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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190606086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19060608
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19060608
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-08
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.06.1906
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scharfen Auseinandersetzungen führte dagegen die Lrhrerinnenfrage, bezüglich deren man sich auf folgende Resolution einigte: „Die deutsche Lehrer schaft hält daS Mitarbeiten der Lehrerinnen an der Volks,chule für geboten, lehnt aber auS wichtigen pädagogischen Gründen die Forderung ab, nach welcher die Mädchenschule ganz oder überwiegend unter den Einfluß der Lehrerinnen gestellt werden soll." Die am Mittwoch angenommene Resolution betreffs der konfessionslosen sogenannten Eimultan schule wurde noch durch einen Zusatz ergänzt, in dem verlangt wird, daß auch die Lehrerbildung«, anstalten der konfessionslosen Schule entsprechend eingerichtet würden. Aus der Rede des Professors Ziegler verdient folgender hervorgehoben zu werden: In dem Kampfe um die preußische Schulvorlage sind die Lehrer, die nicht einmal gehört wurden, unterlegen. Aber eS hat sich in diesem Kampfe doch gezeigt, daß die Volksschule ihre Aschenbrödelstellung endgültig auf- gegeben hat, daß eS eine Solidarität der Bildung gibt. Ohne Freiheit keine Bildung, ohne Bildung keine Freiheit I Redner forderte, daß die elemen taren Kenntnisse ohne Unterschied von Reichen wie Armen in den Volksschulen erworben und die Vor. schulen der höheren Lehranstalten daher abgeschaffl werden müßten. ES kann sich dann zeigen, daß der Arme mehr zu gelten vermag al» der Reiche, wenn er fleißiger und begabter als dieser ist. Der Lehrer muß den Schülern etwa- vom Sonntag-sonnen- schein in daS Herz legen und mit hinausgeben in den ArbeitSstand und die Werktagsarbeit. Wenn aller im wahren und aufrichtigen Geiste geschieht, dann müßte eS merkwürdig zugehen, wenn das deutsche Volk in der kommenden Generation nicht so weit sein sollte, daß eS die Fesseln deS Kon- fesfionaliSmuS sprengt und daß ein Geschlecht heranwächst, daS i« persönlichen Fühlen und Denken erzogen ist. Die Schlacht um die Lehrerinnenfrage wurde besonders heftig, als der Referent darauf hingewiesen hatte, daß die Ehelosigkeit ältere Lehrerinnen zur Verbitterung führe, und daß in der Verweiblichung deS Lehrkörpers eine Gefahr für die Entwickelung der Schule liege. ES erhoben sich sofort einige Lehrerinnen, unter ihnen auch Fräulein Helene Lange, die Vorsitzende deS allgemeinen deutschen Frauenvereins, um Protest gegen die Ausführungen deS Vorredners einzulegen und die Forderung zu wiederholen, daß in den Mädchenschulen den Lehrer, innen, die allein den richtigen Maßstab für daS Empfinden der Mädchen besäßen, der maßgebende Einfluß einzuräumen sei. Man einigte sich schließ lich auf die eingangs erwähnte Resolution. Seitens des preußischen Kultusministers waren Delegierte zu den Verhandlungen nicht entsandt worden, was mit Rücksicht auf das preußische Schul. Unterhaltungsgesetz begreiflich ist. Bayern und Baden hatten RegierungSoertreter nach München abgeordnet. Oertliches und Sächsisches. Hoh-»st-i»'Sr«ftthal, 7. Juni 1906. * — I« Rose»»o»«t. DaS Pfingstfest liegt hinter