Lebensgelchichte berühmter Pomologen JOHANNES MULLER, DIEMITZ Im Oktober 1915 brachten sämtliche gärtnerischen Fachzeitschriften die Mitteilung, daß der Gartendirektor Johannes Müller auf eine 25jährige Tätigkeit als Leiter des Obst-Provinzial gartens zurückblicken kann. In ehrenvollen Worten gedachte man dieses verdienstvollen Mannes, dessen Lebenswerk die Förderung des Obstbaus in der deutschen Volkswirtschaft war. Als Sohn eines Pfarrers am 22. Juli 1862 in Wiegoldsbur (Kr. Aurich) geboren, besuchte er drei Jahre lang zwecks Berufsausbildung die Kgl. Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Geisenheim. Hier war damals der wohlbekannte Rudolf Goethe Direktor. Mit welchem Eifer und innerer Berufsfreudigkeit sich Müller dem zweijährigen höheren Lehrgang hingab, beweisen die vorzüglich geführten Kolleghefte, die in der großen Gartenbau- Bücherei (Verein Bücherei des Deutschen Gartenbaus) vorhanden sind. In der Gärtnerei Niemeyer, Boppard, und in dem Kgl. Garten zu Geltow bildete sich Johannes Müller in praktischer und theoretischer Hinsicht weiter, so daß er 1887 nach erfolgter Militärpflicht und nochmaliger kurzer Tätigkeit in Geltow die Stelle eines Gartenbaulehrers an der Land- •wirtschaftlichen Schule in Badersleben annehmen konnte. Von hier aus kam er 1890 nach Halle (Saale) und am 1. Oktober desselben Jahres wurde ihm die Leitung des Provinzial- Obstgartens in Diemitz bei Halle übertragen. Der Garten war 30 Morgen groß und nach Müllers Angaben wurden Einteilung und Anlage vorgenommen, etwas später kam noch die Versuchsbaumschule für Süßkirschen und fünf vorbildliche nach belgischem Muster erbaute Traubenhäuser hinzu. Zu den Hauptzielen des Versuchsgartens gehörte es, für die Provinz Sachsen eine Auswahl erprobter und bewährter Obstsorten zu schaffen, ferner den gesamten Obstbau durch die Ausbildung brauchbarer Baumwarte zu fördern. Wenn sich auch nicht alle Hoffnungen und Wünsche erfüllten, zumal die Bodenverhältnisse durch den Mangel an Wasser sehr ungünstig waren und sich auch für Aepfel gar nicht eigneten, so hat doch Müller unermüdliche Pionierarbeit für die Förderung und Verbreitung des Obstbaus geleistet; niemals ist er trotz vieler Enttäuschungen mutlos geworden. Unzählige Baumpfleger hat er zum Segen des ganzen Obstbaus in den achtwöchigen Diemitzer Lehrkursen ausgebildet. Den Wirrwarr in der Namensgebung der Kirschensorten hat er klargestellt. Die Kirschenschauen in der Landwirtschaftskammer der Provinz Sachsen wären nie möglich gewesen, ohne die reiche Sammlung der Kirschensorten aus Diemitz. Diemitzer Birnen und Diemitzer Trauben genießen Weltruf. Neben seiner vielen Arbeit in dem Mustergarten hat sich Müller noch aufopfernd für den deutschen Pomologenverein, zu dessen Vorstand er gehörte, und der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft eingesetzt. Von ihm wird berichtet, daß er Tausende von Vorträgen gehalten hat. Er war der Herausgeber von „Deutschlands Obstsorten". Man kann wohl mit Recht sagen, daß dieses nur von einem ganz großen Obstsortenkenner heraus gegeben werden konnte. Es ist heute noch das größte und unvergleichlichste in seiner Art. Trotzdem seine Gesundheit durch die schwere Kriegszeit sehr untergraben war, hat er geholfen, wo und wie er nur konnte. Am 1. August 1920 starb er. F. Gr.