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Produktion die Reservenährstoffe verbraucht werden und [ keine Organe mehr da sind, welche imstande wären, wieder neue hinzuzuschaffen. Wir müssen deshalb bestrebt sein, damit unsere Obstbäume immer gesund und kräftig bleiben, neben der Fruchtbarkeit auch die Bäume in einem kräftigen Holztrieb zu erhalten, denn je kräftigere Triebe und Blätter ein Baum hervorbringt, ein um so regeres Leben ist in demselben, desto mehr Reservestoffe können sich anhäufen, und um so schönere und voll kommenere Früchte kann derselbe liefern. Dies erreichen wir nun hauptsächlich durch ein Verjüngen der Baumkrone. Wir verstehen darunter die Wegnahme der Baumkrone bis zu einem bestimmten Grade, oder besser gesagt, ein Zurückschneiden der Aeste bis in’s alte Holz und zwar bis auf 1/3 oder 1/2 ihrer Länge. Es muss dieses Zurückschneiden aber immer an solchen Stellen geschehen, wo noch seitliche, junge Holz- triebe, oder wenigstens gut gebildete Knospen sich be finden, damit der Baum beim Beginn der Vegetation nicht im Saft erstickt. Ferner muss bei dem Verjüngen auch gleichzeitig etwas auf die Form der Krone Rücksicht genommen werden; gewöhnlich wendet man die Kugel oder Pyramidenform hierbei an. Die beste Zeit zur Ausführung ist im Herbst und zwar, sobald die Blätter gelb werden und abfallen, da sich dann die Reservestoffe schon aus den Blättern in den Holzkörper zurückgezogen haben. Durch das Zurückschneiden werden die Triebknospen vermindert und die Folge davon ist, dass die dem Stamme im Laufe des Winters durch die Wurzeln fort während zugeführten Nährstoffe sich nur auf eine geringe Zahl von Zweigen zu verteilen haben werden, infolge dessen sich auch durch die reichlichere Ernährung im nächsten Frühjahr ein kräftiger Holztrieb entwickeln wird. Unter den sich oft in reichlicher Menge aus den schlafenden Augen bildenden jungen Trieben muss man dann allerdings im darauffolgenden Sommer Ordnung herstellen, wobei man die kräftigsten für die Fortbildung der Aeste auswählt, während man die anderen teilweise einstutzt, teilweise auch ganz entfernt. Alle entstehenden Schnittwunden müssen sorgfältig mit Baumwachs verstrichen werden, doch sollte man grössere Wunden, welche über 2 cm Durchmesser haben, nicht mehr mit Baumwachs, sondern mit heissem Teer verstreichen, indem das Baumwachs schon nach Verlauf von 5—6 Monaten abfällt, in dieser Zeit aber unmög lich solche grössere Wunden verheilt sein können, in folgedessen die blosgelegten Holzpartien erkranken und nie eine gründliche Verheilung dieser Wunden statt finden kann. Es ist deshalb die Anwendung von heissem Teer von unschätzbarem Werte, indem derselbe nicht nur durch die darin enthaltene Karborlsäure eine desin- fizirende, d. h. eine tötende Eigenschaft gegen alle sich bildenden niederen Organismen besitzt, sondern der selbe schliesst auch die obere Holzschicht von der Luft und Feuchtigket für mehrere Jahre ab, wodurch, wenn auch nur langsam, eine sichere Verheilung der Wunden vor sich gehen kann. Will man das Verjüngen, wie es in manchen Gegen den Gebrauch ist, erst im Frühjahr vornehmen, so muss dies sehr frühzeitig geschehen und zwar bevor die Saft zirkulation beginnt. Das Ausputzen. So wichtig auch das Ausputzen bei den älteren Obstbäumen ist, so wird demselben doch trotzdem noch immer nicht die genügende Aufmerksamkeit gewidmet. Wenngleich diese Arbeit, als auch das Verjüngen, etwas Fertigkeit und Verständniss erfordert, so