unt, der Juni führt unS zur rechte», vollen Rosenzeit. Ob wir die Königin der Blumen in ihrem ganzen, wunderbar reichen Flor bewundern dürfen, hängt freilich von der Witterung ab, die müßte ändert werden, als sie in der letzten Zeit vor Pfingsten gewesen ist. Wenn die Regenschirme hoch in der Wertschätzung stehen, dann ist eS um Rosenblüte und Rosenduft schlimm bestellt; wenn wir nicht zeitig die Knospe vom Strauch entfernen, dann verlieren die zarten Kinder FloraS das An. sehen. Allerdings ist die gar zu sehr brennende Sonne auch nicht die liebste^Begleiterin der Rose, und darum wenden eifrige Rosenzüchter zum Schutz ihrer Lieblinge mit Erfolg alte, autrangierte Schirme an. Schön sieht et freilich nicht aut, aber prak tisch ist et, und et ist ja bekannt, daß dat Prak« tische verhältnitmäßig selten ästhetischen Anforde- rungen entspricht. Wat unt tue Rose aut ihrer langen Geschichte zu erzählen weiß, ist bekannt; sie stand im Altertum alt Zeichen von Festschmuck und Freude in nicht minder hohem Ansehen, wie heute, und Rosenkranz und Rosenstrauß waren unt immer Sinnbilder zarter und inniger Schönheit. Eine poetische junge Mädchenerscheinung nennen wir mit rechter Freude eine Rosenknosp», und daß der Name der Königin der Blumen auch auf an- deret glorreich übertragen werden kann, lehrt unt die „Rose" in Bremen, die Hauff in seinen alten und ewig jungen „Phantasien aut dem Bremer Ratskeller" so frisch und herzlich besungen hat. Die Rose duftet in den kurzen Nächten deS Juni in die Lüste hinaut, und mit ihm verbindet sich nun bald der schwüle Ale« des Jasmin, der un- an die Nähe deS Johannistages erinnert. Sehr prosaisch sst et, wenn man daneben vom Duft deS frischen Heuet, dat bei günstigem Wetter nun bald die Wiesen bedecken wird, reden will; aber man muß et nur kennen, auch der Heuduft hat viele Bewunderer und Liebhaber, und et gibt ja ein eigenes Parfüm. So erfreut sich daS erwachsene Geschlecht und mehr noch dat im Jünglingtalter stehende der poetischen Gaben des Rosenmonals. Praktischer veranlagt ist die Jugend, die sich nicht lange besinnt, wenn «S sich um die Wahl z. B. zwischen Kirschen und Rosen handelt. Gibt e- die ersten neuen Spenden deS Gartens für den Magen, dann kann man wohl von der Jugend alt von einem „Nimmersatten" Geschlecht reden. Aber wat will man dabei kritisieren? Wir haben eS alle nicht besser gemacht! * Hoheuftein-Ernstthal, 7. Juni. Zu dem UnglückSfall der 18 Jahre alten Lina Jäger, die, wie wir gestern berichteten, vorgestern als Lüche aus dem Pleißaer Teich gezogen wurde, ist zur Beruhigung det Publikums noch nachzutragen, daß die Untersuchung, die durch Herrn Dr. Bornemann- Limbach und einem Herrn Assessor von der Staat-, anwaltschaft zu Chemnitz erfolgte, ergeben hat, daß ein Verbrechen nicht vorliegt, sondern daß et sich lediglich um Selbstmord oder einen Unglücktfall Han- dein kann. Die Staatsanwaltschaft hat daher von einer Vernehmung der 4 Limbacher Techniker, mit denen dat junge Mädchen b t Pleißa gefahren ist, bisher Abstand genommen. Nach der glaubhaften Aut- sage deS Kutschers haben die jungen Männer während der Fahrt keine unzüchtigen Handlungen mit dem Mädchen vorgenommen, auch sind sie nicht auSgestiegen, sondern haben eS nur — und daS ist allerdings nicht schön von ihnen — bis Pleißa mit- genommen, um eS dort seinem Schicksal zu