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Die einzige Schattenseite, die ich dieser mehr kul- turwürdigen Pflanze zuzuschreiben hätte, wäre, dass sie ohne Belaubung die Blüten entfaltet; jedoch wird man bei Dekorirungen von Blumentischen, Vasen etc., wo die untere Hälfte mit anderen Pflanzen verdeckt werden kann, stets den gewünschten Effekt erzielen. Clerodendron Balfouri. {Cl. Thomsonae Balf.). Von c. Bohnert, Kunstgärtner in Leipzig. Dieser prächtig blühende Schlingstrauch stammt aus Westafrika. Obgleich seit langer Zeit eingeführt, hat er doch noch nicht die grosse Verbreitung gefunden, welche er verdient. Nicht nur liefert dieses Cleroden dron ein reizendes Boukettmaterial, sondern auch über Ballons oder kleine Spaliere gezogen bildet es eine sehr schöne Marktpflanze, die gerne gekauft wird. Die in Doldentrauben stehenden, bezw. hängenden Blü ten zeigen einen Farbenkontrast, wie er schöner nicht ge dacht werden kann. Die weiten bauchigen Kelche sind nämlich milchweiss, während die Blumenkrone ein präch tiges dunkles Rot zeigt, gewiss in Verbindung mit dem saftig grünen Laube eine effektvolle Farbenzusammen stellung. Die Kultur ist nichts weniger als schwierig. Cle rodendron Balfouri vermehrt sich sehr leicht aus kraut artigen Stecklingen, die auf ein warmes Vermehrungs beet gebracht in etwa 14 Tagen Wurzeln machen. Zum Einpflanzen verwende man je zur Hälfte Laub- und Heideerde mit Sand vermischt. Die Pflanzen bleiben stets unter Glas und trachte man durch Verpflanzen, Giessen mit Dünger, Einstutzen etc. recht kräftige Exem plare zu ziehen. Im Herbst finden dieselben ihren Platz in einem Warmhause, doch genügt zunächst eine Wärme von 10—12° R., die später bis 15° gesteigert wird. Da die Pflanzen nun ihre Ruheperiode antreten, d. h. nach und nach ihre Blätter fallen lassen, so giesse man nur schwach, ohne jedoch den Ballen ganz trocken wer den zu lassen. Ende Januar oder Anfang Februar ver pflanze man, giesse wieder reichlicher und bald werden die jungen Triebe hervorbrechen, die gewöhnlich nur 2—3 Blattpaare bilden und dann bereits Knospen zeigen. Jetzt verlangt Clerodendron Balfouri viel Wasser, auch hier und da einen Dungguss. Die Blüte fällt in die Zeit von April bis Juni, je nachdem man die Pflanzen früher oder später an treibt, was man ja vollständig in seiner Hand hat. Gut kultivirte Exemplare bringen einen über aus reichen Flor, der wochenlang anhält. Clerodendron Balfouri eignet sich auch sehr gut zum Auspflanzen im Warmhause, oder wie schon er wähnt, als Ballon- oder Spalierpflanze. Dass Clerodendron Balfouri auch eine vorzügliche Paradepflanze für Ausstellungen ist, beweisen die auf der Jubiläumsausstellung in Darmstadt vom Handels gärtner Heinrich Henkel dortselbst vorgeführten Kul turleistungen, Schaustücke, die in ihrer Blütenfülle viel Bewunderung fanden. Die teils busch-, teils ballon artig gezogenen Pflanzen werden gewiss durch ihren effektvollen Blumenschmuck für die Aufnahme ihrer Kultur neue Wege gebahnt haben. — Das Erscheinen der Blumen zurzeit des Rosenflors ist von Wert für die mannigfachen Kompositionen, die sich aus halber schlossenen Rosen und Blumen dieses Clerodendron her stellen lassen. Es bleibt noch zu versuchen, den Flor mit Sicherheit in den Winter zu verlegen. Ludwig Möller. Ueber Homen'iana. Von H. Rothe, Obergärtner in Erfurt. Es war im