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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 09.11.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190611091
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19061109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19061109
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-11
- Tag 1906-11-09
-
Monat
1906-11
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 09.11.1906
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erlangen »erden, als in die Stadtwahllisten oie nnleren Bediensteten, wie Portiers, Aufseher, Mon teure, Lampenputzer und alle Chambregarnisten nicht ausgenommen werden dürfen. Die unteren Bediensteten der Eisenbahnen dürfen gleichfalls nicht wühlen. Die Folgen dieser ungerechten Bestim mungen »erden nicht auSbleiben. Unter den politischen Inhaftierten deS Irkutsker Gefängnisses brach eine Revolte aus, zu deren Unterdrückung Militär herbeigerufen werden mußte. 13 Personen, darunter 2 GesängniSbeamte, wurden getötet, 17 Gefangene entflohen, 30 wurden dem Feldgericht übergeben Vor dieses wird auch jeder gestellt, der den Flüchtlingen Obdach gewährt. — In Lodz wurde bei einer Haussuchung in einem Kaffeehause ein bombenähnlicher Apparat vorge- funden. 18 Personen wurden verhaftet. — In JekaterinoSlaw überfielen gestern abend 20 Räuber auS Werchne-DneprowSk die zum Bahnhose fahrende Post. Sie verwundeten den Postillon und einen Polizisten, raubten 6300 Rubel und entkamen. OertlicheS und Sächsisches. H»heuftei«»Sr«stthal, 8. November 1906. *— Einkäufen ist eine Knnst. Das weiß eine jede Hausfrau, die es kann, und nicht minder eine jede, die hinterher erkennt, daß sie sich noch immer nicht zur vollen Höhe und Beherrschung der Lage aufgeschwungen hat. Einkäufen für den Haus- halt ist eine doppelte Kunst in diesen teuren Zeilen, wo z. B. ganz anders als sonst aufzumerken ist, was „Fleisch" bedeutet. Auch die in strahlende Nähe kommende „MartinsganS" will nicht nach dem einfachen Gattungsbegriff „Gans" beurteilt sein, die Qualität ist dabei eine außerordentliche Hauptsache. Zum Einkaufenkönnen gehören mehr als eine schätzenswerte Eigenschaft. Mit vielem Gelde, ohne auf eine deutsche Reichsmark mehr oder weniger zu achten, einzukaufen, ist keine Kunst; es handelt sich darum, den Wert eines Stückes für die beabsichtigte Verwendung zu bemessen. Das sogenannte Handeln beim Einkauf ist nach erfahrener Hausfrauen Urteil nicht immer zu vermeiden; aber gut handeln können besagt darum noch lange nicht dasselbe, wie gut einkaufen. Beim Handeln wird zuweilen der eine schlaue Teil über den Löffel bar- biert, zuweilen aber auch der andere; was einmal profitiert ist, wird leicht das nächste Mal wieder zugesetzt. Zum guten Einkauf gehören vor allem zwei Dinge: Ruhe und Rechnen. Das sogenannte „auf ein bischen mehr kommt's am Ende nicht an" kann schließlich den ganzen besonderen Einkaufs nutzen illusorisch machen, und wer kaufen will, muß vor allem wissen, was er gebraucht. Beim Ein kauf gibt es noch mancherlei Nebendinge, die die Ruhe gefährden; diese Eigenschaft ist aber beson ders kostbar, und extra noch in Zeiten, wo der tägliche kleine Aerger ungerufen kommt. Das ge naue Rechnen im Haushalt, das natürlich nur aus rechter Kenntnis und auf Erfahrung beruhender Beherrschung des Gegenstandes sich ergibt, bedeutet kein Knausern und