über, lassen. Etwa- dunkel bleibt ja die Sache trotz- dem noch; vielleicht kommt aber bald mehr Licht in die Angelegenheit. Der Leichnam det bedau- ernswerten Mädchen» wird morgen nachmittag '/,3 Uhr in Pleißa zur letzten Ruhe bestattet werden. * — Die spanischen Schatzgräber haben ihre Tätigkeit, wie alljährlich im Frühjahr, wieder be- gönnen und überschwemmen besonders die kleineren Orte Deutschlands mit ihre» verlockenden Angeboten, die natürlich nicht- andere« «lS Lug und Trug und nur daraufhin berechnet sind, den Dummen, die nicht alle werden, eine hübsche Summe Geldes auS der Tasche zu locken. Zwar sollte man meinen, daß derartige Geschichten, wie sie diese- internatio. nale Gaunerkonsortium — denn um ein solches handelt eS sich — vorgaukelt, von niemandem ernst genommen werden, immerhin ist aber doch der oder jener schon auf den plumpen Schwindel hinein» gefallen. Daher sei jeder vor diesen spanischen Schatzgräberbriefen gewarnt, zumal gerade auch unsere Gegend al- Opfer mit au-ersehen ist. Glücklicherweise ist man aber hier zu Helle, um an einen, zwar verführerisch auSsehenden, aber doch so widerlichen Köder zu beißen. Ein hiesiger Fleischer- meister erhielt dieser Tage folgende Zuschrift: Geehrter Herr! Folge gute referenzen vertraue ich Ihnen eine An gelegenheit, wodurch Eie eine großartige Einnahme er halten sowie auch meine Lage verbessern und die Zukunft meiner Tochter retten. Es handelt sich um 4000 L. Eterlinge auS einer Bank zu heben, so auch Franken 900 000 aufgraben weiche sich in Ihrer Umgebung befinden, alles ist mir, für Ihre Mühe und Mithilfe trette ich Ihnen den 40 °/g ab, müssen jedoch 2000 Franken Vorschüssen und persöndlich Mithelfen um das Wir den heut beschlagenen Cheque einlösen können welchen Wir bedürfen. Gegenwärtig gefangen kann ich Ihre Correspondenz nicht direkt erhalten bitte auf meine Vertrauensperlonne Antworten wen Sie geneigt sind und welche adresse lauted: — 8r. O. Rodolfo I^nrrillo — R. Oorroo» — sn XIasjo» — ?iov. Valladolid. Spanien. Einmahl diese erhalten, so übersende ich Ihnen nähere Erklärung so auch Documente welche meine Aussage be- glauben. Ihre Zusagung mit Sendsucht entgegensehend zeich net Indes hochachtend Victor M. Berneau Ex-Bankier. Militärgefängnis in Burgos 1/61906. dlö. Bitte um strenge Verschwiegenheit. Obige- Schreiben ist zwar ein so plumpes Mach, werk, daß kaum anzunehmen ist, daß jemand da. rauf hereinfallen wird; immerhin sei es, da e- unS der Empfänger zur Verfügung stellte, zur Warnung veröffentlicht. * — St. MedarduStag ist morgen. Von diesem Tage sagt der VolkSmund: „Wer auf Me- dardi baut, der kriegt viel Flachs und Kraut"; ferner: „Heller MedarduStag stillt deS Bauern Klag" und endlich: „Was St. Medardus für Wetter hält, solch Wetter auch in die Ernte fällt." Der St. MedarduStag ist demgemäß ein sehr wich tiger Tag für den Landmann und wollen wir nur wünschen, daß der heilige MedarduS morgen recht viel Sonnenschein und Wärme spendet, damit vor allem die Ernte nicht verregnet. Es hat zwar am Medardustage oft genug schon tüchtig gegossen und trotzdem war das Erntewetter ein gutes, aber die alten Wetterregeln sind doch auch nicht so völlig minderwertig, gründen sie sich doch auf Erfahrungen, die während vieler Jahrzehnte der Landmann ge sammelt hat. * — Wissenschaftliche Ballonanfstiege. Am heutigen Donnerstag fanden in