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265 — So sorgt die Natur immer wieder, dass keines ihrer Kinder ganz verloren gehe. Agave americana ist in Sizilien überall gemein, sie umsäumt die Felder als ganz vortreffliche Schutzpflanze und wandert mit dem Menschen überall hin. Sie ist und bleibt das Wunder alter verlassener Gärten, wo man sie oft in grosser Zahl und in wahrhaft riesigen Exemplaren antrifft. Sie krönt Mauern und Ruinen, der Bauer im entlegensten Gehöfte pflanzt sie auf seine flachen Dächer. Der arme Proletarier der Städte aber nimmt irgend ein altes Gefäss, pflanzt die geliebte Agave hinein und stellt sie auf seinen Balkon oder über seine Tür, wo sie ohne Pflege mit Raute, Minze und anderen Lieblingskräutern lustig wächst. Selbst in Neapel ist sie die Pflanze der Armen ge worden und wird nebst einigen duftenden Kräutern oft auf rolle. An der Südfronte des königlichen Palastes in Neapel ist ein hängender Garten viele Meter lang, voll Lauben und schattigen Gängen und starrenden Suckulen- ten, denen di Agaven in grosser Zahl zugesellt sind. Noch sind die schwebenden oder hängenden Gärten der Semiramis also nicht zur Fabel geworden. Die Heimat aller Agaven ist vornehmlich Mexiko, ganz besonders die Halbinsel Yucatan und deren Hinter land, ferner die Antillen. Sie gehen hinauf bis nach Utah und etwa dem 33.° n. Br., wachsen in ganz Süd amerika bis hinab nach Chile und weiter, wo sie indess eingeführt wurden und verwilderten. Wenige Arten wachsen, ursprünglich dorthin verpflanzt, in anderen Erd teilen und verwildern nicht selten. Die klassische Agave americana L. kam schon im 17. Jahrhundert aus Süd amerika nach Europa, wo sie heute im ganzen Mittel- Agavengruppe bei einer Villa in Italien. Nach einer Photographie gefertigte Originalabbildung der „Deutschen Gärtner-Zeitung.“ den Baikonen und Dächern, oder in irgend einem Win kel gesehen, weil sie eben keinerlei Pflege bedarf, gegen Hitze und Kälte ganz unempfindlich ist und monatelang ohne Wasser leben kann. Der Arme pflanzt sie in einen alten Korb oder Kasten, Topf oder irgend welches un aussprechliche Gerät und stellt sie in luftige Höhe, wohin er eben darf und überlässt sie sich selbst. Sie wächst, und bald wird es ihr zu eng in dem kleinen Ge fässe und ihre massenhaft erzeugten Wurzelschösse spren gen die lästige Hülle und verbrauchen langsam die ganze Erde, bis nichts mehr sichtbar bleibt, als ein dichter graugrüner und waffenstarrender Klumpen. Die wohl habenden Neapolitaner halten nicht selten eine ganze Pflanzenkolonie hoch oben auf ihren flachen Dächern und dort nun spielt wieder die Agave neben Aloe, Acacia Farnesiana, Oleander und Geranien die Haupt meergebiet vollständig verwildert gefunden wird. Sie stammt ursprünglich aus Mexiko, wo sie Maguey heisst und eine der wichtigsten Kulturpflanzen ist. Eine weite Verbreitung hat diese merkwürdige Pflanze gefunden, nicht nur in Europa und Asien, sogar die Inseln im stillen Ozean hat sie bevölkert. Sie wächst ganz gut in den Tropen, obwol sie ein etwas kühleres Klima vorzuziehen scheint. Die Hitze wird ihr nie zu gross, nur die feuchte übermässig mit Dünsten geschwängerte heisse Luft kann ihr unerträglich werden. Im Norden Afri- ka’s ist sie überall gewöhnlich. In Italien ist sie bis hinab zur kleinsten Insel seiner Küsten und hinauf bis nach Bozen zu finden. Im Römischen und Neapolitanischen, durch die ganzen Südprovinzen und den grossen Inseln ist sie gemein, steigt in Kalabrien bis zu 700 m in die Berge hinauf und wächst hoch oben am Vesuv und Etna