102 Henkel fühlte sich beleidigt. Am Ende wollte die ihn gar nicht heiraten. Nun gut. So oder so. Heute würde er schon Klarheit darüber gewinnen. Er bemühte sich, einen scherzenden Ton anzuschlagen: „Heute wird dein Besuch nicht so programmäßig ver laufen. Ich habe nämlich vergessen, für Essen zu sorgen, vielleicht holst du noch rasch etwas. Du mußt aber eilen, denn die Läden werden gleich geschlossen." Anna lief mit dem Zehnmarkstück, das er ihr gab, wie ein Wiesel fort. Bald war sie wieder da. Sie kaufte gerne ein. Sie brachte freudestrahlend eine ganze Menge Pakete mit, die sie mit der naiven Heiterkeit eines Kindes aus den Einwickelpapieren schälte, wobei sie dann und wann aus ruhte und Henkel zärtlich küßte. Sie hatte fast das ganze Geld ausgegeben, und das war auch nicht zu verwundern. Sie stellte, während der Papier berg auf der Erde wuchs, vor Henkel auf den Tisch: eine Llasche Portwein, eine Büchse Gelsardinen, ein Terrinchen Gänseleberpastete, frisches Weißbrot, Butter, Bratenaufschnitt und russische Zigaretten. Seit sie von Berlin zurück war, rauchte sie gelegentlich gern eine Zigarette. Schließlich hatte sie auch noch pralinees mitgebracht. Jetzt wurde der Abend noch ganz lustig. Sie aßen beide nach Herzenslust. Anna naschte durcheinander Schokolade, Schinken, Gelsardinen, hätte sogar auch noch während des Essens geraucht, wenn Henkel nicht dagegen protestiert hätte. Henkel erzählte lachend von der Frechheit seiner Wirtin, die ihm für eine Mark als Abendbrot etwas Milch und zwei Eier hingestellt hätte. Aber Anna lachte nicht mit. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Liebster, die arme Person hat eben nichts im Hause. Ihre Kerle mögen ihr alles Geld fortgenommen haben. Geh, bring' ihr was." Und mit rührender Emsigkeit suchte sie die Ueberbleibsel.