wird es doch keinem schwer fallen, der einige Kenntniss von den Be dürfnissen der Pflanzen hat, diejenigen Aeste und Zweige in der Krone herauszufinden, welche zu sehr unterdrückt sind und. infolgedessen freigestellt werden müssen, um die Einwirkung von Luft und Licht in das Innere der Baum kronen zu ermöglichen. Das Ausputzen kann man zwar zu verschiedenen Zeiten vornehmen, indessen ist die gewöhnlichste Zeit auch im Herbst, bald nach dem Laubabfall gebräuchlich; vorteilhafter ist es aber, in solchen Jahren, wo die Bäume nicht tragen, das Ausputzen im August vorzunehmen, in dem man bei den Bäumen im belaubten Zustande viel besser beurteilen kann, welche von den Aesten zu dicht stehen und welche man am besten entfernen muss. Man beseitigt dann gleichzeitig alle trockenen, sowie zu dicht stehenden und zur Verwirrung Anlass gebenden Zweige und Aeste; doch schneidet man dieselben stets direkt am Haupt ast oder Stamme ab und lässt keine Stummel stehen, welche dem Baum nur ein schlechtes Aussehen verleihen und nicht im geringsten von Nutzen sind. Die entstehenden Wunden werden ebenfalls wie bei dem Verjüngen zuerst glatt geschnitten und dann die kleineren mit Baumwachs, die grösseren mit heissem Teer verstrichen. Wenn auch das Ausputzen das erste mal, besonders bei solchen Bäumen, welche noch nie zuvor ausgeputzt worden sind, eine etwas beschwerliche Arbeit ist, so wird es doch für späterhin, wenn man seine Bäume jährlich durchsieht, eine Leichtigkeit sein, dieselben immer in einem guten Zustande zu erhalten; auch wird diese Arbeit durch reichliches Tragen und durch das Hervor bringen schönerer und vollkommener Früchte doppelt be lohnt werden. Gleichzeitig mit dem Verjüngen oder Ausputzen sollte man auch nie versäumen, ein gründliches Reinigen des Stammes und der stärkeren Aeste vorzunehmen. Man bedient sich dazu der sogenannten Baumscharre, mit welcher man Moos, Flechten, alte abgestorbene Rinde etc. sorgfältig entfernt. Um auch gleichzeitig die unter derselben sich aufhaltende Insektenbrut voll ständig zu vertilgen und eine Neubelebung der Rinde hervorzurufen, wendet man noch einen Anstrich von frisch abgelöschtem Kalke an, welcher ausserdem auch die Bäume im Winter noch gegen Frostschäden, be sonders gegen Frostglätte schützt, da durch die helle Farbe des Anstrichs die Sonnenstrahlen zurückgeworfen werden, wodurch eine lokale Erwärmung des Stammes verhindert wird. Noch auf einen weiteren Vorteil des Kalkan striches will ich hier aufmerksam machen: Löscht man nämlich den Kalk anstatt mit Wasser mit Blut ab, so dient dieser Anstrich auch gleichzeitig ganz vorzüglich als Schutzmittel gegen Hasenfrass, durch den die Bäume in uneingezäunten Baumgütern in manchen Wintern sehr oft zu leiden haben. Zwar gibt es noch eine Menge Arbeiten, durch welche man das Gedeihen der Obstbäume befördern kann, wie das Aufgraben der Baumscheiben und Bedecken derselben mit humoser Streu, Anlegen von Klebgürteln im September gegen den Frostspanner u. s. w.; indess auf alle diese Arbeiten hier näher einzugehen, würde mich zu weit führen und gehören sie ja auch eigentlich nicht mehr in den Bereich meines gewählten Themas. Der Zweck dieser Zeilen war hauptsächlich der: Baumgutbesitzern und Obstfreunden darauf aufmerksam zu machen, wie einfach, und mit wie wenig Kostenauf wand es möglich ist, seinen Obstbäumen einen höheren Ertrag abzugewinnen und wie leicht man seine Bäume immer in einem gesunden, wohlaussehenden Zustande erhalten kann.