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Krankenkasse für deutsche Gärtner. Bekanntmachung. DemMitgliede Paul Marquardt sind Legitimationspapiere und Krankenkassenbuch Nr. 2962 in der Herberge zur Heimat in Oldenburg abhanden gekommen, wahrscheinlich gestohlen. Wir ersuchen die Verwaltungsstellen darauf zu achten, dass die Kasse dadurch nicht geschädigt wird. — Dem Mitgliede ist ein Duplikat ausgestellt worden. Der Hauptvorstand. I. A.: E. Kohlmann. Passionsblumen. Von C. Sprenger in San Giovanni a Teducoio bei Neapel. Seitdem der alte treffliche Naudin im Süden Frank reichs die schönen und vielgestaltigen nützlichen Cucur bitaceen sammelte, kultivirte und verbreitete und Eng lands grosser Oh. Darwin seine „KletterndePflanzen“ schrieb, sammelte und pflegte man mehr denn zuvor die zarten Lianen aller Länder der Welt, und kaum findet man irgendwo eine bevorzugte ländliche Wohnstätte oder einen Garten, in dem nicht Schlingpflanzen ange pflanzt wären. — Aber wie könnte, wie dürfte es denn auch anders sein? Gärten sind Sammelplätze schöner und malerischer Pflanzen, sie sind Wiederholungen der ureigenen Natur und wie dürften da die immer nur ver mittelnden, belebenden und freundlich wirkenden Lianen fehlen, welche lange Zeit verkannt und aus den meist unsinnigen, unnatürlichen Gärten des Mittelalters gänzlich verbannt waren. — So sind wir also auch hier zum bessern zurückgekehrt, und wohl uns, denn wie manche reine Freude haben wir uns damit in unseren Gärten gegeben, wie viel Genuss bereitet, wo sonst eine unaus füllbare Leere war! Die elegantesten Schlingpflanzen nun sind die Passi floren; sie besitzen alle Vorzüge dieser Pflanzenform und sind weit und in zahlreichen Arten fast über die ganze Erde verbreitet. Amerika und Asien sind ihre Haupt gebiete, in Australien kommen wenige Arten vor, in Afrika sind sie teilweise ihrer essbaren Früchte wegen kultivirt und heimisch geworden, in Europa kommt nicht eine einzige Art vor. Bentham & Hooker nahmen 120 Spezies an, von denen die grösste Zahl Schlingsträucher, wenige annuelle Lianen und nur 3—4 aufrechte, nicht schlingende Sträucher sind. Fast alle ohne Ausnahme tragen eine Menge interessanter grosser Blüten, die oft zwar wenig durch den Farbenglanz in die Augen fallen, in manchen Spezies aber auch die glühendsten Farben tragen. Zum leichteren Verständnisse teilte man sie in 10 Sektionen, von denen die letzte Tacsonioides der langen Kelchröhre wegen den Uebergang zu den übrigens nahe verwandten Tacsonien Südamerika’s bildet. Für den Süden Europa’s, wo sie zumteil vollständig heimisch in den Gärten geworden sind und nicht selten sogar verwildern, sind sie von grösstem Werte und man findet sie denn auch häufiger, als irgend welche andere Liane kultivirt. Fast alle Spezies Mexiko’s und Jamai- ka’s, auch sehr viele aus den heissesten Ländern Süd amerika’s kommen im freien Lande Siziliens vollständig fort, sie sind hart gegen die Unbilden des dortigen Winters und blühen den langen glühend heissen Sommer hin durch. Im Hofe eines maurischen Palastes in einer kleinen Stadt Siziliens überzieht eine mächtige P. Lou- doni die Säulen und Wände und klettert bis auf das Dach, vom Mai oder noch früher bis tief in den Winter hinein mit langen Guirlanden der prachtvollsten Blüten geschmückt und ihre Samen fast immer reifend. Eben dort blüht und fruktifizirt P. quadrangularis aus West indien. — Aber als die raschwüchsigste, dauerhafteste und