Jahre 1864, als ein berliner Barbier mit Namen Kaibs dem kauflustigen und gläubigen Publi kum eine Bohne zu dem Preise von l Taler = 3 M. per Stück zum Kauf anbot und soll mit den Absatz derselben ein brillantes Geschäft gemacht haben. Diese Bohne nannte der Verkäufer das Wunder von „Na- vaoe“, welches darin bestehen sollte: dass dieselbe aus dauernd, von gutem Geschmack sei und in einem Jahre zweimal abgeerntet werden könne. Diese Bohne entpuppte sich aber, nachdem das Ge schäft gemacht war, als eine gewöhnliche Puff- oder Pferdebohne und die vielen Hereingefallenen schwiegen wol deshalb, um sich nicht dem Spotte preiszugeben. Oben mitgeteilter Tatsache ist nachstehender Schwindel würdig zurseite zu stellen und nach Verlauf von unge fähr 16 Jahren ist das gläubige Publikum nicht klüger geworden, denn in verschiedenen Tagesblättern liest man Empfehlungen über eine Pflanze, die man Homeriana nennt; laut brieflichen Mitteilungen nach dem angeb lichen Erfinder, Namens Homero, jetzigem Privatier in Triest, benannt. Diese Pflanze sollte anfänglich ein unfehlbares Mittel gegen die Zuckerkrankheit, später gegen die Lungen Schwindsucht sein. Nach Angaben und näheren Unter suchungen in Fachzeitschriften entpuppt sich diese Pflanze nun als Polygonum aviculare, der gemeine, an allen Wegen wachsende Vogelknöterich. In der pharmazeutischen Zentralhalle für Deutsch land, herausgegeben von Dr. Herm. Hager und Dr. E. Geissler, Jahrg. 1881, pag. 452 liest man hierüber folgendes: „Der Vogelknöterich, Polygonum aviculare wurde vor einer Reihe von Jahren als Spezifikum gegen die Zuckerkrankheit empfohlen, kam aber eben so bald wieder in Vergessenheit, wie auch so viele andere gegen die erwähnte Krankheit als unfehlbar angepriesenen Mittel.“ — Neuerdings kommt der Vogelknöterich wieder zu besonderer Ehre; als „ausländisches Kraut“ von einem Nonnenkloster mitgeteilt, wird derselbe jetzt zu 15 M. per 1/2 kg verkauft. In den Annonzenbeilagen zur Gartenlaube, zu den fliegenden Blättern u. s. w. liest man häufig die Anzeige eines Herrn M. Schloss, Musikalienhandlung in Köln a. Rh., dass er sich im Besitze eines sicher wirkenden Kräutertees gegen die Zuckerkrankheit befinde und wer 15 Mark daran wagt, bekommt vom glücklichen In haber des aus dem Nonnenkloster herstammenden Re zeptes 1/2 kg Polygonum aviculare mit Stumpf und Stiel, wie man zu sagen pflegt, denn es ist weder ge schnitten noch sonst gesäubert. Jede Kräuterfrau sucht für den 30. Teil der Kosten gern einen kleinen Korb voll Vogelknöterich zusammen. Ferner lesen wir in der oben zitirten Fachzeitschrift, Jahrg. 1882, pag. 626 in der offenen Korrespondenz, Apoth. B. in B.: „Die Homeriana ist ja bereits als ein ganz gewöhnlicher Schwindel aufgedeckt. Wahr scheinlich findet das Polygonum aviculare als auslän disches Kraut von einem Nonnenkloster mitgeteilt (vergl. Zentralhalle 1881, pag. 452) keine Abnahme mehr, da rum wird versucht, es als eine in Sibirien neu entdeckte Wunderpflanze den Lungenschwindsüchtigen aufzuhän gen —.“ Leider schämen sich auch die Tagesblätter nicht, marktschreierische Reklamen für diesen Schwindel auf zunehmen. Von kompetenter Seite erfahren wir noch nachträglich, dass man sich, wie die obererzgebirgische Zeitung mitteilt, auch hier in Erfurt zur Weiter Ver breitung und zur Abnahme dieses Geheimmittels an die Barbiere gewendet habe.