den Morgenstunden internationale wissenschaftliche Ballonaufstiege statt. ES stiegen Drachen, bemannte oder unbemannte Ballon- in den meisten Hauptstädten Europas auf. Der Finder eines jeden unbemannten Ballons er hält eine Belohnung, wenn er der jedem Ballon beigegebenen Instruktion gemäß den Ballon und die Instrumente sorgfältig birgt und an die ange gebene Adresse sofort telegraphisch Nachricht sendet. * — Beter inärwcsea. AuS dem amtlichen Bericht der Kommission für daS Veterinärwrsen über die am 31. Mai 1906 im Königreiche Sachsen konstatierten ansteckenden Tierkrankheiten entnehmen wir, daß in der Amtshauptmannschaft Glauchau ein Fall von Schweineseuche, und zwar in HermS- darf, vorgekommen ist. I« ganzen Königreich Sachsen wurde 4 mal Milzbrand, 11 mal Toll- wut, 8 mal BläSchenauSschlag der Rinder, 13 mal Schweineseuche einschließlich Schweinepest, 13 mal Brustseuche der Pferde, 9 mal Rotlauf- seuche der Pferde und 18 mal Gehirnrückenmarks. entzündunq der Pferde festgestellt. Ta»bstn»»e Nach amtlicher Zusammen- stellung zählte man 1905 in Deutschland 48 750 Taubstumme (26 368 männliche, 22 382 weibliche). Davon entfielen auf Sachsen 2396 (1309 männ. lichr, 1087 weibliche). Im schulpflichtigen Alter standen in ganz Deutschland 6954 (3793 männ liche, 3161 weibliche). Davon entfielen auf Sachsen 461 Kinder (250 Knaben, 211 Mädchen), wovon 399 (216 Knaben, 183 Mädchen) Anstaltsunter, richt genießen. Die Zahl der Taubstummen ist erheblich höher als die der Blinden. * — Nutze» der Obftbäume. Al- eine er. folgreiche und nutzbringende Maßregel hat sich die auf Anordnung der Königliche» Staat-regierung schon seit längerer Zeit erfolgte Anpflanzung von Obstbäumen an Staatsstraßen erwiesen. Betrug doch i« Jahre 1904 der Ertrag davon 248000 Mark zu gunsten der Staatskasse. In gleicher Weise nützen jetzt auch viele Dorfgemeinden und Städte ihre Straßen und Wege aus. * — Die Zahl der Ausstände in Deutsch land war noch niemals so groß wie im ersten Vierteljahr 1906; sie betrug nicht weniger als 536. Am meisten wurde im Baugewerbe gestreikt, dann in der Holz- und in der Metallindustrie. Die Höchstzahl der gleichzeitig ausständigen Arbeiter bezifferte sich auf 29 000. Vollen Erfolg hatten nur 94 Ausstände, »inen teilweisen 200, gar keinen der Rest. Aussperrungen fanden 20 statt und be troffen wurden davon 10 600 Arbeiter. * — Der Tee von de« Hctdelbeerblttter« ist ein vorzügliches Mittel gegen die Zuckerruhr. Der Apotheker Dr. Knorr in Kolberg machte »or einigen Jahren der ,Pharm. Zeitung" folgende Mitteilung: „Ich hatte seinerzeit häufig den Harn eine- alten Herrn in BreSlau auf Zucker unter- sucht und wechselnde Mengen von V, bis 2^, Proz. Zucker gefunden. Der alte Herr kam ziemlich regelmäßig alle acht Tage in die UniverfitätS- Apotheke. Plötzlich war Zucker nicht mehr im Harn volhanden, und bei sechsmaligen Unter- suchungen konnte keine Spur von Zucker mehr konstatiert werden. Alt ich meine Verwunderung darüber autsprach, brachte mir der Herr eine- Tages eine Tüte mit Tee, von dem er, wie er sagte, täglich morgens und abend« eine Tasse, von zwei Eßlöffeln bereitet, trinke. Der Tee erwies sich als getrocknete Heidclbeerblätter." Auch die Früchte der Heidelbeere find infolge ihres Tanin. gehaltS (GalluSgerbsäure) sehr gesund. Durch Honigzusatz kann au- ihnen ein vorzüglicher Wein erzeugt