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Recht. I. Erbhofwechsel durch Veräußerung und Wieder ankauf eines Erbhofes; II. Erbhofwechsel im Siedlungsverfahren. — I 0 c 66/75 vom 16. 12. 1941 —. I. 1. So sehr es bäuerlicher Art entspricht, den Hof zu mehren, zu stärken und zu verbessern, so fremd ist ihr ein von der ererbten Heimat losgelöstes Auf stiegsdenken. Der Bauer sucht das auch ihm nicht fremde Streben nach sozialem Aufstieg, Verbrei terung und Verbesserung seiner Lebensgrundlage und Lebensbedingungen in erster Linie im Nah men seiner Bodenständigkeit und Seßhaftigkeit auf dem angestammten Hof zu verwirklichen. Er sieht sein Lebensziel vor allem in der Erhaltung des ererbten Gutes und in der Aufzucht zahl reichen, gesunden Nachwuchses auf dem Hof seiner Sippe. Der.Hofwechsel ist im Rahmen bäuerlicher Wertvorstellungen und Lebensauffassung nicht das gewöhnliche und selbstverständliche Mittel des sozialen Aufstiegs und der bäuerlichen Lebens entfaltung. Das Wandern von Hof zu Hof ent spricht nicht bäuerlichem Lebensideal. Die krank hafte, durch einen Mangel an Bodenverbunden heit gekennzeichnete Sucht zum Hofwechsel führt in der Regel auch nicht zum erstrebten dauer haften materiellen Erfolg. Der Wechsel des Hofes ist im bäuerlichen Lebens bereich eine Ausnahme, die sittlich und wirtschaftlich nur durch Um stände ganz besonderer Art gerecht fertigt wird. 2. Die Tatbestände des lebensgesetzlich gesunden Hof wechsels lassen sich allgemein nicht festlegen. Es kommt entscheidend auf die besonderen Umstände des Einzelfalles und die jeweiligen siedlungs politischen Aufgaben des gesamten Bauerntums an. Die Persönlichkeit des Bauern, seine gesamte bisherige Haltung und Lebensleistung, Zahl und Wert seines Nachwuchses geben den besten An haltspunkt für die Prüfung der Frage, ob der Wille, den angestammten Hof aufzugeben und einen neuen zu erwerben, gesunden bäuerlichen Triebkräften und wirklichen Notwendigkeiten ent spricht und ob der Entschluß hierzu in verantwor tungsbewußter Abwägung aller rein wirtschaft lichen und außerwirtschaftlichen Umstände gefaßt worden ist, die hierbei in Betracht zu ziehen sind — oder ob er Ausdruck einer krankhaften Neuerungs- und Experimentiersucht eines un bäuerlichen, durch den Mangel an Vodenverbun- denheit gekennzeichneten Gewinnstrebens ist. Höfe an der untersten Grenze der Ackernah rung und zahlreicher Nachwuchs werden den Hof wechsel eher rechtfertigen als größere und wohl ausgestattete Erbhöfe. Eine leichtfertige, l e b e n s g e s e tz l i ch ungesunde Bereit- schastzumHofwechsel wird vorallem dadurch vermieden, daß der Bauer ausschließlich auf seine eigene fi nanzielle Kraft angewiesen bleibt und der Erwerb des neuen Hofes nicht durch übermäßige Kredite und Restkaufgebder gefördert wird. Der Unfug, zu hohe Restkaufgelder stehen zu lassen, täuschte in der Vergangenheit manchem Bauern eine trügerische Aufstiegsmöglichkeit vor, die zu seinem Verderben führte. Außerdem wird eine gleichmäßige Bewertung der Erbhöfe nach ihrem objektiven Ertragswert mehr und mehr, jene volks wirtschaftlich und lebensgesetzlich unbegründeten Aufstiegsmöglichkeiten ausschalten, die sich aus der verschiedenen, dem Zufall von Angebot und Nach frage ausgesetzten Bewertung objektiv gleich wertiger Objekte ergaben. Die bauernrechtliche Beurteilung eines Hos- wechsels verlangt darum einen gewissenhaften Vergleich der beiden Höfe. Sie setzt voraus, daß der Tauschhof bereits feststeht und daß die für dessen Erwerb vorgesehenen Bedingungen im ein zelnen bekannt sind. 3. Die Veräußerungsgenehmigung zum Zweck des Hofwechsels darf selbstverständlich nur in der Form befürwortet werden, daß der gesamte Ver äußerungserlös für den Wiedererwerb des Tausch hofes gebunden bleibt und durch die Anerben behörde ausdrücklich zum erbhofgebundenen Ver mögen erklärt wird, über das der Bauer nur mit Zustimmung des Anerbengerichts verfügen darf. II. 1. Die Absicht, den eigenen Hof mit einem anderen Hof zu wechseln, kann vereinzelt so sehr im Sinne allgemeiner siedlungspolitischer Bestrebungen lie gen, daß sie eine Förderung durch den Einsatz von Siedlungsmitteln für den 'Erwerb des neuen Hofes verdient. Dies gilt vor allem im Hinblick auf Höse, die durch Neuordnungsmaßnahmen be troffen werden oder durch öffentliche Maßnahmen anderer Art in ihrer Lebensfähigkeit stark beein trächtigt worden sind. Aus diesem Grunde nimmt die Abt. I? Neu bauernscheinanträge solcher Erbhofeigentümer entgegen und stellt ihnen die Erteilung des Neu bauernscheins mit Wirkung für das gesamte Reichsgebiet für den Fall in Aussicht, daß sie ihre Höfe mit anerbengerichtlicher Genehmigung einer bodenpolitisch geeigneten Verwertung zuführen und den Veräußerungserlös für den Erwerb eines Neubauernhofes verwenden. V e r ä u ß e r u n g s a n t r ä g e , die un ter Berufung darauf gestellt wer den, daß der Bauer im Siedlungs verfahren einen neuen Hof erwer ben wolle, dürfen demnach nur be fürwortet werden, wenn der An tragsteller den Vorbescheid der