Abknapsen; es beseitigt nur den fast immer täuschenden Gedanken, daß schließlich sich doch die Sache ausgleichen wird. Wenn heute die Männer in der Debatte über die Höhe des häuslichen Wirtschaftsgeldes eS lieben, den Rat zu geben und zu wiederholen: „nur gut einkaufen", dann sind sie allerdings selbst nicht imstande, ihn zu befolgen. Ein einziges Mal und nicht wieder! Die Hausfrau hat es heute nicht leicht, aber einen Trost hat sie doch, wenn sie daS Einkäufen ver steht: sie kann feurige Kohlen auf das Haupt des Herrn Gemahls sammeln .... * Hohenstein-Ernstthal, 8. Nov. Die dies jährigen Stadtverordnetenwahlen, die, wie schon mitgeteilt, Dienstag den 20. November statlfinden, werfen bereits ihre Schatten voraus: der Haus besitzerverein hat beschlossen, in diesem Jahre erst malig eigene Kandidaten aufzustellen und ladet seine Mitglieder für heute abend zu einer Versammlung nach dem Restaurant „Deutscher Krug" ein, um über die bevorstehende Wahl Beschluß zu fassen, während der allgemeine Beamtenverein morgen abend im Hotel „Deutsches Haus" eine Versamm lung abhält, in welcher gleichfalls die bevorstehende Stadtverordnetenwahl den Hauptpunkt der Tages- ordnung bildet. Zu wählen sind in diesem Jahre 6 ansässige und 4 unansässige Stadtverordnete. Da sich unter den Ausscheidenden auch der letzte sozial demokratische Vertreter im Kollegium, Herr Ge schäftsführer Oswald Grießbach, befindet, beabsich tigt die Sozialdemokratie alles auszubieten, um einige ihrer Anhänger in das Etadlparlament zu bringen. Wie wir hören, wird sie schon in den nächsten Tagen mit ihrer Kandidatenliste an die Oeffentlichkeit treten. Darüber, ob die bürgerlichen Parteien die List« des Hausbesitzervereins unter- stützen oder eigene Kandidaten ausstellen werden, verlautet noch nichts. Jedenfalls scheint aber der Wahlkampf diesmal ein besonders heißer zu werden. Jahresversammlung deS Glauchauer SchulauffichtSbezirkS Kommenden Donnerstag, den 15. d. M., vormittags 11 Uhr findet im „Theaterlokal" in Glauchau die 32. amtliche Jahres-Versammlung deS Glauchauer Schulauf sichtsbezirks statt. In ihr wird u. a. Herr Se- minuroberlehrer Gruhl-Callnberg einen Vortrag über das Thema: „Der gegenwärtige Stand deS Zeichenunterrichts" halten, dem dann ein solcher des Herrn Lehrers Illing-Glauchau über: „Das Zeichnen als Unternchtsgrundsatz" folgt. Nach mittags 3 Uhr findet ein geselliges Beisammensein der Konferenzteilnehmer mit ihren Familienange hörigen im gleichen Lokale statt. Verbunden mit der Versammlung ist eine Ausstellung von Zeich. nungen in dem Saalanbau des „Theatcrlolals", welche von >/,10—11 Uhr vormittags und nach Schluß der Konferenz bis 2 Uhr zur Besichtigung offen steht. *— Geschworenen Auslosung. Bei der gestern mittag stattgefundenen Auslosung der 30 Haupt geschworenen für die bevorstehende vierte Quartals sitzung deS Kgl. Schwurgerichts zu Zwickau wurden u. a. auch dir Namen der Herren Fabrikbesitzer Oskar Fahr in Hohenstein-Ernstthal und GulS- befitzer Schettler in St. Egidien auS der Urne ge zogen. * — Welche Schenkungen find von der Srb- schaftSsteuer befreit? Schenkungen unter Lebenden unterliegen der gleichen Steuer wie der Erwerb von todeswegen mit der Maßgabe, daß anstelle der Verhältnisse des Erblassers und deS Erwerber« die Verhältnisse deS Schenkers und des Beschenkten berücksichtigt werden. Einer Schenkung unter Le benden steht