— 200 — hüllte sein Gesicht. Man entfernte es, und ich wollte mich niederbeugen, um die lieben Augen noch einmal zu küssen — da fiel ein Sonnenstrahl in das Fenster, und entsetzt prallte ich zurück, denn in dem Lichte der Sonne sah ich die Verheerung, welche der Tod in dem lieben Gesichte angerichtet hatte. Die leidenschaftlich-zärtliche Regung, die mich durchflutet hatte, war verschwun den, und ein Gefühl des Abscheus, ja, des Ekels, war an seine Stelle getreten. — Wie wäre das möglich gewesen, wenn es etwas gäbe, was stärker, dauerhafter ist als der Körper? Hätte ich nicht, wenn es das gibt, was man unsterbliche Seele nennt, einen Hauch von ihr spüren müssen? Hätte ich dann wohl überhaupt die gräßliche Verän derung des Körpers wahrgenommen?“ Ohne Unterbrechung hatten wir ihm zu gehört. Als er schwieg, nahm der Jüngste von uns das Wort, ein schlanker Mann, fast noch ein Jüngling, mit seltsamen dunklen Augen, in denen es oft wie ein heimliches Feuer aufloderte. „Auch mir ist eine kleine Geschichte passiert“, begann er, „und wenn es den Herren recht ist, so will ich sie erzählen.“ „Vor zwei Jahren“, fuhr er fort, als niemand antwortete, „verlebte ich meine