werden. Die Blüte der Heidelbeere, die in diesem Jahre mit günstiger Witterung zusammen- fiel, hat vorzüglich gehonigt. * — Lehrer-Ortentfahrte« 1906 und 1907. Den in den letzten k Jahren auSgeführten 16 Fahrten nach Aegypten und Palästina werden im Laufe dieses Sommers noch zwei weitere folgen. Die nächstjährigen 4 Frühjahrsreisen nach Aegypten beginnen bereit- Mitte Januar, an diese schließen sich dann 3 Sommertouren an, auf denen zwischen Luxor und Assuan ein Spezialdampfir benutzt werden wird. Je nach Umfang und Wahl der Reiseroute ist die Dauer der einzelnen Reisen, an denen auch Damen und Nichtlehrer teilnehmen, verschieden. Da« au-sührliche Programm der Fahrten Nr. 17 bis 25 ist bereits erschienen und wird auf Verlangen Interessenten von dem Reise leiter Herrn Jul. Bolthausen in Solingen kosten frei zugesandt. * Gersdorf, 7. Juni. Am Dienstag mittag wurde in Zwickau daS dreijährige Söhnchen eines hiesigen Bergmannes von einem mit Fässern be ladenen Zweispänner überfahren. DaS auS Mund und Nase stark blutende Kind wurde zunächst von Passanten nach der in der Nähe befindlichen Be- Häufung eine- ArzteS gebracht und nach Anlegung eine« Verbandes sodann vom Vater mit beimge- nommen. Die Erörterungen wegen deS Vorfall- find im Gange. * Lodsdorf, 6. Juni. Vollständig niederge- brannt ist vergangene nacht 1 Udr das dem Hand- arbeiter Karl Hartig hier gehörige Wohnhaus. DaS Feuer griff so schnell um sich, daß der Be sitzer nicht- zu retten vermochte. * Glaucha«, 6 Juni. Der seit dem 27. Mai d. I. vermißte Fuhrwerksbesitzer Wolf von hier, dessen Oberkteider an diesem Tage am Muldenufer des Jerisauer Wehres aufgefunden wurden, ist gestern in Waldenburg als Leiche aus der Mulde gezogen worden. * Wernsdorf, 6. Juni. Eine gefährliche Fahrt hatte am 2. Pfingstfeiertag ein hiesiger Gutsbesitzer zu bestehen, welcher sich mit seiner Frau und seinem auf Urlaub befindlichen Sohne mittel- Geschirr nach Lauenhain zur Kindtaufsfeier begeben wollte. Am Eingang deS letzteren Dorfes löste sich nämlich ein Rad vom Wagen, wodurch dieser umschlug und die Insassen herausschleuderte. Infolgedessen scheute das Pferd und stürmte nun in rasendem Galopp die Dorsstraße entlang, unter- wegs den Wagen in Trümmer schlagend. Zum Glück sind die beteiligten Personen mit nur leichten Hautabschürfungen daoongekommen. * Zwick»«, 6. Juni. Auf der hiesigen Aus- stellung stürzte am Sonnabend ein junger Mann im Turm des Teichcasäs infolge eines Fehltritts 7 Meter tief in den Lichtschacht und zog sich schwere Verletzungen zu. — In Ebertbrunn ließ sich ein Ehepaar trauen, das zusammen 145 Jahre zählt; der Bräutigam ist 74, die Braut 71 Jahre alt. * Burkhardtsdorf, 6. Juni. Gestern früh gegen '/,3 Uhr brannte die Scheune deS Wirt- schaftsbesttzers Ernst Louis Reuther hierselbft total nieder. Die Entstehung-ursache ist noch unbekannt. * Dresden, 6. Juni. Ein Vergiftung-fall er eignete sich während der Feiertage in der Familie eines hiesigen Schriftstellers. Die Familie hatte sog. Leipziger Allerlei genossen, ohne zunächst irgend welche Beschwerden zu verspüren. Vier Kinder erkrankten zuerst; während der Nacht und am nächsten Tage zwei weiter,. Dann machten sich auch V-rglftungssymptome bei den Erwachsenen bemerkbar. Durch schleunigst angewandte Gegen- gifte konnte ein größeres Unglück verhütet werden. — Der sächsische