gleich das in einem Stiftungsgeschäft unter Lebende von dem Stifter zugesicherte, und auf die Stiftung übergegangene Vermögen. Eine Befreiung von der Steuer tritt ein bei Schenkungen an Bedürftige zum Zwecke ihres Unterhaltes oder ihrer Ausbildung, sowie dann, wenn durch die Schenkung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. Im übrige» aber wird die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschloffen, daß die Schenkung zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrage- ge kleidet wird. * — Zur Warnung für ZeitnngSmarber. In der Dresdner Lesehalle wurde ein älterer Mann festgenommen, der eine ZeilungSbeilage widerrecht lich eingesteckt hatte. Diese Tat charakterisiert sich al- regelrechte Unterschlagung und wird mit Ge fängnis bestraft. Also — Respekt auch vor frem- den Zeitungen. * Limbach, 7. Nov. Um den hier durch den Weggang des Bürgermeisters vr. Goldenberg er ledigten Posten des Bürgermeisters von Limbach haben sich bis jetzt 25 Bewerber gemeldet. * Hohndorf. 8. Nov. Gestern abend brannte hier die Herrn Than gehörige, zum sogenannten Kuhn-Gute gehörige Scheune nieder. Die übrigen Gebäude konnten gerettet werden. Die Erntevor räte sind verbrannt. * KleinbernSdorf, 7. Nov. Die dreijährige Tochter des Gutsbesitzers Oetter hier ertrank gestern nachmittag im Gemeindeteiche. Trotz sofortiger Wiederbelebungsversuche konnte das Kind nur als Leiche in die Hände seiner Eltern zurückgebracht werden. * Dresden, 7. Nov. Der König ist gestern abend nach den Trauerseierlichkeiten von Wien wieder abgereist und heute früh im besten Wohl sein in Tarvis eingetroffen. — Der König hat bestimmt, daß in Rücksicht auf die am Königlichen Hofe zurzeit anbefohlene Trauer die anläßlich des Einzuges des Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg am 26. November geplante Fest vorstellung im Königlichen Opernhause auf Mon tag den 3. Dezember verlegt werde. Der Einzug der Vermählten, ebenso die Königliche Zeremonien tafel findet Montag den 26. November unter Aus setzung der Trauer für diesen Tag statt. — Heute vormittag wurde das in der Vorstadt Löbtau auf dem Crispiplatze errichtete, von Bürgern Palermos der Stadt Dresden geschenkte Crispidenkmal vom Magistrat in feierlicher Weise übernommen. * Dresden, 7. Nov. Die Königin Wilhelmine und Prinz Heinrich der Niederlande haben am Montag abend vom Neustädter Bahnhose aus mittels Sonderzuges Dresden wieder verlassen und sind nach Holland zurückgekehrt, wo sie für die nächste Zeit im Schloß Loo Aufenthalt nehmen. — Einen Dauerritt führten fünf Kutscher der Königin Wil helmine aus. Sie sind in 14 Tagen von Schloß Loo in Holland bis nach Dresden geritten, bezw. mit einem zweispännigen Wagen gefahren. Am 18. Oktober verließen sie unter der Führung eines Offizianten ihre Heimat und trafen am 31. Oktober wohlbehalten ihm Schlosse Albrechtsberg ein. Pferde und Leute befanden sich in guter Verfassung. Die Leute haben außer Sonntags täglich 60 bis 80 Kilometer zurückgelegt. * Leipzig, 7. Nov. Zu den Unterschlagungen in der Leipziger Stadtkaffe erfährt das dortige „Tageblatt" folgendes: Grützmann hatte am Frei tag abend, als er infolge der durch den Rech nungsrevisor Stahl vollzogenen Revision seine Entdeckung vor Augen sah, noch 5000 Mk. zu sich gesteckt. Vielleicht «ar in ihm der schnelle Plan aufgetaucht, sich einer Bestrafung durch die Flucht zu