3 Es mag mir erlaubt sein, hier die Frage nach Berechtigung der dichterischen Ver wertung der Homosexualität aufzuwerfen. Vor mir liegen zwei Briefe. Der eine von Professor von Krafft-Ebing, dem be rühmten Verfasser der „Psychopathia sexu- alis", der andere von Dr. M. Hirschfeld, dem verdienstvollen Herausgeber der „Jahr bücher für sexuelle Zwischenstufen mit be sonderer Berücksichtigung der Homosexua lität“. Beide sind Männer, denen die Homo sexuellen nicht dankbar genug sein können, und beide beschäftigen sich an einer Stelle ihrer Briefe mit der dichterischen Verwer tung der Homosexualität. Professor von Krafft-Ebing schreibt: „Es wird dadurch (d. h. durch die dichterische Behandlung des homosexuellen Empfindens) nur der Spott der heterosexuellen Menschen herausgefordert. Die Vertretung der Ho mosexuellen und ihrer Rechte ist meines Erachtens vorerst Sache der Anthropologen, Mediziner usw.“ Im direkten Gegensätze zu dem Wiener Gelehrten behauptet Herr Dr. Hirschfeld: „Gerade der Umstand der künstlerischen und dichterischen Verwertung des homosexuellen Empfindens wird viele von der sittlichen 1*