LandtagSabgeordnete Handels- kammersekcetär Paul Schulze, der vor etwa zehn Wochen, wie es heißt infolge geistiger Ueberan- ftrengung, erkrankte, liegt im Sterben. Sein Ab- leben ist stündlich zu erwarten. ' Dresden, 6. Juni. Bezeichnend für die schlechte Lage des hiesigen Grundstücksmarktes ist die kürzlich erfolgte Versteigerung deS infolge Eigen- tumsverzichts durch den letzten Besitzer herrenlos gewordenen Grundstücks Blumenstraße 43. Das selbe ist nach dem Flurbuch 14,5 Ar groß, besteht auS Wohn- und Werkstätlengebäude, 2 Schauern, Lagerplatz nebst Hofraum und Garten und ist auf 149 200 Mark geschätzt. Die Brandversicherungs- summ« beträgt 106400 Mark. Mit Hypotheken war da» Grundstück in Höhe von 174 000 Mark belastet; jetzt wurde e» erstanden vom 4 Hypo thekar für den Preis von 128000 Mark. Welche Verluste an Hypotheken hierbei tatsächlich vorliege«, läßt sich ohne weitere- nicht übersehen. * Letpztq, 6. Juni. Beim Kahnfahren auf der Pleiße fielen die beiden Insassen, ein Einjährig- Freiwilliger eine» auswärtigen Regiments und eine Buchhalterin, inS Wasser. Beiden gelang eS zwar, sich L« retten, der Soldat büßte aber bei dem Un fall sein Portemonnaie mit etwa 300 Mark und seinen Waffenrock, den er vorher autgezogen hatte, ei». * Riesa, 6. Juni. Bei einem der zahlreichen Gewitter, welche in den letzten Tagen unsere Ge- gend berührten, traf ein starker elektrischer Schlag die Henselsche Ziegelei im benachbarten Gröba und richtete am Fundament der großen Esse, am Ofen haus und am Fahrstuhl Beschädigungen an. Eine in der Nähe beschäftigte Arbeiterin und der den Fahrstuhl bedienende Arbeiter wurden zu Boden geworfen, erholten sich aber bald von ihrer Be» täubung, ohne schädliche Folgen davongetragen zu haben. Der Luftdruck, der durch die elektrische Entladung erzeugt wurde, war so groß, daß in der genannten Ziegelei allein über 40 Fenster scheiben zersprangen. Auch an einigen anderen entfernter stehenden Gebäuden sind einzelne Scheiben eingedrückt worden. Die Telephonleitungen in dem OrlSteile wurden fast sämtlich beschädigt. * Großenhat», 6. Juni. Der König trifft am Montag, den 11. d. M., gleichzeitig mit dem Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha hier ein, wohnt dem Rennen der Offiziere deS König Albert- Husaren-Regiment- auf dem Exerzierplätze bei Wildenhain bei, besichtigt daS neue Großenhainer BezirkSfiechenhaus „König Friedrich August-Stift", begibt sich von dort in da- Heim der Großen hainer privilegierten Stahlbogenschützengesellschaft am BoberSberge, wo er einen Schuß auf den Königsadler abzugeben gedenkt, und hierauf in das OsfizierSkastno an der Elsterwerdaerstraße, wo Diner und Gartenfest stattfindet. 147 Damen und Herren werden an dem Diner teilnehmen. * Großenhain, 6. Juni. Am Abend de- zweiten Feiertage- ereignete sich in Zabeltitz durch die Spielerei mit Schießwaffen wieder ein Unglück. Der 17jährige Lehrling Lehmann hantierte mit einem Taschenreoolver herum. Dabei ging ein Schuß loS und traf den 17jährigen GutSbefitzers- sohn Richter in die Stirn. Schwerverletzt brach dieser zusammen, und eS ist fraglich, ob er am Leben erhalten wird. * Kamenz, 6. Juni. Seit Ende voriger Woche sind hier gegen 100 organisierte Ofentöpfer auSgesperrt, welche in der Mehrzahl in zwei hie sigen Chamotteofenfabriken beschäftigt waren. Den Anlaß zur Aussperrung