entziehen. Diesen Plan hat er jedoch, da er sich sagen mußte, daß er nicht weit kommen würde, ebenso schnell wohl wieder verworfen und er stellte sich nun „freiwillig". Die 5000 Mk. sind in seiner Wohnung wieder vorgefunden worden. Auf Befragen soll Grützmann erklärt haben, daß er das Geld lediglich in der Aufregung an sich ge nommen habe. Was das eingeleitete Disziplinar verfahren betrifft, so richtet es sich sowohl gegen den jetzigen Kontrolleur Rucks, wie auch gegen dessen Vorgänger Zacharias. Von den verspeku lierten Beträgen find bis jetzt rund 90000 Mark nachgewiesen; über die Restsumme von 45 000 Mk. schweben noch die Erörterungen. Hinsichtlich des Rechnungsamtes sei bemerkt, daß es gegenwärtig mit dem Rechnungsinspektor, 3 Sekretären, 11 Revisoren und 1 Registrator besetzt ist. Die Be gründung eines besonderen Rechnungsamtes wurde von den städtischen Kollegien im Jahre 1890 be schlossen, nachdem übrigen- schon früher Rechnungs- revisoren angestellt worden waren. Ueber Grütz mann selbst sei schließlich noch bemerkt, daß dieser, ehe er vor 21 Jahren in städtische Dienste trat, dem Kaufmannsstande angehört hatte. Er war zu letzt bei der Leipziger Bank angestellt. Spekula tionsgeschäfte waren ihm also nicht fremd. * Leipzig, 7. Nov. In die Hände eines Schwindlers fiel ein aus der Reise nach seiner Heimat begriffener italienischer Arbeiter. Es ge sellte sich diesem ein Landsmann zu und übergab ihm 50 Pfg., damit er aus einem Geschäft Zigarren holen sollte. Damit er aber nicht durch brennen sollte, ließ der Landsmann sich ein Pfand geben, und der junge unerfahrene Mensch übergab ihm sein Portemonnaie mit 140 Mk. Als er mit den Zigarren zurückkehrte, war der saubere Pa tron natürlich mit dem Gelde verschwunden. — Gestern früh sprang ein 24 Jahre alter lediger Markthelfer von hier in selbstmörderischer Absicht in die Pleiße. Obgleich er den ihm zugeworfenen Rettungsring nicht annahm, wurde er doch wieder auf- Trockene gebracht. AuS einem Schriftstück, das der Mann bei sich hatte, gehl hervor, daß er den Tod gesucht, weil er seinen Beruf verfehl habe. Sein angebliches Vermögen von über 900 Mk. wollte er den Armen der Stadl vermachen. * Meißen, 7. Nov. Frau Liddy Menzel, Tochter einer angesehenen Familie aus dem Han noverschen, kam vor mehreren Jahren nach Dres den, um sich, da ihre Eltern in Vermögensverfall geraten waren, hier als Musiklehrerin durchzuschlagen. Sie machte im Laufe der Zeit die Bekanntschaft eines Ausländers, der ihr die Ehe versprach, dann aber verschwand, als die Geliebte Mutter wurde. Gram über daS verlorene LebenSglück ließ daS un glückliche Weib langsam dahinsiechen. Als sie ihre Kräfte immer mehr schwinden sah und auch Nah rungssorgen sich geltend machten, entschloß sich die Unglückliche, vereint mit ihrem Kinde in den Tod zu gehen. Sie band sich mit ihrem Lieblinge zu- sammen und sprang dann in die Elbe. Heute morgen spülten in der Nähe der hiesigen Dampf schiffhaltestelle die Fluten Mutter und Kind an den Strand. * Oederan, 7. Nov. Der Feuermann B. von hier beging am Sonntag an einem vierjährigen Mädchen ein scheußliches EittlichkeitSverbrechen. Er wurde noch an demselben Tage verhaftet. Der Täter ist 36 Jahre alt und verheiratet. * Zwickau, 7. Nov. Drei Todesfälle in einer Familie innerhalb zehn Stunden ereigneten sich hier. In der 4. Morgenstunde am Dienstag verschied die 18jährige