beliebteste ist die alte, überall gepflegte P. coerulea und ihre zahlreichen Formen und Hybriden zu bezeichnen. Sie wird sehr alt, rankt bis in die Firste der höchsten Häuser, ist immer grün und blüht überaus reichlich vom April bis Weihnachten, dazu bedeckt sie sich mit grossen eiförmigen, rötlich gelben Früchten, deren weich mehlige Pulpa die mit einer breiartigen, purpurnen Sub stanz umgebenen Samen birgt. Die blaue Passions blume klettert ohne Hülfe, vermöge ihrer unverzweigten, in jedem Blattwinkel erzeugten Winkelranke überall hin, wo sich ihr nur der kleinste Halt bietet. Malerisch überrankt sie die Krone niederer Bäume, durchspinnt deren Gezweig und lässt die Spitzen ihrer Hanken blüten beladen wieder nach unten fallen. Zur Bekleidung von Wänden, Spalieren, zur Bildung von Festons ist sie ganz ausgezeichnet und blüht überall leicht und überreich, fruktifizirt aber nur dann, wenn sie sich nach Herzens lust ergehen kann und ranken und wachsen ohne Zwang und ohne gebunden zu sein — genau wie viele andere Pflanzen in ähnlicher Lage. Sie hat wahrscheinlich in Europa eine Anzahl teils hochinteressanter Formen frei willig erzeugt, die man in Deutschland, wie es scheint, nicht kennt, welche aber sämmtlich wert sind kultivirt zu werden Und wird es nützlich sein, die bemerkenswerte sten hier kurz zu beschreiben. P. coerulea Lin., var. grandiflora. Eine Varietät kräftigen Wuchses mit sehr langen, schlanken Jahres ranken, grösseren, tiefgelappten dunkelgrünen Blättern und noch einmal so grossen Früchten als die der Stamm form. Die Blüten sind nur wenig grösser, aber schöner als bei jener, dagegen ist der blaue Haarkranz leuchten der, intensiver gefärbt. Sie blüht im 2. Jahre nach der Aussaat, oft schon als schwache Pflanze im Topfe und ist der Urform vorzuziehen. Die Samen sind gleichsam metallisch gefärbt und siebartig gelöchert und von der selben Grösse als die der Stammform. P. coerulea L., var. multiflora. Leichter und reich licher blühend als die Stammform. P. coerulea L. var. hederaefolia. Sehr schöne, spät blühende, hochrankende Form mit grossen Blumen, viel weniger tief gelappten, an den schottischen Epheu er innernden Blättern. P. coerulea L. var. vitifolia. In einem Garten in Portici entstandene schöne Form mit sehr grossen an Weinlaub erinnernden Blättern und intensiv gefärbten Blumen. P. coerulea L. var. blanda. Alte Form mit blassem, fast weissen Haarkranze. Inwieweit sich diese und einige andere Formen konstant aus Samen fortpflanzen, ist mir nicht bekannt. Die grossblumige Form kommt wol echt aus Samen wieder. — Auch gibt es einige Formen hybriden Charakters, die wol allgemeiner kul tivirt zu werden verdienten. So die prächtige Hybride, nicht recht beachtete, auch in Deutschland bekannte: P. coeruleo - racemosa. Sie ist eine sehr schöne Form von niederm Habitus und mit schlanken Ranken, deren jede in eine nach und nach erblühende, bis 16blütige, beblätterte Traube endet. Die Blumen sind prächtig purpurviolett mit dunkelpurpurnem Haarkranze, dessen Spitzen bis ungefähr zur Mitte scharf abgegrenzt, schnee weiss erscheinen. Diese Farben kontrastiren auf das lebhafteste und es gewährt eine rechte Freude, diese Pflanze in Blüte zu sehen. Sie setzt selten Samen an. Die Frucht gleicht einem kleinen Hühnerei. Sie duftet schwach. — Hochinteressant ist der Insektenbesuch bei allen diesen Passifloren. Ein Fenster unserer Wohnung ist von Passifloren ganz umsponnen und an einem Gitter