bildete ein in einem aus wärtigen Betriebe inszenierter Streik, zu dessen Abwehr die Unternehmer-Organisation der ge- nannten Branche solidarisch vorgeht. * Oschatz, 6. Juni. Beim Läuten zum Haupt gottesdienste am ersten Feiertage zersprang in der hiesigen Kirche der Klöppel der großen Glocke. Den Türmer Quietzsch, der die Glocke in Gemein schaft mit einem anderen bediente, traf der ab springende Teil in die linke Hüfte. Quietzsch wurde nach rückwärts geschleudert und kam nahe der offenen großen Fenster zu liegen. Der verunglückte kam sehr glimpflich davon; denn der gewaltige Stoß wurde durch daS Bruchband, da- er trägt, beträchtlich abgeschwächt. * Waldheim, 6. Juni. Schon über drei Mo nate (genau. 14 Wochen) dauert nunmehr der Kampf in der sächsischen Stuhlindustrie, und noch ist keine Aussicht auf eine baldige Beilegung der Differenzen vorhanden. Der Streik und die Aus- sprrrung erstreckt sich auf die Orte Geringswalde, Waldheim, LeiSnig, Hartha, Döbeln, Neuwallwitz und Schweiker-Hain. Jn-gesamt find in diesen Orten gegen 1700 Arbeiter in der Stuhlbranche beschäftigt. 405 Mann traten bei Beginn der Bewegung nicht mit in den Kampf ein, sondern arbeiteten weiter. Von den am Streik und an der Aussperrung direkt beteiligten 1100 Arbeitern find über LOO (meist ledige) «bgereist und 150 an ihre Arbeitsplätze zurückg»kehrt, sodaß z. Zt. 555 Mann in den Fabriken arbeiten, wodurch dieselben ihren Betrieb in beschränktem Maße aufrecht er halten können. Die Fadrikeingänge und auch einige Bahnhöfe in den von der Bewegung be troffenen Orten werden von Streikposten bewacht. Zwar hat letzthin ein Einigungtv»rsuch stattge- fanden, er ist jedoch resultatloS geblieben. Beide Teile bleiben vorläufig bei ihrem ablehnenden Standpunkt bez. verharren auf ihren Forderungen und so ist nach Lage der Sache wenig Au-ficht auf baldige Beilegung der Differenzen. * Roßwei», 6. Juni. Infolge det Zimmerer streiks in Döbeln und Waldheim ruht nunmehr auch die Arbeit auf sämtlichen Bauten in unserer Stadt und ihrer Umgebung. Die Aussperrung der Zimmerer und Maurer feiten- der Arbeitgeber ist gestern erfolgt. * Freiberg, 6 Juni. Zu dem bereit- ge- meldeten blutigen Ehedrama ist noch folgende- nachzutragen: Der Bergarbeiter Riva, der aus Italien stammt, kam häufig betrunken nach Hause und verjubelte einen groben Teil seine- Ein kommens. Sonnabend früh in der 7. Stunde ge riet er nun au- diesem Anlasse mit seiner Frau in Streit, worauf er mit einem Taschenmesser auf diese loSging und sie am Halse schwer verwundete. Blutüberströmt eilte die Frau, um Hilfe schreiend, in die Wohnung eine« Nachbars. Ein in dem selben Hause wohnhafter ehemaliger Sanitätsge hilfe leistete der Frau die erste Hilse und legte ihr einen Notverband an. Als er noch damit be schäftigt war, kam ein Kind der Verletzten nach unten und rief: „Papa liegt oben und schnarcht!" Als man schließlich hinaufeilte, bot sich den Ein tretenden ein schrecklicher Anblick. In der Mitte der Stube lag, aus drei schweren Wunden an beiden Seiten des Halse- blutend, der Ehemann Riva. Er röchelte nur noch schwach und starb bald darauf. Das Ehepaar stand in den sechziger Jahren; es besaß fünf Kinder im Alter von 7 bis 25 Jahren. * Sayda, 6. Juni. In einem benachbarten Ort hat fich folgende- heitere Vorkommnis ereig-
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