Tochter des Arbeiters M. an den Folgen einer frühzeitigen Geburt, vormittags gegen 10 Uhr starb das Neugeborene, und in der 2. Nachmittags stunde wurde die Tante des Mädchens an dessen Bahre von einem Herzschläge getroffen, der ihrem Leben sofort ein Ende machte. * Kirchberg, 7. Nov. Wie der ,Zw. Ztg." mitgeteilt wird, hat der verstorbene Wollhändler und Fabrikant Stadtrat Hermann Kramer jun. der hiesigen Stadt ein Vermächtnis von 100 000 Mk. hinterlassen, sodaß er mit der letzthin erst gegebenen Volksbadstiftung zusammen eine Schenkung von 135 000 Mk. gemacht hat. Wenn man dazu die vor wenigen Monaten erhaltene Kommerzienrat Wolf-Stiftung rechnet, sind der Stadt Kirchberg insgesamt ungefähr 180 000 Mk. in der letzten Zeit in den Gtadtsäckel geflossen. * Bockau 8. Nov. Die hier bisher in einem Gute ausgebrocbene Maul- und Klauenseuche hat sich auf zwei weitere Gehöfte ausgedehnt. Die ge- fitzlichen Vorsichtsmaßregeln sind getroffen worden. * Annaberg, 7. Nov. Ueberreste eines mensch lichen Skeletts sind gestern am Pöhlberg gesunden worden. Der mit aufgefundene Schädel weist in der Schläfengegend ein Loch aus, daS von einer Geschoßkugel herrühren mag. Es scheint sich um einen Selbstmörder zu handeln. Die polizeiliche Absuchung führte zur Auffindung eines Taschen- teschins und von Ueberresten männlicher Kleidungs stücke. Wer der Selbstmörder gewesen sein mag, darüber herrscht vollständiges Dunkel. Der Selbst mord dürfte gegen 2 Jahre zurückliegen. * Elterlein, 7. Nov. Eine sonderbare Blut- Vergiftung zog sich im nahen Schwarzbach ein dort zu Besuch weilender junger Mann aus Leipzig zu, der mit seinem erst vor wenigen Tagen ge kauften großen hirschbraunen Dachshund spielte, wobei dieser seinen Herrn in die rechte Hand biß. Trotzdem der Gebissene die Wunde sofort ver binden ließ, ließen die Schmerzen nicht nach, ver mehrten sich vielmehr. Die Hand schwoll mitsamt dem ganzen Oberarm bedeutend an. Als die Ge schwulst noch dazu eine schwarzblaue Färbung an nahm und die Schmerzen fast unerträglich wurden, reiste der junge Mann wieder ab, um sich in Leip zig in die dortige Klinik zu begeben. * Eibenstock, 7. Nov. Ueber die hiesige Gegend flogen am »ergangenen Sonntag große Scharen Schneegänse. Im Volksglauben gelten diese Tiere als Vorboten eines baldigen und strengen Winters. * Schandau, 7. Nov. Die am 19. Oktober in der Nähe von Postelwitz von dem Handarbeiter Hugo Artur Schilling aus Chemnitz durch Messer stiche schwer verletzte Frau Marie Richter aus Herrnskretschen ist am Sonntag mittag auS dem hiesigen Krankenhaus entlassen und durch ihre An gehörigen in die Heimat gebracht worden. Hier werden natürlich noch viele Wochen der Pflege nötig sein, ehe Frau Richter ihren früheren Be schäftigungen wieder nachgehen kann. * Töthen, 7. Nov. Eine furchtbare Familien tragödie spielte sich gestern im benachbarten Klein- Wülknitz ab. Dort war am Sonntag an den Folgen eines Scharlachanfalles der GutSgärtner Feuge gestorben, eine Frau und zwei Kinder im Alter von 3 und 1 Jahr hinterlassend. Der Tod deS Mannes hat nun die Frau so hochgradig er regt, daß sie beschloß, mit ihren Kindern ebenfalls zu sterben. Sie schoß ihrem 3jährigen Knaben eine Kugel durch den Kopf, sodaß das Kind sofort seinen Geist aufgab, sodann richtete sie die Waffe auch gegen das andere Kind, ein Mädchen, und brachte diesem eine schwere Verletzung am Kopfe