erklärt: „Parteigenossen, ich habe da noch eine Kleinigkeit. Die Sache spricht für sich selbst. Ich brauche nicht viel Worte xr machen, wir müssen nämlich einen Korrektor haben. Das kann nie mand verlangen, daß die Nedakteure auch noch Korrekturen lesen. Außerdem liegt es in eurem Vorteil, die Redakteure als Redakteure und nicht als Korrektoren auszunutzen. Das Blatt wird dann inhaltlich besser." Nordeck hätte zu seinen, im scheinbar uneigennützigsten Tone vorgetragenen Worten überzeugend gelächelt und die Preßkommission hätte gelächelt und die Sache ebenso von oben runter behandelt. Die Redak tion hätte ihren Korrektor bekommen. Gin anderer Redakteur hätte vielleicht den Wunsch der Redaktion mit einem stundenlangen Referat begründet, und nach vielen heißen, langwierigen Kämpfen den Sieg davon getragen. Henkel hatte dagegen mit seiner Art, sich zu be-