bei. Dann versuchte sie sich zu erhängen; herbeieilend« Nach barn befreiten sie jedoch noch zur rechten Zeit. Mutter und Kind wurden in bewußtlosem Zustande dem hiesigen Kreiskrankenhause zugeführt. * Naumburg, 7. Nov. Wie schon kurz ge meldet, versuchte in der vergangenen Nacht der jugendliche Tischler Rätsch aus Weimar ein mit ihm fahrendes Mädchen namens Klara Binder wegen verschmähter Liebe im Eisenbahnkoupv zu erstechen. Der Vorfall trug sich wie folgt zu: Dem 12 Uhr 19 Min. nachts von Leipzig hier eintref- senden Zuge entstieg jammernd ein Mädchen mit dem Rufe: „Ich bin gestochen!" Ihr Begleiter suchte über das Sperrgitter zu entfliehen, wurde aber nach kurzer Gegenwehr von den Reisenden zefaßt und bis zur Ankunft von Polizeibeamten estgehalten. Der im Zuge befindliche Dr. Seele aus Krefeld untersuchte das Mädchen und rettete eS gemeinsam mit dem herbeigerufenen Eisenbahn arzt Dr. Eisentraut durch einen Notverdand vor dem Tode durch Verbluten. Dar Mädchen gab dann an, daß sie Klara Binder heiße und nach einem Besuche ihres Bräutigam» von Merseburg nach Weimar habe reisen «ollen. Der Tischler Rätsch, ein Nachbarsohn, der vergebens um sie warb, war ihr nachgereist und auf der Rückreise in Weißenfels zu ihr inS Koups gestiegen, in dem noch mehr Reisende waren. Später hat sich daS Mädchen überreden lasten, in Leißling mit dem Rätsch in ein leere» KoupS umzusteigen. Al« dort die Annäherungsversuche des verschmähten Lieb- Habers zurückgewiesen wurden, griff er zum Messer, stach auf den Hals des Mädchen- los und versuchte, eS in den Abort zu schleppen. Inzwischen hielt jedoch der Zug, und dem Mädchen gelang e-, zu entfliehen. DaS Messer hatte der Bursche aus dem Perron wkggeworsen, wo es gefunden wurde. Die Verletzungen deS Mädchens sind erheblich, aber da der gefährlichste Stich an der Brosche abqeglitten war, nicht direkt lebensgefährlich. Rätsch wurde inS hiesige Landgerichtsgesängnis gebracht. * Reichenberg, 7. Nov. Ein LiebeSdrama spielte sich gestern früh im hiesigen Stadtwalde ab. Ein Arbeiter hörte dort den ängstlichen Rus: „Ernst, mit mir ists aus!" und gleich darauf drei Schüsse. Er benachrichtigte die Polizei und diese fand bei der Durchsuchung des Waldes die Leiche eines jungen Mannes und ein schwer verletztes junges Mädchen auf. Beide hatten die Absicht, gemeinsam in den Tod zu gehen, weil sich ihrer Ehe Hinder- niffe in den Weg stellten. Es handelt sich um den 23jährigen Sohn des Kantinenwirt- Kunert von der hiesigen Jägerkaserne und die 22jährige Näherin Korinek. Kunert hatte das Mädchen durch einen Schuß schwer verletzt und sich dann selbst getötet. Bei dem Toten wurde ein Brief vorgefunden, wo rin Kunert die Eltern um Verzeihung bittet. * Numburg, 7. Nov. Wegen versuchten GattenmordeS ist hier die 24jährige Fabrikarbeiterin Martha Heinz verhaftet worden. Mit Einverständ nis ihres Geliebten wollte sie ihren Mann mit Quecksilber vergiften. DaS Quecksilber entnahm sie einem Thermometer und tat eS ihrem Manne in- Esten. Durch den seltsamen Geschmack der Speisen wurde der Ehemann gewarnt. Außer der Frau ist auch deren Liebhaber, der 41jährige Webermeister Schurich, verhaftet. Gerichtssaal. 8 Lie Beleidigung eine« Feuerwehrmannes während der Ausübung seines Berufes ist nach einer soeben ergangenen Entscheidung des Schöffen gerichts zu Greiz als Beamtenbeleidigung im Sinne deS 8 196 des Strafgesetzbuches aufzufaffen und zu bestrafen. Bei einem im Juli in Greiz auSge- brochenen Brande hatte ein dortiger Weber eine Brandstelle zu betreten versucht, ohne ein Recht dazu zu haben. Als ihm der Zutritt von einem der absperrenden und Wache haltenden Feuerwehr leute verboten wurde, erging er sich in beleidigen den Ausdrücken dem Feuerwehrmann gegenüber. Auf den gestellten Strafantrag hin wurde er wegen Beamtenbeleidigung zu 15 Mark Geldstrafe oder 5 Tagen Gefängnis verurteilt. 8 Ler Raub in der Münchener Münze Hut lein« gerichtliche Sühne gefunden. Der Münz arbeiter Ruf wurde am Mittwoch wegen Anstiftung zum schweren Diebstahl und wegen einfachen Dieb stahl- zu 4 Jahren 6 Monaten und der Soldat König wegen Einbruchdiebstahls, MünzverbrechenS und Hehlerei zu 4 Jahren 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Beiden wurden die bürgerlichen Ehren rechte aus 5 Jahre aberkannt Die Angeklagten waren geständig, nur bestritt Ruf, daß er König erst lange habe überreden müssen. König, der in Uniform vorgeführt wurde, bezeichnete seinen Freund Ruf als den eigentlichen Anstifter zu dem Dieb stahl. Er schilderte die schon bekannt gewordene Ausführung der Tat und betonte, daß der vorge fundene Widerstand sehr gering gewesen sei. Rechte Freude hätte er an dem Gelde nicht gehabt. Ruf erklärte, König habe ihn wiederholt gefragt, ob nicht in der Münze Geld zu stehlen sei. Als die Gelegenheit günstig war, schritten beide zur Tat. Ruf will sich haben bestimmen lassen durch die große Summe (130000 Mark) und dann durch die Leichtigkeit, den Diebstahl zu verüben. Das Urteil lautete, wie oben mitgeleilt. § Ein eigenartiger Militiirprozeß fand vor dem Oberkriegsgericht in Frankfurt a. M. seinen Abschluß. Das Kriegsgericht in Darmstadt verur teilte seinerzeit drei Gefreite wegen Mißhandlung eines Kameraden auf dessen Aussage hin zu Ge fängnissen von 2 und 3 Monaten. Am anderen Tage meldeten sich drei Dragoner als die wirklichen Täter, sie wurden aber vom Kriegsgericht freige sprochen, weil es die Ueberzeugung hatte, daß die schon Verurteilten schuldig seien. Vor dem Ober- kriegSgerichl ergab sich da- Gegenteil und jetzt wurden die Verurteilten freigesprochen, die anderen aber erhielten Gefängnis bis zu 3 Monaten. Gegen den Mißhandelten schwebt ein Verfahren wegen fahrlässigen Falscheides. 8 Die Geheimnisse einet Wiener „Damen- salonS". In Wien fand seit einigen Tagen ein Prozeß statt, dessen Inhalt die Geheimnisse eines öffent lichen Hauses bildeten, vor dem eine große Tafel mit der Aufschrift „Kleidersalon Riehl" angebracht war, ein Prozeß, der einen Einblick in Zustände zewährt, von denen man kaum glauben könnte, )aß sie in unserm Zeitalter in einer Großstadt dauernd möglich seien, noch dazu unter der still- schweigenden Duldung der Polizei. Nur durch die Enthüllungen der Großmacht „Presse" konnten die Behörden gezwungen werden, den Schleier von den Geheimnissen dieses Hause- zu lüsten. DaS Haus, das seitdem gesperrt ist, enthielt Gefängnisse für eine unglücklichen Bewohnerinnen. Die Mädchen »efanden sich in Zimmern, die von außen mit Vorlegstangen versperrt waren. Die Fenster hatten Scheiben auS Milchglas. Hier schliefen sie, und der Verschluß wurde während deS TageS nur ge öffnet, wenn die Mädchen zum gemeinsamen Mit tagessen gingen oder wenn Herrenbesuche kamen.
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